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medtropoleAktuelles aus der Klinik für einweisende Ärzte - Asklepios

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Persönlichkeitsstörungen und „Sucht“<br />

Dr. Sven Ringelhahn<br />

Psychiatrie<br />

Rund 9,4 Prozent <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung leiden an einer Persönlichkeitsstörung. [1] Behandlungsbedürftig<br />

werden Persönlichkeitsstörungen allerdings weit<strong>aus</strong> seltener. Die Altersverteilung lässt eine Tendenz zur Abnahme<br />

im Alter erkennen, Stadtbevölkerung und sozial schwächere Schichten sind stärker betroffen. [2] 30 bis 40 Prozent<br />

<strong>der</strong> Poliklinikpatienten und 40 bis 50 Prozent <strong>der</strong> stationären Patienten erfüllen unter an<strong>der</strong>em die Kriterien einer<br />

Persönlichkeitsstörung. [3] Starke spezifische Zusammenhänge bestehen zwischen Cluster-B-Persönlichkeitsstörungen<br />

(Antisoziale, Bor<strong>der</strong>line-, Histrionische o<strong>der</strong> Narzisstische Persönlichkeitsstörung) und Alkohol-/Drogenmissbrauch<br />

bzw. -abhängigkeit. [4]<br />

Das Wort „Sucht“ (germ. suhti-, ahd. suht,<br />

suft, mhd. suht) ist nicht verwandt mit<br />

„suchen“. Es geht auf „siechen“ (ahd. siechen,<br />

mhd. siuchan) zurück, also das Leiden<br />

an einer Krankheit. Im offiziellen Sprachgebrauch<br />

<strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) existierte <strong>der</strong> Begriff Sucht von<br />

1957 bis 1963, bevor er durch Missbrauch<br />

und Abhängigkeit ersetzt wurde. [5] Sucht<br />

ist nach <strong>der</strong> WHO ein Zustand periodischer<br />

o<strong>der</strong> chronischer Intoxikation, verursacht<br />

durch wie<strong>der</strong>holten Gebrauch einer natürlichen<br />

o<strong>der</strong> synthetischen Substanz, <strong>der</strong> <strong>für</strong><br />

das Individuum o<strong>der</strong> die Gemeinschaft<br />

schädlich ist. [6] Dem umgangssprachlichen<br />

Begriff <strong>der</strong> Sucht bzw. Suchterkrankung<br />

am nächsten kommt <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> stoffgebundenen<br />

(legale und illegale Drogen)<br />

und nicht-stoffgebundenen Abhängigkeit.<br />

Die Diagnose Abhängigkeit soll nach ICD-<br />

10 gestellt werden, wenn bei einem Patienten<br />

irgendwann während <strong>der</strong> vergangenen<br />

Jahre mindestens drei von sechs <strong>der</strong> folgenden<br />

Kriterien vorhanden waren:<br />

■ starker Wunsch o<strong>der</strong> Zwang, Substanzen<br />

o<strong>der</strong> Alkohol zu konsumieren<br />

■ vermin<strong>der</strong>te Kontrollfähigkeit bezüglich<br />

des Beginns, <strong>der</strong> Beendigung und<br />

<strong>der</strong> Menge des Substanz- o<strong>der</strong> Alkoholkonsums<br />

■ körperliches Entzugssyndrom<br />

■ Nachweis einer Toleranz. Um die<br />

ursprünglich durch niedrigere Dosen<br />

erreichten Wirkungen <strong>der</strong> Substanz<br />

hervorzurufen, sind zunehmend höhere<br />

Dosen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

■ fortschreitende Vernachlässigung an<strong>der</strong>er<br />

Vergnügungen o<strong>der</strong> Interessen<br />

zugunsten des Substanzkonsums<br />

■ anhalten<strong>der</strong> Substanz- o<strong>der</strong> Alkoholkonsum<br />

trotz Nachweises eindeutiger<br />

schädlicher Folgen (körperlicher, sozialer<br />

o<strong>der</strong> psychischer Art)<br />

Der Anteil <strong>der</strong> Abhängigen in <strong>der</strong> deutschen<br />

Bevölkerung beträgt fünf bis sieben<br />

Prozent. Die größte Bedeutung hat mit drei<br />

bis fünf Prozent <strong>der</strong> Bevölkerung, also<br />

rund 2,5 Millionen Betroffenen, die Alkoholabhängigkeit.<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Drogenab-<br />

hängigen beträgt etwa 150.000, die Zahl<br />

<strong>der</strong> Medikamentenabhängigen etwa eine<br />

Million. In <strong>Klinik</strong>en ist mit etwa 15 Prozent<br />

ein nicht unerheblicher Teil <strong>der</strong> Patienten<br />

alkoholkrank. Mehr als zehn Prozent aller<br />

Patienten in Allgemeinarztpraxen haben<br />

ein Alkoholproblem.<br />

Persönlichkeitsstörungen und Sucht<br />

Menschen mit z. B. einer Bor<strong>der</strong>line-Persönlichkeitsstörung<br />

zeigen typische Symptome<br />

wie frei flottierende Ängste, Zwangssymptome<br />

im Sinne überwertiger Ideen,<br />

Depressionen, Psychosomatosen, psychotische<br />

Symptome, gemin<strong>der</strong>te Impulskontrolle,<br />

dissoziatives Verhalten, riskantes<br />

Sexualverhalten, Selbstverletzungen, Substanzkonsum<br />

und Delinquenz. Diese Merkmale<br />

sind eng assoziiert mit (polyvalentem)<br />

Substanzkonsum und gehen mit einer<br />

erhöhten Suizidrate (fast zehn Prozent) einher.<br />

Je<strong>der</strong> zweite Patient mit Bor<strong>der</strong>line-<br />

Persönlichkeitsstörung hat ein Alkoholproblem<br />

und nahezu 40 Prozent weisen ein<br />

Drogenproblem auf. Umgekehrt findet sich<br />

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