+ PDF (1) - Evangelische Kirche Saar
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O F F E N E S O Z I A L E A R B E I T<br />
und die gesellschaftlichen Ressourcen,<br />
die dem Einzelnen<br />
zur Verfügung stehen, eingeschränkt<br />
sind. Es wird in der<br />
Arbeit der Mitarbeitenden in<br />
Kinderarmutsprojekten, in der<br />
Gemeinwesen- und Stadtteilarbeit<br />
und in den Diakonischen<br />
Zentren deutlich, welche Problemstellungen<br />
hier herrschen,<br />
welche Bedarfe existieren. Das<br />
Ganze entspricht einer „tickenden<br />
Zeitbombe“ für Demokratie<br />
und Gesellschaft.<br />
Dazu stellen aber auch die Mitarbeitenden<br />
im Haus der<br />
Beratung gefährdende Aspekte<br />
fest. So steht in deren Jahresbericht<br />
006 geschrieben:<br />
„Bei uns ist Armut meist ein<br />
Stigma, wodurch die Betroffenen<br />
ausgegrenzt werden. Doch<br />
Armut ist viel mehr, als nur wenig<br />
Geld zu haben. Arme Kinder<br />
leben auf einem Einkommensniveau,<br />
das sie vom Alltag<br />
Gleichaltriger ausschließt.<br />
Es gibt keinen Musikunterricht,<br />
keinen Sportverein, keinen<br />
Schwimmbadbesuch usw. Da<br />
sie nicht mit anderen Kindern<br />
mithalten könnten, sind sie oft<br />
sozial isoliert, sind häufig krank<br />
und leben in beengten Wohnverhältnissen<br />
in vernachlässigten<br />
Stadtteilen mit mangelnden<br />
sozialen Angeboten. Wegen<br />
schlechter Bildungschancen<br />
kommen Kinder aus armen Familien<br />
nur schwer aus dem Armutskreislauf<br />
heraus. Bereits<br />
im Kleinkindalter zeigen sich<br />
viele Entwicklungsdefizite. Die<br />
Wissenschaft weist wiederholt<br />
auf die Weichen stellende Bedeutung<br />
der ersten Lebensjahre<br />
und die Wichtigkeit früher<br />
Hilfen hin.“<br />
Kinderarmut gefährdet aus<br />
meiner Sicht das Kindeswohl<br />
– und damit greift die UN-Kinderrechtskonvention.<br />
Der Begriff<br />
„Best interest of the child“<br />
wird durch Kinderarmut mit<br />
Füßen getreten. In der UN-<br />
Kinderrechtskonvention sind<br />
Kinderrechte beschrieben,<br />
die auch ausdrücklich von der<br />
deutschen Regierung ratifiziert<br />
wurden. Dabei gehören zu den<br />
Grundbedürfnissen von Kindern<br />
und Jugendlichen unter<br />
anderem Nahrung, Schutz und<br />
Pflege, intellektuelle Anregungen<br />
und die Hilfe beim Verstehen<br />
der Innen- und Außenwelt.<br />
Ich meine, dass unsere Gesellschaft<br />
durch das Zulassen<br />
von Kinderarmut in dem von<br />
Professor Merten zahlenmäßig<br />
bezifferten Umfang deutlich gegen<br />
diese UN-Kinderrechtskonvention<br />
verstößt.<br />
Armut zeigt sich aber nicht nur<br />
bei Kindern, obwohl sie gerade<br />
dort ihre brutalsten Auswirkungen<br />
hat. Sie zeigt sich verstärkt<br />
bei Wohnungslosen – hier steigen<br />
die Zahlen und die Perspektivlosigkeit.<br />
Erfolge in der<br />
Arbeit, wie beispielsweise die<br />
Eröffnung einer medizinischen<br />
Praxis für Wohnungslose, denen<br />
seit langer Zeit erstmalig<br />
wieder ein Arztbesuch ermöglicht<br />
wird, und die Stabilisierung<br />
von Besuchsdiensten für Wohnungslose<br />
an deren Wohnorten<br />
unter den Brücken “auf Platte“<br />
sind wichtig, stellen aber nur<br />
den sprichwörtlichen Tropfen<br />
auf den heißen Stein dar.<br />
Die drei Themen „Auswirkungen<br />
der neuen Sozialgesetzgebung“,<br />
„Bildung als soziale<br />
Aufgabe“ und „Armut als gesellschaftliche<br />
Gefährdung“<br />
prägen die Arbeit der Abteilung<br />
„Offene Soziale Arbeit“.<br />
Bei ihnen gilt das Wort von Albert<br />
Schweitzer: „Wer sich vornimmt,<br />
Gutes zu bewirken, darf<br />
nicht erwarten, dass die Menschen<br />
ihm deswegen Steine<br />
aus dem Weg räumen.“<br />
Einige dieser Steine haben wir<br />
auch 006 bewegt. „Was der<br />
Welt am meisten fehlt, sind<br />
Menschen, die sich mit den<br />
Nöten anderer beschäftigen“<br />
– auch dies ein Zitat von Albert<br />
Schweitzer.<br />
Es soll an dieser Stelle all den<br />
Mitarbeitenden Dank gesagt<br />
werden, die in der Abteilung<br />
„Offene Soziale Arbeit“ an dieser<br />
großen Aufgabe mitgearbeitet<br />
haben.<br />
Wolfgang Biehl<br />
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