Mehr Lebensqualität durch weniger Schmerzen Zarte ... - Asklepios
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Patientenforum<br />
Zwei Fliegen mit einer Klappe<br />
Für Frauen, die nicht nur eine „Problemzone“, sondern gleich zwei auf einmal umformen möchten, bietet die Plastisch-Ästhetische<br />
Chirurgie in Birkenwerder ein neues Operationsverfahren an. Dabei erfolgt der Aufbau der Brüste<br />
ohne Implantate – sondern mit körpereigenem Fett, das zuvor an Bauch oder Beinen abgesaugt wurde. Yvonne<br />
Klemp, Kultur- und Marketingbeauftragte der Klinik Birkenwerder, sprach mit Dr. med. Klaus Ueberreiter, Chefarzt<br />
der Abteilung, über das von ihm entwickelte BEAULI-Verfahren und die Vorteile für die Patientinnen.<br />
Seit wann wenden Sie das BEAULI-<br />
Verfahren an?<br />
Mit der Verpflanzung von Fettgewebe<br />
wird schon seit mehr als 100 Jahren experimentiert.<br />
Komplikationen mit defekten<br />
Zellen begründeten lange Zeit den<br />
schlechten Ruf der Fettverpflanzung.<br />
Abgesaugte Fettzellen sind ausgesprochen<br />
empfindlich – sie lösen sich ähnlich<br />
schnell auf wie der Schaum auf einem<br />
frisch gezapften Bier. In den 1980er Jahren<br />
gelang es dem Amerikaner Sydney R.<br />
Coleman erstmals, unversehrte Fettzellen<br />
zu gewinnen: Er saugte mit geringem Unterdruck<br />
Körperfett <strong>durch</strong> kleine Kanülen<br />
ab. Dieses Verfahren dauert bei einer<br />
Brustvergrößerung fünf bis sieben Stunden.<br />
Man benötigt mehrere 100 Spritzen<br />
für eine einzige Brustrekonstruktion. Die<br />
Hälfte der Zellen wird beschädigt, die intakten<br />
Zellen müssen mit einer Zentrifuge<br />
isoliert werden.<br />
Unser Verfahren entstand <strong>durch</strong> Zufall.<br />
Weil gerade keine anderen Fettzellen<br />
vorhanden waren, erhielten Forscher der<br />
Charité von uns Fettgewebe, welches mit<br />
einem pulsierenden Wasserstrahlverfahren<br />
abgesaugt worden war. Überraschend<br />
viele dieser Fettzellen waren unbeschädigt.<br />
Damals sagte ich mir: Wenn man mit<br />
dem so gewonnenen Fett forschen kann,<br />
dann können wir auch damit arbeiten. Mit<br />
der Schweriner Firma Human Med AG<br />
entwickelte ich den einen Lipo-Kollektor,<br />
welcher ohne das übliche Zentrifugieren<br />
intakte Fettzellen gewinnt. Die erforderliche<br />
Fettmenge lässt sich so in nur anderthalb<br />
Stunden gewinnen.<br />
Welche Vorteile bietet diese Art des<br />
Eingriffes?<br />
Er eignet sich insbesondere für Frauen,<br />
bei denen das Körperfett unglücklich<br />
verteilt ist. Sehr schlanke Frauen mit<br />
übermäßigen Vorstellungen zur Brustvergrößerung<br />
kommen eher nicht in<br />
Frage. Im Regelfall kommen die Frauen<br />
morgens zur Operation und gehen am<br />
gleichen Tag abends wieder nach Hause.<br />
Wir führen die Fettabsaugung in örtlicher<br />
Betäubung <strong>durch</strong>. Dabei wird über eine<br />
spezielle Kanüle eine Spülflüssigkeit mit<br />
pulsierenden Sprühstößen in das Fettgewebe<br />
eingebracht und sofort zusammen<br />
mit den gelösten Fettzellen wieder<br />
abgesaugt. Der sanfte Sprühstrahl führt<br />
zu einer Lockerung des Gewebes und<br />
ermöglicht das definitive Entfernen der<br />
Fettzellen bei Schonung des Unterhautgewebes.<br />
Das abgesaugte Fett lässt sich<br />
aber nicht einlagern und muss sofort nach<br />
der Entnahme wieder injiziert oder transplantiert<br />
werden: Es läuft dann <strong>durch</strong> den<br />
Lipo-Kollektor und wird mit Hilfe einer<br />
Kanüle in die Brust gespritzt, wo das Fett<br />
dauerhaft einheilt.<br />
Das so aufgebaute Brustgewebe fühlt sich<br />
sehr natürlich an, ganz anders als bei Silikon.<br />
Es entstehen keine zusätzlichen Narben.<br />
Man schlägt also zwei Fliegen mit<br />
einer Klappe.<br />
Die gängigste Methode ist jedoch noch<br />
immer die Vergrößerung <strong>durch</strong> Silikonimplantate.<br />
Beim Brustwiederaufbau sind<br />
es die Muskellappenplastik vom Rücken<br />
oder eine Bauchhautlappenplastik, beide<br />
benötigen häufig zusätzlich ein Silikonimplantat.<br />
Sollte dieses aber später vielleicht<br />
entfernt werden müssen, kann man<br />
es auch <strong>durch</strong> Eigenfett ersetzen.<br />
Wie oft haben Sie die BEAULI-Methode<br />
schon angewandt?<br />
Seit Oktober 2007 konnte unser Team<br />
zirka 50 Frauen erfolgreich mit dieser<br />
Methode behandeln. Zusätzlich führen<br />
wir eine klinische Studie <strong>durch</strong>, um das<br />
Verfahren zu dokumentieren und den Erfolg<br />
auch wissenschaftlich nachweisen zu<br />
können. Weitere 50 Patientinnen wurden<br />
in Süddeutschland und Frankreich mit<br />
unserem Verfahren behandelt, das auch<br />
weltweit auf großes Interesse stößt. Im<br />
Mai nahmen 60 Teilnehmer aus insgesamt<br />
17 Nationen, zum Beispiel aus Korea und<br />
den USA, an einem Symposium teil. Und<br />
ich wurde zu Vorträgen nach Peking, Teheran,<br />
Taiwan und Mexiko eingeladen.<br />
Ist das Verfahren nur für kosmetische<br />
Zwecke geeignet?<br />
Nein, es dient auch zum Ausgleich von<br />
Asymmetrien oder zur Auffüllung, falls<br />
Silikonimplantate wegen Kapselbildung<br />
endgültig entfernt werden müssen. Bei<br />
zehn Frauen haben wir nach einer Amputation<br />
die Brust mit dem BEAULI-Verfahren<br />
wieder aufgebaut. Es ist viel <strong>weniger</strong><br />
belastend als die traditionellen Lappenplastiken.<br />
Die aufzubauende Brust kann<br />
so noch besser an die gesunde Brust angepasst<br />
werden. Die Liegezeiten für die<br />
Patientinnen werden verkürzt.<br />
Wie hoch ist die Erfolgsquote?<br />
Sie liegt nahezu bei 100 Prozent, allerdings<br />
nicht, was das Volumen anbelangt.<br />
Um das gewünschte Ergebnis zu erzielen,<br />
sind 2–3 Eingriffe notwendig, die jeweils<br />
über einen einzigen Einstich vorgenommen<br />
werden. Realistisch ist die Vergrößerung<br />
um etwas ein halbes Körbchen pro<br />
Eingriff. Wir lassen von den Brüsten jeweils<br />
unmittelbar vor und sechs Monate<br />
nach dem Eingriff eine Kernspintomographie<br />
anfertigen. So können wir das Gesamtvolumen<br />
berechnen und feststellen,<br />
ob der Großteil der Fettzellen vollständig<br />
eingeheilt ist.<br />
In 10 Jahren sollte BEAULI sich als Verfahren<br />
ohne Negativeffekt etabliert haben<br />
und von den Krankenkassen für den<br />
Brustaufbau nach Brustkrebs anerkannt<br />
sein.<br />
Das Gespräch führten Yvonne Klemp und Mandy Wolf<br />
60 <strong>Asklepios</strong> intern 41/2009 <strong>Asklepios</strong> intern 41/2009 61