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Mehr Lebensqualität durch weniger Schmerzen Zarte ... - Asklepios

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Titelthema<br />

dann, ihr Verhalten angemessen zu kontrollieren, Situationen<br />

frühzeitig zu berechnen, Pläne zu schmieden oder auch Vorstellungen<br />

und Wünsche zurückzuhalten.<br />

Wie unterschiedlich entwickeln sich Jungen und Mädchen in<br />

dieser Zeit?<br />

Mädchen und Jungen entwickeln sich bereits im Kindesalter<br />

unterschiedlich. Das bleibt auch während der Pubertät so. Physische<br />

und psychische Veränderungen treten bei Mädchen 1 ½<br />

bis 2 Jahre früher ein als bei Jungen. Dementsprechend geprägt<br />

sind auch die Konflikte in dieser Zeit. Während sich Mädchen<br />

mit sich und ihrem Körper beschäftigen und damit den selbstreflektierenden<br />

Modus einschalten, drängt es die jungen Männer<br />

nach außen. Sie sind handlungsorientiert und suchen die soziale<br />

Auseinandersetzung, hin und wieder auch mit den Fäusten.<br />

Welche Probleme treten am häufigsten auf?<br />

Im Jugendalter kommt es zu einem enormen Zuwachs an geistigen<br />

und körperlichen Fähigkeiten. Gleichzeitig ist dieses Alter<br />

mit zunehmendem Risikoverhalten, Leichtsinn und der Suche<br />

nach dem Kick verbunden. Weil die kognitiven Fähigkeiten<br />

langsam wachsen, ist der Jugendliche in seinem Verhalten eher<br />

unberechenbar und emotional. Die Selbstregulation und Verhaltenskontrolle<br />

funktionieren einfach noch nicht. Bei den meisten<br />

Teenagern führt die Pubertät zu einer Selbstentfremdung – ihr<br />

veränderter Körper und die neue Beziehung zu sich selbst machen<br />

ihnen zu schaffen. Sie beginnen, sich mit den Blicken der<br />

anderen zu sehen.<br />

Viele gesundheitliche Probleme hängen unmittelbar mit einem<br />

erhöhten Gefährdungsverhalten und mangelnder Gefühlskontrolle<br />

der Jugendlichen zusammen.<br />

Die Intensität der Affekte nimmt zu. Jugendliche lieben Intensität,<br />

Aufregung und Erregung. Sie suchen nach Ereignissen und<br />

Substanzen, die ihre Sinne förmlich bombardieren. Der Spagat<br />

zwischen biologischer und mangelhafter emotionaler Reife<br />

kann im sozialen Umfeld gefährlich werden. Wussten Sie, dass<br />

die Erkrankungen und die Sterblichkeit von 9–18-Jährigen um<br />

300 Prozent steigen? Wussten Sie, dass Unfälle, Selbstmorde,<br />

Tötungen, Depressionen, Alkohol, Drogen, gewaltsame Übergriffe,<br />

unerwünschte Schwangerschaften, HIV-Infektionen und<br />

Ess-Störungen in dieser Phase massiv zunehmen? Die Jugend<br />

ist eine verletzbare Zeit.<br />

Wie können Eltern und Erzieher in dieser Phase unterstützen?<br />

Die Jugendzeit stellt für Eltern und Erzieher eine schwierige<br />

und anspruchsvolle Herausforderung dar. Einerseits wollen die<br />

Jugendlichen selbständig sein und sich vom Elternhaus lösen,<br />

andererseits benötigen sie die Unterstützung von Elternhaus<br />

und Schule. Häufig werden Jugendliche in einer schwierigen<br />

Zeit sich selbst überlassen. In dieser Phase ist es von besonderer<br />

Bedeutung, miteinander ins Gespräch zu kommen, Vorschläge<br />

zu machen, aber den Heranwachsenden selbst die Entscheidung<br />

treffen zu lassen. Familiäre Rituale sollten ebenfalls so weit wie<br />

möglich weiter gepflegt werden.<br />

Wann sollte eine psychiatrische Behandlung erfolgen?<br />

Die Adoleszenz ist eine in der Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />

bisher vernachlässigte Episode. Viele Anzeichen, die für eine<br />

Störung sprechen, werden gar nicht erkannt oder unterschätzt.<br />

50 % der psychiatrischen Erkrankungen des Erwachsenenalters<br />

beginnen in der Adoleszenz. Grund genug, sich dieser Lebensphase<br />

vermehrt zuzuwenden und eher früher als später nach<br />

Rat zu suchen.<br />

Zieht sich der Jugendliche zurück, vermeidet Kontakt zu Gleichaltrigen,<br />

treten massive Probleme in der Schule auf, finden sich<br />

Hinweise für Drogen-, Alkoholabusus, selbstverletzende Neigungen<br />

oder Kontakt zu problematischen Jugendgruppen, sollte<br />

das Gespräch mit dem Kinder- und Jugendpsychiater und<br />

Psychotherapeuten gesucht werden.<br />

Das Gespräch führten Mandy Wolf und Bianca Dietrich<br />

8 <strong>Asklepios</strong> intern 41/2009 <strong>Asklepios</strong> intern 41/2009 9<br />

Kontakt<br />

PD Dr. Annette Streeck-Fischer<br />

Chefärztin, Abteilung Psychiatrie und<br />

Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters,<br />

<strong>Asklepios</strong> Fachklinikum Tiefenbrunn,<br />

37124 Rosdorf<br />

Tel: (0551) 500 52 01<br />

Literaturempfehlungen<br />

Jörg M. Fegert, Annette Streeck-Fischer,<br />

Harald J. Freyberger: Adoleszenzpsychiatrie:<br />

Psychiatrie und Psychotherapie der<br />

Adoleszenz und des jungen Erwachsenenalters,<br />

Schattauer Verlag, 119,00 €<br />

Annette Streeck-Fischer: Trauma und<br />

Entwicklung: Frühe Traumatisierungen<br />

und ihre Folgen in der Adoleszenz,<br />

Schattauer Verlag, 49,95 €<br />

PD Dr. Annette Streeck-Fischer

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