Religiöse Politik und politische Religion im Kontext interner ...

Birma.
3. Untersuchung des Verhältnisses von Ethnizität und Religion (Parochialisierung von
Weltreligionen)
Die dritte Frage, die vertieft werden soll ist die nach der Ethnisierung der Religion bzw. genauer
nach dem Potential der Religion, vorher nicht vorhandene Gemeinsamkeit und Kooperation zu
schaffen und damit auch eine Möglichkeit, gemeinsame politische und soziale Forderungen zu
stellen, wie wir dies z.B. bei den Chin und Kachin sahen. Religion wäre dann hier nicht eine
Residualkategorie, auf die im Falle der Krise zurückgegriffen wird, sondern ein ganz neuer Faktor,
der neue Bündnisse schafft. Wie diese Bedingungen dann mit der Universalität z.B. des
Christentums oder auch des Islams zusammenwirken, um ggf. Unterstützung aus der Diaspora
oder Glaubensgenossen außerhalb der eigenen Region zu erhalten, ist noch zu prüfen. Diese
Tatsache wird zudem häufig als Grund für die Privilegierung von Religion in Konflikten behauptet,
muss aber weiter verfolgt werden.
IX.XXVIII. Grundlegende Fragestellung
Neben den spezifischen hier angeführten Fragen ist noch einmal grundsätzlich die Frage nach der
Rolle und Bedeutung von Religion für Gesellschaft zu stellen. Eine Reihe möglicher Antworten
wurden in diesem Bericht vorgestellt.
1. Kontingenzbewältigung
2. Religion als einfaches, bekanntes Erklärungsmodell (Reduktion von Komplexität) das
soziale Kohäsion erzeugt und dabei Machtdifferentiale stabilisieren kann
3. Legitimation sozialer und politischer Bedingungen und Verhältnisse
4. Legitimierung gesellschaftliche Integration auflösenden Handels (Gewalt) und damit
verbundene Verstärkung interner Beziehungen (In-Group Abgrenzungen). Konstruktion von
Gerüchten und Utopien als Versuch Kollektivität zu erhalten/ zu schaffen (siehe dazu Punkt 2)
Diese bleiben gültig, müssen jetzt jedoch im Hinblick auf die Forschungsregion spezifiziert und
präzisiert werden. Es ist vor allem zu fragen, ob es die Bedeutung der Religion für Gesellschaft
tatsächlich gibt oder geben kann. Auch wenn wir sie ganz generell als Mittel zur Bewältigung von
Kontingenz ansehen können, so gibt es doch offensichtlich erhebliche Unterschiede, wie diese
Bewältigung von Kontingenz umgesetzt, wahrgenommen und interpretiert wird. Diese
Unterschiede in der Bewältigung von Kontingenz, die in der Beantragung im Hinblick auf
Buddhismus und Hinduismus bereits angesprochen wurden, sind offensichtlich bedeutender als
anfangs angenommen, besonders im Vergleich mit dem Islam. Es ist zu fragen, ob religiöse
Konflikte auch auf diesem Hintergrund entstehen und dadurch auch schwerer lösbar werden. Dies
wird die leitende Frage für das zweite Projektjahr sein, die anhand von Interviews und Gesprächen
sowie durch die Konsultation bisher noch nicht ausgewerteter schriftlicher Quellen in Deutschland
und Europa untersucht werden soll.