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Religiöse Politik und politische Religion im Kontext interner ...

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verknüpft <strong>und</strong> dient gleichsam als ethnische Markierung. Weiterhin, <strong>und</strong> dieses könnte ein<br />

allgemeines Kennzeichen sein, ist <strong>Religion</strong> <strong>im</strong>mer nur für eine Gruppe relevant. In Sri Lanka spielt<br />

der Buddhismus eine Rolle für den sinhalesischen Staat, doch kaum oder gar nicht für die LTTE. In<br />

Thailand spielt demgegenüber <strong>Religion</strong> für den Staat keine zentrale Rolle <strong>und</strong> wird eher von den<br />

„Revoltierenden“ thematisiert. Es scheint, als könne <strong>Religion</strong> tatsächlich <strong>im</strong>mer nur für eine der<br />

Konfliktgruppen Bedeutung haben aber nicht für beide.[2] <strong>Religion</strong> als den oder auch nur einen der<br />

wichtigsten Faktoren herauszudestillieren, auch wenn Protagonisten von Konflikten dies so<br />

darstellen, erscheint schon deshalb als eine bedenkliche <strong>und</strong> unzulässige Essentialisierung<br />

komplexer Phänomene.<br />

In Sri Lanka z.B. besteht weiterhin ein Diskurs vom Kampf um den Buddhismus <strong>und</strong> von der<br />

‘Vernichtung der ungläubigen Tamilen’, während es für die Tamilen um ganz andere Dinge geht,<br />

unter denen <strong>Religion</strong> lediglich ein Faktor ist. Auch hier ergab sich, über das Argument<br />

ökonomischer Rivalität <strong>und</strong> das des Neides hinaus, eine neue Perspektive: Private Frömmigkeit ist<br />

in Sri Lanka zwar tatsächlich noch privat, gleichzeitig wird <strong>Religion</strong> aber öffentlich in dem Sinne,<br />

dass sich damit nicht nur Nationalismus demonstrieren lässt, sondern auch eine neue Art<br />

wirtschaftlicher Ethik (protestantische Ethik <strong>im</strong> neuen Gewand?): es wird dargelegt, dass der<br />

Buddhismus <strong>und</strong> buddhistische Doktrin Selbstverantwortung, wirtschaftliche Aktivität <strong>und</strong> Erfolg als<br />

Beweis des guten karma nicht nur unterstützt, sondern geradezu fordert. Neu ist hier nicht, dass<br />

buddhistische Lehren zur Unterfütterung wirtschaftlicher Ideologien herangezogen werden,<br />

sondern für welche Ideologie dies gilt: während in den 50er bis 70er Jahren der Buddhismus Ideen<br />

des Wohlfahrtsstaates <strong>und</strong> in Birma des Sozialismus unterstützte, so wird er jetzt dazu verwandt,<br />

das kapitalistische System zu rechtfertigen. Eine ähnliche Entwicklung lässt sich anscheinend in<br />

Thailand beobachten, wo die Ideologie des Buddhathad zur Rechtfertigung des kapitalistischen<br />

Systems herangezogen wird.[3]<br />

Dies ermöglicht es dann aber auch, wirtschaftliche <strong>und</strong> <strong>politische</strong> Konflikte religiös zu<br />

kommunizieren, zu begründen <strong>und</strong> zu validieren: der Unterschied zwischen legit<strong>im</strong>em Protest <strong>und</strong><br />

Psychose, zwischen Gefängnis <strong>und</strong> Psychiatrie.<br />

Länderspezifische Ergebnisse:<br />

1. Burma<br />

Wie erwartet, erwies sich die Feldforschung in Burma als nicht ganz einfach. Vorarbeiten konnten<br />

in den National Archives in London geleistet werden, wo Quellen zur Etablierung des birmanischen<br />

unabhängigen Staates <strong>und</strong> die Reaktionen der ethnischen Gruppen darauf gesichtet werden<br />

konnten. Hiermit konnte eine historische Basis zum Verständnis der gegenwärtigen Lage<br />

gewonnen werden.<br />

Unsere These von der <strong>Religion</strong> als Mittel weitergehender sozialer Kohäsion über die Familien-<br />

oder Stammesgruppe hinaus wurde schon von Edm<strong>und</strong> Leach in seiner Studie über das <strong>politische</strong><br />

System der Kachin angesprochen.[4] Einige neuere Arbeiten von Angehörigen ethnischer<br />

Minderheitengruppen betonen gerade diesen Aspekt.[5] Die Dissertation von Saokhong Liang,[6]<br />

einem Chin-Führer verdeutlicht den Prozess der Ethnisierung von <strong>Religion</strong>: erst als die Mehrheit<br />

der Chin (in Indien, Birma <strong>und</strong> Bangladesh) zum Christentum konvertierte, so sagt er, begann sie<br />

nicht nur ein Gefühl der Zusammengehörigkeit aller Chin zu entwickeln, sondern gleichzeitig<br />

entstand aktive Zusammenarbeit als Ethnie, um <strong>politische</strong> Forderungen durchzusetzen. Das

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