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Religiöse Politik und politische Religion im Kontext interner ...

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Einzigartigkeit der Sinhalesen, ihrer Geschichte <strong>und</strong> Sprache abhob <strong>und</strong> <strong>Religion</strong> eine<br />

vergleichsweise untergeordnete Rolle spielte. In anderen Interviews mit Mitgliedern des Sangha<br />

<strong>und</strong> <strong>Religion</strong>sexperten spielte dagegen <strong>im</strong>mer die Gefährdung der <strong>Religion</strong> durch fremde<br />

Eindringlinge eine Rolle, wogegen gewaltsamer Widerstand nicht nur gerechtfertigt, sondern<br />

geboten sei, weil sonst der Buddhismus auf Sri Lanka untergehe <strong>und</strong> aussterbe. Es war deutlich,<br />

dass es hier nicht um die Lehre oder Doktrin des Buddha ging, sondern um die <strong>Religion</strong> als<br />

ethnische Marke <strong>und</strong> nahezu physischer Besitz. Wie Peter Schalk schon vor einiger Zeit bemerkte,<br />

ist durch die Ethnisierung der <strong>Religion</strong> die Tatsache, dass der Buddhismus vermutlich von Tamilen<br />

nach Sri Lanka gebracht wurde <strong>und</strong> damit auch diese Buddhisten sein können, aus dem<br />

Bewusstsein beider Gruppen verschw<strong>und</strong>en <strong>und</strong> wird oft schlicht geleugnet. Die Bevölkerung<br />

akzeptiert oft erstaunlich bereitwillig die Argumentation des Sangha. Wichtig ist auch der oft<br />

wiederholte Glaube, dass die LTTE als einziges Ziel die Ausrottung der Sinhalesen hat <strong>und</strong> Kinder<br />

<strong>und</strong> Säuglinge tötet, wogegen die Sinhalesen mit gleicher Münze zurückschlagen dürfen <strong>und</strong><br />

müssen.<br />

Das ökonomische Argument, das in den 70er Jahren zeitweise sehr <strong>im</strong> Vordergr<strong>und</strong> stand, tritt <strong>im</strong><br />

Augenblick zurück, hat aber seine Potenz nicht ganz verloren. Einerseits ist deutlich, dass weite<br />

Teile der Tamilen, gerade in den von der LTTE verwalteten Gebieten, keine ökonomische Macht<br />

besitzen oder ausüben können, andererseits verschärft sich die Armut der sinhalesischen Massen<br />

weiterhin. Der Zusammenhang mit dem Bürgerkrieg wird dabei nicht thematisiert. Im Gegenteil,<br />

der Bürgerkrieg wird als eine Lösung angesehen unter dem Argument, dass die Tamilen <strong>und</strong> ihre<br />

Forderungen an der Verarmung schuld seien. Die Möglichkeit, dass durch das Zugeständnis von<br />

weitergehenden Rechten an die Tamilen eine ökonomische win-win-Situation für alle Sri Lankaner<br />

geschaffen werden könnte, ist nicht vermittelbar.<br />

In das Muster der Ethnisierung der <strong>Religion</strong> <strong>und</strong> ihrer Gefährdung passt auch die Kontroverse um<br />

das sog. ‘Anti-Conversion Law’, mit dem ‘unethische Konversion’ vor allem zum Christentum<br />

verhindert werden soll, die oft durch materielle Anreize gefördert wird. Die Argumentation des<br />

Sangha ist hier widersprüchlich: es werden vor allem die katholischen Sri Lankaner <strong>und</strong> die<br />

katholische Kirche angegriffen; die Gruppen, die mit finanziellen Anreizen Konvertiten an sich<br />

ziehen, sind aber vor allem von den USA finanzierte evangelikale Gruppen. Hinweise auf diese<br />

Widersprüche werden nicht zur Kenntnis genommen, stattdessen wurde als Beweis für die<br />

finsteren Absichten der katholischen Kirche die – unzutreffende – Tatsache angeführt,<br />

Prabhakaran sei Katholik.<br />

Für das Antikonversionsgesetz äußerten selbst einige Vertreter der christlichen Kirchen<br />

Verständnis: die Kirche dürfe sich nicht als finanzielle <strong>und</strong> nicht als außengesteuerte Macht<br />

präsentieren. Am besten sei es, wenn ihre Sozialarbeit gar nicht als christliche wahrgenommen<br />

werde.<br />

In den von der LTTE kontrollierten Tamilgebieten fällt der starke Unterschied zwischen<br />

öffentlichem Säkularismus <strong>und</strong> privater Frömmigkeit auf, ein Unterschied, der durch den Krieg<br />

verstärkt wird: in der gegenwärtigen Krise sind alle nationalen <strong>und</strong> ehrenden Zeremonien<br />

abgeschafft, man richtet sich auf eine Zeit der Kargheit ein. Tempel <strong>und</strong> Kirchen funktionieren aber<br />

nach wie vor <strong>und</strong> sind bestens besucht.<br />

Ein geplanter Besuch Jaffnas war aufgr<strong>und</strong> der kriegerischen Situation nicht möglich, ist dafür aber<br />

für 2007 geplant. Offensichtlich gibt es inzwischen wieder Flüge auch für Privatpersonen. Hier soll

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