Die Politik in der Wachstumsfalle - Wachstum im Wandel
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lung zu kommen. Wieweit diese gediehen ist, wird dann eher an qualitativen<br />
Indikatoren <strong>der</strong> Lebens- und Umweltqualität abzulesen se<strong>in</strong> als am<br />
Sozialprodukt.<br />
Solange <strong>Politik</strong> und Wirtschaft aber das eigene Wirtschaftswachstum zwanghaft<br />
als Ziel betrachten, vereiteln sie die nachhaltige Entwicklung. Denn dieses<br />
Ziel versperrt den Nachhaltigkeitspfad, <strong>der</strong> dah<strong>in</strong> führt, die Externalisierung<br />
privater Kosten zu unterb<strong>in</strong>den, die das Geme<strong>in</strong>eigentum aufzehrt.<br />
<strong>Die</strong>sen Pfad beschreiten heißt die Vorräte an naturgegebenen Ressourcen<br />
durch Kreislaufführung bzw. Substitution erhalten o<strong>der</strong> ersetzen, die Artenvielfalt<br />
bewahren, die menschliche Gesundheit und die gesellschaftliche Integration<br />
verbessern statt wie heute gefährden, das Kl<strong>im</strong>asystem <strong>im</strong> Gleichgewicht<br />
halten – kurz: durch qualitative Entwicklung die Produktion und den<br />
Konsum mit <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>güter <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang br<strong>in</strong>gen.<br />
In diesem S<strong>in</strong>n ist Nachhaltigkeit <strong>der</strong> Gegenpol zum <strong>Wachstum</strong>.Bei nachhaltiger<br />
Entwicklung darf Wirtschaftswachstum ke<strong>in</strong> Ziel se<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>e Nebenfolge,<br />
die nur begrüßt wird, wenn sie auf Substanzerhaltung und nicht auf Substanzverzehr<br />
beruht. Niemand kann heute schon sagen, <strong>in</strong> welchem Maß <strong>der</strong><br />
künftige Weltenergieverbrauch durch die knapper werdenden Rohstoffe begrenzt<br />
wird, die für die Erschließung <strong>der</strong> Sonnenenergie notwendig se<strong>in</strong><br />
werden; weil es diese Grenzen aber mit Sicherheit gibt, 14 dürfen wir nicht<br />
länger so tun, als könnten wir e<strong>in</strong>es Tages über unerschöpfliche Solarenergien<br />
verfügen.<br />
Doch e<strong>in</strong>stweilen ist die Anziehungskraft des quantitativen <strong>Wachstum</strong>s so<br />
stark, dass die <strong>Politik</strong> <strong>der</strong> nachhaltigen Entwicklung nur soweit vorankommt,<br />
wie sie sich dem <strong>Wachstum</strong>sziel unterordnet. Allzu sehr ist man daran gewöhnt<br />
und f<strong>in</strong>det nichts dabei, dass die Ausbeutung <strong>der</strong> Geme<strong>in</strong>güter die<br />
Preise verbilligt und die Gew<strong>in</strong>ne erhöht und dadurch den Konsumenten<br />
ebenso wie den Unternehmen <strong>in</strong> den Industrielän<strong>der</strong>n e<strong>in</strong>en durch den Gegenwert<br />
des Substanzverzehrs überhöhten Wohlstand e<strong>in</strong>br<strong>in</strong>gt. Dass diese<br />
Bereicherung künftig nicht mehr möglich se<strong>in</strong> soll, will den bisherigen Nutznießern<br />
nicht <strong>in</strong> den Kopf. We<strong>der</strong> wollen sie sich Verzicht antun, noch können<br />
sie sich überhaupt vorstellen, dass Wirtschaft und Staat ohne die Art<br />
<strong>Wachstum</strong> zurechtkämen, an die sie so lange Zeit gewöhnt s<strong>in</strong>d.<br />
Im Gegenteil herrscht die Furcht vor, die Abkehr vom <strong>Wachstum</strong>sziel könnte<br />
die entwickelten Volkswirtschaften zusammenbrechen lassen. In den Medien,<br />
<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Politik</strong>, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Wirtschaft wird geglaubt und verkündet,<br />
– nur durch <strong>Wachstum</strong> könnte die nachhaltige Entwicklung f<strong>in</strong>anziert werden,<br />
– nur durch Wirtschaftswachstum sei Vollbeschäftigung erreichbar,<br />
– nur durch <strong>Wachstum</strong> würden schärfere Verteilungskämpfe vermieden,<br />
– nur durch <strong>Wachstum</strong> bleibe <strong>der</strong> Sozialstaat f<strong>in</strong>anzierbar und könnten die<br />
hohen Staatsschulden getilgt werden.<br />
Ke<strong>in</strong>es dieser Argumente ist zw<strong>in</strong>gend. Wie <strong>im</strong> folgenden Kapitel dargelegt<br />
wird, trifft es we<strong>der</strong> zu, dass <strong>der</strong> jeweilige Effekt (etwa die Vollbeschäfti-