Die Politik in der Wachstumsfalle - Wachstum im Wandel
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be es heute vermutlich ke<strong>in</strong> Kl<strong>im</strong>aproblem. Das geschah nicht, weil die<br />
Verwendung <strong>der</strong> fossilen Energien dann nicht mehr so billig gewesen wäre,<br />
und weil <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kultur des Individualismus die Verantwortlichkeit<br />
des E<strong>in</strong>zelnen für die Geme<strong>in</strong>güter als e<strong>in</strong>e wi<strong>der</strong>sprechende Norm – e<strong>in</strong><br />
„double b<strong>in</strong>d“ – empfunden und nach Möglichkeit mißachtet wurde.<br />
– So verweigerte man den Geme<strong>in</strong>gütern die Schonung bzw. die Ersatz<strong>in</strong>vestition,<br />
die man privaten Besitz- und Produktionsgütern fraglos zugestand<br />
und <strong>im</strong> öffentlichen Haushalt bed<strong>in</strong>gt akzeptierte; 9 das hat sich bis<br />
heute nicht pr<strong>in</strong>zipiell geän<strong>der</strong>t. Im Betriebsergebnis des e<strong>in</strong>zelnen Unternehmens<br />
wirkt sich diese Verweigerung als Produktionssteigerung bzw.<br />
als E<strong>in</strong>sparung von Kosten aus, die dem Unternehmen niedrigere Preise<br />
und höheren Absatz und Gew<strong>in</strong>n bescheren. Doch weil die Geme<strong>in</strong>güter<br />
<strong>in</strong>zwischen die Grenze überschritten haben, bis zu <strong>der</strong> sie sich selbst regenerieren<br />
konnten o<strong>der</strong> die Entnahme nicht <strong>in</strong>s Gewicht fiel, werden sie<br />
durch die Verweigerung dez<strong>im</strong>iert. <strong>Die</strong> vermehrten Umsätze bzw. e<strong>in</strong>gesparten<br />
Kosten belasten die Geme<strong>in</strong>güter, sie werden auf sie abgewälzt<br />
o<strong>der</strong> externalisiert; da die Geme<strong>in</strong>güter die Überlastung aber nicht selbst<br />
tragen können, kommt die Abwälzung e<strong>in</strong>er Verm<strong>in</strong><strong>der</strong>ung ihres Bestandes,<br />
e<strong>in</strong>er Verr<strong>in</strong>gerung ihres Potentials, kurz: e<strong>in</strong>em Substanzverzehr<br />
gleich. So ist unser Wohlstand um den Gegenwert des Substanzverzehrs<br />
überhöht.<br />
– <strong>Die</strong> Externalisierung ist möglich, weil man Geme<strong>in</strong>güter ungestraft überlasten<br />
o<strong>der</strong> übernutzen darf, und sie ist zw<strong>in</strong>gend, weil das Fehlen von<br />
Sanktionen gegen Externalisierung bewirkt, dass <strong>der</strong> Wettbewerb e<strong>in</strong>en<br />
Druck zur Externalisierung ausübt, dem sich angesichts <strong>der</strong> Verlockung<br />
des überhöhten materiellen Wohlstands nur wenige Produzenten und<br />
Konsumenten entziehen können.<br />
– <strong>Die</strong> Überhöhung des Wohlstands mag kurzfristig als Vorteil empfunden<br />
werden, auf längere Sicht br<strong>in</strong>gt sie nur Schaden – <strong>der</strong> Natur, <strong>der</strong> Gesellschaft,<br />
auch den e<strong>in</strong>zelnen Menschen. Durch psychologische Forschung<br />
auf allen Kont<strong>in</strong>enten ist nachgewiesen, dass es Menschen krank macht,<br />
wenn die Konsumleitbil<strong>der</strong> auf hohem Niveau des Wohlstands e<strong>in</strong>seitig<br />
auf Waren und <strong>Die</strong>nste fixiert bleiben, weil dadurch die menschlichen Beziehungen<br />
verarmen. Menschen mit e<strong>in</strong>er Überbewertung <strong>der</strong> marktgängigen<br />
Güter gegenüber den marktfreien Eigentätigkeiten und Beziehungen haben<br />
e<strong>in</strong> weniger sicheres Selbstwertgefühl und s<strong>in</strong>d weniger vital, ihr psychisches<br />
Wohlbef<strong>in</strong>den ist ger<strong>in</strong>ger, sie s<strong>in</strong>d weniger zufrieden mit ihrem<br />
Leben, ihrer Familie, ihren Freunden, ihrem E<strong>in</strong>kommen. Zugleich haben<br />
sie mehr depressive und Angstgefühle, zeigen häufiger gestörtes Sozialverhalten,<br />
destruktive E<strong>in</strong>stellungen, körperliche Stress-Symptome und<br />
Suchtersche<strong>in</strong>ungen. 10<br />
E<strong>in</strong> halbes Jahrhun<strong>der</strong>t lang haben die Industrielän<strong>der</strong> ihren eigenen Wohlstand<br />
zu Lasten <strong>der</strong> globalen Ressourcen gemehrt, die sie mit <strong>der</strong> gesamten –<br />
gegenwärtigen und künftigen – Menschheit hätten teilen müssen. Sie haben