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Die Politik in der Wachstumsfalle - Wachstum im Wandel

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<strong>Die</strong>se Max<strong>im</strong>e hat Aristoteles je<strong>der</strong> selbständigen Wirtschaftse<strong>in</strong>heit mit eigener<br />

Produktion, eigenen Grenzen und eigenem Budget (von <strong>der</strong> antiken<br />

Hauswirtschaft bis zur mo<strong>der</strong>nen Volkswirtschaft) <strong>in</strong>s Stammbuch geschrieben:<br />

Im Gegensatz zum Unternehmen soll sie nicht für den Gew<strong>in</strong>n produzieren,<br />

son<strong>der</strong>n für den eigenen Bedarf, und soll e<strong>in</strong> Angewiesense<strong>in</strong> auf den<br />

Export von Gütern und <strong>Die</strong>nsten ebenso vermeiden wie e<strong>in</strong>e Abhängigkeit<br />

vom Import. E<strong>in</strong> dauern<strong>der</strong> Exportüberschuss ist für die Balance <strong>der</strong> außenwirtschaftlichen<br />

Beziehungen ebenso schädlich wie e<strong>in</strong> dauern<strong>der</strong> Überschuss<br />

<strong>der</strong> Importe.<br />

<strong>Die</strong>se Unterscheidung zwischen den Außenwirtschaftsbeziehungen und den<br />

Marktbeziehungen ist, wie Polanyi bemerkt, „vielleicht <strong>der</strong> prophetischste<br />

H<strong>in</strong>weis, <strong>der</strong> jemals <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Sozialwissenschaften gegeben wurde.“ 35<br />

Sie erklärt, warum es e<strong>in</strong> verhängnisvoller Fehler war, bei <strong>der</strong> Neuordnung<br />

des Weltwährungssystems 1944 nicht, wie damals von Keynes vorgeschlagen,<br />

e<strong>in</strong>e supranationale Reservewährung und e<strong>in</strong>e die Transaktionen zwischen<br />

den Staaten abwickelnde Clear<strong>in</strong>g Union e<strong>in</strong>zuführen, die mit Strafz<strong>in</strong>sen<br />

für Defizite und Überschüsse für Saldenausgleich sorgt.<br />

<strong>Die</strong> USA haben stattdessen auf dem Dollar als Leitwährung bestanden. E<strong>in</strong><br />

Leitwährungsland muss mehr von <strong>der</strong> eigenen Währung <strong>in</strong> Umlauf setzen als<br />

es für die eigenen Transaktionen braucht. Das br<strong>in</strong>gt es es <strong>in</strong> Versuchung,<br />

se<strong>in</strong>e Währung auch zum nationalen Vorteil zu verwenden. Da diese als Reservewährung<br />

dient, müssen alle an<strong>der</strong>en ihre eigene Zahlungsfähigkeit sichern,<br />

<strong>in</strong>dem sie Dollarguthaben und auf Dollar lautende Schuldverschreibungen<br />

halten. So kann das Leitwährungsland die weltweiten Ersparnisse an<br />

sich ziehen und mit dem Geld <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en den eigenen Importüberschuss<br />

f<strong>in</strong>anzieren. Das hat es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schier unvorstellbaren Maß getan: Seit den<br />

1980er Jahren ist das Leistungsbilanzdefizit <strong>der</strong> USA von 20 auf 900 Mrd. $<br />

angestiegen, und die Gesamtverschuldung <strong>der</strong> öffentlichen und privaten<br />

Haushalte sowie <strong>der</strong> Banken und Unternehmen wuchs von 1 auf 12 Bill. $;<br />

sie beträgt jetzt etwa das Vierfache des amerikanischen Sozialprodukts. Sobald<br />

das Vertrauen <strong>in</strong> den Dollar e<strong>in</strong>bricht, wird die Welt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Krise geraten,<br />

die noch weit zerstörerischer se<strong>in</strong> wird als die jetzige. 36<br />

<strong>Die</strong> Lösung liegt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Reform des Weltwährungssystems, die über die<br />

nationalen Währungen e<strong>in</strong>e globale Währung stülpt; dieser wird die Funktion<br />

<strong>der</strong> Reservewährung übertragen. 37 Sie könnte vom Weltwährungsfonds verwaltet<br />

werden, <strong>der</strong> ja dafür e<strong>in</strong>st gedacht war. <strong>Die</strong>ser müsste dafür sorgen,<br />

dass nationale Export- und Import-Überschüsse regelmäßig zurückgeführt<br />

und vorübergehend auftretende Defizite aus e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samen Reservefonds<br />

ausgeglichen werden.<br />

E<strong>in</strong>e wesentliche Bed<strong>in</strong>gung ist dabei, dass Überschüsse <strong>im</strong> Export ebensowenig<br />

toleriert werden wie <strong>im</strong> Import: Beide s<strong>in</strong>d gleich schädlich, auch und<br />

gerade für die nachhaltige Entwicklung.

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