4 - Institut für Zeitgeschichte
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180 Ellen Gibbels<br />
Mann" 99 , während eines weiteren noch heftigeren Streites um die von Guderian angestrebte<br />
militärische Entmachtung Himmlers am 13. Februar in der Reichskanzlei als<br />
den „am ganzen Leibe zitternden Mann [...]. Nach jedem Zornesausbruch lief Hitler<br />
auf der Teppichkante auf und ab." 100 Das Zitat belegt die typische Zunahme des Tremors<br />
in Richtung einer Generalisierung, nicht aber die von anderen geschilderte z. T.<br />
extreme Bewegungseinschränkung.<br />
Rittmeister Gerhard Boldt, Ol beim Chef des Generalstabs, wurde Hitler Anfang<br />
Februar 1945 während der Lagebesprechung in der Neuen Reichskanzlei vorgestellt:<br />
„Langsam, stark vornübergeneigt, kommt er schlurfenden Schrittes auf mich zu [...]. Sein Kopf<br />
wackelt leicht , was mir später noch stärker auffallen sollte. Sein linker Arm hängt schlaff herunter,<br />
die linke Hand zittert stark [...]. Alle seine Bewegungen sind die eines kranken, senilen Greises."<br />
Und weiter heißt es: „Hitler steht betont schwerfällig auf und geht, das linke Bein schlurfend nachziehend,<br />
die Hände auf dem Rücken verschränkt, einige Schritte im Zimmer auf und ab." Während der<br />
darauffolgenden nächtlichen Lagebesprechung im Führerbunker „erkundigt sich Hitler mit fast tonloser<br />
Stimme nach der Stärke des auf Berlin gerichteten russischen Angriffskeils"<br />
Der Hals-Nasen-Ohrenarzt Giesing gab gegenüber den US-Vernehmungsoffizieren<br />
am 30.8. 1945 zu Protokoll: "Masked facies 105 observed during an accidental meeting<br />
in the Reich Chancellery on 13 Feb 45, a distinct tremor of the left hand." 106 In einer<br />
Niederschrift Giesings vom Juni 1945 wird auch noch Hitlers „sehr leise" Stimme erwähnt<br />
und das „starke Zittern des linken Armes und der linken Hand" näher beschrieben,<br />
„das jedesmal stärker wurde, wenn die Hand nicht auflag, so daß Hitler den Arm<br />
immer auf den Tisch oder die Hände auf die Bank stützte" 107 . Das Zitat illustriert, wie<br />
Hitler in typischer Weise durch willkürliche Anspannung der Muskeln dem Ruhetremor<br />
der Arme entgegenzuwirken trachtete. Am 24. Februar 1945 hatte Hitler die<br />
Reichs- und Gauleiter ein letztes Mal in die Reichskanzlei berufen. Rudolf Jordan,<br />
ehemaliger Gauleiter von Magdeburg-Anhalt, erinnerte sich an dieses Treffen: „Langsamen<br />
Schrittes betritt Adolf Hitler, von Bormann geleitet, den Saal. Wie unter einer<br />
schweren Last gebeugt [...] tritt er in unsere Mitte [...]. Hitlers Schultern hängen [im<br />
Sitzen] schlaff herunter, der Rücken ist stark gekrümmt." Er spricht „langsam,<br />
stockend, mit tiefer schleppender Stimme [...]. Während seiner gequälten Rede überlaufen<br />
ihn mehrmals Schulterzuckungen 108 , die er durch nervöse Gegenbewegungen<br />
abzureagieren versucht. Seine linke Hand hält er unter der Tischkante verborgen. Ge-<br />
99<br />
Guderian, Erinnerungen, S. 374.<br />
100<br />
Ebenda, S. 376.<br />
101<br />
Offenbar fortgeleiteter Tremor.<br />
Gerhard Boldt, Die letzten Tage der Reichskanzlei, Reinbek 1964, S. 15.<br />
103<br />
Ebenda, S. 34.<br />
104<br />
Ebenda, S. 45.<br />
105<br />
Maskengesicht: medizinischer Terminus <strong>für</strong> starke Hypomimie, also pathologische Minderung der<br />
Mimik.<br />
106<br />
CIR/2, S. 12, in: BA, FC 6183.<br />
107<br />
Zit. nach Maser, Hitler, S. 394.<br />
108<br />
Möglicherweise ticartige Bewegungen, auf die an anderer Stelle noch zurückzukommen ist. Vgl.<br />
S.188.