4 - Institut für Zeitgeschichte
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156 Ellen Gibbels<br />
weise 3 - nie stattgefunden. Alle medizinischen Autoren, die sich bisher zu diesem<br />
Problemkreis geäußert haben, stützten sich fast ausschließlich auf einen meist sogar<br />
kleinen Sektor der vorhandenen schriftlichen Quellen und zusätzlich allenfalls auf Befragungen<br />
von nicht neurologisch oder psychiatrisch geschulten Augenzeugen, ein<br />
Vorgehen, das naturgemäß erhebliche Irrtümer zuließ.<br />
Diesem Mißstand ist nur durch eine gründliche und vorurteilslose neurologischpsychiatrische<br />
Studie nach Art eines postum zu erstellenden wissenschaftlichen Gutachtens<br />
abzuhelfen. Bestärkt durch Andreas Hillgruber, haben wir uns dieser Herausforderung<br />
in einer mehrjährigen Forschungsarbeit gestellt. Dabei galt es zunächst,<br />
aufgrund einer Analyse von dokumentarischen Filmaufnahmen, ergänzt durch schriftliche<br />
Quellen, ein fachmännisches Urteil über die bei Hitler während der letzten<br />
Lebensjahre vorliegenden Bewegungsstörungen zu erhalten 4 . Dann war durch umfangreiche<br />
differentialdiagnostische Erörterungen mit Hilfe auch überlieferter ärztlicher<br />
Unterlagen die zugrundeliegende Erkrankung zu erschließen 5 . Schließlich<br />
mußte aufgrund der schriftlichen Quellen und der Befragung einiger Zeitzeugen aus<br />
seiner nächsten Umgebung untersucht werden, ob sich bei Hitler auf dem Boden des<br />
festgestellten Nervenleidens psychische Veränderungen entwickelt haben, die seine<br />
politischen und militärischen Entscheidungen beeinflußt haben könnten 6 .<br />
Gemäß den Interessen des Historikers wurde in der vorliegenden Darstellung 7 die<br />
Bewegungsanalyse weit ausführlicher behandelt als in der entsprechenden medizinischen<br />
Veröffentlichung, die Differentialdiagnose aus naheliegenden Gründen extrem<br />
gestrafft, die Erörterung der psychischen Veränderungen nur in der Form dargestellt,<br />
wie sie <strong>für</strong> den medizinischen Laien nachvollziehbar ist. Dem fügt sich abschließend<br />
3<br />
Anton von Braunmühl, War Hitler krank?, in: Stimmen der Zeit 79 (1954), S. 94-102; Schramm, Hitlers<br />
Tischgespräche, S. 110; Heinz Guderian, Erinnerungen eines Soldaten, Stuttgart u 1979, S.403;<br />
Schreiben Hans Kehrl an Percy Ernst Schramm vom 5.6. 1963, in: Bundesarchiv Koblenz (BA),<br />
Kl.Erw.441-3,B1.123f.<br />
4<br />
Ellen Gibbels, Hitlers Parkinson-Syndrom. Eine postume Motilitätsanalyse in Filmaufnahmen der<br />
Deutschen Wochenschau 1940-1945, in: Nervenarzt 59 (1988), S.521-528.<br />
5<br />
Ellen Gibbels, Hitlers Nervenleiden - Differentialdiagnose des Parkinson-Syndroms, in: Fortschritte<br />
der Neurologie, Psychiatrie 57 (1989), S. 505-517.<br />
6<br />
Ellen Gibbels, Hitlers Parkinson-Krankheit. Zur Frage eines hirnorganischen Psychosyndroms,<br />
Berlin/Heidelberg/New York 1990.<br />
7<br />
Die vorliegende Darstellung fußt im wesentlichen auf diesen medizinischen Arbeiten, die zwischen<br />
1989 und 1990 in der neurologisch-psychiatrischen Fachliteratur veröffentlicht wurden, inzwischen<br />
ergänzt durch einen wissenschaftlichen Film (Ellen Gibbels, Hitlers Parkinson-Syndrom. Eine Analyse<br />
von Aufnahmen der Deutschen Wochenschau aus den Jahren 1940-1945, Video-Produktion des<br />
<strong>Institut</strong>s <strong>für</strong> den Wissenschaftlichen Film - IWF - in Göttingen, 42 Minuten, Göttingen 1992, IWF-<br />
Verleihsignatur G 254). Sie richtet sichbewußt andenmedizinischen Laien, vorallem den Historiker,<br />
und versucht, ihm die Art des Vorgehens bei der medizinischen Recherche und deren Ergebnisse verständlich<br />
zu machen. Durch die damit erforderlich gewordene „Übersetzung" aus der Fachterminologie<br />
und -argumentation mögen hin und wieder zumal den Mediziner störende unscharfe Formulierungen<br />
entstanden sein, die gelegentlichen Mißverständnissen Vorschub leisten könnten. Daher wird<br />
jeder an den exakten medizinischen Details und der rein neurologisch-psychiatrischen Argumentation<br />
interessierte Leser auf die vorausgegangenen medizinischen Publikationen verwiesen.