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Kontrastive Wortfamilienanalyse Deutsch-Ungarisch<br />
2.1.6 Konsequenzen für den Spracherwerb<br />
1) Beim Unterricht sollten eigene Lernstrategien gefördert bzw. bewusst gemacht<br />
werden. Erst durch Selbstreflexion sind die Lernmethoden zu<br />
entwickeln.<br />
2) Man soll den Lernenden helfen, durch ihre Eigenaktivität (durch Sammeln<br />
von Wörtern, durch Klassifikationsübungen, Hierarchisierungsübungen,<br />
Erstellung von Wortfamilien usw.) eine Einsicht in die Struktur des Wortschatzes<br />
einer Sprache zu gewinnen.<br />
3) Statt eines einseitigen Unterrichtsverfahrens ist eine variable, differenzierte<br />
Vorgehensweise (z. B. visuelles und sprachliches, kognitives und spielerisches<br />
Lernen) empfehlenswert.<br />
2.2 Die Rolle der Analogie beim Wortschatzerwerb<br />
Die Kreativität der Sprache ermöglicht uns, eine ganze Menge von potenziell<br />
realisierbaren, in der jeweiligen Sprache nicht vorhandenen Konstruktionen<br />
zu bilden. Es gibt unzählige Beispiele aus der Kindersprache. Statt des ungarischen<br />
Wortes szánkó ‘Schlitten’, das im Ungarischen ein Simplex ist, bildete<br />
ein ungarisches Kind ein Kompositum, nämlich das Wort hóhinta ‘Schneeschaukel’.<br />
Als Grund für die Wortschöpfung des Kindes wäre das gemein-<br />
same semantische Merkmal: ‘ein sich bewegender schaukelförmiger Gegenstand’<br />
anzugeben. Ein weiteres Beispiel aus dem bekannten Buch „Balázs<br />
beszélni tanul“ von László Ódor wäre die Bildung álombusz ‘Traumbus’ für<br />
édesapa háta ‘Rücken des Vaters’ (Ódor 1980, S. 234). Eine mögliche Erklärung<br />
für die letzterwähnte Analogie wäre folgende: Auf dem gewölbten Rücken<br />
des Vaters kann das Kind traumhaft mitfahren.<br />
Es scheint daher besonders nützlich zu sein, beim Wortschatzerwerb zwischen<br />
realem und potenziellem Wortschatz zu unterscheiden:<br />
Der reale Wortschatz umfaßt die Wörter, die der Lernende in einem gegebenen<br />
Moment des Spracherwerbsprozesses bereits gelernt hat, d. h. diejenigen Wörter,<br />
die ihm bereits begegnet sind und deren Form und Bedeutung er sich bemerkt<br />
hat. Innerhalb des realen Wortschatzes wird ein aktiver realer Wortschatz<br />
und ein passiver realer Wortschatz unterschieden [...]. Unter dem potentiellen<br />
Wortschatz versteht man diejenigen Wörter der Sprache, die der Lernende nie<br />
zuvor gehört oder gelesen hat, aber dennoch bei einer eventuellen Begegnung<br />
verstehen würde. (Denninghaus 1976, S. 3)