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Kontrastive Wortfamilienanalyse Deutsch-Ungarisch<br />
3.1.2 Morphologisch-semantische Motivation<br />
Von morphologisch-semantischer Motivation sprechen wir bei allen Morphemkonstruktionen<br />
(Ableitungen, Präfixbildungen, Zusammensetzungen).<br />
Zum Beispiel das Wort Armut ruft → arm, Ordnung → ordnen ins Gedächtnis.<br />
Das eine Wort: Ordnung ist im Vergleich zu dem anderen: ordnen relativ<br />
motiviert.<br />
Die Motivierung kann mehr oder weniger vollständig sein, aber<br />
[...] sogar im günstigsten Falle [ist sie] niemals eine vollständige, denn es sind<br />
nicht nur die Bestandteile eines motivierten Zeichens einerseits selbst beliebig<br />
(vgl. herz und lich von herz-lich), sondern der Wert des Gesamtausdruckes ist<br />
niemals gleich der Summe der Werte seiner Teile. (Saussure 1967, S. 157)<br />
Zwischen Motiviertheit und Arbitrarität ist demnach ein breites Übergangsfeld<br />
von beinahe vollständig motivierten zu völlig idiomatisierten Einheiten<br />
anzunehmen. Nur bei der phonetisch-phonologischen Motivation könnte man<br />
von einer beinahe vollständigen Motivierung sprechen. Am anderen Ende der<br />
Skala stünden die so genannten Motivationsreduktionen, deren Elemente formativ<br />
reduziert auftreten. Hierher gehören Initialwörter oder Kurzwörter, z. B.<br />
HKK (Herz-Kreislauf-Krankheit), HK-Leiden (Schippan 1992, S. 171).<br />
3.2 Das Prinzip der Durchsichtigkeit<br />
Eine Neufassung des Gedankens bezüglich der Motivation ist das Prinzip der<br />
Durchsichtigkeit. Gartenhaus, Tischtuch nennt Martin Gauger<br />
[...] ‘durchsichtige Wörter’, weil ihre formal-inhaltliche Beschaffenheit es den<br />
Sprechenden erlaubt, durch sie hindurch zu sehen, sie gleichsam zu ‘durchschauen’<br />
und sie – eben dadurch – zu erklären. (Gauger 1971, S. 8)<br />
Ein Gartenhaus ist also ein Haus im Garten, ein Tischtuch ein Tuch auf dem<br />
Tisch usw. Die durchsichtigen Wörter haben nach Gauger immer einen von<br />
sich selbst wegweisenden Charakter, so kann man sie auch sprechende Wörter<br />
nennen. Das durchsichtige Wort existiert kraft eines oder mehrerer anderer<br />
Wörter in der Sprache. Einen bildhaften Vergleich aus der Sprache der Musik<br />
wird für die Definition von Durchsichtigkeit von Augst verwendet:<br />
Alle Varianten [= Bedeutungen] sind, wie die Variationen in der Musik, auf das<br />
Thema hin durchsichtig. Geht die Durchsichtigkeit verloren, so liegt keine Variante<br />
mehr, sondern ein eigenes Thema vor. (Augst 1975b, S. 172)