Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt
Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt
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Giftschlamm<br />
überflutet Dörfer<br />
Budapest – Eine Lawine aus ätzendem Bauxitschlamm<br />
aus einer Aluminiumhütte hat<br />
im Westen Ungarns mehrere Orte überschwemmt<br />
und vier Menschen in den Tod<br />
gerissen. Unter den Toten in dem Dorf Kolontár<br />
waren zwei Kleinkinder, bestätigten<br />
die Behörden. <strong>Die</strong> Rettungskräfte suchten<br />
bis gestern Abend noch nach mehreren<br />
Vermissten. Umweltschützer warnten vor<br />
Gesundheitsgefahren und vor der Verschmutzung<br />
des Trinkwassers. <strong>Die</strong> Regierung<br />
erklärte jedoch, die unmittelbare <strong>Gefahr</strong><br />
sei abgewendet. Für die westungarischen<br />
Bezirke Veszprém, Vas und Györ<br />
wurde der Notstand verhängt. Letzte Seite<br />
NACHRICHTEN<br />
..............................................................................<br />
Frauen trinken immer mehr<br />
<strong>Die</strong> Drogenbeauftragte der Regierung<br />
warnt vor einer wachsenden Alkoholabhängigkeit<br />
unter Frauen. Besonders<br />
junge Mädchen seien gefährdet. Seite 5<br />
MTV nur noch gegen Bezahlung<br />
Der Musikkanal MTV sieht seine Zukunft<br />
im Bezahlfernsehen. Ab Januar soll<br />
es das Programm nur noch im Abonnement<br />
eines Digitalpakets geben. Seite 19<br />
Zusätzliches Geld für Ärzte<br />
<strong>Die</strong> Honorare für die 150 000 niedergelassenen<br />
Ärzte in Deutschland werden<br />
im nächsten Jahr erneut steigen. Es gibt<br />
eine Milliarde Euro zusätzlich. Seite 20<br />
Ich weiß, wo du bist<br />
Facebook startet den <strong>Die</strong>nst „Orte“ nun<br />
auch in Deutschland. Nutzer können<br />
ihre Freunde nun einfacher über ihren<br />
Aufenthaltsort informieren. Seiten 26/27<br />
Dax im Minus, Euro im Plus<br />
Der Aktien-Leitindex fällt um 1,33 Prozent<br />
auf 6215,83 Punkte.<br />
Der Wert des Euro steigt um 0,55 Prozent<br />
aus 1,3780 US-Dollar.<br />
TWEETS DES TAGES<br />
..............................................................................<br />
Gib einem Mann einen Fisch + er hat<br />
Essen für einen Tag. Lehre ihn das<br />
Angeln + er sitzt den ganzen Tag im<br />
Boot und trinkt Bier. shengfui<br />
SENSATION: Nobelpreis für Zauberei<br />
geht 2010 an einen kleinen Zauberer<br />
mit Brille. Phillip Rößler für seine<br />
Illusion „<strong>Die</strong> Gesundheitsreform“.<br />
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MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 | NRW | NR. 194 | 80 CENT<br />
Das sollten Sie lesen:<br />
Tipps der Redaktion zur<br />
Buchmesse Seiten 24/25<br />
Wir twittern, was uns bewegt:<br />
www.twitter.com/weltkompakt<br />
Kennen Sie Graphen? Für<br />
die Entdeckung des Materials<br />
gab es den Nobelpreis Seite 28<br />
<strong>Gefahr</strong> <strong>durch</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Islamisten</strong><br />
Spur der in Pakistan getöteten Mitglieder einer Terrorgruppe führt nach Hamburg<br />
Berlin – Bei einem US-Drohnenangriff<br />
auf eine Gruppe<br />
<strong>deutsche</strong>r und turkmenischer<br />
<strong>Islamisten</strong> im Nordwesten Pakistans<br />
sind zehn Personen getötet<br />
worden. Unter ihnen befinden<br />
sich laut Geheimdienstkreisen<br />
in der Region acht Deutsche,<br />
davon drei Einwanderer.<br />
Sie alle sollen der terroristischen<br />
Islamischen Dschihad-<br />
Union angehört haben.<br />
Ein unbemanntes Flugzeug<br />
hatte am Montagabend nach pakistanischenGeheimdienstangaben<br />
zwei Raketen auf ein Gehöft<br />
im Stammesgebiet Nord-<br />
Waziristan gefeuert, in dem sich<br />
die <strong>Islamisten</strong> versammelt hatten.<br />
Eine offizielle Bestätigung<br />
Hinschauen<br />
Don Draper ist der Protagonist aus „Mad Men“ –<br />
einer faszinierenden TV-Serie um eine Gruppe<br />
zynischer Werbemanager aus den 60er-Jahren.<br />
Wie kein anderer verkörpert Draper den amerikanischen<br />
Traum – und doch plagt ihn eine dunkle<br />
gab es dafür bislang nicht. Drei<br />
Tote seien gestern in unmittelbarer<br />
Nähe des Angriffsortes in<br />
Mir Ali von radikal-islamischen<br />
Aufständischen beigesetzt worden.<br />
<strong>Die</strong> anderen Leichname<br />
seien in den benachbarten Distrikt<br />
Bannu gebracht worden,<br />
wo sie bestattet werden sollen.<br />
Nach pakistanischen Geheimdienstangaben<br />
könnten unter<br />
den Toten Mitglieder einer<br />
Hamburger <strong>Islamisten</strong>zelle<br />
sein, die im vorigen Frühjahr in<br />
die Region gereist waren und<br />
Anschläge in Europa geplant haben<br />
sollen. Zumindest eine Verbindung<br />
nach Deutschland<br />
scheint nach dem Drohnenangriff<br />
gesichert. Der Besitzer des<br />
zerstörten Gehöfts, ein Taliban<br />
namens Sher Maula Khan, war<br />
im Juni mit dem Hamburger <strong>Islamisten</strong><br />
Rami M. von pakistani-<br />
Polizei ist überfordert<br />
■ Laut Gewerkschaft der Polizei<br />
(GdP) sind die Sicherheitskräfte<br />
nicht in der Lage, islamistische<br />
Terrorhelfer in Deutschland effektiv<br />
zu überwachen. „Eine Rundum-die-Uhr-Beobachtung<br />
ist aus<br />
Personalmangel nicht möglich“,<br />
sagte GdP-Chef Konrad Freiberg.<br />
Daher könne die Polizei „immer<br />
nur hoffen, dass wir die Richtigen<br />
im Auge haben und Anschläge<br />
nicht von anderen kommen“.<br />
Vergangenheit, von der niemand wissen soll.<br />
„Mad Men“ gewann in den USA zahlreiche Preise,<br />
doch hierzulande ist die Serie gerade einmal gut<br />
genug für „ZDFneo“ – einen Spartenkanal, den<br />
viele Deutsche nicht empfangen können. Seite 31<br />
E-Mail an die Redaktion:<br />
kompakt@welt.de<br />
ZDF/DOUG HYUN/AMC/LIONSGATE<br />
schen Polizisten in der Region<br />
festgenommen worden.<br />
Der amerikanische Fernsehsender<br />
ABC News berichtete<br />
gestern unter Berufung auf US-<br />
Regierungskreise, dass angeblich<br />
fünf große Flughäfen in Europa<br />
zu den möglichen Anschlagszielen<br />
gehören sollen.<br />
Das Bundeskriminalamt geht<br />
davon aus, dass nicht nur in Afghanistan<br />
und Pakistan, sondern<br />
auch im Jemen und in Somalia<br />
Terroristen geschult werden.<br />
Das Auswärtige Amt bestätigte<br />
gestern in Berlin, dass ein<br />
terrorverdächtiger Deutscher in<br />
Kenia festgenommen und nach<br />
Deutschland zurückgebracht<br />
worden ist. Seite 6<br />
Börsenzocker soll<br />
fünf Milliarden<br />
zurückzahlen<br />
Paris – Ein Pariser Gericht hat<br />
dem französischen Skandalhändler<br />
Jérôme Kerviel die volle<br />
Schuld für seine milliardenschweren<br />
Finanzspekulationen<br />
gegeben und ihn zu fünf Jahren<br />
Haft verurteilt – zwei Jahre werden<br />
auf Bewährung ausgesetzt.<br />
Außerdem muss der heute 33-<br />
Jährige der Société Générale die<br />
4,9 Milliarden Euro zurückzahlen,<br />
die die Großbank <strong>durch</strong> seine<br />
Geschäfte 2008 verlor. Seiten 2/3<br />
Stuttgart 21:<br />
Bahnhofsabriss<br />
vorerst gestoppt<br />
Stuttgart – <strong>Die</strong> erbitterten Proteste<br />
gegen das Bahnprojekt<br />
Stuttgart 21 zeigen Wirkung: <strong>Die</strong><br />
Landesregierung hat einen Abriss-Stopp<br />
für den Südflügel des<br />
alten Bahnhofs angeordnet und<br />
versprochen, dass im Schlossgarten<br />
keine weiteren Bäume<br />
mehr gefällt werden. Ministerpräsident<br />
Stefan Mappus<br />
(CDU) erneuerte zudem sein<br />
Gesprächsangebot an die Gegner.<br />
Ein kompletter Baustopp<br />
wurde aber abgelehnt. Zugleich<br />
präsentierte die Landesregierung<br />
ein Rechtsgutachten, wonach<br />
eine Volksabstimmung unzulässig<br />
wäre. <strong>Die</strong> Stuttgarter<br />
Polizei versprach zudem eine<br />
lückenlose Aufklärung des gewalttätigen<br />
Einsatzes. Seite 4<br />
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WELT KOMPAKT<br />
2 THEMA<br />
VON DANIEL ECKERT,<br />
GESCHE WÜPPER UND<br />
HOLGER ZSCHÄPITZ<br />
Berlin – Ein Regisseur hätte es nicht<br />
besser inszenieren können: Der Angeklagte<br />
schließt einen Moment<br />
lang die Augen. Ein Raunen geht<br />
<strong>durch</strong> den Pariser Gerichtssaal. Fünf<br />
Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung.<br />
Das ist die Strafe für Jérôme<br />
Kerviel, den Verursacher des größten<br />
Spekulationsverlustes aller Zeiten.<br />
Zusätzlich muss er der französischen<br />
Großbank Société Générale,<br />
seinem früheren Arbeitgeber, 4,9<br />
Milliarden Euro Strafe zahlen.<br />
<strong>Die</strong> Realität ist noch extremer als<br />
im Hollywood-Film „Wall Street“.<br />
Michael Douglas alias Gordon Gekko<br />
biegt als skrupelloser Spekulant<br />
die Gesetze, um Millionen zu scheffeln.<br />
Kerviel hat mit seinen Milliardenzockereien<br />
die Existenz einer<br />
der größten Banken Frankreichs auf<br />
Spiel gesetzt – und einen weltweiten<br />
Aktiencrash provoziert.<br />
Doch viele Franzosen machen das<br />
in ihren Augen moralisch verkommene<br />
Finanzsystem für die Auswüchse<br />
mitverantwortlich. Sie sehen<br />
den 33-jährigen Bretonen eher<br />
als Opfer denn als Täter. „<strong>Die</strong>ses Urteil<br />
ist unvernünftig und inakzeptabel“,<br />
sagt Olivier Metzner, der Anwalt<br />
Kerviels und einer der bekanntesten<br />
Strafverteidiger Frankreichs.<br />
„Ein Mann soll für das System zahlen.“<br />
Kerviel genießt in Frankreich viel<br />
Sympathie. „Das Urteil hätte von der<br />
Société Générale geschrieben sein<br />
können“, empört sich eine Frau, die<br />
den Prozess verfolgt hat. „Je nachdem<br />
ob man mächtig oder arm ist,<br />
wird man <strong>durch</strong> das Urteil des Ge-<br />
richts weiß oder schwarz“, schreibt<br />
Alain Fabre auf der Internet-Seite<br />
der Wirtschaftszeitung „Les Echos“.<br />
„Seit La Fontaine hat sich nichts geändert.<br />
Zwischen dem Ruf der Société<br />
Générale und der Gerechtigkeit<br />
musste eine Wahl getroffen wer-<br />
Als wäre es die französische<br />
Fassung des<br />
Hollywood-Klassikers<br />
„Wall Street“: Skandaltrader<br />
Jérôme<br />
Kerviel (Mitte) wird<br />
von Gendarmen zum<br />
Gerichtssaal gebracht<br />
den. Jérôme Kerviel hat sicher keine<br />
weiße Weste, aber die Société Générale<br />
auch nicht.“ La Fontaine war ein<br />
französischer Schriftsteller des 17.<br />
Jahrhunderts, der mit seinen Fabeln<br />
moralische Missstände anprangerte.<br />
<strong>Die</strong> Höhe des Strafgelds entspricht<br />
genau dem Verlust, den Kerviel damals,<br />
im Jahr 2008, verursacht hatte.<br />
Der Wertpapierhändler hatte seine<br />
Kompetenzen weit überschritten<br />
und größere Positionen aufgebaut,<br />
als ihm zustand. Im Extrem waren es<br />
rund 50 Miliarden Euro, mit denen<br />
er wettete. Das überstieg den Börsenwert<br />
der Société Générale. Um<br />
ein Haar hätte Kerviels missglückte<br />
Milliardenspekulation das 1864 gegründete<br />
Institut um die Existenz<br />
gebracht.<br />
Als aus anfänglichen hohen Gewinnen<br />
horrende Verluste wurden,<br />
versuchte der Banker seine Vergehen<br />
zu vertuschen, unter anderem<br />
indem er Unterschriften seiner Vorgesetzten<br />
fälschte. Zwar habe Kerviel<br />
sich <strong>durch</strong> die Spekulationen<br />
nicht persönlich bereichert, aber er<br />
habe <strong>durch</strong>aus mit einem saftigen<br />
Bonus gerechnet, meinte der Richter.<br />
Schuldig in allen Punkten, lautete<br />
das Urteil: Fälschung, Untreue,<br />
betrügerische Manipulation des<br />
Computersystems. „Jérôme Kerviel<br />
war der Erfinder eines kohärenten<br />
Betrugssystem“, sagte der Richter.<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Wie zahlt man 4,9 Milliarden Euro zurück?<br />
Der französische Wertpapierhändler Jérôme Kerviel hat den größten Spekulationsverlust aller Zeiten verursacht –<br />
Kerviels Anwalt Olivier Metzner steht einem Pulk aus Journalisten Rede und Antwort<br />
<strong>Die</strong> Chronik des Betrugs: Untreue, Fälschung und Datenmanipulation<br />
■ Mit dem Prozess gegen den französischen<br />
Ex-Börsenhändler Jérôme<br />
Kerviel ist gestern einer der bedeutendsten<br />
Wirtschaftsprozesse in Frankreich<br />
zu Ende gegangen. <strong>Die</strong> einzelnen<br />
Etappen des Finanzbetrugs.<br />
■ Januar 2008: <strong>Die</strong> französische<br />
Großbank Société Générale meldet<br />
einen Verlust aufgrund betrügerischer<br />
Machenschaften in Höhe von 4,9<br />
Milliarden Euro. <strong>Die</strong> Bank wirft dem<br />
Börsenhändler Jérôme Kerviel vor, mit<br />
Hilfe von Fiktivgeschäften Risiken<br />
verschleiert zu haben. Ein Ermittlungsverfahren<br />
wird eröffnet.<br />
■ Februar 2008: <strong>Die</strong> Bank erklärt,<br />
dass keine Gelder veruntreut wurden<br />
und dass Kerviel allein gehandelt<br />
habe. Im März wird Kerviel aus der<br />
Untersuchungshaft entlassen.<br />
■ Juli 2008: <strong>Die</strong> Bank-Kommission<br />
legt der Société Générale wegen<br />
gravierender Mängel im Kontrollsystem<br />
REUTERS/CHARLES PLATIAU<br />
eine Strafe in Höhe von vier Millionen<br />
Euro auf.<br />
■ Mai 2010: Kerviel veröffentlicht in<br />
Frankreich seine Memoiren.<br />
■ Juni 2010: Der Prozess gegen<br />
Kerviel wegen Untreue, Fälschung und<br />
betrügerischer Computerdatenmanipulation<br />
beginnt.<br />
■ Oktober 2010: Ein Pariser Gericht<br />
verurteilt den Finanzjongleur.<br />
Er habe sein Limit wissentlich weit<br />
überschritten, finanzielle Transaktionen<br />
vorgegaukelt, um Risiken zu<br />
kaschieren, die Mängel im System<br />
gekonnt ausgenutzt. „Er hat sich den<br />
Ruf verschafft, effizient zu sein und<br />
war bei seinen Vorgesetzten beliebt“,<br />
sagte der Richter. Er habe perfekt<br />
den Jargon drauf gehabt und damit<br />
die Kontrollinstanzen in Sicherheit<br />
gewogen.<br />
<strong>Die</strong> Strafe von 4,9 Milliarden Euro<br />
ist symbolisch. Damit signalisiert<br />
das Gericht, dass es die Schuld allein<br />
bei Kerviel sieht. Bei seinem derzeitigen<br />
Monatsgehalt von 2300 Euro<br />
müsste er knapp 180 000 Jahre dafür<br />
arbeiten. Wäre der Bank eine Mitschuld<br />
zugesprochen worden, hätte<br />
dies das französische Bankensystem<br />
erschüttern können. Unter Umständen<br />
hätten die Institute ihre Trader<br />
in den lukrativen Handelsabteilungen<br />
strengen Restriktionen unterwerfen<br />
müssen. Viele Institute erwirtschaften<br />
einen Großteil ihrer<br />
Gewinne im sogenannten Eigenhandel,<br />
wo auch Kerviel tätig war.<br />
Kerviels Anwalt kündigte Berufung<br />
an. Sein Mandant wirkte im Gerichtssaal<br />
ein wenig, als sei er auf einer<br />
Beerdigung: schwarzer Anzug,<br />
schwarze Krawatte, die Arme vor<br />
dem Oberkörper verschränkt. Der<br />
33-Jährige verfolgte die knapp einstündige<br />
Verlesung der Urteilsbegründung<br />
aufmerksam und fast regungslos.<br />
Ab und zu verriet sein<br />
wippender Fuß die innere Ungeduld.<br />
„Ein ausgeglichenes Wesen,<br />
keine seelischen Probleme“, hatten<br />
die psychologischen Experten befunden.<br />
Wer eine große Bankenschelte<br />
seitens des Richters erwartet<br />
hatte, wurde enttäuscht. Hier<br />
und da gab es Kritik an Unzuläng
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
THEMA 3<br />
Jetzt muss er hinter Gitter und 180 000 Jahre lang Strafe zahlen<br />
lichkeiten und Lücken im Kontrollsystem<br />
der Société Générale. Kerviel<br />
selbst hatte stets darauf beharrt, mit<br />
Billigung seines Arbeitgebers gehandelt<br />
zu haben. Seine Vorgesetzten<br />
hätten solange beide Augen zugedrückt,<br />
wie er mit seinen gewagten<br />
Transaktionen Gewinne machte.<br />
In seinen jetzt auch auf deutsch<br />
erschienen Memoiren „Nur ein Rad<br />
im Getriebe“ klagt Kerviel den Zynismus<br />
eines Finanzsystems als<br />
■ <strong>Die</strong> Höhe des Strafgelds entspricht<br />
genau dem Verlust, den Kerviel im<br />
Jahr 2008 verursacht hatte<br />
Ganzes an: Es sei eine vollkommen<br />
von der Realität abgekoppelte Sphäre,<br />
die „Kapitel aus denjenigen<br />
schlägt, die darin arbeiten, das sie<br />
aber bedenkenlos fallen lässt, wenn<br />
sie versagen.“ En detail schildert er<br />
zahlreiche Auswüchse: Seinen Darstellungen<br />
zufolge lud die Bank ausgewählte<br />
Händler zu Lustwochenenden<br />
ein. Der Alkohol floss in Strömen<br />
und Stars boten ein Unterhaltungsprogramm<br />
für teures Geld.<br />
Bei solchen Anlässen hätten die<br />
Risikomanager, die eigentlich dafür<br />
zuständig sind, für Disziplin zu sorgen,<br />
<strong>durch</strong>blicken lassen, dass die Finanzmarkt-Regularien<br />
nicht allzu<br />
ernst zu nehmen seien. „<strong>Die</strong> Chefin<br />
der Risikoabteilung, die wissen<br />
musste, wovon sie sprach, sang leise<br />
und verführerisch: ‚<strong>Die</strong> Risiken, die<br />
wir eingehen, liegen jenseits aller<br />
Gesetze…’“ So ist es in seinem Buch<br />
zu lesen. An einer anderen Stelle beschreibt<br />
er den Sketch eines Chefverkäufers<br />
der Bank in einem Hütchenspiel:<br />
„‚Sehr verehrte Damen<br />
und Herren, es geht für Sie genau<br />
wie für die Kunden darum, die Marge<br />
zu finden… Wo ist sie denn hin,<br />
die Marge? Da nicht … Da auch nicht<br />
… Ah! Sie ist in meiner Tasche!’ Hysterisches<br />
Gelächter.“<br />
Der Finanzsektor scheint Betrüger<br />
und Zocker geradezu anzuziehen.<br />
Immer wieder brachten Händler<br />
und Manager mit gewagten Wetten<br />
an den Rand des Ruins oder sogar<br />
darüber hinaus. Der Engländer<br />
Nick Leeson ru-<br />
inierte in den<br />
Neunzigerjahren<br />
die traditionsreichebritischeHandelsbank<br />
Barings mit<br />
Handelsverlusten von 1,4 Milliarden.<br />
Dollar. Er wurde dafür 1995 in Singapur<br />
zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.<br />
Er erhielt für jede verzockte<br />
Milliarde 4,7 Jahre Gefängnis. Japans<br />
bekanntester Schurkenhändler Yasuo<br />
Hamanaka büßte jede Milliarde,<br />
die er verspielte, mit drei Jahren ab.<br />
Bei Kerviel, der mehr Minus machte,<br />
als jeder andere Händler, betrug das<br />
Strafmaß umgerechnet ein halbes<br />
Jahr pro Dollarmilliarde.<br />
Kein Trader war Bernard Madoff,<br />
der in Geschichtsbücher als der<br />
größte Finanzbetrüger eingeht: Der<br />
leutselig wirkende Amerikaner baute<br />
ein 65 Milliarden Dollar schweres<br />
Schneeball-System auf: Statt das ihm<br />
anvertraute Geld zu investieren,<br />
brachte er es im großen Stil <strong>durch</strong>.<br />
Er besaß mehrere Luxusappartements,<br />
unter anderem am New Yorker<br />
Central Park, und lebte in Saus<br />
und Braus. Madoff schädigte die Anleger,<br />
darunter viele Prominente, um<br />
die unglaubliche Summe von insgesamt<br />
20 Milliarden Dollar. Im Jahr<br />
2009 wurde er dafür zu 150 Jahren<br />
Gefängnis verurteilt. Während andere<br />
Milliardenbetrüger im Luxus<br />
schwelgten, führte Kerviel ein eher<br />
bescheidenes Leben. Seine Mutter<br />
betrieb bis zu ihrer Pensionierung<br />
einen Friseursalon in Pont l’Abbé, einem<br />
malerischen Ort in der Bretagne.<br />
Sein Vater, ein Kunstschmied,<br />
arbeitete bis zu seinem Tod als Ausbilder<br />
in einer Lehrlingswerkstatt.<br />
Elitäre Wirtschaftshochschulen<br />
blieben dem einst pummeligen jungen<br />
Mann, den Mitschüler als Teenager<br />
„Doppelzentner“ nannten, verschlossen<br />
und so musste er an den<br />
weniger renommierten Universitäten<br />
von Nantes und Lyon studieren.<br />
Als Aktienhändler lebte Kerviel<br />
stets bescheiden in einer kleinen<br />
Wohnung in einem Pariser Vorort.<br />
Von seinen Bonuszahlungen kaufte<br />
er sich weder einen Porsche noch<br />
maßgefertigte Anzüge, sondern einen<br />
kleinen weißen Hund. „Mister<br />
Nobody“ spöttelten damals einige<br />
seiner Kollegen über ihn. Zumindest<br />
das dürfte sich geändert haben. Und<br />
die Hollywood-Verfilmung dürfte<br />
ziemlich sicher kommen.<br />
http://bit.ly/c0uUJy<br />
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Michael Bee<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_bee<br />
AP/LAURENT CIPRIANI<br />
Der frühere Wertpapierhändler<br />
Jérôme<br />
Kerviel muss 4,9<br />
Milliarden Euro<br />
erstatten. Das Video<br />
zum Urteil.<br />
Finanzbetrüger richten<br />
immense Schäden an<br />
Abgezockt: die spektakulärsten Fälle<br />
Berlin – Betrüger haben schon<br />
mehrfach riesige Schäden mit Finanzgeschäften<br />
angerichtet. Bei<br />
einigen wie bei Bernard Madoff<br />
oder Jérôme Kerviel ging es um<br />
Milliarden. <strong>Die</strong> Zahl der Geschädigten<br />
geht in die Tausende. Einige<br />
spektakuläre Fälle:<br />
Dezember 2009: Der Milliardär und<br />
Hedgefonds-Chef Raj Rajaratnam<br />
wird in New York wegen Betrugs<br />
und Verschwörung angeklagt. Zusammen<br />
mit 21 Komplizen soll er<br />
<strong>durch</strong> Insider-Geschäfte bei großen<br />
Firmenzusammenschlüssen<br />
laut US-Börsenaufsicht SEC illegale<br />
Gewinne von 53 Millionen<br />
Dollar (36 Millionen Euro) eingestrichen<br />
haben. Unter anderem<br />
ging es um Aktien von IBM, Google<br />
und der Hilton- Hotelkette.<br />
Juni 2009: Der US-Milliardenbetrüger<br />
Bernard Madoff wird von<br />
einem Gericht in New York zu 150<br />
Jahren Gefängnis verurteilt. Der<br />
Ex-Broker hatte mit einem rund 65<br />
Milliarden Dollar (46 Milliarden<br />
Euro) schweren Schneeball-System<br />
beim bis dahin größten Betrugsfall<br />
der Finanzgeschichte<br />
weltweit tausende Anleger geschädigt.<br />
Februar 2009: US-Behörden decken<br />
den Milliarden-Schwindel um die<br />
texanische Stanford International<br />
Investment Bank auf. Nach Angaben<br />
der US-Börsenaufsicht SEC<br />
soll Robert Allan Stanford mit seiner<br />
Bank Anleger um rund acht<br />
Milliarden Dollar (6,3 Milliarden<br />
Euro) geprellt haben. Im Juni wird<br />
Stanford festgenommen.<br />
Januar 2009: <strong>Die</strong> spanische Polizei<br />
hebt eine Betrügerbande aus, die<br />
an der Londoner Börse 450 Millionen<br />
Euro erschwindelt haben soll.<br />
<strong>Die</strong> Bande soll über fünf Jahre die<br />
Aktienkurse einer Scheinfirma<br />
mit komplizierten Transaktionen<br />
und gefälschten Papieren künst-<br />
lich in die Höhe getrieben und<br />
dann mit großen Gewinnen verkauft<br />
haben.<br />
Januar 2005: Der Betrug der Frankfurter<br />
Firma Phoenix Kapitaldienst<br />
fliegt auf. Das Unternehmen<br />
hatte seit Anfang der 1990er<br />
Jérôme Kerviel betrog das französische<br />
Institut Société Générale<br />
Jahre mit Hilfe gefälschter Unterlagen<br />
Wertpapiergeschäfte vorgetäuscht<br />
und Anleger so um insgesamt<br />
gut 600 Millionen Euro geprellt.<br />
Zwei Ex-Manager werden<br />
2006 zu mehrjährigen Haftstrafen<br />
verurteilt.<br />
Juni 2002: Ein Bilanzbetrug des<br />
zweitgrößten USA-Anbieters von<br />
Ferngesprächen WorldCom im<br />
Umfang von 3,85 Milliarden Dollar<br />
(3,97 Milliarden Euro zum damaligen<br />
Wechselkurs) erschüttert<br />
weltweit die Börsen. Im August<br />
gibt das zahlungsunfähige Unternehmen<br />
zusätzliche Falschbuchungen<br />
in Höhe von 3,2 Milliarden<br />
Euro zu. Im März 2005 wird<br />
Ex-WorldCom-Chef Bernard Ebbers<br />
in New York wegen Betrugs<br />
zu einer Gefängnisstrafe über 25<br />
Jahre verurteilt.<br />
Seeluft macht<br />
hungrig. Hier gibt<br />
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WELT KOMPAKT<br />
4 POLITIK<br />
TERMIN DES TAGES<br />
Das bayerische Kabinett tagt heute<br />
über die Münchner Bewerbung<br />
um die Olympischen Winterspiele<br />
2012. Zum einen wollen die Minister<br />
über das Bewerbungsbuch<br />
beraten, das im Januar beim Internationalen<br />
Olympischen Komitee<br />
abgegeben werden muss. Zum<br />
anderen soll ein Olympia-Gesetz auf<br />
den Weg gebracht werden.<br />
Folgen Sie<br />
Fabian Gartmann<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_gartmann<br />
POLITIK KOMPAKT<br />
BAFÖG-ERHÖHUNG<br />
Zwei Prozent mehr Geld<br />
<strong>Die</strong> vom Bundestag beschlossene<br />
Bafög-Erhöhung um zwei Prozent<br />
ist nahezu perfekt. Im Vermittlungsausschuss<br />
einigten sich<br />
die Vertreter von Bundestag und<br />
Bundesrat gestern Abend in<br />
Berlin auf einen Finanzierungskompromiss.<br />
Das teilte die CDU-<br />
Bundestagsabgeordnete Antje<br />
Tillmann, als Mitglied des Vermittlungsausschusses,<br />
im Anschluss<br />
an die Sitzung mit.<br />
ENTWICKLUNGSHILFE<br />
Niebel erhöht Aids-Hilfen<br />
Entwicklungsminister Dirk Niebel<br />
(FDP) hat versprochen, den<br />
Kampf gegen die Krankheiten<br />
Aids, Malaria und Tuberkulose,<br />
in den nächsten drei Jahren weiterhin<br />
mit 600 Millionen Euro zu<br />
unterstützen. Eine entsprechende<br />
Zusage machte Niebels Ministerium<br />
auf einer internationalen<br />
Konferenz in New York. Niebel<br />
fordert eine Erhöhung seines<br />
Etats um 400 Millionen Euro, was<br />
Finanzminister Wolfgang Schäuble<br />
(CDU) bisher ablehnt. <strong>Die</strong><br />
Zusage, die Arbeit der Hilfsorganisation<br />
Global Fund, die<br />
den Kampf gegen die drei Krankheiten<br />
organisiert, weiterhin zu<br />
unterstützen, stammt nicht von<br />
Niebel, sondern von Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel. Niebel<br />
knüpfte die Zusagen noch an die<br />
Zustimmung des Bundestags.<br />
BANKER<br />
Grenze für Banker-Boni<br />
<strong>Die</strong> schwarz-gelbe Koalition will<br />
sich noch diese Woche auf einen<br />
Gesetzentwurf zur Begrenzung<br />
der Boni von Bankern staatlich<br />
kontrollierter Kreditinstitute<br />
einigen. Der Chef der CSU-Landesgruppe<br />
im Bundestag, Hans-<br />
Peter Friedrich, sagte gestern in<br />
Berlin, es solle eine schnelle<br />
Einigung über die verschiedenen<br />
Vorschläge aus Kabinett und<br />
Fraktionen geben. <strong>Die</strong> Koalition<br />
will damit verhindern, dass Mitarbeiter<br />
solcher Banken unterhalb<br />
der Vorstandsebene mehr<br />
als 500 000 Euro verdienen.<br />
DPA/MARIJAN MURAT<br />
McAllisters halber Fehlstart<br />
Niedersachsens Ministerpräsident zieht Bilanz nach 100 Tagen<br />
Hannover – Niedersachsens<br />
Ministerpräsident David<br />
McAllister (CDU) sieht sein<br />
Land auf einem guten Kurs.<br />
Seit seinem Amtsbeginn habe<br />
er auf „Kontinuität und<br />
Verlässlichkeit“ gesetzt, sagte<br />
McAllister am <strong>Die</strong>nstag in<br />
einer Bilanz in Hannover.<br />
Am Freitag ist der 39-Jährige<br />
als jüngster Ministerpräsident<br />
Deutschlands genau<br />
100 Tage im Amt – als Nachfolger<br />
von Christian Wulff, der<br />
Bundespräsident wurde.<br />
Fünf Kilo hat McAllister nach eigenen<br />
Angaben abgenommen,<br />
mehr Termine, mehr Stress und<br />
David McAllister – hier auf Indien-Reise –<br />
zieht nach 100 Tagen im Amt Bilanz<br />
weniger Fastfood nennt er als<br />
Gründe. Auch im Landtag ist<br />
McAllister seither ein anderer:<br />
Der Politiker der Kategorie „Attacke“,<br />
der er als Fraktionschef nicht<br />
DPA/MARCO HADEM<br />
nur am Rednerpult des Landtags<br />
war, ist sichtlich und hörbar bemüht,<br />
diplomatischere Töne anzuschlagen.<br />
„Ironie, Spott und Sarkasmus<br />
sind nur bedingt geeignet<br />
für einen Ministerpräsidenten. Daran<br />
muss ich noch arbeiten“, sagte<br />
McAllister gestern.<br />
<strong>Die</strong> Opposition im Landtag sieht<br />
McAllisters 100-Tage-Bilanz als<br />
„glanzlosen Zwischenbericht einer<br />
Übergangsregierung“, urteilt<br />
Grünen Fraktionschef Stefan Wenzel.<br />
Auch SPD-Fraktionschef Stefan<br />
Schostok ist enttäuscht. Sowohl<br />
in der Schul- als auch in der<br />
Umweltpolitik habe McAllister eine<br />
„schwache Figur“ abgegeben.<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Der Südflügel des Bahnhofs bleibt<br />
Landesregierung macht Zugeständnisse bei Stuttgart 21 – Polizei räumt Fehler ein<br />
VON HANNELORE CROLLY<br />
Stuttgart – Entschärfen, deskalieren,<br />
beruhigen, befrieden: So oft<br />
wie in den letzten Tagen hat Baden-WürttembergsMinisterpräsident<br />
Stefan Mappus diese Wörter<br />
sicher noch nie in den Mund genommen.<br />
Seit dem Gewaltausbruch<br />
zwischen Polizei und Demonstranten<br />
am vergangenen<br />
Donnerstag sagt der CDU-Landeschef<br />
fast gebetsmühlenartig, er<br />
werde alles dafür tun, dass sich die<br />
erhitzten Gemüter abkühlen und<br />
„solche Bilder“ nie mehr wiederholen.<br />
Sogar zu einer Art Baustopp<br />
hat sich Mappus <strong>durch</strong>gerungen:<br />
Vorerst sollen keine weiteren Bäume<br />
im Schlossgarten oder Teile<br />
des Bahnhofs fallen. Allerdings<br />
möchte Mappus weder eine Entschuldigung<br />
für den Polizeieinsatz<br />
geben, wie sie Gegner von Stuttgart<br />
21 fordern, noch den kompletten<br />
Baustopp anordnen. Auch ein<br />
Volksentscheid kommt für ihn<br />
nicht in Frage. Er präsentierte gestern<br />
ein Gutachten des früheren<br />
Verfassungsrichters Paul Kirchhof,<br />
nach dem eine Volksbefragung<br />
„verfassungswidrig“ wäre – denn<br />
das Etatrecht des Landtags könne<br />
ebenso wenig wie das Planungsrecht<br />
des Bundes Gegenstand einer<br />
solchen Befragung sein.<br />
<strong>Die</strong> SPD wehrte sich umgehend<br />
gegen die Einschätzung und warf<br />
Kirchhof „Irrtum“ vor. Fraktionschef<br />
Claus Schmiedel unterstellte<br />
Mappus, Angst vor einer Entscheidung<br />
des Volkes zu haben.<br />
Gegner des Projekts haben mittlerweile<br />
eine Unterschriftensammlung<br />
gestartet, um über einen<br />
Volksentscheid die vorzeitige<br />
Auflösung des baden-württembergischen<br />
Landtags zu erzwingen.<br />
Am Montag Abend hatten erneut<br />
bis zu 50 000 Menschen demonstriert.<br />
Wegen des Polizeieinsatzes<br />
wurden auch zahlreiche Strafanzeigen<br />
gegen Polizisten und Polizeipräsident<br />
Siegfried Stumpf erstattet,<br />
der den Einsatz leitete.<br />
Mappus will heute bei einer um<br />
einen Tag vorgezogenen Regierungserklärung<br />
ein Paket an Maßnahmen<br />
vorlegen, um endlich einen<br />
Dialog zwischen Gegnern, Befürwortern<br />
und Bauherren zu ermöglichen.<br />
„Es kann schließlich<br />
nicht Normalzustand sein, dass Sie<br />
Ein Protestplakat hängt vor der Baustelle des Stuttgarter Hauptbahnhofs<br />
in Deutschland die Polizei brauchen,<br />
um eine Baustelle zu sichern“,<br />
sagte er und zeigte sich<br />
überzeugt, dass seine Ideen „gar<br />
nicht abgelehnt werden können.“<br />
Über den Inhalt der Vorschläge<br />
schwieg sich der 44-Jährige zwar<br />
aus. Aber aus Unionskreisen verlautete,<br />
Mappus werde unter anderem<br />
wohl einen angesehenen Ver-<br />
mittler einzuschalten versuchen.<br />
Der Bürgerrechtler Joachim<br />
Gauck, von FDP-Chef Guido Westerwelle<br />
ins Gespräch gebracht,<br />
hatte aber bereits aus Zeitgründen<br />
abgewinkt. Von den Landtags-Grünen<br />
war die Personalie des ehemaligen<br />
CDU-Generalsekretärs Heiner<br />
Geißler aufgebracht worden.<br />
Doch es ist unklar, ob es tatsäch-<br />
DPA/BERND WEISSBROD<br />
lich auf den immerhin schon 80-<br />
Jährigen hinausläuft.<br />
Den Abriss-Stopp am Südflügel<br />
des denkmalgeschützten Bahnhofs<br />
will Ministerpräsident Mappus<br />
nun als ein „deutliches Signal“ an<br />
seine Bereitschaft sehen, auf die<br />
Bürger zuzugehen. Es wäre<br />
schließlich einfacher und billiger<br />
gewesen, die Abrissarbeiten einfach<br />
weiterführen zu lassen, so<br />
Mappus. Der Nordflügel wurde<br />
bereits im Sommer niedergerissen.<br />
Umwelt- und Verkehrsministerin<br />
Tanja Gönner (CDU) versicherte<br />
zugleich, dass vorerst keine Bäume<br />
mehr im Schlossgarten gefällt werden.<br />
<strong>Die</strong>s gilt jedoch nicht für die<br />
80 Bäume rund um den Nordflügel:<br />
Sie sollen wie geplant bis Februar<br />
fallen. Grünen-Chef Cem<br />
Özdemir begrüßte den Abrissstopp<br />
als Zeichen, dass beide Seiten<br />
ins Gespräch kommen könnten.<br />
Über die Eskalation im Stuttgarter<br />
Schlossgarten am 30. September<br />
zeigte sich Mappus „tief betroffen“.<br />
Er könne bisher aber keine<br />
Fehler beim Polizeieinsatz erkennen.<br />
Allerdings habe er auch<br />
selbst keinerlei Erfahrungen mit<br />
Demonstrationen und hätte sich<br />
„nicht vorstellen können, wie sich<br />
so etwas abspielt“. Er habe als Ministerpräsident<br />
auch mit dem Einsatz<br />
nichts zu tun gehabt und überhaupt<br />
erst am Nachmittag des Vortages<br />
davon erfahren. Zu keinem<br />
Zeitpunkt des Einsatzes habe die<br />
Polizei bei der Regierung oder einzelnen<br />
Minister „nachgefragt“,<br />
was zu tun sei, stellte Mappus klar.<br />
„Das Operative ist und bleibt Sache<br />
der Polizei.“<br />
Zuvor hatte die Führung der<br />
Stuttgarter Polizei versucht, mit<br />
Videoaufnahmen zu belegen, dass<br />
ausschließlich die Demonstranten<br />
die Schuld an dem Gewaltausbruch<br />
hatten. Der „massive Widerstand“<br />
der Projektgegner habe erst<br />
dazu geführt, dass die Polizei Pfefferspray,<br />
Wasserwerfer und<br />
Schlagstöcke habe einsetzen müssen,<br />
sagte Inspekteur <strong>Die</strong>ter<br />
Schneider. Polizeipräsident Siegfried<br />
Stumpf räumte allerdings<br />
Fehler ein. So habe das massive<br />
Auftreten der Demonstranten die<br />
Polizei überrascht. „Ich hätte nie<br />
gedacht, dass uns so starker Widerstand<br />
entgegenschlägt.“<br />
Uni Tübingen will<br />
als erste Lehrer für<br />
Islam ausbilden<br />
Stuttgart – Der erste Fachbereich<br />
für Islam an einer <strong>deutsche</strong>n Universität<br />
soll im Wintersemester<br />
2011/12 in Tübingen seine Arbeit<br />
aufnehmen. Im Januar hatte der<br />
Wissenschaftsrat die Ausbildung<br />
von Imamen und Religionslehrern<br />
empfohlen. Bildungsministerin<br />
Annette Schavan (CDU) sagte, für<br />
sie gehöre dieser Schritt „zu einer<br />
überzeugenden Integrationspolitik<br />
in modernen Gesellschaften“.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung für Tübingen<br />
überrascht nicht, da katholische<br />
und evangelische Theologie, sowie<br />
orientalische und arabische<br />
Sprachen zur Spezialität der Universität<br />
gehören.
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
POLITIK 5<br />
2008 waren mehr zehn bis 15-jährige Mädchen wegen Alkoholvergiftungen in Behandlung als gleichaltrige Jungs<br />
Mädchen trinken mehr als Jungen<br />
Junge Frauen hängen Männer beim Alkohlkonsum ab – Der Rausch wird inszeniert<br />
VON CHRISTINE KENSCHE<br />
Berlin – Trinken bis der Arzt<br />
kommt: Das „Komasaufen“ ist ein<br />
Partyvergnügen Jugendlicher –<br />
und offenbar vor allem bei Mädchen<br />
beliebt. 2008 wurden mehr<br />
als 2400 Mädchen im Alter zwischen<br />
zehn- und 15 Jahren mit einer<br />
Alkoholvergiftung im Krankenhaus<br />
behandelt. <strong>Die</strong> Fallzahl der<br />
gleichaltrigen Jungen fiel um 300<br />
niedriger aus. <strong>Die</strong>ses Ergebnis hat<br />
die Jahrestagung „Alkohol – für<br />
Frauen (k)ein Problem?“ in Berlin<br />
publik gemacht.<br />
„Lange Zeit sind wir davon ausgegangen,<br />
dass Alkoholabhängigkeit<br />
ein typisch männliches Problem<br />
ist“, sagte die Drogenbeauftragte<br />
der Bundesregierung,<br />
Mechthild Dyckmans (FDP).<br />
„Doch heute wissen wir, dass auch<br />
ein relevanter Teil der Frauen davon<br />
betroffen ist.“ Das Bundesgesundheitsministerium<br />
hatte zum<br />
ersten Mal Untersuchungen zum<br />
Christian Wulffs Versuch überparteilich zu sein<br />
Unionspolitiker kritisieren den Bundespräsident für seine Worte zum Islam – die Opposition unterstützt ihn<br />
VON D. F. STURM UND T.<br />
VITZTHUM<br />
Zwölf Wörter zählt der Satz, der<br />
Kritik an Bundespräsident Christian<br />
Wulff hervorruft. Er lautet:<br />
„Aber, meine Damen und Herren,<br />
der Islam gehört inzwischen auch<br />
zu Deutschland.“ Wulff hatte diesen<br />
Satz während seiner Rede zum<br />
20-jährigen Jubiläum der Vereinigung<br />
Deutschlands ausgesprochen.<br />
Vertreter von Islamverbänden<br />
lobten daraufhin die Worte<br />
des Staatsoberhauptes. Einzelne<br />
Unionspolitiker indes äußern nun<br />
Bedenken. <strong>Die</strong> „Bild“-Zeitung erkennt<br />
darin eine „Riesen-Diskussion“.<br />
Der CDU-Innenexperte Wolfgang<br />
Bosbach sagte der „Bild“-Zei-<br />
Trinkverhalten von Frauen in Auftrag<br />
gegeben. „Ganz besonders erschreckend<br />
ist der Anstieg des Alkoholkonsums<br />
von Mädchen im<br />
Alter von zehn bis 20 Jahren und<br />
von Frauen von 40 bis 59 Jahren“,<br />
so Dyckmans. 1,3 Millionen Menschen<br />
in Deutschland sind alkoholabhängig.<br />
Darunter sind<br />
370 000 Frauen.<br />
Während der Konsum von Alkohol<br />
seit dreißig Jahren insgesamt<br />
abnimmt, trinken immer mehr<br />
Menschen exzessiv. Dagegen hat<br />
das Gesundheitsministerium zwar<br />
bereits Kampagnen gestartet. „In<br />
unserer Studie zeigt sich aber, dass<br />
die Jugendlichen davon nicht beeindruckt<br />
sind“, sagt Heidi Reinl<br />
vom Tübinger Institut für frauenpolitische<br />
Sozialforschung.<br />
Reinl hat das Trinkverhalten von<br />
Jugendlichen im Alter von zwölf<br />
bis 17 Jahren untersucht. „<strong>Die</strong> Jugendlichen<br />
wollen Spaß haben,<br />
sich ausprobieren und experimentieren.<br />
Das passiert über das<br />
<strong>Die</strong> eigene Partei kritisiert Bundespräsident<br />
Christian Wulff (CDU)<br />
tung: „Zwar ist der Islam inzwischen<br />
Teil der Lebenswirklichkeit<br />
in Deutschland, aber zu uns gehört<br />
REUTERS/MICHAEL DALDER<br />
Rauschtrinken“, erklärt Reinl.<br />
Mädchen seien dabei niemals allein,<br />
sondern immer in der Gruppe.<br />
Während Frauen hinter verschlossen<br />
Türen tränken, inszenierten<br />
sich die Mädchen öffentlich.<br />
„Darunter sind auch einige,<br />
die sich darüber definieren, dass<br />
Alkoholisierte Jugend<br />
■ Im Jahr 2000 sind 9500 Zehnbis<br />
20-Jährige wegen einer Alkoholvergiftung<br />
behandelt worden, acht<br />
Jahre später 25 700, ein Anstieg<br />
um 170 Prozent. Der Anteil der<br />
volltrunkenen Mädchen nahm dabei<br />
zu: Alkoholvergiftungen stiegen in<br />
der Gruppe der Zehn- bis 15-Jährigen<br />
zwischen 2008 und 2009 um<br />
22 Prozent. Bei den Jungen dagegen<br />
um 19 Prozent. 80 Prozent der<br />
Mädchen im Alter von 14 Jahren<br />
hätten „Trunkenheitserfahrungen“<br />
gesammelt.<br />
die christlich-jüdische Tradition.“<br />
Hans-Peter Uhl (CSU) konstatierte,<br />
was Wulff kaum bezweifelt:<br />
„Grundgesetz geht vor Scharia.“<br />
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />
(FDP) hingegen<br />
stellt sich hinter den Bundespräsidenten,<br />
ebenso wie Vertreter<br />
der Opposition.<br />
Was aber hatte der Bundespräsident<br />
genau gesagt – und was war<br />
sein Anliegen jener Rede zum<br />
3. Oktober?<br />
Wulff verlangte einerseits ein<br />
„Verständnis von Deutschland“<br />
jenseits von Pass, Familiengeschichte<br />
und Glauben. Andererseits<br />
konstatierte er recht unpräzise:<br />
„Das Christentum gehört zweifelsfrei<br />
zu Deutschland. Das Ju-<br />
sie viel trinken – was sonst eher als<br />
ein männliches Verhalten gilt.“ <strong>Die</strong><br />
Jugendlichen wollten einen „kontrollierten<br />
Kontrollverlust erleben“.<br />
Gerade Mädchen passten dabei<br />
gut aufeinander auf – was jedoch<br />
nicht immer gelingt.<br />
„Offensichtlich greifen die Kontrollen<br />
des Jugendschutzgesetzes<br />
oftmals nicht so, wie wir es uns<br />
wünschen“, erklärt Dyckmans.<br />
Doch auch bei älteren Frauen<br />
nimmt das Problem immer mehr<br />
zu: Jede Fünfte der 45- bis 54-Jährigen<br />
trinkt mehr als zwölf Gramm<br />
reinen Alkohol am Tag – ein gesundheitsgefährdendes<br />
Verhalten.<br />
„Besonders erstaunlich ist, dass<br />
Akademikerinnen viel häufiger<br />
trinken als Frauen aus den unteren<br />
Bildungsgruppen“, so die Drogenbeauftragte.<br />
<strong>Die</strong> Gründe dafür sind<br />
noch nicht erforscht.<br />
Dyckmans kündigte an, Prävention<br />
und Suchthilfen für Frauen<br />
künftig einen höheren Stellenwert<br />
als bisher zu geben.<br />
dentum gehört zweifelsfrei zu<br />
Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische<br />
Geschichte.“ Es folgte<br />
der strittige, oben zitierte Satz.<br />
Wulff differenzierte also nicht<br />
zwischen der – ebenso zweifelsfreien<br />
– kulturellen Prägung<br />
Deutschlands <strong>durch</strong> eine christlich-jüdische<br />
Tradition und dem<br />
wesentlich unverbindlicheren<br />
Hinweis, dieses oder jenes „gehöre“<br />
zu Deutschland.<br />
Aber ebenso wenig hat Wulff behauptet,<br />
Deutschland werde seit<br />
Jahrhunderten maßgeblich vom Islam<br />
geprägt, was auch grober Unfug<br />
wäre. Fragwürdig ist bei alldem<br />
Wulffs Verengung von Migranten<br />
auf deren teilweise Zugehörigkeit<br />
zum muslimischen<br />
SUPERBILD/INCOLOR<br />
Schröder: „Dem<br />
Pyromanen kein<br />
Feuerzeug geben“<br />
Berlin – Wer öffentliche Gelder für<br />
den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />
bezieht, sollte selbst das<br />
Grundgesetz achten. Was wie eine<br />
Selbstverständlichkeit klingt, hat<br />
zu einem heftigen Streit zwischen<br />
dem Familienministerium und Initiativen<br />
gegen Rechts geführt.<br />
Auslöser war der Plan von Familienministerin<br />
Kristina Schröder<br />
(CDU), künftig von jedem, der<br />
sich neu um Fördergelder bewirbt,<br />
eine schriftliche „Bestätigung“ zu<br />
erbitten, dass er auf dem Boden<br />
des Grundgesetzes stehe. Schröder<br />
verteidigte gestern im Gespräch<br />
mit WELT KOMPAKT ihr<br />
Vorhaben: „Wer damit schon ein<br />
Problem hat, der demaskiert sich<br />
selbst.“ Damit widerspricht sie<br />
Kritik von Grünen und Linken, die<br />
<strong>durch</strong> die Bestätigung der Verfassungstreue<br />
„das bürgerliche Engagement<br />
insgesamt“ gefährdet sahen.<br />
<strong>Die</strong>se Argument weist die Familienministerin<br />
zornig zurück:<br />
„Wer würde denn allen Ernstes einem<br />
bekennenden Pyromanen ein<br />
Feuerzeug in die Hand drücken,<br />
nur weil der sich auch bei der freiwilligen<br />
Feuerwehr engagiert? Genauso<br />
wenig werden wir extremistische<br />
Gruppen unterstützen, nur<br />
weil sie sich auch gegen andere Extremisten<br />
wenden.“<br />
Hintergrund des Streites ist eine<br />
Neuordnung der Fördergelder, die<br />
Schröder gerade vornimmt, die<br />
Bekämpfung von Rechts- und<br />
Linksextremismus künftig gleichermaßen<br />
finanziell zu fördern.<br />
Ihr Haushaltsentwurf für 2010, der<br />
noch vom Bundstag verabschiedet<br />
werden muss, sieht fünf Millionen<br />
Euro für die Förderung von Initiativen<br />
gegen Linksextremismus<br />
und islamischen Extremismus vor.<br />
Initiativen gegen Rechts sollen 24<br />
Millionen bekommen – so viel wie<br />
im Vorjahr.<br />
Familienministerin Schröder (CDU) will<br />
Initiativen gegen Rechts überprüfen<br />
Glauben. Mit seinem Hinweis, er<br />
verstehe sich als „Präsident aller<br />
Menschen, die hier in Deutschland<br />
leben“, hat Wulff ein Verständnis<br />
seines Amtes geschildert, das wohl<br />
alle Bundespräsidenten miteinander<br />
verbindet. Es ist jedenfalls keine<br />
Äußerung, etwa seines Vorgängers<br />
Horst Köhlers bekannt, demzufolge<br />
er sich nur als Bundespräsident<br />
aller <strong>deutsche</strong>n<br />
Staatsbürger – oder aller Volljährigen<br />
verstünde. Johannes Rau verstand<br />
sich explizit als Präsident aller<br />
in Deutschland lebenden Menschen.<br />
Immer wieder verwies er<br />
darauf, in Artikel 1 des Grundgesetzes<br />
heiße es, die Würde des<br />
Menschen – und nicht: die Würde<br />
des Deutschen– sei unantastbar.<br />
DAPD/TIMUR EMEK
WELT KOMPAKT<br />
6 POLITIK<br />
Donner über Waziristan<br />
VON DIETRICH ALEXANDER,<br />
D.-D. BÖHMER UND S. BOLZEN<br />
Plötzlich soll es gefährlich sein,<br />
nach Deutschland, Großbritannien<br />
oder Frankreich zu reisen. <strong>Die</strong> europäischen<br />
Nachbarn, Australien<br />
und die USA raten ihren Bürgern zu<br />
erhöhter Wachsamkeit, wenn sie<br />
die drei europäischen Kernstaaten<br />
bereisen. <strong>Die</strong> Dramatik der Warnungen<br />
steigt in dem Maße, in dem<br />
der Krieg in Afghanistan und den<br />
pakistanischen Stammesgebieten<br />
eskaliert: Drohnenangriffe auf islamistische<br />
Ausbildungslager, Taliban-Attacken<br />
auf Nato-Nachschubwege,<br />
der Versuch der islamistischen<br />
Fanatiker, den Konflikt in die<br />
Entsendeländer der alliierten<br />
Truppen zu exportieren – alles<br />
hängt miteinander zusammen. Alles<br />
ist von Reaktion und Gegenreaktion<br />
geprägt und scheint auf einen<br />
Kulminationspunkt zuzusteuern,<br />
der sich eine andere Bühne<br />
sucht als die weitgehend recht- und<br />
gesetzlosen Stammesgebiete im<br />
Grenzgebiet zwischen Afghanistan<br />
und Pakistan, dem letzten „sicheren<br />
Hafen“ von al-Qaida und Taliban.<br />
<strong>Die</strong> radikalislamischen Terrornetzwerke<br />
wollen ihren Dschihad,<br />
ihren als „Heiligen Krieg“ verklärten<br />
Kampf gegen westliche Grundwerte<br />
und Lebensentwürfe wie<br />
schon am 11.September 2001 in die<br />
Heimat der Feinde tragen. Das zumindest<br />
vermuten westliche Geheimdienste<br />
und nennen potenzielle<br />
Anschlagsziele: Eiffelturm und<br />
Notre Dame in Paris, das Hotel Adlon,<br />
der Fernsehturm und der<br />
Hauptbahnhof in Berlin, Big Ben in<br />
London. Ihr Kronzeuge: Ahmed Sidiqi,<br />
ein <strong>deutsche</strong>r Islamist afghanischer<br />
Herkunft aus Hamburg, der<br />
in US-Haft im afghanischen Lager<br />
Bagram sitzt und offenbar alles<br />
über Pläne und Personen ausplaudert,<br />
was er weiß.<br />
Wie realistisch ist das? Bis zu<br />
acht islamistische Terrorkämpfer<br />
mit <strong>deutsche</strong>n Pässen sollen in der<br />
Ortschaft Mir Ali rund 20 Kilometer<br />
östlich der Stadt Miranshah im<br />
pakistanischen Nordwaziristan bei<br />
einem Drohnenangriff ums Leben<br />
gekommen sein. Einwohner berichteten,<br />
zwei Raketen hätten das<br />
Haus von Sher Maula Khan getroffen,<br />
einem Taliban-Sympathisanten,<br />
der <strong>deutsche</strong>n Kämpfern Unterschlupf<br />
gewähre. Er selbst war<br />
im Juni gemeinsam mit dem Hamburger<br />
<strong>Islamisten</strong> Rami M. von pakistanischen<br />
Polizisten festgenommen<br />
worden.<br />
Andere Dorfbewohner berichteten,<br />
sie hätten die Leichen nach<br />
dem Angriff gesehen und könnten<br />
bestätigen, dass es sich um Ausländer<br />
gehandelt habe. Lokale Politiker<br />
und pakistanische Geheimdienstler<br />
bestätigen die Angaben,<br />
während ein hoher Offizier des pakistanischenMilitärgeheimdienstes<br />
ISI gegenüber WELT KOM-<br />
PAKT skeptisch bleibt: „Da sitzt ein<br />
Deutsch-Afghane im Gewahrsam<br />
der CIA in Afghanistan und erzählt<br />
etwas von acht Kämpfern mit <strong>deutsche</strong>m<br />
Pass in Waziristan. Und kurze<br />
Zeit später sollen acht Menschen<br />
von einer Drohne getötet worden<br />
sein, und schon wenige Minuten<br />
später weiß alle <strong>Welt</strong>, dass es Deutsche<br />
waren. Überlegen Sie mal, wer<br />
das so schnell wissen kann – ohne,<br />
dass Zeit zur Identifizierung der<br />
Leichen bliebe.“ In der Tat waren<br />
die Terroristen nach Angaben der<br />
Bewohner bemüht, schnell und diskret<br />
den Ort des Anschlags abzuriegeln<br />
und die Leichen zu begraben.<br />
Dennoch: Terroristen mit EU-<br />
Pässen, die nicht vorbestraft sind<br />
und frei reisen können, sind der<br />
Albtraum westlicher Sicherheitsbehörden.<br />
<strong>Die</strong> Führung des Terrornetzwerkes<br />
al-Qaida setzt besonders<br />
gern auf diese „home-grown“-<br />
Rekruten, solche also, die in den<br />
Zielländern aufgewachsen, sozialisiert<br />
und nicht straffällig worden<br />
sind. Mehr als 200 europäische Militante<br />
aus Deutschland, Schweden,<br />
Frankreich und Großbritannien<br />
sollen sich unter dem Kommando<br />
eines Libyers („Ahmed“) dort aufhalten.<br />
<strong>Die</strong> getöteten angeblich <strong>deutsche</strong>n<br />
Terroristen sollen nach pakistanischen<br />
Angaben der Islamischen<br />
Dschihad-Union (IJU) angehören,<br />
einer 2002 gegründeten Terrorgruppe,<br />
die Muslime in<br />
Zentralasien und Europa rekrutiert.<br />
500 Kämpfer soll die IJU haben,<br />
darunter mehr als 60 türkischstäm-<br />
mige sowie zum Islam konvertierte<br />
Deutsche. Ihr Hauptquartier liegt<br />
in der Region Mir Ali, ebenso wie<br />
weit abgelegene Unterkünfte und<br />
Trainingslager ohne Straßenzugang.<br />
2008 kündigte der aus Bayern<br />
stammende türkischstämmige Islamist<br />
Cüneyt C. in einem IJU-Video<br />
an, mit einem Selbstmordanschlag<br />
sein Leben „für die Ehre des Islam“<br />
zu opfern. Er riss vier Afghanen in<br />
der Provinz Khost mit in den Tod.<br />
Wenige Monate später drohte der<br />
Konvertit Eric Breininger mit Anschlägen<br />
in Deutschland.<br />
Der vom US-Geheimdienst CIA<br />
forcierte Drohnenkrieg scheint eine<br />
Reaktion auf diese amorphe Bedrohung<br />
zu sein: Allein 22 Raketenangriffe<br />
mit Drohnen, die von den<br />
Einheimischen „bangana“ (Donner)<br />
genannt werden, weil ihre<br />
Hellfire-Geschosse apokalyptische<br />
Zerstörung in die Dörfer bringen,<br />
waren im September zu verzeichnen<br />
– sie töteten etwa 100 Menschen.<br />
Das ist die höchste Monatsquote<br />
der vergangenen sechs Jahre.<br />
Mit „Bangana“ konnten in den vergangenen<br />
Jahren rund 24 Feldkommandeure<br />
des Al-Qaida-Chefs Osama<br />
Bin Laden getötet werden. Jetzt<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Hunderte Europäer rüsten sich in Pakistan für den „Heiligen Krieg“ – <strong>Die</strong> Nato schickt tödliche Drohnen<br />
DPA/EPA/NICOLAS ASFOURI<br />
Ein US-Soldat hält<br />
Wache auf einem<br />
Hügel in der afghanischen<br />
Region<br />
Khost. In der Ferne<br />
liegt Waziristan – die<br />
pakistanische Brutstätte<br />
des Terrors.<br />
Sicherheitskräfte<br />
haben Fotos und<br />
Ausweise (kleines<br />
Bild) von <strong>Islamisten</strong><br />
in Südwaziristan<br />
beschlagnahmt<br />
Aufklären, erfassen, zerstören<br />
■ Drohnen sind unbemannte Fluggeräte<br />
(Unmanned Aerial Vehicles,<br />
UAV) und gehören zum Arsenal der<br />
Streitkräfte vieler Länder. <strong>Die</strong><br />
Mini-Flugzeuge sind mit modernster<br />
Elektronik ausgestattet und können<br />
unterschiedliche militärische Aufgaben<br />
übernehmen. Das Spektrum<br />
reicht von der Überwachung bis zu<br />
gezielten Angriffen auf Personen.<br />
Drohnen werden aus großer Entfernung<br />
gesteuert und können<br />
einen Tag oder länger in der Luft<br />
bleiben.<br />
■ <strong>Die</strong> unbemannten Fluggeräte<br />
werden gegenwärtig im Afghanistan-Krieg<br />
und in der jüngsten<br />
Vergangenheit verstärkt auch zur<br />
Bekämpfung von Terrorgruppen<br />
eingesetzt.<br />
AFGHAN.<br />
PAKISTAN<br />
INDIEN<br />
SWAT-TAL<br />
120 km<br />
Khyber-Pass<br />
Torkham Peshawar<br />
Islamabad<br />
NORD-<br />
WASIRISTAN<br />
Mir Mir Ali<br />
Miramshah STAMMES-<br />
GEBIETE<br />
SÜD- NORDWEST-<br />
WASIRISTAN TERRITORIEN<br />
GETTY IMAGES/JONATHAN SARUK<br />
Quelle: ICOS<br />
hat es die CIA vor allem auf die<br />
Führer des Haqqani-Netzwerkes<br />
abgesehen, einem Ableger der afghanischen<br />
Taliban, der von Nord-<br />
Waziristan aus operiert und zum<br />
Hauptgegner amerikanischer Soldaten<br />
in der unwegsamen Grenzregion<br />
geworden ist.<br />
Unumstritten ist die Wirkung<br />
der Drohnen, umstritten hingegen<br />
ihre Präzision und damit die Langzeitwirkung:<br />
Es werden auch Zivilisten<br />
getötet. Und es liegt die Vermutung<br />
nahe, dass in ihren Familien<br />
eine neue, noch gewaltbereitere<br />
Generation von Terroristen heranwächst,<br />
die vom stärksten Motiv<br />
für Mord getrieben wird: Rache.<br />
„Möglicherweise werden wir<br />
auch in Nord-Waziristan eingreifen“,<br />
so der ISI-Offizier, „aber zu einem<br />
Zeitpunkt und unter Bedingungen<br />
unserer Wahl. Wir lassen<br />
uns nichts diktieren.“ Zurzeit seien<br />
die pakistanischen Truppen in der<br />
seit über einem Jahr andauernden<br />
Offensive gegen die Taliban im<br />
Nordwesten des Landes überdehnt.<br />
Zudem seien noch immer zahlreiche<br />
Soldaten in die Flutbekämpfung<br />
eingebunden. <strong>Die</strong> Amerikaner<br />
seien einfach ungeduldig. „Sie glauben,<br />
dass Nord-Waziristan von strategischer<br />
Bedeutung für den Krieg<br />
in Afghanistan sei. Das glauben wir<br />
nicht. Das eigentliche Problem<br />
liegt in Afghanistan.“<br />
Tatsächlich fällt für Washingtons<br />
Geostrategen im Grenzgebiet die<br />
Entscheidung für die gesamte Region,<br />
und sie sind sich der vollständigen<br />
Zusammenarbeit mit dem pakistanischen<br />
Partner nicht immer<br />
sicher. „Der ISI, den weder die<br />
schwache Regierung noch das Militär<br />
wirklich kontrolliert, plant bereits<br />
für die Zeit, wenn Isaf aus Afghanistan<br />
abzieht“, warnt ein britischer<br />
Pakistan-Experte. <strong>Die</strong> Folge<br />
könnte ein Flächenbrand sein, der<br />
sogar Pakistans Erzfeind Indien mit<br />
in den Konflikt zöge. Das ist nicht<br />
nur den Amerikanern klar, sondern<br />
zunehmend auch der Nato-geführten<br />
Isaf-Truppe – die schon längst<br />
Teil des Konflikts zwischen Washington<br />
und Islamabad geworden<br />
ist. Das Verhältnis zwischen Isaf<br />
und Pakistan hat sich rapide verschlechtert,<br />
seit Nato-geführte<br />
Kampfeinsätze von US-Kampfhubschraubern<br />
im Grenzgebiet geflogen<br />
wurden, bei denen drei pakistanische<br />
Soldaten getötet wurden.<br />
Islamabad sperrte aus Protest<br />
den Khyber-Pass, die wichtigste<br />
Nachschubroute für die rund<br />
130 000 in Afghanistan stationierten<br />
internationalen Soldaten. Mindestens<br />
200 Lastwagen, viele davon<br />
Tanker, hängen seither in Pakistan<br />
fest – und werden von Aufständischen<br />
angegriffen. Seit der Schließung<br />
des Übergangs am vergangenen<br />
Donnerstag hat es fünf Anschläge<br />
auf den Lkw-Konvoi gegeben.<br />
„In jedem Krieg sind die<br />
Nachschublinien der verletzlichste<br />
Teil des Gegners. Wenn man wirklich<br />
schaden will, dann greift man<br />
dort an“, sagt dazu der anonym<br />
bleiben wollende ISI-Offizier.<br />
Es wächst nicht zuletzt deshalb<br />
die Bereitschaft der Nato, auf politischen<br />
Konfrontationskurs mit Islamabad<br />
zu gehen. „<strong>Die</strong> Isaf wird<br />
ihre Operationen keinesfalls nach<br />
Pakistan tragen“, erklärt Isaf-Sprecher<br />
Josef Blotz. „Aber wir haben<br />
ein Recht auf Selbstverteidigung.“
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
POLITIK 7<br />
Großbritanniens Finanzminister George Osborne verkündete auf dem Parteitag der Torries herbe Einschnitte im Sozialsystem – auch für die Mittelschicht<br />
Im Namen der Fairness<br />
Großbritanniens Regierung will Besserverdienern das Kindergeld streichen<br />
Birmingham – Das Grollen ist<br />
schon zu hören, die Stromschnellen<br />
rücken heran: <strong>Die</strong> britischen<br />
Konservativen streichen den Besserverdienenden<br />
das Kindergeld –<br />
denen, die umgerechnet mehr als<br />
50 000 Euro im Jahr verdienen!<br />
Verschwunden ist plötzlich das abstrakte<br />
Reden über die drakonischen<br />
Etatkürzungen, die der<br />
Schatzkanzler am 20. Oktober verkünden<br />
will. Jetzt schon geht es<br />
los, der erste Sprengsatz wurde gezündet,<br />
ausgerechnet hier, auf dem<br />
Parteitag der Tories. Da ist es kein<br />
Trost, dass der Plan erst ab dem<br />
Haushaltsjahr 2013 greifen soll; 1,2<br />
Millionen Familien dürften von<br />
ihm betroffen sein.<br />
Hätte er mit der Ankündigung<br />
nicht warten können bis zu dem<br />
genannten Datum, dieser George<br />
Osborne mit seinen unverschämt<br />
jungen 39 Jahren? Und nicht schon<br />
jetzt herauslassen, wie er beim<br />
Umbau des Sozialstaates auch mit<br />
der Mittelschicht verfahren wird?<br />
<strong>Die</strong> Entrüstung in den Medien ist<br />
einhellig. Aber der Schatzkanzler<br />
Kim Jong-un<br />
zeigt sich bei<br />
Militärübung<br />
Seoul – Nach der Ernennung zum<br />
General hat sich der Sohn und<br />
mutmaßliche Nachfolger von<br />
Nordkoreas Machthaber Kim<br />
Jong-il erstmals öffentlich bei einer<br />
Militärübung gezeigt. Kim<br />
Jong-un und sein Vater hätten eine<br />
Einheit der Volksarmee besucht<br />
und gemeinsam einer Schießübung<br />
beigewohnt, berichteten die<br />
Staatsmedien am <strong>Die</strong>nstag. Es war<br />
das erste Mal, dass die Medien des<br />
kommunistischen Landes von einer<br />
gemeinsamen Reise der beiden<br />
berichteten. Beobachter sehen darin<br />
die Bestätigung für die langsame<br />
Übernahme der Macht von<br />
Kims 27-jährigem Sohn.<br />
kalkuliert psychologisch: Es macht<br />
sich gut, wenn eine konservativ geführte<br />
Regierung nicht das tut, was<br />
man ihr als Erstes zutraut beim<br />
Umkrempeln des Sozialstaats –<br />
hartherzig den Schlechtergestell-<br />
■ „Wir sitzen alle<br />
im selben Boot“<br />
Finanzminister George Osborne<br />
ten der Gesellschaft noch ein wenig<br />
mehr von ihren sozialen Wohltaten<br />
zu kappen. Nein, er rückt<br />
jetzt schon den „middle classes“<br />
zu Leibe, dem Stimmenreservoir,<br />
in dem die Tories eigentlich reiche<br />
Beute machen, er will demonstrieren,<br />
was er in seiner Rede als Prinzip<br />
verkündet hatte: dass jene, die<br />
mehr oder das meiste haben, auch<br />
mehr von den kommenden Lasten<br />
tragen müssten. „Das verlangt die<br />
Fairness, denn wir sitzen alle im<br />
selben Boot“, so sein Mantra.<br />
Zum ersten Mal macht sich eine<br />
Regierung in Europa ernsthaft da-<br />
Moskau – Dmitri Medwedew hat<br />
Spekulationen um ein Ende der autoritären<br />
Herrschaft des weißrussischen<br />
Präsidenten Alexander<br />
Lukaschenko (56) angeheizt.<br />
Überraschend scharf warf er Lukaschenko<br />
in einer Videobotschaft<br />
auf seiner Internetseite vor, zwischen<br />
beiden Ländern Feindschaft<br />
zu säen. „Präsident Lukaschenko<br />
geht damit nicht nur weit über den<br />
Rahmen des diplomatisch Zulässigen,<br />
sondern auch über den<br />
menschlichen Anstand hinaus“,<br />
sagte Medwedew. In Weißrussland<br />
sind am 19. Dezember Präsidentenwahlen.<br />
In beiden Ländern kursieren<br />
Gerüchte, der Kreml wolle Lu-<br />
ran, den Sozialstaat radikal umzubauen<br />
und dabei auch die Mittelschicht<br />
nicht zu verschonen. <strong>Die</strong>se<br />
werden demnächst in einem „Universal<br />
credit“-System zusammengefasst,<br />
in das alle Einzelwohltaten<br />
münden sollen, von der<br />
Mietbeihilfe über das<br />
Arbeitslosengeld, die<br />
Pauschale für ledige<br />
Mütter und den Heizkostenzuschuss.<br />
Keine<br />
Staatsunterstützung darf<br />
dann noch mehr einbringen als der<br />
Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers.<br />
Zurück an die Arbeit,<br />
so lautet die Devise.<br />
Haben wir nicht immer wieder<br />
als Glaubwürdigkeitstest der Politiker<br />
verlangt, dass sie dem Volk<br />
reinen Wein einschenken über das,<br />
was nicht mehr zu bezahlen ist?<br />
Ein Drittel des gesamten britischen<br />
Haushalts, so rechnete der<br />
Finanzminister in Birmingham<br />
vor, geht inzwischen in den Sozialetat,<br />
von dem allzu viele Menschen<br />
ihr Auskommen beziehen,<br />
ohne je in Berührung mit der Ar-<br />
Ohrfeigen aus dem Kreml<br />
Moskau verliert die Geduld mit Weißrussland und Lukaschenko<br />
Medwedew (r.) im Gespräch mit<br />
Weißrusslands Diktator Lukaschenko<br />
kaschenko nach 16 Jahren im Amt<br />
loswerden. Der von Menschenrechtlern<br />
als letzter Diktator in Europa<br />
beschriebene Staatschef hatte<br />
PA/EPA/DMITRY ASTAKHOV<br />
beitswelt geraten zu sein. Aber der<br />
Mittelschicht wird die Kritik an<br />
diesen Zuständen bald vergehen,<br />
wenn auch sie zur Kasse gebeten<br />
wird; das Kindergeld ist nur der<br />
Anfang. Denn am laufenden Haushaltsdefizit<br />
von umgerechnet etwa<br />
190 Milliarden Euro kommt niemand<br />
vorbei – und niemand an den<br />
knapp 140 Millionen Euro, die täglich<br />
an Zinsen auf die Staatsschuld<br />
abfließen.<br />
Es ist ein Parteitag, wie es noch<br />
keinen gab auf der Insel. <strong>Die</strong> Torries,<br />
die Partei, die sich einst als<br />
die „National Party of Government“<br />
bezeichnete – geboren, um<br />
zu regieren – schlägt den Briten in<br />
klaren Worten einen Deal vor, den<br />
diese am 6. Mai gewählt haben: die<br />
Wahlversprechen der konservativliberalen<br />
Koalition. Harte Einschnitte,<br />
um Großbritannien für<br />
den internationalen Wettbewerb<br />
fit zu machen. Mit den angekündigten<br />
Einsparungen im Sozialsystem<br />
wird sich manch ein Brite<br />
wohl fragen, ob er das Kreuz richtig<br />
gesetzt hat.<br />
Moskau vergangene Woche vorgeworfen,<br />
ihn stürzen zu wollen. In<br />
einer ungewöhnlich heftigen Kampagne<br />
kritisiert das russische<br />
Staatsfernsehen seit Wochen Lukaschenko.<br />
Er sei ein Psychopath,<br />
hieß es in einer Sendung. Auch unabhängige<br />
Beobachter sehen darin<br />
mögliche Kreml-Pläne, Lukaschenkos<br />
Ende einzuläuten. Medwedews<br />
Sprecherin Natalia Timakowa<br />
sagte, das Verhältnis mit der<br />
weißrussischen Führung sei in eine<br />
Sackgasse geraten. Dass Lukaschenko<br />
versuche, sich auf der<br />
Grundlage einer „anti-russischen<br />
Thematik“ eine neue Amtszeit zu<br />
verschaffen, sei inakzeptabel.<br />
REUTERS/TOBY MELVILLE<br />
POLITIK KOMPAKT<br />
USA<br />
Attentäter verurteilt<br />
Wegen des versuchten Bombenanschlags<br />
am Times Square in<br />
New York hat ein US-Gericht den<br />
Angeklagten Faisal Shahzad gestern<br />
zu lebenslanger Haft verurteilt.<br />
Der aus Pakistan stammende<br />
US-Bürger Shahzad hatte zuvor<br />
gestanden, Anfang Mai eine selbst<br />
gebaute Autobombe am Straßenrand<br />
deponiert zu haben.<br />
NORDIRLAND<br />
Autobombenanschlag<br />
Bei der Explosion einer Autobombe<br />
in Nordirland sind am<br />
gestern Morgen in der Stadt Londonderry<br />
mehrere Gebäude beschädigt<br />
worden. Verletzt wurde<br />
aber niemand, wie die Polizei<br />
mitteilte. Als Urheber des Anschlags<br />
wurden IRA-Dissidenten<br />
vermutet, die den Friedensprozess<br />
ablehnen. Eine Stunde vorher ging<br />
eine telefonische Warnung ein.<br />
NIEDERLANDE<br />
Wilders-Prozess geht weiter<br />
Der Prozess gegen den niederländischen<br />
Rechtspopulisten<br />
Geert Wilders wegen mutmaßlicher<br />
Hetze gegen Muslime wird<br />
nicht abgebrochen. Ein Gericht in<br />
Amsterdam wies gestern einen<br />
Befangenheitsantrag der Anwälte<br />
des Politikers gegen Richter Jan<br />
Moor zurück. <strong>Die</strong>ser hatte gesagt,<br />
dass Wilders dafür bekannt sei,<br />
kühne Behauptungen von sich zu<br />
geben, aber Diskussionen zu meiden.<br />
<strong>Die</strong> Staatsanwaltschaft wirft<br />
Wilders vor, den Islam mit dem<br />
Nationalsozialismus verglichen zu<br />
haben. Ihm drohen bis zu zwölf<br />
Monate Haft.<br />
BIRMA<br />
Suu Kyi gibt nicht auf<br />
Birmas Oppositionsführerin Aung<br />
San Suu Kyi geht gerichtlich gegen<br />
die von der Militärjunta erzwungene<br />
Auflösung ihrer Partei vor.<br />
Vor dem Obersten Gericht des<br />
Landes reichte sie gestern Klage<br />
ein. „Wir werden nicht aufgeben“,<br />
sagte einer ihrer Anwälte. Suu<br />
Kyis Nationale Liga für Demokratie<br />
hatte die letzten freien Wahlen<br />
1990 mit großem Vorsprung gewonnen,<br />
die Junta erkannte das<br />
Ergebnis aber nie an. Für November<br />
setzte die Militärführung<br />
Wahlen an, bei denen Suu Kyi<br />
nicht kandidieren darf. Da ihre<br />
Partei den Urnengang boykottieren<br />
wollte, wurde sie aufgelöst.<br />
SACK REIS<br />
Russlands Regierungschef Wladimir<br />
Putin hat den sechs rauchenden<br />
Ministern des Kabinetts den<br />
Griff zur Zigarette verboten. „Sie<br />
gehen mit gutem Beispiel voran<br />
und geben das Rauchen auf“, sagte<br />
er. Leidtragender dürfte vor allem<br />
Außenminister Sergej Lawrow<br />
sein, der als Kettenraucher gilt.<br />
AP/KOEN VAN WEEL
WELT KOMPAKT<br />
8 KULTUR<br />
CHARTS<br />
Bücher<br />
1.<br />
Eat Pray Love<br />
Elizabeth Gilbert<br />
(Vorwoche: 4.)<br />
2. Herbstmagie<br />
Nora Roberts<br />
(Vorwoche: 1.)<br />
3. Leichenblässe<br />
Simon Beckett<br />
(Vorwoche: 3.)<br />
4.<br />
Der Chinese<br />
Henning Mankell<br />
Vorwoche: 2.)<br />
5. Verbrechen<br />
Ferdinand von Schirach<br />
(Vorwoche: 12.)<br />
KULTUR KOMPAKT<br />
Der Traum vom Oscar<br />
Mindestens 55 Länder machen<br />
sich Hoffnung auf einen Oscar in<br />
der Kategorie „Bester ausländischer<br />
Film“. Für Deutschland<br />
geht Feo Aladags Ehrenmord-<br />
Drama „<strong>Die</strong> Fremde“ am 27. Februar<br />
2011 ins Rennen. Gute Chancen<br />
sieht das Branchenblatt „Variety“<br />
auch für Mexikos Beitrag<br />
„Biutiful“, eine mexikanischspanische<br />
Koproduktion von<br />
Regisseur Alejandro Gonzalez<br />
Inarritu mit Javier Bardem in der<br />
Hauptrolle. <strong>Die</strong> Türkei schickte<br />
seinen Berlinale-Gewinner „Honey“,<br />
Rumänien will mit dem Film<br />
„If I Want to Whistle, I Whistle“<br />
noch einmal sein Glück versuchen.<br />
Er hatte in Berlin den<br />
Silbernen Bären gewonnen. Aladags<br />
„<strong>Die</strong> Fremde“ hatte beim<br />
New Yorker Tribeca-Festival<br />
abgesahnt.<br />
Musik und Theater im Louvre<br />
Der französische Film- und Theaterregisseur<br />
Patrice Chéreau (65)<br />
wird im Museum Louvre Theater<br />
und Musik aufführen. Als Gast-<br />
Kurator hat das Pariser Haus dem<br />
Regisseur bei der Programmgestaltung<br />
freie Hand gelassen.<br />
Das Ergebnis: Mehrere Theaterstücke<br />
in den Louvre-Sälen, darunter<br />
die Neuinszenierung von<br />
„Traum im Herbst“ des norwegischen<br />
Dramatikers Jon Fosse.<br />
Türkei will Sphinx zurück<br />
Der türkische Kulturminister<br />
Ertugrul Günay hat Deutschland<br />
ultimativ aufgefordert, die im<br />
Berliner Pergamon-Museum<br />
aufbewahrte Sphinx von Hattuscha<br />
zurückzugeben. Sonst werde<br />
dem Deutschen Archäologischen<br />
Institut die Lizenz für Grabungen<br />
in Hattuscha entzogen, zitierte<br />
die türkische Tageszeitung „Aksam“<br />
den Minister bereits am<br />
Montag. Deutsche Archäologen<br />
hatten in Hattuscha, der Hauptstadt<br />
der Hethiter, vor mehr als<br />
100 Jahren mit Grabungen begonnen.<br />
In Berlin steht noch eine<br />
von zwei gefundenen Sphingen<br />
aus Stein. Mehrere Medien hatten<br />
über diese Forderung berichtet.<br />
Weder die Stiftung Preußischer<br />
Kulturbesitz noch das Auswärtige<br />
Amt wollten sich gestern zu den<br />
Forderungen äußern.<br />
Folgen Sie<br />
Andrea Kolpatzik<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_kolpatzik<br />
<strong>Die</strong> nächste Piaf<br />
Et voilà: <strong>Die</strong> Sängerin ZAZ ist in ihrem Heimatland Frankreich<br />
bereits ein Superstar – jetzt will sie Deutschland erobern<br />
VON JULIA DOMBROWSKY<br />
Wer an Frankreich denkt, denkt zugleich<br />
an Carla Bruni, Brigitte Bardot<br />
und Edith Piaf. ZAZ kommt in<br />
dieser Liste nicht vor. Superstar<br />
dort, kleines Licht hier. Unverdient.<br />
So lässt sich die Sängerin ZAZ am<br />
schnellsten beschreiben.<br />
Will man dem Phänomen des<br />
zierlichen Energiebündels aus<br />
Tours näher auf den Grund gehen,<br />
braucht es etwas länger. Ihr erstes<br />
Album „ZAZ“ war wochenlang auf<br />
Platz eins der französischen Charts<br />
und steht seit dem 1. Oktober endlich<br />
auch in Deutschland in den Läden.<br />
Ihre Single „Je veux“ löste Begeisterung<br />
aus, die Franzosen kennen<br />
sie aus der Talentshow „Bleu/<br />
Réservoir Generation“, in der sie als<br />
Außenseiter startete und dank ihrer<br />
rauchigen Stimme und ihrer jazzigen<br />
Musik als Siegerin hervorging.<br />
Als eine französische Lena Meyer-<br />
Landruth sieht sie sich trotzdem<br />
nicht. „Ich bin schon mit vier Jahren<br />
singend <strong>durch</strong> die Wohnung gesprungen<br />
und habe eine klassische<br />
Musikausbildung“, betont Isabelle<br />
Geffroy, so ihr bürgerlicher Name,<br />
dann. Eine Musikerin mit mehr Substanz<br />
also. Und ihr Weg zum Erfolg<br />
war lang. <strong>Die</strong> heute 30-Jährige hat<br />
alle Tiefen eines romantischen<br />
Künstler-Daseins bereits hinter<br />
sich.<br />
Nach ihrer Ausbildung kommt<br />
nicht sofort der große Erfolg, sondern<br />
Auftritte in einem Pariser Kabarett.<br />
„Anderthalb Jahre lang trat<br />
ich dort täglich von 23 Uhr bis 5 Uhr<br />
Nachts auf, sang ohne Mikro in das<br />
zweistöckige Gebäude hinein. Es<br />
war höllisch anstrengend. Ich fühlte<br />
mich irgendwann wie eine Beamte<br />
der Musik.“ – anstatt ihre Ambitionen<br />
hier lebendig zu begraben,<br />
zieht sie lieber auf die Straße. Und<br />
spielt mit einem Kontrabassisten<br />
und einem Gitarristen auf den Straßen<br />
von Montmartre für Almosen.<br />
Ein hoher Kulturfunktionär wird<br />
auf die damals 26-Jährige aufmerksam<br />
und bietet ihr an, eine Tournee<br />
mit Edith Piafs größten Hits <strong>durch</strong><br />
Sibirien zu machen. „Natürlich sagte<br />
ich ja. Auf Staatskosten zu spielen<br />
Das Art Forum und seine Satelliten<br />
war doch super. Es waren Minus 25<br />
Grad, ich habe noch nie so etwas<br />
Kaltes erlebt. Ich spielte 13 Konzerte<br />
in 15 Tagen und es kam so gut an,<br />
dass ich im April noch mal wiederkam.“<br />
Solche und ähnliche Geschichten<br />
hat ZAZ viel zu erzählen, die machen<br />
sich ja auch gut, wenn man als<br />
unkonventionelle Zigeunerprinzessin<br />
auftritt, wie die Sängerin es tut.<br />
Sie trägt bunte Klamotten, ein Piercing<br />
unter dem Auge, Tücher in den<br />
Haaren. Bei Interviews sitzt sie auf<br />
dem Fußboden, hibbelt herum,<br />
transportiert ihre Klamotten in einem<br />
Müllsack. Sie tritt auf wie ein<br />
Punk, nur ohne Hund, schreibt das<br />
Magazin „Les Inrockuptibles“ über<br />
sie „um zu zeigen, dass sie die Moral<br />
Chanson aus Passion<br />
■ <strong>Die</strong> als Isabelle Geoffroy<br />
geborene französische Sängerin ZAZ<br />
zeichnet sich <strong>durch</strong> eine einzigartige<br />
Stimme aus.<br />
■ <strong>Die</strong> Kritiker in Frankreich jubeln.<br />
Charismatisch, melodiös, charmant.<br />
■ ZAZ ist bekannt in der französischen<br />
Musikwelt: Nach ihrer Studienzeit<br />
in Bordeaux sang sie in einer<br />
Bluesband. Anschließend in einem<br />
baskischen Tanzorchester. Und danach<br />
rockte sie auch noch in einer Latinband.<br />
Abgefahren.<br />
■ Ihr Musikinteresse ist vielfältig:<br />
afrikanische, arabische, andalusische<br />
und brasilianische Musik beeinflussten<br />
ihre Entwicklung.<br />
■ Erfahrung als Straßenmusikerin<br />
sammelte sie auch. In Paris, zusammen<br />
mit zwei Musikerkollegen.<br />
http://bit.ly/dyeWo5<br />
Zauberhaft<br />
Sie ist jung,<br />
schön und<br />
erfolgreich –<br />
trotzdem gibt’s<br />
was auf die<br />
Ohren. Hier eine<br />
Hörprobe.<br />
Berliner Liste<br />
Münze Berlin<br />
PRENZLAUER<br />
BERG<br />
CHARLOTTENBURG-<br />
WILMERSDORF<br />
Molkenmarkt 2<br />
vis-à-vis Rotes Rathaus<br />
2<br />
4<br />
FRIEDRICHSH.-<br />
Art Forum Berlin 1<br />
Messedamm 22<br />
Eingang Masurenallee<br />
Charlottenburg<br />
3<br />
MITTE<br />
KREUZBERG<br />
3 7. Berliner Kunstsalon<br />
a. Station Alter Schlachthof<br />
Landsberger Allee 104<br />
art berlin contemporary (abc)<br />
TEMPELHOF- 5<br />
Prenzlauer Berg<br />
Marshall-Haus<br />
Messegelände Berlin<br />
SCHÖNEBERG<br />
Eingang Halle 19<br />
Preview Berlin<br />
Charlottenburg<br />
art berlin contemporary (abc)<br />
Flughafen Berlin-Tempelhof<br />
HAU2 (Hebbel am Ufer)<br />
Hangar 2<br />
Hallesches Ufer 32<br />
Columbiadamm 10<br />
Kreuzberg<br />
Tempelhof Tempelhof<br />
der Klein-Bourgeoise beherrscht.“<br />
Ganz falsch ist das nicht. Ihr verrückt-verruchtes<br />
Auftreten wirkt<br />
einstudiert, Texte wie: „Vergesst all<br />
eure Klischees, herzlich willkommen<br />
in meiner Realität!“ gezwungen<br />
unverkrampft und ihre <strong>Welt</strong>sicht<br />
zum Teil naiv-esoterisch. So<br />
wie der Name ZAZ, der für sie „den<br />
ewigen Zyklus repräsentiert“ – das<br />
Z und das A bilden schließlich Ende<br />
und Anfang des Alphabets.<br />
Es mag nur eine clevere Vermarktungsstrategie<br />
des Mädchens aus<br />
dem Mittelstand sein, das damit die<br />
Sehnsucht nach freiem Leben und<br />
guter Musik stillt. Doch musizieren,<br />
das kann sie tatsächlich. Ihre Lieder<br />
sind Ohrwürmer, mitreißend, angenehm.<br />
<strong>Die</strong> Ironie: sie erfüllen alle<br />
Frankreich-Klischees. Jazz-Rythmen<br />
mit Akkordeon-Begleitung<br />
und eine Soul-Sängerin mit einer an<br />
der Großen Piaf angelehnten Stimme.<br />
Der schönste Beweis ist der<br />
Song „Ni oui ni non“ – man tappt in<br />
ihre Falle, man kann gar nicht anders.<br />
Das Album wird daher – verdienterweise<br />
– auch in Deutschland seine<br />
Abnehmer finden und die Legenden,<br />
die sich um das Glückskind<br />
ZAZ ranken, nur noch mehr werden.<br />
„Tatsächlich bin ich zu dem Album<br />
gekommen, nachdem ich eine<br />
Annonce beantwortete, in der ein<br />
Mann eine rauchige Stimme suchte.<br />
Normalerweise hätte ich einen Perversen<br />
dahinter vermutet, aber wie<br />
immer trügte mich mein Instinkt<br />
nicht“, erzählt sie – und schon war<br />
sie das Ziehkind von dem bekannten<br />
Produzenten Kerredine Soltani.<br />
Er hatte die Annonce 2007 geschaltet,<br />
vermittelte die nötigen Kontakte<br />
und motivierte sie, selber Songs<br />
zu komponieren. Seitdem ging es<br />
für ZAZ nur noch bergauf. Man<br />
fragt sich, was noch kommen mag.<br />
Ob sie sich vorstellen kann, irgendwann<br />
einen französischen Präsidenten<br />
zu heiraten? „Nein“, sagt sie<br />
entsetzt und dann, „Außer wenn er<br />
den Glauben an die Menschen und<br />
die Liebe hat und seine Taten, Worte<br />
und Gefühle eins ergeben – dann<br />
vielleicht.“ Und schon ist sie wieder<br />
ganz ZAZ.<br />
VON ANDREA HILGENSTOCK<br />
Berlin – Noch mehr Kunst gefällig?<br />
Bitte sehr! Zum Art Forum Berlin,<br />
das heute beginnt, rüsten auch die<br />
drei Satellitenmessen auf: Liste, Preview<br />
und Kunstsalon. Siebenmeilenstiefel<br />
braucht in jedem Fall, wer alles<br />
sehen möchte, was zwischen dem<br />
6. und 10. Oktober von Charlottenburg<br />
bis Friedrichshain bis Tempelhof<br />
geboten wird.<br />
In unmittelbarer Nachbarschaft<br />
zur großen Schwester auf dem Messegelände<br />
am Funkturm öffnet die<br />
„abc art berlin contemporary“ ihre<br />
Pforten. Sie versteht sich nicht als<br />
Messe, sondern als freies Format<br />
zwischen Ausstellung und Galerien-<br />
Event. Im 1950 errichteten, denkmal-<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Rauchige Stimme:<br />
<strong>Die</strong> Sängerin ZAZ will<br />
auch in Deutschland<br />
erfolgreich sein<br />
Von wegen kleine Schwester<br />
Von Charlottenburg bis Friedrichshain – <strong>Die</strong> „art berlin contemporary“ umwirbt zeitgleich<br />
geschützten Marshall-Haus hat Kurator<br />
Marc Glöde unter dem Motto<br />
„light camera action“ Videokunst<br />
und Film-Installationen versammelt.<br />
Da herrscht ein Surren und Flimmern.<br />
Rund 60 Künstler von 60 Galerien,<br />
die nebenan ihre Verkaufsstände<br />
haben, zeigen ihre Streifen.<br />
Auch Lichtskulpturen sind dabei,<br />
Collagen, Fotografie, Performances.<br />
Martin Klosterfelde schickt als<br />
Novum einen Film von Hanne Darboven<br />
ins Rennen. Bei der jungen<br />
Galerie Reception offeriert Luigi<br />
Ghirri das Brusttoupet eines strahlenden<br />
Herrn und Daniel Buchholz<br />
tritt mit neuen Fotos von Wolfgang<br />
Tilmans an.<br />
Als Ergänzung zum Art Forum<br />
Berlin macht die von unzufriedenen
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
KULTUR 9<br />
zum Art Forum das Publikum<br />
Galeristen 2008 ins Leben gerufene<br />
„art berlin contemporary“ insofern<br />
Sinn, als hier nicht der Verkaufsaspekt<br />
vertieft wird, der häufig der<br />
Malerei den Vorzug gibt. Dafür tritt<br />
die Beschäftigung mit komplexen<br />
Inhalten in den Vordergrund. „Worum<br />
es uns geht, ist nicht, eine monomediale<br />
Ausstellung zu zeigen,<br />
sondern darzulegen, dass Film Bestandteil<br />
künstlerischen Denkens<br />
ist“, erläutert Glöde.<br />
Mal sehen, ob die Besucher das<br />
würdigen und auch noch ins Theater<br />
Hebbel am Ufer (HAU2) stiefeln,<br />
dem zweiten Spielort der abc. Oder<br />
ob sie die Schose als überflüssige<br />
Ausdehnung des Art Forums erkennen,<br />
das seine Sonderausstellung ja<br />
nicht ohne Grund einstellte. Was die<br />
„abc“ allerdings adelt, ist die Tatsache,<br />
dass hier einige internationale<br />
Händler beteiligt sind, die in den<br />
Messehallen fehlen, Barbara Gladstone,<br />
Rosemarie Schwarzwälder<br />
und Eva Presenhuber.<br />
■ „Wir wollen Film als<br />
Bestandteil<br />
künstlerischen Denkens<br />
zeigen“ Kurator Marc Glöde<br />
Weniger etabliert geht es bei der<br />
Preview Berlin in der Haupthalle des<br />
Flughafens Tempelhof zu. 60 Aussteller<br />
aus 19 Ländern präsentieren,<br />
was sie für aufstrebend halten. Zum<br />
Beispiel Kunst aus Osteuropa. „Der<br />
Standort Berlin als Hauptstadt der<br />
Kreativen in Europa, kann all die<br />
Einflüsse, die <strong>durch</strong> die Künstler aus<br />
diesen Ländern deutlich in der Stadt<br />
zu spüren sind, nicht länger ignorieren“,<br />
findet Rüdiger Lange vom<br />
Kunstraum „loop“. Vom klassischen<br />
Standsystem hatte man sich hier im<br />
Hangar2 des Flughafens im vergangenen<br />
Jahr verabschiedet. <strong>Die</strong>smal<br />
wird es eine Mischung geben aus<br />
Projektflächen ohne Wände und den<br />
klassischen Messekojen, berichtet<br />
Preview-Mitbegründer Kristian Jarmuschek.<br />
Mehr als 200 Künstler locken<br />
auf der Preview. Mit dabei: die<br />
Kunststiftung des Landes Sachsen-<br />
Anhalt aus Halle und die Warschauer<br />
Foundation für Promoting Contemporary<br />
Art.<br />
SONY MUSIC/LAUREN CLEMENT<br />
Abschied von Tony Curtis:<br />
„Wer zieht sich jetzt aus?“<br />
Auf dieser Beerdigung wurde viel<br />
Gelacht: Familie und Freunde von<br />
Tony Curtis verabschiedeten sich<br />
in einer bewegenden Trauerfeier<br />
von dem Ende September gestorbenen<br />
Schauspieler – mit Tränen,<br />
aber auch mit vielen humorvollen<br />
Anekdoten aus Curtis’ Leben. Der<br />
Hollywoodstar war am vergangenen<br />
Mittwoch im Alter von 85 Jahren<br />
in Henderson im US-Bundesstaat<br />
Nevada gestorben. „Wir alle<br />
haben etwas von ihm. Ich beispielsweise<br />
mein ungestilltes Bedürfnis<br />
nach Beachtung“,<br />
sagte Tochter Jamie Lee<br />
Curtis nach der Trauerfeier<br />
laut CNN-Angaben und<br />
wies in die große Runde aus<br />
Geschwistern und deren<br />
Kindern.<br />
Kaliforniens Gouverneur<br />
und Ex-Schauspielerkollege<br />
von Curtis, Arnold Schwar-<br />
zenegger, würdigte die Courage<br />
des Stars. „Wer sonst<br />
hat denn den Mut, sich mit<br />
Empörung über Teilnahme<br />
an Wagner-Festspielen<br />
Israelisches Orchester will im nächsten<br />
Jahr in Bayreuth spielen – trotz Boykotts<br />
<strong>Die</strong> geplante erste Teilnahme eines<br />
israelischen Orchesters an den<br />
Wagner-Festspielen in Bayreuth<br />
sorgt in Israel für Empörung. Der<br />
<strong>deutsche</strong> Komponist Richard Wag-<br />
ner ist in Israel wegen<br />
antisemitischer Positionen<br />
und seiner Popularität<br />
während der<br />
NS-Zeit umstritten.<br />
Seine Werke werden in<br />
Konzerten so gut wie<br />
nie gespielt.<br />
<strong>Die</strong> Sprecherin des<br />
Israelischen Kammerorchesters,<br />
Meirav Magen<br />
Lelie, bestätigte<br />
gestern die Teilnahme<br />
an den Festspielen im<br />
Juli des kommenden<br />
Jahres. Von der Bayreuther<br />
Festspielleitung<br />
war dazu gestern keine<br />
Stellungnahme zu erhalten.<br />
Das israelische Orchester sei von<br />
der Leiterin der Festspiele, Katharina<br />
Wagner, eingeladen worden. „Es<br />
ist ihre persönliche Initiative“, sagte<br />
die Sprecherin. „Sie will damit eine<br />
Brücke schlagen, dies ist eine sehr<br />
schöne Geste.“ Um auf Sensibilitäten<br />
Rücksicht zu nehmen, sollten<br />
die Proben nicht in Israel stattfinden.<br />
Dort wird erwartet, dass Katharina<br />
Wagner kommende Woche<br />
nach Israel kommen dürfte und vermutlich<br />
am Mittwoch eine offizielle<br />
Einladung an das Orchester aussprechen<br />
könnte.<br />
<strong>Die</strong> israelische Zeitung „Jediot<br />
Achronot“ schrieb gestern, Wagner<br />
wolle sich während einer Pressekonferenz<br />
in Israel auch zu der „Nazi-Vergangenheit<br />
ihrer Familie“ äußern.<br />
<strong>Die</strong> Wagner-Festspiele hatten<br />
sich während der Nazi-Zeit <strong>durch</strong><br />
die Freundschaft von Wagners<br />
Schwiegertochter Winifred zu<br />
Adolf Hitler diskreditiert.<br />
Der inzwischen verstorbene israelische<br />
Dirigent Mendi Rodan hatte<br />
■ „Katharina<br />
Wagner will<br />
mit der<br />
Einladung<br />
eine Brücke<br />
schlagen, dies<br />
ist eine sehr<br />
schöne Geste“<br />
Meirav Magen Lelie,<br />
Sprecherin des Israelischen<br />
Kammerorchesters<br />
80 noch öffentlich seiner Kleider zu<br />
entledigen?“, fragte Schwarzenegger<br />
nach CNN-Angaben gestern.<br />
Curtis hatte der Zeitschrift „Vanity<br />
Fair“ 2005, damals als 80- Jähriger,<br />
für Nacktfotos Modell gestanden.<br />
Im Laufe seiner langen Filmkarriere<br />
spielte Curtis in mehr als 140<br />
Dramen und Komödien mit. Berühmt<br />
wurde er vor allem <strong>durch</strong><br />
„Manche mögen’s heiß“ (1959) an<br />
der Seite von Marilyn Monroe und<br />
Jack Lemmon.<br />
Freunde und Verwandte verabschiedeten sich<br />
zärtlich von Tony Curtis<br />
im Oktober 2000 für Aufsehen gesorgt,<br />
als er den langjährigen Boykott<br />
gegen Wagner in Israel brach.<br />
Er spielte damals mit dem Sinfonieorchester<br />
Rischon Lezion das „Sieg-<br />
fried-Idyll“. Das Konzert<br />
löste scharfe Proteste<br />
von Holocaust-<br />
Überlebenden in Israel<br />
aus. Seitdem werden<br />
Wagners Werke weiterhin<br />
kaum gespielt.<br />
Der israelische Journalist<br />
und Holocaust-<br />
Überlebende Noach<br />
Klieger schrieb gestern<br />
in einem Kommentar,<br />
die Reise des Orchesters<br />
nach Bayreuth<br />
bringe ihn in Rage.<br />
„<strong>Die</strong>s ist ein Schritt,<br />
den alle „Freunde“ des<br />
Judentums im Allgemeinen<br />
und Israels im Besonderen<br />
als Kapitulation ansehen werden –<br />
und als Eingeständnis, dass der Boykott<br />
(Wagners in Israel) wertlos<br />
und nicht gerechtfertigt war.“<br />
Halten sich noch bedeckt: Katharina<br />
Wagner (li.) und Eva Wagner-Pasquier<br />
DPA/DANIEL GLUSKOTER<br />
PA/DPA/DANIEL KARMANN
WELT KOMPAKT<br />
10 KULTUR<br />
Mehr Fans als Madonna?<br />
Turbo-Folk ist auch politisch,<br />
die Anhänger finden’s gut<br />
Der Soundtrack des Krieges<br />
Vor zehn Jahren stürzte Slobodan Milosˇevic – Auch die Faszination des Turbo-Folks verpufft<br />
VON SONJA VOGEL<br />
„Ceca hat mehr Fans als Madonna!“<br />
So triumphierte letztes Jahr<br />
das serbische Boulevardblatt Svet,<br />
nachdem zum Belgrader Konzert<br />
des amerikanischen Superstars<br />
bloß 30 000 Zuschauer kamen. Der<br />
Turbo-Folk-Star Svetlana „Ceca“<br />
Ražnatovic hatte es zwei Jahre zuvor<br />
auf 150 000 Fans gebracht.<br />
Das mag überraschen. Schließlich<br />
gilt Turbo-Folk hierzulande<br />
als musikalisches Randphänomen.<br />
Zudem verbindet man das Genre<br />
mit serbischem Nationalismus<br />
und organisiertem Verbrechen.<br />
Turbo-Folk ist alles<br />
andere als wohlgelitten,<br />
als „Soundtrack<br />
des Krieges“ blieb er<br />
vom globalen Musikmarktausgeschlossen.<br />
Tatsächlich lässt<br />
seine Entstehungsgeschichte<br />
den Turbo-<br />
Folk als politisches<br />
Phänomen erscheinen.<br />
Gerade Ceca, der<br />
Megastar der Szene,<br />
trug zu dieser Wahrnehmung<br />
bei. Ihre<br />
1995 mit dem serbischen<br />
Kriegsverbrecher Željko<br />
„Arkan“ Ražnatovic<br />
geschlossene Ehe stand für die<br />
symbolische Vermählung von Nationalismus<br />
und Popkultur. Später<br />
ermittelte man wegen des Mordes<br />
am serbischen Premierminister<br />
Zoran Djindjic gegen sie.<br />
Heute, zehn Jahre nach dem<br />
Sturz von Slobodan Miloševic, hat<br />
der Turbo-Folk seinen Zenit längst<br />
überschritten. Der ursprünglich<br />
auffällige Mix aus elektronisch<br />
aufgemotzter Volksmusik – im<br />
Vordergrund zumeist ein vom<br />
Keyboard kopiertes Akkordeon,<br />
„orientalische“ Gesangsstimmen,<br />
Pop heiratet Politik:<br />
Željko und „Ceca“<br />
wie man sie aus der türkischen<br />
Arabeske-Musik kennt, und moderne<br />
Beats und Samples bekannter<br />
Songs – weicht heute kaum<br />
mehr vom internationalen Pop-<br />
Durchschnitt ab.<br />
Ganz anders Anfang der Neunziger,<br />
als der Turbo-Folk Serbien<br />
überflutete. 1993 veröffentlichte<br />
der Sänger Ivan Gavrilovic das erste<br />
Turbo-Folk-Stück „200 na sat“<br />
(200 km/h). Mit seinen Samples<br />
des Eurodance-Hits „No Limit“<br />
von 2 Unlimited und dem Ruf<br />
„Techno Folk!“, der in ein schrilles,<br />
traditionell anmutendes Akkordeonspiel<br />
überging, gilt er heute als<br />
prototypisch.<br />
Hier zeigt sich deutlich,<br />
woher der Turbo-<br />
Folk stammt. <strong>Die</strong> jugoslawischenKommunisten<br />
versuchten<br />
früh, die unterschiedlichen<br />
sozialen, religiösen<br />
und nationalen<br />
Hintergründe des<br />
Staates zu moderieren.<br />
Ab den Sechzi-<br />
PA /DPA/MILOS JELESIJEVIC<br />
gern förderte man darum„Neukomponierte<br />
Volksmusik“, um<br />
jenseits regional ausdifferenzierter<br />
Musikidiome Gemeinsamkeiten<br />
zu schaffen. Vor neuer Technik<br />
scheute man dabei nicht zurück.<br />
Zum Turbo-Folk, dessen von Synthesizern<br />
produzierte Sounds nur<br />
noch erahnen lassen, was an ihm<br />
Folk ist, war es nur ein kleiner<br />
Schritt.<br />
Man kann es als Ironie betrachten,<br />
dass dem Turbo-Folk ein Konzept<br />
zur Integration Jugoslawiens<br />
zugrunde liegt.<br />
Sollte aber die „Causa Ceca“<br />
ausreichen, um einer Musikrichtung,<br />
die zweifelsohne die Gesellschaft<br />
prägte, Nationalismus nachzuweisen?<br />
Sicher nicht. Texte und Musik<br />
des Turbo-Folks sind alles andere<br />
als politisch. Wie der klassische<br />
Popsong kreisen sie um Liebe und<br />
Betrug. Politische Statements<br />
sucht man vergeblich. <strong>Die</strong> Verbindung<br />
war eher struktureller Art.<br />
Eine Schlüsselfunktion hatten dabei<br />
die Kriege der Neunziger, die<br />
1992 von der Internationalen Gemeinschaft<br />
gegen Serbien verhängten<br />
Sanktionen – und die Inflation.<br />
<strong>Die</strong> gut ausgebildeten und international<br />
geprägten Serben verließen<br />
das Land, 700 000 sollen es gewesen<br />
sein. Entsprechend dramatisch<br />
verschoben sich die Machtverhältnisse.<br />
Der Musikjournalist<br />
Dragan Kremer beschreibt die angespannte<br />
Lage als „sozialen<br />
Schnellkochtopf“: „In diesem Vakuum,<br />
abgeschnitten von Informationen<br />
und Einflüssen von außen,<br />
verwandelte sich alles im Handumdrehen<br />
in Turbo-Folk.“<br />
Kremer bezeichnet so weniger<br />
eine Musik, als eine soziale Ord-<br />
nung, die Deregulierung gewachsener<br />
Strukturen und Werte, einen<br />
Rückfall hinter die Toleranzprinzipien<br />
der jugoslawischen Gesellschaft:<br />
Nationalismus, Patriarchat,<br />
Demokratiefeindlichkeit,<br />
Homophobie.<br />
Von der <strong>Welt</strong>stadt<br />
Belgrad war nicht viel<br />
geblieben. „Nicht der<br />
Turbo-Folk zerstörte<br />
die Stadt, Belgrad<br />
existierte zu dieser<br />
Zeit nicht mehr“, erinnert<br />
sich der Kulturmanager<br />
und<br />
Fernsehmann Miloš<br />
Jež.<br />
<strong>Die</strong> Nationalisierung<br />
machte auch vor<br />
der Kultur nicht halt.<br />
Obgleich die „Neukomponierte<br />
Volksmusik“ sich<br />
dem internationalem Pop angenähert<br />
hatte, galt sie nunmehr als serbisch,<br />
eben als Turbo-Folk – eine<br />
Bezeichnung, mit der sich der Musiker<br />
Rambo Amadeus ironisch auf<br />
Turbo-Folk – <strong>Die</strong> serbische Alternative<br />
■ Turbo-Folk war neben den<br />
Hollywood-Blockbustern die billigste<br />
Form der Unterhaltung.<br />
■ Er ist eine serbische Alternative<br />
zum angloamerikanischen Pop und<br />
kam dem nationalistischen Establishment<br />
unter Miloševic entgegen.<br />
■ Neue, simple Boulevard-TV-<br />
Formate sind untrennbar mit dem<br />
Aufstieg des Turbo-Folks verknüpft.<br />
■ Jelena Karleuša, der aktuelle<br />
Star der Szene, verkörpert ein<br />
Extrem von Weiblichkeit: aufgespritzte<br />
Brüste und Lippen,<br />
gebräunte Haut, blondiertes Haar<br />
bis zur Hüfte.<br />
■ <strong>Die</strong> Zeit des Turbo-Folk war die<br />
Zeit der Gegensätze. Insbesondere<br />
die Rockszene Jugoslawiens galt<br />
als Gegenpol zum als nationalistisch<br />
und provinziell verschrienen<br />
Turbo-Folk. Das musikalische<br />
Bekenntnis war eines für oder<br />
gegen die herrschende Politik –<br />
und teilt Belgrad heute noch.<br />
http://bit.ly/9dykVU<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Hossa! Megastar Svetlana<br />
Ceca Ražnatovic<br />
Balkan-Beat<br />
Gelebter Turbo-<br />
Folk: Jelena<br />
Karleuša verkörpert<br />
das Ideal<br />
des Turbo-Folks –<br />
hier gibt’ s den<br />
Clip dazu.<br />
den eigenen avantgardistischen<br />
Stil bezogen hatte, der den provinziellen<br />
Ethno-Kitsch auf die Schippe<br />
nahm.<br />
<strong>Die</strong> glitzernde <strong>Welt</strong> der neuen<br />
Stars, pompöse Gala-<br />
Shows und die mit<br />
Statussymbolen aufgemotztenMusikvideos<br />
suggerierten,<br />
westliche Konsumgüter<br />
seien nach wie vor<br />
verfügbar. Dabei war<br />
die gesamte <strong>Welt</strong> für<br />
Serben so unerreichbar<br />
wie nie zuvor.<br />
Zweifelsohne profi-<br />
REUTERS/MARKO DJURICA<br />
tierte die Politik am<br />
meisten von der Parallelwelt<br />
des Turbo-<br />
Folks. Hier fand sie<br />
das Auditorium, das<br />
sie <strong>durch</strong> die fatale Politik verloren<br />
hatte. Jež, damals Kreativdirektor<br />
von TV Palma, bezeichnet den<br />
Sender als „Hauptquartier der sozialen<br />
Befriedung“. Als „serbisches<br />
MTV“ war er Marktführer in<br />
Sachen Turbo-Folk. Schon früh<br />
hatte die Opposition der Regierung<br />
unterstellt, das Genre zur<br />
Machtsicherung gefördert zu haben.<br />
Frei nach dem Motto „Brot<br />
und Spiele“. So lange „Ceca nacionale“<br />
sang und tanzte, konnten Armut<br />
und Isolation Serbien nichts<br />
anhaben.<br />
<strong>Die</strong> Marktlage war für Turbo-<br />
Folk-Produktionen mehr als lukrativ,<br />
da Urheberrechte unbeachtet<br />
blieben. Ohnehin hatte der Staat<br />
andere Probleme. Neue Produktionstechniken<br />
lösten eine unüberschaubare<br />
Welle aus. Private Produktionsfirmen<br />
und Fernsehsender,<br />
die sich lokalen Musikproduktionen<br />
widmeten, schossen wie<br />
Pilze aus dem Boden.<br />
<strong>Die</strong> Gelder stammten aus dem<br />
Milieu derer, die von den sozialen<br />
Umwälzungen profitiert hatten.<br />
REUTERS/MARKO DJURICA
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
KULTUR 11<br />
VON MATTHIAS KAMANN<br />
In eine Ausstellung über Religion<br />
gehören Reliquien. Drum wird das<br />
Original-Kopftuch gezeigt, das die<br />
muslimische Lehrerin Fereshta<br />
Ludin in einer <strong>deutsche</strong>n Schule<br />
trug, ehe ihr dies verboten wurde.<br />
Hinter Glas präsentiert wird auch<br />
eines der Kruzifixe, die aus einigen<br />
bayerischen Klassenzimmern entfernt<br />
wurden. Ebenfalls zu sehen<br />
ist das lila Schultertuch mit Protestsprüchen<br />
gegen Atomraketen,<br />
das sich Margot Käßmann 1983 auf<br />
dem Kirchentag in Hannover umlegte.<br />
Kommt her und seht auf diese<br />
Dinge: Sie erhitzen die Gemüter.<br />
Da wird eine starke These anschaulich:<br />
dass die religiöse Erregung,<br />
die sich einst in der verzückten<br />
Anbetung oder bilderstürmenden<br />
Vernichtung von Heiligenknochen<br />
ausdrückte, sich heute im<br />
erbitterten Streit über muslimische<br />
Symbole oder die Polit-Chiffren<br />
des Linksprotestantismus manifestiert.<br />
Am Grundprinzip der<br />
Fixierung auf Ikonisiertes hätte<br />
sich dabei wenig geändert. Ebenso<br />
wenig daran, dass zum Wesen der<br />
Religion ihr harter Bekenntnischarakter<br />
gehört: dafür oder dagegen?<br />
Auf den Video-Schirmen der Ausstellung<br />
„Kraftwerk Religion“ im<br />
Dresdner Hygiene-Museum nehmen<br />
Muslime oder Christen sofort<br />
Stellung zum Kopftuch oder zum<br />
Islam-Unterricht an Schulen.<br />
Es ist vor allem dieser Streit, das<br />
machen die Ausstellungskuratoren<br />
um Petra Lutz vom Hygiene-<br />
Museum deutlich, der die Religion<br />
heute in der Öffentlichkeit präsent<br />
hält. Auf dem Rückzug ist der<br />
LEVERAGE<br />
DIE NEUE CRIME-SERIE<br />
HEUTE | 22:15 |<br />
Dafür oder dagegen?<br />
Ausstellung „Kraftwerk Religion“ im Dresdner Hygiene-Museum polarisiert<br />
In Dresden wird genau hingeschaut und das religiöse Streitpotenzial scharfsinnig in Szene gesetzt<br />
Glaube in der Moderne keineswegs,<br />
bekräftigt diese kleine, hoch<br />
konzentrierte und fast überfüllte<br />
Ausstellung.<br />
Das Streitpotenzial des Glaubens<br />
demonstrieren in Dresden<br />
auch Textprojektionen, wo Voltaires<br />
Religionskritik gegen Ernst<br />
Wolfgang Böckenfördes Verteidigung<br />
des Glaubens im modernen<br />
Staat antritt. Religion ist in dieser<br />
Ausstellung das, was uns zum Pro<br />
und Kontra drängt. Dass dies der<br />
religiösen Durchschnittserfahrung<br />
entspricht, lässt sich bezweifeln.<br />
Hat die statt mit hitzigen Diskussionen<br />
vielmehr mit Gewöhnung<br />
ans nur halb Hinterfragte zu tun,<br />
mit biografischen Anekdoten und<br />
freundlichen Predigten, mit Ergriffenheit<br />
in schönen Kirchen oder<br />
mit der Freundlichkeit einer Caritas-Schwester?<br />
Von all dem ist wenig<br />
zu sehen in den drei düsteren<br />
Räumen, die mit dunklem Filz ausgelegt<br />
sind. Man könnte sagen,<br />
dass in Dresden konfessionslose<br />
Ost<strong>deutsche</strong> mit einem fremd-brisanten<br />
Phänomen namens Religion<br />
konfrontiert werden. Doch diese<br />
Ausstellung macht Ernst mit<br />
dem Ernst des Glaubens.<br />
In diesem Ernst riskieren die<br />
Gläubigen Verfolgung, was in<br />
Dresden Filmausschnitte aus der<br />
Stasi-Überwachung von Kirchen<br />
in der DDR verdeutlichen. In diesem<br />
Ernst ritualisieren die Gläubigen<br />
auch die Aufnahme in die Gemeinschaften<br />
– Thomas Manns<br />
Taufkleid ist zu sehen – und verehren<br />
Brot und Wein, besonders aber<br />
Wasser. Aus dem Jordan kommt es,<br />
aus dem Ganges, aus Mekka, aus<br />
Lourdes – eine Batterie von<br />
Fläschchen erinnert daran, wie<br />
ähnlich sich die Religionen in vielem<br />
sind.<br />
DPA/ARNO BURGI<br />
Anzeige
WELT KOMPAKT<br />
12 SPORT<br />
Ein „Busenwischer“<br />
und Babbels Tritt<br />
ins Fettnäpfchen<br />
Berlin – Das Leben ist manchmal<br />
ungerecht. Kein Mensch wird sich<br />
bei der Partie zwischen Hertha<br />
BSC und Aachen (0:0) an die gute<br />
Spielleitung von Bibiana Steinhaus<br />
erinnern. Ebenso wenig an die<br />
dürftige Leistung von Peter Niemeyer.<br />
Doch dank der Medienwelt<br />
wird eine Zwölf-Sekunden-Sequenz<br />
in Erinnerung bleiben. Ob in<br />
England, Holland, Spanien, Brasilien,<br />
Russland oder Deutschland –<br />
der Videoschnipsel von dem unbeabsichtigten<br />
Treffen zwischen der<br />
Schiedsrichterin und Niemeyer<br />
hat es in Windeseile auf Server<br />
rund um den Globus geschafft. Im<br />
Der Fehlgriff: Peter Niemeyer und<br />
Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus<br />
Rückwärtsgehen wollte der Mittelfeldspieler<br />
der Polizistin aus<br />
Hannover auf die Schulter klopfen,<br />
verfehlte sein Ziel und wischte ihr<br />
unbeabsichtigt über den Busen.<br />
Steinhaus stutzte, schaute und löste<br />
die Situation mit einem charmanten<br />
Lächeln, weil Niemeyer<br />
sich sofort entschuldigt hatte.<br />
„Wir sind aneinander vorbeigelaufen<br />
und haben uns berührt. Ich<br />
denke, da kann man es mit einem<br />
Augenzwinkern belassen“, sagte<br />
die einzige Schiedsrichterin im<br />
<strong>deutsche</strong>n Profifußball. Niemeyer<br />
scherzte: „Man muss die Zuschauer<br />
ein wenig unterhalten.“<br />
<strong>Die</strong> Beteiligten hatten die Szene<br />
unverkrampft aufgelöst. Das gelang<br />
Hertha-Trainer Markus Babbel<br />
am Tag danach nicht. Er lobte<br />
zwar die Leistung von Steinhaus<br />
(„voll in Ordnung“), tapste dann<br />
aber im Scherz ins Fettnäpfchen:<br />
„Das hätte ich auch gern gemacht.<br />
Aber bei uns damals gab’s ja keine<br />
Schiedsrichterinnen.“<br />
VON JULIEN WOLFF<br />
Berlin – Gut ist für ihn nicht gut<br />
genug. Bei Erdal Keser muss es<br />
sehr gut sein. Als der Türke in den<br />
80er-Jahren für Borus-<br />
sia Dortmund stürmte,<br />
gab es nach Siegen nur<br />
die Frage: Was können<br />
wir noch besser machen?<br />
Und diesen Perfektionismus<br />
hat er<br />
sich auch als Leiter des<br />
Europa-Büros des türkischenFußballverbandes<br />
bewahrt. Es sagt daher<br />
viel über den Erfolg<br />
seiner Arbeit aus, wenn er vor dem<br />
Spiel gegen Deutschland betont:<br />
„Ich bin sehr zufrieden.“<br />
Der Auftrag der Verbandsführung<br />
an den 49-Jährigen: Finde in<br />
Deutschland türkische Nationalspieler!<br />
Er erfüllt ihn – und zählt zu<br />
SKY SPORT<br />
VON LARS GARTENSCHLÄGER<br />
Berlin – Sie trugen schwarze Anzüge<br />
und graue Krawatten. Waren<br />
in edler Kleidung bereit für den<br />
großen Empfang, den Bundespräsident<br />
Christian Wulff gestern<br />
Mittag für Bundestrainer Joachim<br />
Löw und die Spieler der <strong>deutsche</strong>n<br />
Fußball-Nationalmannschaft gab.<br />
Mit Shakiras WM-Song „Waka<br />
Waka“, gespielt in einer Klassikversion,<br />
empfing das Staatsoberhaupt<br />
die Auswahl des Deutschen<br />
Fußball-Bundes (DFB) im Schloss<br />
Bellevue.<br />
Wulff hatte im Vorfeld des EM-<br />
Qualifikationsspiels gegen die<br />
Türkei am Freitag (20.45 Uhr, ARD<br />
live) geladen, um mit Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel Spieler und<br />
Trainer für ihr erfolgreiches Abschneiden<br />
bei der WM in Südafrika<br />
mit dem abschließenden dritten<br />
Platz zu ehren. Während die Spieler<br />
das Silberne Lorbeerblatt erhielten,<br />
bekam Joachim Löw das<br />
Bundesverdienstkreuz. <strong>Die</strong>s hatten<br />
u.a. schon Löws Vorgänger<br />
Franz Beckenbauer (2006) und<br />
Jürgen Klinsmann (2007) erhalten.<br />
Christian Wulff würdigte die<br />
herausragenden Auftritte des<br />
Teams in Südafrika. „<strong>Die</strong> Mannschaft<br />
hat mit Eleganz, Leichtigkeit,<br />
Teamgeist und Spielwitz<br />
überzeugt und kann für andere ein<br />
Vorbild sein“, betonte Wulff. „<strong>Die</strong>se<br />
Mannschaft ist ein Spiegel der<br />
tatsächlichen Gesellschaft unseres<br />
Landes.“<br />
In seiner Rede ging Wulff auch<br />
auf das Thema Integration ein.<br />
„<strong>Die</strong>se Mannschaft mit jungen<br />
Männern so unterschiedlicher<br />
Herkunft spiegelt Deutschland als<br />
das Einwanderungsland, das es<br />
längst schon geworden ist“, sagte<br />
Wulff. Davor hätten, fuhr er fort,<br />
viele lange Zeit ängstlich oder abwehrend<br />
die Augen verschlossen.<br />
„Und nun“, so Wulff, „mit einem<br />
Mal, konnte man sehen, was für ein<br />
schönes, begeisterndes und effizientes<br />
Teamwork entstehen kann,<br />
wenn Menschen, wie verschieden<br />
ihre Herkunft auch ist, das beste,<br />
was sie haben und können, in ein<br />
Projekt einbringen.“<br />
Es waren unbeschwerte Wochen<br />
in Südafrika. Ganz anders als jetzt,<br />
wo der raue Alltag ihnen Probleme<br />
bereitet.<br />
Allein 14 von 19 für die Türkei-<br />
Partie nominierten Spielern erleben<br />
dieser Tage die Kehrseite des<br />
Daseins als Profi. Sie sind außer<br />
Form, darben mit ihren Vereinen<br />
im Tabellenkeller der Bundesliga<br />
und stehen im Fokus der Kritik. In<br />
Christian Träsch und Cacau sind<br />
gar zwei Mann vom Tabellenletzten<br />
VfB Stuttgart dabei. Holger<br />
Badstuber, Philipp Lahm, Toni<br />
Kroos, Thomas Müller, Miroslav<br />
Klose und Mario Gomez blamieren<br />
sich mit dem FC Bayern derzeit<br />
auf Platz zwölf. Torhüter Manuel<br />
Neuer, die <strong>deutsche</strong> Nummer<br />
eins, ist mit Schalke Tabellenvorletzter<br />
und hat in sieben Spielen<br />
schon 14 Tore kassiert. Dazu sind<br />
auch der Kölner Podolski, die Bre-<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Ehrung für Löws Krisen-Kicker<br />
Bundespräsident zeichnet DFB-Team aus – Zahlreiche Spieler im Formtief<br />
den Vertrauten des Nationaltrainers<br />
Guus Hiddink. Sieben in<br />
Deutschland ausgebildete Profis<br />
gehören zum Aufgebot der Türkei<br />
für das Duell mit der Auswahl des<br />
Deutsche Fußball-<br />
Bundes (DFB): Hamit<br />
Altintop (FC Bayern<br />
München), sein Bruder<br />
Halil (Eintracht<br />
Frankfurt), Nuri Sahin<br />
(Borussia Dortmund),<br />
Ömer Erdogan<br />
(Bursaspor, früher<br />
FC St. Pauli),<br />
Ceyhun Gülselam<br />
(Trabzonspor, früher<br />
SpVgg Unterhaching), Hakan Balta<br />
(Galatasaray Istanbul, früher<br />
Hertha BSC) und Özer Hurmaci<br />
(Fenerbahce Istanbul, früher KSV<br />
Baunatal). „Uns geht es aber auch<br />
schon um die Junioren-Nationalmannschaften.<br />
Bei der U 15 fangen<br />
Löw erhielt das Bundesverdienstkreuz, die Spieler das silberne Loorbeerblatt<br />
wir an, und wir haben drei bis vier<br />
Spieler aus Deutschland pro Jahrgang<br />
in unseren Teams“, sagt Keser<br />
stolz.<br />
Von seinem Büro in Köln aus koordiniert<br />
er 25 Talentspäher. Sie<br />
bewerten bei Partien die Fähigkeiten<br />
der Spieler. Richtig schwierig<br />
wird es aber erst, nachdem ein<br />
Spieler für gut genug befunden<br />
wurde. Dann gilt es, die Talente zu<br />
überzeugen, sich für die Türkei zu<br />
entscheiden – und eben nicht für<br />
Deutschland. Weil die meisten in<br />
der Bundesrepublik geboren sind,<br />
können sie wählen, für welches<br />
Land sie spielen wollen – selbst,<br />
wenn sie schon für Juniorenauswahlteams<br />
gespielt haben. Derzeit<br />
ist der Verband an Taner Yalcin<br />
(20, 1. FC Köln), Ömer Toprak (21,<br />
SC Freiburg), Ilkay Gündogan (19)<br />
und Mehmet Ekici (20, beide 1. FC<br />
Nürnberg) interessiert. „Wir be-<br />
drängen keinen Spieler. Er muss<br />
die Entscheidung aus freien Stücken<br />
treffen. Wenn er sagt, dass es<br />
ihn stolz macht, für die Türkei zu<br />
spielen, öffnen wir ihm die Türen“,<br />
sagt Keser.<br />
Es klappt nicht immer, Mesut<br />
Özil (Real Madrid) und Serdar<br />
Tasci (VfB Stuttgart) entschieden<br />
sich für Deutschland, der türkische<br />
Verband hat das Scouting<br />
seither intensiviert. Probleme mit<br />
dem DFB gebe es dennoch nicht,<br />
REUTERS/TOBIAS SCHWARZ<br />
mer Wiese, Mertesacker und Marin<br />
sowie der Hamburger Westermann<br />
mit ihren Vereinen weit von<br />
den Zielstellungen entfernt.<br />
Trotzdem schenkt der Bundestrainer<br />
seinen Männern das Vertrauen.<br />
Er sei nicht besorgt, sagte<br />
er gestern, „weil ich es irgendwie<br />
erwartet habe. <strong>Die</strong> Spieler haben<br />
bei der WM Unglaubliches geleistet.<br />
Da sind viele Kräfte verloren<br />
gegangen“. Löw hofft auf die therapierende<br />
Wirkung der Nationalmannschaft<br />
und darauf, dass unter<br />
seiner Führung zumindest Klose<br />
und Podolski wieder zu ihrer Form<br />
finden.<br />
Mario Gomez ist beim FC Bayern<br />
nur noch Reservist, auch wenn<br />
er am Sonntag in Dortmund (0:2)<br />
erstmals seit einem halben Jahr zur<br />
Startelf gehörte. „Ich habe mein<br />
Bestes gegeben, es hat nicht gereicht“,<br />
sagte Gomez. Auf dessen<br />
Torflaute hat nun gar ein Wettanbieter<br />
reagiert. 210 Euro zahlt Partybets<br />
bei einem Einsatz von zehn<br />
Euro, sollte Gomez in der Bundesliga-Hinrunde<br />
leer ausgehen.<br />
Klose ist dort noch nicht gelistet,<br />
sagte: „Wer mit einer Niederlage<br />
in die Länderspielwoche geht,<br />
hat immer ein schlechtes Gefühl.“<br />
<strong>Die</strong> Sorgen des Angreifers sind<br />
nachzuvollziehen. Doch Beispiele<br />
aus der Vergangenheit zeigen, dass<br />
es oft gut gegangen ist, wenn Bundestrainer<br />
auf schwächelnde Nationalspieler<br />
gesetzt haben. In der<br />
Saison 1974/1975 etwa befanden<br />
sich die Bayern in einer Krise.<br />
Dennoch nominierte Helmut<br />
Schön in der EM-Qualifikation regelmäßig<br />
einen München-Block,<br />
und Deutschland schaffte trotz die<br />
Qualifikation. 1997 setzte Berti<br />
Vogts regelmäßig auf Spieler vom<br />
kriselnden Klub Borussia Dortmund,<br />
trotzdem erwarb die Nationalmannschaft<br />
die WM-Spielberechtigung.<br />
Wie die Türkei um <strong>deutsche</strong> Talente wirbt<br />
Erdal Keser koordiniert 25 Scouts, die schon Nuri Sahin oder die Altintop-Brüder gewinnen konnten<br />
■ „Wir<br />
bedrängen<br />
keinen Spieler.<br />
Er muss die<br />
Entscheidung<br />
treffen“<br />
BONGARTS/GETTY IMAGES/BORIS STREUBEL<br />
Angst vor einem Fußballbuch<br />
welt.de/dfbelf<br />
stattdessen großen Respekt vor<br />
der guten Ausbildung der jungen<br />
Spieler in Deutschland, so Keser.<br />
Geld benutzt der Verband nach<br />
eigenen Angaben nicht als Lockmittel.<br />
Kesers Team spricht mit<br />
den Familien, appelliert an den<br />
Stolz der Eltern. „Das Spiel am<br />
Freitag ist für viele Jugendliche ein<br />
Ansporn, es selbst in die Nationalelf<br />
zu schaffen“, sagt Erdal Keser.<br />
Und meint natürlich die der Türkei.<br />
Sie hat Keser<br />
von einer Länderspielkarriere<br />
in<br />
der Türkei<br />
überzeugt: Halil<br />
Altintop (links)<br />
und Nuri Sahin,<br />
hier beim<br />
Training
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />
SPORT 13<br />
Königreich schämt sich für Problemkind<br />
Trainer van Marwijk verzichtet auf de Jong – „Er ist eine Schande für den niederländischen Fußball“<br />
VON UDO MURAS<br />
Wieder mal steht der Planet still,<br />
weil die Uefa es so will. Zwei Wochen<br />
keine Bundesliga, dafür Länderspiele.<br />
<strong>Die</strong> Ehre des Vaterlandes<br />
steht hier und da auf dem<br />
Spiel, da darf nichts die Konzentration<br />
auf das Wesentliche stören.<br />
Wer im Juni 2012 im Sonderzug<br />
nach Polen und/oder in die Ukraine<br />
fahren will, muss sich schließlich<br />
jetzt schon um die Reservierungen<br />
kümmern.<br />
Niemand hat etwas zu verschenken<br />
in der Qualifikation zur Europameisterschaft,<br />
die Favoriten<br />
schon gar nicht. Dennoch kommt<br />
es vor, dass nicht alle Nationaltrainer<br />
ihre Besten nominieren. So wie<br />
die niederländische Mannschaft.<br />
Der Spieler Nigel de Jong, hierzulande<br />
bekannt aus seiner Zeit beim<br />
Hamburger SV (2005 bis 2008), ist<br />
schlicht zu hart fürs Vaterland. Sie<br />
benötigen zwar ganze Kerle in der<br />
Stunde der Bewährung, aber was<br />
zu viel ist, ist zu viel. Trainer Bert<br />
von Marwijk hatte schlicht „keine<br />
andere Wahl“. Was ist geschehen?<br />
De Jong ist kein Kind von Traurigkeit<br />
und geht schon mal zur Sache<br />
im Mittelfeld, aber in den Statistiken<br />
des Raubeins findet sich<br />
bis dato kein einziger Platzverweis.<br />
Was zwar für ihn, aber all-<br />
FUSSBALL KOMPAKT<br />
Bochum versinkt im Chaos<br />
Mit einer Kurzschlussreaktion hat<br />
Vereinsboss Werner Altegoer<br />
seinen geliebten VfL Bochum ins<br />
Chaos gestürzt. Der 75 Jahre alte<br />
und fast allmächtige Aufsichtsratsvorsitzende<br />
trat im Anschluss an<br />
eine turbulente Mitgliederversammlung<br />
zurück – der sportlich<br />
kriselnde VfL ist nun auch noch<br />
führungslos. <strong>Die</strong> Versammlung<br />
endete mit dem Sturz eines Denkmals.<br />
„Meine persönliche Arbeit<br />
für den VfL ist beendet“, sagte<br />
Altegoer mit steinerner Miene,<br />
nachdem die Mitglieder dem<br />
Aufsichtsrat zweimal die Entlastung<br />
verweigert hatten.<br />
Magath wütend auf Neuer<br />
Trainer Felix Magath von Schalke<br />
04 hat gereizt auf die öffentlichen<br />
Abwanderungsgedanken des<br />
Nationaltorhüters Manuel Neuer<br />
reagiert. „Wer soll denn jetzt<br />
zufrieden sein? Meinen Sie, ich bin<br />
zufrieden? Es kann doch keiner<br />
jetzt mit der Situation zufrieden<br />
sein! Das hat aber doch damit<br />
nichts zu tun, dass ich gleich alles<br />
in Frage stellen muss“, sagte Magath<br />
dem Fernsehsender Servus<br />
TV. Neuer hatte erklärt, er fühle<br />
sich bei den Königsblauen derzeit<br />
„nicht wohl“.<br />
Forlán will weg<br />
Uruguays WM-Star <strong>Die</strong>go Forlán<br />
will Atlético Madrid so schnell<br />
wie möglich verlassen. „Wenn ich<br />
die Chance habe, werde ich ge-<br />
Folgen Sie<br />
Florian Wichert<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_wichert<br />
Mit diesem Tritt im WM-Finale schockierte Nigel de Jong die Fußball-<strong>Welt</strong>. Es war nicht die letzte Brutalo-Aktion<br />
mählich nicht mehr unbedingt für<br />
die Schiedsrichterzunft spricht.<br />
Im März hatte der bei Manchester<br />
City tretende, pardon arbeitende,<br />
Kicker, der sich selbst als Wasserträger<br />
bezeichnet, einem Kontrahenten<br />
aus Bolton das linke Bein<br />
gebrochen. Und am Tag nach dem<br />
WM-Finale in Johannesburg hatte<br />
hen“, sagte der als bester Spieler<br />
der <strong>Welt</strong>meisterschaft ausgezeichnete<br />
Stürmer gestern dem englischen<br />
Pay-TV-Sender „Sky<br />
Sports“. Wenig später relativierte<br />
Forlán seine Äußerungen jedoch.<br />
Er sei falsch verstanden worden,<br />
sagte er dem Madrider Sportblatt<br />
„Marca“ (Internetausgabe).<br />
„Wenn ich ein gutes Angebot<br />
erhielte, würde ich es wie immer<br />
studieren. Danach sähen wir dann<br />
weiter.“<br />
Geschäftsstelle eingeweiht<br />
Im Beisein der Witwe des ehemaligen<br />
Nationaltorhüters Robert<br />
Enke ist gestern die neue Geschäftsstelle<br />
der gleichnamigen<br />
Stiftung eingeweiht worden. Der<br />
Sitz der Geschäftsstelle befindet<br />
sich im Verwaltungsgebäude des<br />
Niedersächsischen Fußballverbandes<br />
in Barsinghausen. „Ich bin<br />
sehr froh, dass unsere Stiftung nun<br />
ein dauerhaftes Zuhause erhalten<br />
hat“, sagte Terese Enke. Ihr Ehemann<br />
hatte am 10. November 2009<br />
Selbstmord begangen.<br />
DFB kritisiert Gericht<br />
Der Deutsche Fußball-Bund<br />
(DFB) hat vor dem Prozessbeginn<br />
im Wettskandal die fehlende<br />
Kooperationsbereitschaft der<br />
Gerichte scharf kritisiert. „Wir<br />
beobachten den Prozess mit der<br />
großen Hoffnung, dass da absolute<br />
Klarheit geschaffen wird“, sagte<br />
DFB-Generalsekretär Wolfgang<br />
Niersbach gestern der Nachrichtenagentur<br />
dpa. „Denn wir als<br />
Sportverband haben darunter zu<br />
leiden, dass man uns nicht mal<br />
komplette Akteneinsicht gewährt.<br />
Da muss sich grundsätzlich etwas<br />
ändern. <strong>Die</strong> Gerichte sollten mit<br />
uns zusammenarbeiten.“<br />
es sein Kung-Fu-Tritt in die Brust<br />
von Spaniens Xabi Alonso auf die<br />
Titelseiten vieler Zeitungen geschafft.<br />
Das schöne Spiel der Niederländer<br />
bei der WM war nach<br />
dem Treterfinale jedenfalls kein<br />
Thema mehr – und de Jong hatte<br />
daran einen <strong>durch</strong>aus unrühmlichen<br />
Anteil.<br />
Nun hat er ein weiteres Kapitel<br />
in der Chronik der Schandtaten<br />
auf dem Fußballplatz geschrieben.<br />
Bereits nach sieben Minuten beendete<br />
er am Samstag den Einsatz<br />
von Newcastle Uniteds Hatem Ben<br />
Arfa – Schien- und Wadenbeinbruch.<br />
Dass es dafür in England<br />
nicht mal eine Gelbe Karte gibt,<br />
PA/DPA/BERND WEISSBROD<br />
darf uns nicht weiter verwundern.<br />
Der englische Verband hat angeblich<br />
versucht, alle Videos zu sperren,<br />
die dieses Foul zeigen – es sei<br />
dann doch zu brutal. Doch das geht<br />
nicht in unserer Medienwelt, und<br />
so kann es alle <strong>Welt</strong> sehen.<br />
<strong>Die</strong> Heimat schämt sich nun aufrichtig<br />
für ihr Problemkind. „Nigel<br />
de Jong ist ein rückfälliger Krimineller!<br />
Das hat etwas mit Intelligenz<br />
zu tun. Er ist eine Schande für<br />
den niederländischen Fußball“,<br />
wird der niederländische Kulturkritiker<br />
Hugo Bons zitiert und Jan<br />
Everse, Sparta Rotterdams Trainer,<br />
empfiehlt den Gang zum Psychiater.<br />
Nationaltrainer van Marwijk<br />
ist zumindest ein Pädagoge und<br />
kündigte bereits an, mit ihm „über<br />
seine Spielweise zu sprechen“.<br />
<strong>Die</strong> Mannschaftskollegen der<br />
„Elftal“ wissen jedenfalls Bescheid,<br />
warum de Jong diesmal<br />
nicht das orangefarbene Trikot<br />
wird tragen dürfen.<br />
http://bit.ly/bfatYA<br />
Der Treter<br />
Das brutale Foul<br />
im WM-Finale<br />
gegen Spanien.<br />
Hier das Video zu<br />
de Jongs Kung-Fu-<br />
Tritt gegen Xabi<br />
Alonso<br />
TOLLHAUS!<br />
Überraschungsteams im Prämienwahn – Hauen und Stechen beim Meister<br />
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WELT KOMPAKT<br />
14 SPORT<br />
Warum Amerikas<br />
Eishockey-Saison<br />
in Europa beginnt<br />
VON MARCEL STEIN<br />
Berlin – Angesetzt war es als<br />
Freundschaftsspiel. Dabei stand<br />
vom ersten Tag an fest, dass es viel<br />
mehr sein würde. Ein Vergleich<br />
der Systeme, ein Kampf um die<br />
<strong>Welt</strong>herrschaft im Klubeishockey.<br />
Zumindest für die einen. Das stellte<br />
Alexander Medwedew, der Präsident<br />
der pan-russischen Eishockeyliga<br />
KHL,<br />
klar. Er ließ extra<br />
das Training von<br />
SKA St. Petersburg,<br />
wo er ebenfalls<br />
präsidiert,<br />
NHL-Commissioner<br />
Bettman<br />
PA/DPA<br />
unterbrechen und<br />
schwor die Spieler<br />
persönlich auf die<br />
Partie in der heimischen<br />
Arena<br />
gegen die Carolina Hurricanes aus<br />
der nordamerikanischen NHL ein.<br />
SKA gewann, mit 5:3 schlugen sie<br />
die Amerikaner.<br />
<strong>Die</strong> Russen können nun behaupten,<br />
dass sie mit der besten Liga<br />
der <strong>Welt</strong> auf einer Stufe stehen.<br />
Was bei den Spitzengehältern, die<br />
jeweils gezahlt werden, auch nicht<br />
ganz verkehrt ist. Sportlich aber<br />
hat die Partie eher wenig Aussagekraft,<br />
denn während die KHL seit<br />
Wochen im Spielbetrieb ist, beginnt<br />
die NHL-Saison erst morgen.<br />
<strong>Die</strong> Hurricanes haben die Partie in<br />
St. Petersburg lediglich als Vorbereitung<br />
auf die Begegnung mit<br />
Minnesota Wild in Helsinki genutzt.<br />
Zum vierten Mal in Folge eröffnet<br />
die NHL ihre Saison nun in Europa.<br />
Gleich sechs Mannschaften<br />
sind angereist und absolvieren<br />
sechs Punktspiele. „Mit diesen<br />
sechs Teams hat fast die Hälfte aller<br />
NHL-Klubs in Europa gespielt“,<br />
sagt NHL-Commissioner<br />
Gary Bettman. Dahinter steckten<br />
einst konkrete Expansionspläne,<br />
von einer eigenen NHL-Division<br />
in Europa war die Rede. Mittlerweile<br />
wird vorsichtiger formuliert.<br />
„Es zeigt unser anhaltendes Interesse,<br />
das Eishockey außerhalb<br />
von Nordamerika zu entwickeln“,<br />
sagt Mike Ouellet, der Chef der<br />
Wirtschaftsabteilung der Spielergewerkschaft<br />
NHLPA.<br />
VON SVEN FLOHR<br />
Newport – Als sein Name während<br />
der Abschlusszeremonie aufgerufen<br />
wurde, stand Martin Kaymer<br />
stolz auf. Um den Hals eine<br />
schwarz-rot-goldene Fahne, winkte<br />
er den applaudierenden Fans zu<br />
und sollte wenig später zum ersten<br />
Mal die wichtigste Golftrophäe der<br />
<strong>Welt</strong> in Händen halten: Kaymer ist<br />
nach Bernhard Langer der zweite<br />
<strong>deutsche</strong> Ryder-Cup-Sieger. In einem<br />
denkwürdigen Wettkampf<br />
hatte Europa die USA mit dem<br />
knappsten aller Ergebnisse besiegt:<br />
14,5:13,5. Trotzdem wirkte Kaymer<br />
alles andere als gelöst. „Jetzt muss<br />
ich extrem viel schlafen“, sagte er.<br />
Er werde ohnehin erst in ein oder<br />
zwei Wochen verarbeitet haben,<br />
was er erlebt habe.<br />
Christoph Sandmann, Deutschlands bester Vierspännerfahrer, an den Lenkseilen. Hinter ihm sitzen seine Beifahrer, die sogenannten Grooms<br />
VON MELANIE HAACK<br />
Berlin – Geschickt und waghalsig<br />
schlängelt sich der Fahrer mit seinem<br />
Wagen und den vier Pferden<br />
<strong>durch</strong> enge Wendungen. Er sucht<br />
den besten Weg zum nächsten Tor,<br />
fährt rasant über Brücken, Erdhügel<br />
und <strong>durch</strong> Wasser. Spektakulär<br />
ist sie, die Geländefahrt der Vierspänner.<br />
Im Mittelpunkt des Pferdesports<br />
stehen in Deutschland die Spring-,<br />
Dressur- und Vielseitigkeitsreiter,<br />
die Fahrer hingegen nur selten. Dabei<br />
haben sie bei den alle vier Jahre<br />
ausgetragenen <strong>Welt</strong>reiterspielen<br />
seit 1994 immer eine Medaille in<br />
der Mannschaft und eine in der<br />
Einzelwertung geholt. Bei den<br />
Spielen in Lexington im US-Bundesstaat<br />
Kentucky beginnen die<br />
Vierspännerfahrer morgen mit der<br />
ersten von drei Teilprüfungen, der<br />
Dressur.<br />
Über zu wenig Interesse an seinem<br />
Sport will sich Christoph<br />
Sandmann (43), der fünfmalige<br />
Deutsche Meister, nicht beschwe-<br />
Kaymer möchte auf Europas Thron<br />
Golfer hat hohe Ambitionen nach dem Ryder-Cup-Erfolg<br />
Zweieinhalb von vier möglichen<br />
Punkten hatte Kaymer zum Erfolg<br />
beigesteuert, er gehörte damit zu<br />
den besten Europäern. In den drei<br />
Doppeln agierte Kaymer solide,<br />
seine Partner waren aber stets dominierend.<br />
Und im abschließenden<br />
Einzel war Kaymer mitverantwortlich<br />
dafür, dass es noch einmal eng<br />
wurde. „Ich habe mich danach<br />
Kaymer reckt stolz den Pokal in die<br />
Höhe, doch er hat weitere Ziele<br />
AP/MATT DUNHAM<br />
ren. „Bei <strong>Welt</strong>reiterspielen haben<br />
wir immer genug Zuschauerresonanz“,<br />
sagt der Routinier.<br />
Sandmann ist der <strong>deutsche</strong> Fahrer<br />
mit den größten Chancen in<br />
Kentucky – ein Hobbysportler unter<br />
vielen Profis und Halbprofis.<br />
Mit 18 Jahren fuhr der Niedersachse<br />
seine ersten Vierspännerturniere;<br />
1992 holte er eine erste Medaille<br />
bei <strong>Welt</strong>meisterschaften, die immer<br />
zwei Jahre nach <strong>Welt</strong>reiterspielen<br />
ausgetragen werden.<br />
Sandmanns Ziel ist ein Platz unter<br />
den besten Fünf. „Es gibt drei<br />
schrecklich gefühlt, du lässt die<br />
Kollegen schließlich nicht gern<br />
hängen“, sagte er.<br />
Der Mann, der nach Angaben seines<br />
Trainers niemals einen Fehler<br />
zweimal macht, wird hart daran arbeiten,<br />
auch im Ryder Cup dominieren<br />
zu können. Im Spiel Mann<br />
gegen Mann sei er einfach nicht<br />
gut, dass müsse sich dringend ändern,<br />
sagt Kaymer: „Ich analysiere<br />
mein Spiel genau und versuche immer,<br />
herauszufinden, was ich falsch<br />
gemacht habe. <strong>Die</strong>s wird mir in den<br />
nächsten 15 bis 20 Jahren noch sehr<br />
helfen.“<br />
Auch die kurzfristigeren Pläne<br />
sind bereits gemacht. <strong>Die</strong>se Saison<br />
gibt es nur noch ein Ziel: „Ich habe<br />
extrem gute Chancen, am Jahresende<br />
Europas Nummer eins sein. Den<br />
Titel möchte ich mir holen.“<br />
absolute Favoriten.“ Gemeint sind<br />
die Medaillengewinner der WM<br />
2008. Damals holten die Deutschen<br />
im Team hinter den Niederländern<br />
Silber. Neben Sandmann<br />
war auch Ludwig Weinmayr (49)<br />
dabei, der in Kentucky ebenfalls<br />
startet. Der dritte <strong>deutsche</strong> Fahrer<br />
ist WM-Neuling Georg von Stein<br />
(38). „Eine Silbermedaille wie vor<br />
zwei Jahren ist, glaube ich, nicht<br />
realisierbar“, sagt Sandmann.<br />
Ob in Dressur, Geländeprüfung<br />
oder Hindernisfahren – das Motto<br />
„Das Pferd ist nicht gut genug fürs<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Hoch auf dem schnellen Wagen<br />
Warum Christoph Sandmann auf eine Medaille bei den <strong>Welt</strong>reiterspielen hoffen darf<br />
<strong>Die</strong> Prinzessin und der erbitterte Machtkampf<br />
■ Der Reiter-<strong>Welt</strong>verband FEI erlebt<br />
bei den <strong>Welt</strong>meisterschaften in<br />
Lexington/USA eine Zerreißprobe.<br />
Präsidentin Haya vernachlässigt für<br />
den Kampf um ihre Wiederwahl im<br />
November sogar das Tagesgeschäft:<br />
Das Vorstandstreffen für Sonntag<br />
habe sie abgesagt – „mit der Begründung,<br />
es gebe nichts mehr zu<br />
besprechen“, zürnte Hanfried Ha-<br />
ring, Ex-Generalsekretär des <strong>deutsche</strong>n<br />
Verbandes FN.<br />
■ Das Verhältnis zwischen FEI und<br />
Europa ist zerrüttet. Der Streit<br />
eskalierte 2009. Haya, Prinzessin<br />
von Jordanien, wollte eine Medikationsliste<br />
<strong>durch</strong>setzen, die den Einsatz<br />
von Entzündungshemmern bei<br />
Pferden im Wettkampf erlaubt hätte.<br />
SPORT KOMPAKT<br />
VOLLEYBALL<br />
Deutsche fast im Halbfinale<br />
Deutschlands Volleyballer dürfen<br />
weiter von der ersten WM-Medaille<br />
seit 40 Jahren träumen.<br />
Dank seiner bislang besten Turnierleistung<br />
feierte das junge<br />
Team beim 3:0 (25:23, 25:18, 25:13)<br />
gestern in Rom gegen Tschechien<br />
einen souveränen Sieg. Ein weiterer<br />
und sie stehen im Halbfinale.<br />
DOPING<br />
Indizien gegen Contador<br />
Der suspendierte Radprofi Alberto<br />
Contador gerät immer mehr in<br />
Erklärungsnot. Nach Angaben der<br />
„New York Times“ sind auch bei<br />
einer zweiten Probe des Spaniers<br />
während der diesjährigen Tour de<br />
France Kunststoffrückstände in<br />
seinem Urin gefunden worden, die<br />
Blutdoping nahelegten. Das berichtete<br />
die Zeitung gestern unter<br />
Reiten – dann wird es eben eingespannt“<br />
gilt längst nicht mehr. Für<br />
den Fahrer ist das Arbeiten mit<br />
vier Pferden gleichzeitig eine besondere<br />
Herausforderung. „Ich bin<br />
nur <strong>durch</strong> meine Leinen mit ihnen<br />
verbunden. Meine Stimme muss<br />
auf die Pferde einwirken, und ich<br />
muss ein gutes Gespür dafür haben,<br />
wie ich sie anpacke, wie alles<br />
zusammen harmoniert“, beschreibt<br />
Sandmann, der ein ganzes<br />
Team hinter sich hat – darunter<br />
zwei Beifahrer, sogenannte<br />
Grooms.<br />
Seine liebste Teilprüfung ist der<br />
Marathon, offiziell Geländeprüfung<br />
genannt. <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong>reiterspiele<br />
nutzt Sandmann zu einem kleinen<br />
Familientrip – seine Frau und die<br />
älteren zwei von drei Kindern sind<br />
mit ihm am 3. Oktober abgeflogen.<br />
„Wir sind noch nie mit unseren<br />
Pferden geflogen und in Übersee<br />
gewesen“, sagt Sandmann. Seine<br />
15-jährige Tochter fährt bereits<br />
selbst. „Ich denke, dass sie irgendwann<br />
in meine Fußstapfen treten<br />
kann.“<br />
Berufung auf einen Informanten,<br />
der die Testergebnisse kenne.<br />
HANDBALL<br />
Füchse-Trainer verlängert<br />
Nach sechs Siegen in Serie und<br />
Tabellenplatz eins in der Bundesliga<br />
haben die Füchse Berlin den<br />
Vertrag mit Trainer Dagur Sigurdsson<br />
vorzeitig bis 2013 verlängert.<br />
„Ich bin noch nicht fertig<br />
mit meinem Anteil am Projekt“,<br />
sagte Sigurdsson gestern.<br />
TENNIS<br />
Petkovic ausgeschieden<br />
Andrea Petkovic aus Darmstadt ist<br />
bei dem mit 4,5 Millionen Dollar<br />
dotierten WTA-Turnier in Peking<br />
in der zweiten Runde ausgeschieden.<br />
<strong>Die</strong> 23-Jährige unterlag US-<br />
Open-Finalistin Wera Swonarewa<br />
aus Russland nach 83 Minuten mit<br />
4:6, 1:6.<br />
PA/SVEN SIMON
Wir melden<br />
unsere Lieblinge bei<br />
Facebook an.<br />
Sind wir reif für<br />
eine neue Zeitung?<br />
sind-wir-reif.de
WELT KOMPAKT<br />
16<br />
Bunte Wiesn<br />
Jung, wild und fröhlich – so feierten<br />
die Gäste des Münchner<br />
Oktoberfest auch in diesem Jahr.<br />
Nach Angaben der Organisatoren<br />
kamen insgesamt 6,4 Millionen<br />
Besucher, etwa 700.000 mehr<br />
als vor einem Jahr. Am letzten<br />
Samstag meldete die Wiesn den<br />
vollsten Tag seit zehn Jahren.<br />
Eine weitere Erkenntnis: <strong>Die</strong><br />
Gäste kommen immer zahlreicher<br />
auch aus dem Ausland,<br />
vorwiegend aus Italien, aus den<br />
USA, Japan und Australien. In<br />
den letzten Jahren setzte sich<br />
zudem der Trend zur Tracht<br />
<strong>durch</strong>, so dass immer mehr der<br />
Wiesnbesucher mit Lederhosen<br />
bzw. Dirndl dorthin gehen. Doch<br />
jetzt ist Schluss. Am Montag ging<br />
die Party zu Ende. Und endlich<br />
durfte auch das Personal ausgelassen<br />
feiern und trinken.<br />
Nächstes Jahr gehen die Feierlichkeiten<br />
feuchtfröhlich weiter.<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />
17<br />
DAPD/LUKAS BARTH
WELT KOMPAKT<br />
18 FORUM<br />
Das Ehepaar Kirchner richtet sein Land zugrunde / Von Hildegard Stausberg<br />
Der Verfall Argentiniens<br />
Niemand ist das Vaterland, wir<br />
sind es alle.“ Argentiniens<br />
größter Schriftsteller Jorge<br />
Luis Borges bekräftigte dies<br />
in einer „Ode, geschrieben 1966“, zwanzig<br />
Jahre vor seinem Tode. Und weiter:<br />
„Das Vaterland, Freunde, entsteht <strong>durch</strong><br />
einen permanenten Schaffensakt.“ Wer<br />
möchte Borges da widersprechen!<br />
Sein Vaterland, das ferne Argentinien,<br />
rückt uns nun als Schwerpunktland der<br />
Frankfurter Buchmesse näher. Man wird<br />
sich wieder einmal beschäftigen mit diesem<br />
achtgrößten Land der <strong>Welt</strong>, in dem<br />
nur 40 Millionen Menschen leben, die<br />
meisten davon in der Hauptstadt Buenos<br />
Aires und einigen Städten der wichtigsten<br />
Provinzen. Das Land selbst ist<br />
zum großen Teil menschenleer. Der<br />
Reichtum Argentiniens ist unermesslich.<br />
Das hat an der Wende vom 19. zum<br />
20. Jahrhundert Millionen meist südeuropäischer<br />
Migranten angezogen: Aus<br />
dem verschlafenen spanischen Vizekönigreich<br />
am Rio de la Plata wurde in der<br />
ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts<br />
die am kräftigsten pulsierende Wachstumsnation<br />
Lateinamerikas.<br />
Das ist Geschichte. Längst hat sich<br />
Brasilien <strong>durch</strong>gesetzt – und auch Chile<br />
und Kolumbien geht es heute besser als<br />
Argentinien. Nicht wenige Bücher argentinischer<br />
Autoren begeben sich auf<br />
die Spurensuche dieses Verfalls. Und<br />
manchmal scheint es fast, als ob die Argentinier<br />
diese Dekadenz ihres Gemeinwesens<br />
längst akzeptiert hätten, in ihr<br />
ein Markenzeichen sehen. Vielleicht<br />
könnte man dies als Lust am „Maradonismus“<br />
definieren, den Fußballabgott<br />
<strong>Die</strong>go Maradona verehren sicherlich<br />
mehr Argentinier als den Dichter Borges.<br />
So auch die argentinische Staatspräsidentin<br />
Cristina Fernández de Kirchner.<br />
Sie verkörpert das lärmende, effekthaschende<br />
Argentinien der „Porteños“,<br />
der Bewohner des ehemals eher südeuropäischen,<br />
nun aber immer südamerikanischer<br />
werdenden Schmelztiegels<br />
am Rio de la Plata.<br />
Aber all das Talmihafte, die Operettenauftritte,<br />
die Schminkorgien würde<br />
man ihr verzeihen, wenn sie sich – im<br />
Verbund mit ihrem Mann Néstor Kirchner<br />
– nicht vorgenommen hätte, aus Argentinien<br />
ein anderes Land zu machen,<br />
ein rechtloses Gebilde. Ein Land, in dem<br />
die Justiz der Exekutive gnadenlos unterworfen<br />
wird, in dem unabhängige<br />
Richter bedroht werden, in dem mit<br />
Ausnahmedekreten regiert wird, in dem<br />
die Bereicherung des Präsidentenpaares<br />
und seiner Entourage alle Vorstellungen<br />
sprengt. Ein Land, in dem kritische Journalisten<br />
um ihr Leben fürchten müssen.<br />
Um das Bereicherungsregime zu decken,<br />
werden geschickt Nebelkerzen geworfen.<br />
Dazu gehört vor allem der so<br />
unermüdliche Einsatz der Kirchners für<br />
die Menschenrechte. Als es an der Zeit<br />
war, dafür einzustehen, unter dem Militärregime<br />
von 1976 bis 1983, duckte sich<br />
das Paar weg. Der junge Anwalt Néstor<br />
Kirchner bereicherte sich an den Opfern<br />
der verfehlten Währungspolitik jener<br />
Epoche. Später profitierte er als Gouverneur<br />
der Provinz Santa Cruz von der<br />
Privatisierung des Erdölmonopols YPF<br />
– die Zentralregierung zahlte 600 Millionen<br />
Dollar, das Geld ist seitdem verschwunden.<br />
Kenntnisreich weist der<br />
Journalist Luis Majul in seinem Buch<br />
„Der Besitzer“ nach, wie Kirchner sich<br />
mit einem dichten Netzwerk das Land<br />
zu unterwerfen sucht und jeden verfolgt,<br />
der ihn daran hindern will. Auch<br />
den beiden großen Zeitungen des Landes,<br />
„Clarín“ und „La Nación“, hat das<br />
Ehepaar den Krieg erklärt: Viele Details<br />
des Bereicherungskrimis wurden dort<br />
veröffentlicht. Der argentinische Qualitätsjournalismus<br />
hat längst eine für das<br />
Überleben der Demokratie entscheidende<br />
Funktion.<br />
Und so sollten alle Gesprächspartner<br />
Frau Kirchners in diesen Tagen in Frankfurt<br />
am Main sie auch fragen, warum sie<br />
die Freiheit der Presse beschneiden will,<br />
indem sie etwa ein staatliches Monopol<br />
über die Papierproduktion und -vergabe<br />
herzustellen sucht. Sie kommt mit einer<br />
Unternehmerdelegation, will für Investitionen<br />
sorgen. Wie aber steht es mit<br />
der Rechtssicherheit in einem Lande, in<br />
dem das Ehepaar Kirchner die privaten<br />
Rentenfonds verstaatlichte, um sich das<br />
Ersparte von Millionen Argentiniern<br />
unter den Nagel zu reißen? Seitdem<br />
schaffen die Argentinier noch mehr<br />
Geld ins Ausland – 50 Milliarden sollen<br />
es in den letzten fünf Jahren gewesen<br />
sein. Außer in Immobilien investiert<br />
kein Argentinier mehr in seiner Heimat:<br />
Das Land ist paralysiert.<br />
<strong>Die</strong>ser Stillstand provoziert eine seltene<br />
Einmütigkeit der sonst so zersplitterten<br />
Opposition. Sie fürchtet, dass die<br />
Kirchners mit ihrer auf Spaltung der Gesellschaft<br />
angelegten Politik das Land<br />
zugrunde richten. Argentinien braucht<br />
mehr Borges: „Niemand ist das Vaterland,<br />
wir sind es alle.“<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
KOPFNOTEN<br />
Alles, was recht ist<br />
Von Sabine Menkens<br />
und Michael Miersch<br />
In einem Gastkommentar<br />
für<br />
die WELT hatte<br />
Walter Krämer<br />
eine Studie<br />
angezweifelt,<br />
die die Grünen<br />
in Auftrag<br />
gegeben hatten. Darin wurde<br />
behauptet, Atomkraftwerke verursachten<br />
Leukämie. „Falsch!“,<br />
widersprach der Statistikprofessor<br />
und Autor („Lexikon der<br />
populären Irrtümer“) und wies<br />
der Studie statistische Irrtümer<br />
nach. Um die Weiterverbreitung<br />
von Krämers Kommentar zu verhindern,<br />
erwirkte einer der Verfasser<br />
eine einstweilige Verfügung.<br />
<strong>Die</strong> wurde jetzt vom Gericht<br />
aufgehoben. Ein Jahr dauerte<br />
der Streit. Krämer hielt <strong>durch</strong> –<br />
und gewann.<br />
Note: 1<br />
PA/DPA/M. OSSOWSKI/S. SIMON<br />
Endlich wieder<br />
zu ihrem<br />
Recht kommen<br />
auch die<br />
Friseure in<br />
Oberammergau.<br />
Monatelang<br />
mussten sie<br />
darben, weil sich die Männer des<br />
Ortes und Teilnehmer der Passionsspiele<br />
die Haare und Bärte<br />
nicht schneiden lassen durften.<br />
Nur Römer und Chormitglieder<br />
durften zur Schur, aber die konnten<br />
das Geschäft auch nicht<br />
retten. Jetzt ist der ganz persönliche<br />
Leidensweg der Oberammergauer<br />
Friseure vorbei, die<br />
Scheren klappern wieder. Der<br />
nächste Haar- und Barterlass gilt<br />
erst wieder 2019 für die Passionsspiele<br />
2020. Genug Zeit für<br />
die wirtschaftliche Erholung.<br />
Note: 2<br />
PA/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND<br />
Hat man als<br />
Mutter das<br />
Recht auf eine<br />
eigene Meinung?Keineswegs,<br />
findet<br />
R-’n’-B-Star<br />
Usher. Er ist<br />
immer noch vergrätzt, dass seine<br />
Mutter nicht zu seiner Hochzeit<br />
mit der Stylistin Tameka Foster<br />
vor drei Jahren gekommen ist,<br />
sagte er dem US-Magazin „Vibe“.<br />
Von Eltern erwarte er einfach<br />
bedingungslose Liebe für ihre<br />
Kinder. Sie sollten deren Entscheidungen<br />
akzeptieren, auch<br />
wenn sie anderer Meinung seien,<br />
meint der Sänger. Da mag er recht<br />
haben. Weitsichtiger hingegen<br />
war die Frau Mama mit ihren<br />
Unkenrufen: Ushers Ehe ist bereits<br />
zerbrochen.<br />
WELT KOMPAKT erscheint auch im Abonnement: frei Haus monatlich Euro 15,90 inkl. 7% MwSt., Zustell- und Vertriebskosten. Abonnementgebühren im Voraus zahlbar.<br />
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Note: 4<br />
PA/DPA/GLOBE-ZUMA
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
WIRTSCHAFTS-ABC<br />
Zahlen muss man in Deutschland<br />
fürs Fernsehen zwar immer – GEZ<br />
sei Dank –, aber neben den bekannten<br />
öffentlich-rechtlichen<br />
Sendern und den Privaten, gibt es<br />
weitere Programmanbieter, deren<br />
Sendungen nur dann zu empfangen<br />
sind, wenn man eine Zugangsgebühr<br />
oder eine Servicepauschale<br />
bezahlt. In den USA ist<br />
das weit verbreitet, dort hatte<br />
schon vor mehr als 20 Jahren rund<br />
ein Drittel aller Haushalte Pay-TV.<br />
In Deutschland tun sich die Anbieter<br />
noch schwer, 1986 startete in<br />
der Region Hannover mit dem<br />
Teleclub erstmals Pay-TV hierzulande.<br />
Längst gibt es mehrere<br />
Sender, die dem Konzept folgen,<br />
Beiträge nur jenen zugänglich zu<br />
machen, die ein Abo kaufen oder<br />
„auf Abruf“ zahlen. Jetzt will der<br />
Musiksender MTV nur noch<br />
gegen Geld ausstrahlen. Mit wenigen<br />
Ausnahmen sind Pay-TV-<br />
Angebote heute digital verbreitet.<br />
Zur Entschlüsselung muss der<br />
Digitaldekoder ein Zugangsberechtigungssystemunterstützen.<br />
Finanzmärkte<br />
Dax-Werte<br />
Name Xetra Vortag +/-<br />
Schluss Schluss %<br />
Adidas 45,52 44,59 2,10<br />
Allianz 83,11 82,03 1,32<br />
BASF 47,24 46,46 1,69<br />
Bayer 52,60 51,22 2,69<br />
Beiersdorf 45,40 45,67 -0,60<br />
BMW 49,95 48,22 3,60<br />
Commerzbank 6,08 6,01 1,25<br />
Daimler 44,69 43,78 2,07<br />
Deutsche Bank 40,55 39,58 2,45<br />
Deutsche Börse 48,44 47,17 2,67<br />
Deutsche Post 12,96 12,94 0,19<br />
Deutsche Telekom 10,06 9,98 0,80<br />
E.ON 21,21 21,38 -0,80<br />
Fresenius Vz. 59,08 59,04 0,07<br />
Fres.Med.Care 44,95 45,33 -0,83<br />
Heidelbg.Cement 36,18 35,20 2,78<br />
Henkel Vz. 40,34 39,44 2,28<br />
Infineon 5,14 5,00 2,86<br />
K+S 44,09 43,35 1,72<br />
Linde 97,41 96,00 1,47<br />
Lufthansa 13,75 13,42 2,46<br />
MAN 79,48 79,04 0,56<br />
Merck 61,01 61,01 0,00<br />
Metro 46,90 46,13 1,68<br />
Münchener Rück 102,00 100,75 1,24<br />
RWE 49,14 49,24 -0,20<br />
SAP 36,73 36,17 1,55<br />
Siemens 76,14 75,56 0,77<br />
ThyssenKrupp 24,49 24,13 1,51<br />
VW Vz. 83,97 83,36 0,73<br />
6350<br />
6250<br />
6150<br />
6050<br />
08.09.10<br />
9000<br />
8800<br />
8600<br />
8400<br />
11050<br />
10800<br />
10550<br />
10300<br />
1,38<br />
1,34<br />
1,30<br />
1,26<br />
86<br />
83<br />
80<br />
77<br />
1340<br />
1305<br />
1270<br />
1235<br />
08.09.10<br />
08.09.10<br />
08.09.10<br />
08.09.10<br />
08.09.10<br />
DAX<br />
MDAX<br />
Dow Jones<br />
Euro in Dollar<br />
Brent-Öl<br />
Goldpreis pro Unze<br />
6215,83<br />
05.10.10<br />
8811,39<br />
05.10.10<br />
10896,96<br />
05.10.10<br />
1,3780<br />
05.10.10<br />
83,97<br />
05.10.10<br />
1337,67<br />
05.10.10<br />
Harharhar. <strong>Die</strong> Zeichentrick-Zyniker Beavis and Butthead waren ein Markenzeichen des Musiksenders MTV<br />
Erst zahlen, dann gucken<br />
Wer den Musikkanal MTV sehen will, muss ab Januar in die Tasche greifen<br />
Berlin – Der Musikkanal MTV<br />
wird ab Januar nur noch für zahlende<br />
Kunden zu sehen sein. Ab<br />
kommendem Jahr wird das Programm<br />
ausschließlich als Abosender<br />
auf digitalen Kabel-, Satellitenund<br />
Breitbandplattformen zu empfangen<br />
sein, sagte der Deutschlandchef<br />
von MTV Networks, Dan<br />
Ligtvoet, der „Financial Times<br />
Deutschland“.<br />
Der Schwestersender Viva soll<br />
im Gegenzug aufgewertet werden:<br />
Viva werde zum zentralen Musikund<br />
Entertainmentkanal umgebaut<br />
und solle künftig erfolgreiche<br />
Formate aller Sender von MTV<br />
Networks ausstrahlen. „Viva wird<br />
damit auch ein frei zugängliches<br />
Schaufenster zu unserer Programmwelt“,<br />
sagte Ligtvoet.<br />
MTV vollzieht damit einen Strategieschwenk,<br />
von dem einige Sender<br />
hierzulande träumen. Viele<br />
TV-Sender liebäugeln nämlich mit<br />
Bezahlangeboten, um sich weniger<br />
abhängig von den schwankenden<br />
Werbeeinnahmen zu machen. Zuletzt<br />
hatte die Wirtschaftskrise<br />
deutlich gezeigt, wie riskant das<br />
Zeitarbeitsunternehmen<br />
drängen auf Mindestlohn<br />
Berlin – <strong>Die</strong> Unternehmen der<br />
Zeitarbeitsbranche drängen auf eine<br />
rasche Einführung eines gesetzlichen<br />
Mindestlohns für Leiharbeiter.<br />
Spätestens im November<br />
werde die Branche die Aufnahme<br />
in das Entsendegesetz beantragen,<br />
sagte der Vize-Präsident des Bundesverbandes<br />
Zeitarbeit, Thomas<br />
Bäumer. „Im Mindestlohn-Boot<br />
fehlt nur noch die FDP“, sagte der<br />
Sprecher des Interessenverbandes<br />
Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />
(iGZ), Wolfram Linke. Nur<br />
die FDP sperre sich, den Mindestlohn<br />
für Leiharbeiter für allgemeinverbindlich<br />
zu erklären.<br />
Am 1. Mai 2011 fallen die Grenzen<br />
für den Zugang von Arbeitskräften<br />
weitgehend auf Werbefinanzierung<br />
basierende Geschäftsmodell<br />
hiesiger TV-Unternehmen ist.<br />
2009 waren die Werbeeinnahmen<br />
europaweit meist zweistellig eingebrochen<br />
und hatten weiten Teilen<br />
der Branche das Geschäft verhagelt.<br />
Ohnehin gilt der <strong>deutsche</strong> Pay-<br />
TV-Markt als besonders schwierig:<br />
Anders als etwa in Großbritannien<br />
haben sich die <strong>deutsche</strong>n<br />
Fernsehzuschauer an frei zugängliche<br />
Angebote gewöhnt. Nirgendwo<br />
sonst auf der <strong>Welt</strong> gibt es so<br />
viele frei verfügbare Fernsehkanäle,<br />
so dass die Bereitschaft für kostenpflichtige<br />
Angebote naturgemäß<br />
geringer ist. Vor allem der<br />
Ich glotz’ Pay-TV<br />
■ Einige TV-Unternehmen setzen in<br />
Deutschland bereits auf PayTV.<br />
ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling<br />
kündigte vor einem Jahr den<br />
Aufbau zusätzlicher digitaler Abo-<br />
Spartensender an – mit dem Ziel,<br />
mittelfristig 30 Prozent der Umsätze<br />
aus den osteuropäischen Beitrittsstaaten.<br />
Ohne gesetzliche Regelung<br />
könnten Leiharbeiter etwa<br />
aus Polen oder Tschechien dann in<br />
Deutschland zu den Tarifbedingungen<br />
ihres Heimatlandes arbeiten.<br />
„Das würde hier einen mörderischen<br />
Konkurrenzkampf bedeuten“,<br />
so Linke.<br />
Zeitarbeitsmesse in Erfurt<br />
PA/DPA/MARTIN SCHUTT<br />
WIRTSCHAFT 19<br />
Sender Sky – der bis vor einiger<br />
Zeit noch Premiere hieß – beißt<br />
sich seit Jahren die Zähne am <strong>deutsche</strong>n<br />
Markt aus und hat bislang<br />
keine nennenswerten Gewinne<br />
vorgewiesen.<br />
Branchenbeobachter werten<br />
den MTV-Sprung ins Bezahlfernsehen<br />
denn auch weniger als rein<br />
strategische Offensive, sondern<br />
vor allem als Reaktion auf rückläufige<br />
Werbeeinnahmen. Künstner<br />
zufolge ist dies gerade für eine etablierte<br />
Marke wie MTV sinnvoll.<br />
„Pay-TV ist zwar kein boomender,<br />
aber dennoch ein wachsender<br />
Markt“, sagt er. „Dass eine stark<br />
profilierte Marke wie MTV den<br />
Schritt aus dem rein werbefinan-<br />
aus nicht werbeabhängigen Quellen<br />
zu erwirtschaften.<br />
■ Schon heute unterhält das Unternehmen<br />
den Pay-TV-Kanal Sat.1<br />
Comedy. RTL betreibt bereits drei<br />
digitale Abosender.<br />
Washington – <strong>Die</strong> weltweite Krise<br />
hat dem Finanzsystem nach Schätzung<br />
des Internationalen Währungsfonds<br />
(IWF) 2,2 Billionen<br />
Dollar (1,6 Billionen Euro) gekostet.<br />
Der Finanzsektor bleibe zugleich<br />
noch immer die „Achillesferse“<br />
der wirtschaftlichen Erholung,<br />
erklärte der IWF gestern in<br />
seinem Halbjahresbericht zur<br />
weltweiten Finanzstabilität.<br />
„Das globale Finanzsystem ist<br />
immer noch in einer Phase deutlicher<br />
Unsicherheit“, hieß es in dem<br />
Bericht. Risiken bestünden insbesondere,<br />
weil die Konjunktur derzeit<br />
„sehr schnell von einer guten<br />
Entwicklung in den Krisenmodus<br />
umspringen kann“. In Deutschland<br />
zierten Fernsehen macht, ist ein<br />
Warnsignal für all die anderen<br />
kleineren Spartenkanäle, die derzeit<br />
noch Hoffnungen auf Werbung<br />
setzen.“<br />
Bei den Werbeeinnahmen bleibe<br />
neben den Privatanbietern RTL<br />
und ProSieben sowie den öffentlich-rechtlichen<br />
Sendern nur ein<br />
kleiner Kuchen übrig, den sich alle<br />
anderen Spartensender teilen<br />
müssten, sagt Klaus Goldhammer,<br />
Geschäftsführer der Unternehmensberatung<br />
Goldmedia. Dagegen<br />
sei Bezahlfernsehen „ein relativ<br />
klar kalkulierbares Modell“.<br />
„Das ist ein wohlüberlegter strategischer<br />
Schritt“, den MTV hier<br />
vollziehe.<br />
http://bit.ly/cW8nGU<br />
Most wanted<br />
IWF: Finanzkrise kostete<br />
2,2 Billionen Dollar<br />
hat die Konjunktur 2010 spürbar<br />
angezogen.<br />
<strong>Die</strong> Staaten dürften ihre Milliardenhilfen<br />
für die Banken aus diesem<br />
Grund nur sehr vorsichtig<br />
herunterfahren und müssten sie<br />
derzeit noch aufrechterhalten, erklärte<br />
der IWF. Für besonders bedroht<br />
hält der Währungsfonds die<br />
reichen Staaten der entwickelten<br />
<strong>Welt</strong>, insbesondere die USA, Europa<br />
und Japan. <strong>Die</strong> Wirtschaften der<br />
aufstrebenden Schwellenländern<br />
hingegen seien „sehr belastbar“.<br />
<strong>Die</strong> Kostenschätzung von 2,2 Billionen<br />
Dollar liegt deutlich unter<br />
der Zahl von vor einem Jahr, als<br />
der IWF noch von Kosten von 2,8<br />
Billionen Dollar ausging.<br />
AP<br />
1994 hatte der<br />
Musiksender noch<br />
Stil: In der Show<br />
„MTV most wanted“<br />
machte Ray Cokes<br />
anarchisches<br />
Musik-TV.
WELT KOMPAKT<br />
20 WIRTSCHAFT<br />
KOMMENTAR<br />
<strong>Die</strong> Beitragszahler<br />
zahlen die Zeche<br />
VON STEFAN VON BORSTEL<br />
Eine Milliarde Euro mehr für die<br />
Ärzte? Verwundert werden sich<br />
viele Versicherte die Augen reiben.<br />
War da nicht von einem Milliardendefizit<br />
der Kassen die Rede?<br />
Steigt nicht zuletzt deshalb auch<br />
der Beitragssatz für die 70 Millionen<br />
Versicherten zum 1. Januar 2011<br />
auf 15,5 Prozent an? Irgendwie will<br />
das alles nicht zusammenpassen.<br />
Der „Sparbeitrag“ der niedergelassenen<br />
Ärzte sieht nun so aus,<br />
dass sie sich statt der geforderten<br />
zwei Milliarden Euro mit einer<br />
Milliarde begnügen müssen. <strong>Die</strong><br />
Beitragszahler werden dagegen<br />
mit sechs Milliarden Euro zur<br />
Kasse gebeten. Offenbar sind beim<br />
Sparen doch nicht alle gleich.<br />
Und beim Geldausgeben auch<br />
nicht. Ärzte in reichen Bundesländern<br />
wie Baden-Württemberg<br />
oder Bayern sollen nun mehr<br />
bekommen als die in ärmeren<br />
Ländern, weil sie bei der letzten<br />
Honorarsteigerung zu kurz gekommen<br />
seien. Heißt es.<br />
Es gibt aber auch handfeste<br />
politische Gründe für diese Ungleichbehandlung.<br />
In Baden-<br />
Württemberg wird bald gewählt.<br />
Und Bayerns CSU sitzt dem FDP-<br />
Gesundheitsminister im Nacken.<br />
Außerdem braucht Rösler für<br />
seine große Gesundheitsreform<br />
die Unterstützung der Ärzteschaft.<br />
Mit der Milliarde werden<br />
die Ärzte nun besänftigt. Zahlen<br />
dürfen dafür die Beitragszahler.<br />
Anzeige<br />
Götter in Gold<br />
Berlin – Ungeachtet des Sparzwangs<br />
im Gesundheitswesen erhalten<br />
die 150 000 niedergelassenen<br />
Ärzte 2011 deutlich mehr Honorar.<br />
Einschließlich weiterer Einnahmen<br />
etwa aus<br />
Vorsorgeuntersuchungen können<br />
die Ärzte insgesamt mit über einer<br />
Milliarde Euro zusätzlichem Honorar<br />
rechnen, erklärte der Spitzenverband<br />
der gesetzlichen<br />
Krankenversicherung (GKV) gestern<br />
nach Verhandlungen mit der<br />
Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />
(KBV).<br />
Der Erweiterte Bewertungsausschuss<br />
von Ärzten und Kassen beschloss<br />
den Angaben zufolge in<br />
Berlin konkret eine Anhebung der<br />
Ärztevergütung um 500 Millionen<br />
Euro, die im kommenden Jahr<br />
asymmetrisch, also unterschiedlich<br />
stark, auf die einzelnen Regionen<br />
verteilt werden sollen. Nach<br />
dem Willen der KBV sollen da<strong>durch</strong><br />
Ärzte in Bundesländern wie<br />
Bayern oder Baden-Württemberg,<br />
die von der jüngsten Honorarreform<br />
nur wenig profitiert hatten,<br />
einen Ausgleich erhalten.<br />
Ein weiteres Honorarplus von<br />
175 Millionen Euro ergibt sich nach<br />
Angaben des GKV-Spitzenverbandes<br />
<strong>durch</strong> einen entsprechenden<br />
Kabinettsbeschluss. Weitere Leistungen<br />
wie den Hörtest für Neugeborene<br />
oder die Vorsorgeuntersuchungen<br />
eingerechnet, ergibt sich<br />
nach Angaben der Kassen für die<br />
niedergelassenen Ärzte unter dem<br />
Strich ein Honorarplus von mehr<br />
als einer Milliarde Euro.<br />
Damit steige das Honorar von<br />
rund 32 Milliarden Euro in diesem<br />
Jahr auf gut 33 Milliarden Euro im<br />
nächsten Jahr. „Das ist keine Sparmaßnahme,<br />
sondern eine Ausgabensteigerung“,<br />
kritisierte GKV-<br />
Vize Johann-Magnus von Stackelberg.<br />
Bezahlen müssten dies die<br />
Beitragszahler über die Erhöhung<br />
der Krankenkassenbeiträge, die<br />
die Bundesregierung zum 1. Januar<br />
2011 beschlossen hat.<br />
Wie es aus Verhandlungskreisen<br />
hieß, fiel der Beschluss im Erweiterten<br />
Bewertungsausschuss ge-<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Deutschlands Kassenärzte bekommen 2011 eine Milliarde Euro zusätzliches Honorar<br />
Was Ärzte verdienen<br />
Honorare 2009 (vor Praxiskosten,<br />
Steuern und Abgaben) in Euro<br />
Hausärzte*<br />
davon:<br />
Kinderärzte<br />
Internisten<br />
Allgemeinmediziner<br />
Fachärzte<br />
davon:<br />
Internisten<br />
Radiologen<br />
Augenärzte<br />
Orthopäden<br />
Chirurgen<br />
Urologen<br />
Gynäkologen<br />
Nervenärzte<br />
Hautärzte<br />
HNO-Ärzte<br />
Anästhesisten<br />
Grünen zur Gesundheit<br />
■ <strong>Die</strong> Grünen setzen der Gesundheitsreform<br />
der schwarz-gelben<br />
Koalition ein eigenes Konzept ihrer<br />
Bürgerversicherung entgegen. Es<br />
sieht vor, dass Krankenkassenbeiträge<br />
nicht mehr nur auf das Arbeitseinkommen<br />
gezahlt werden, sondern<br />
auf alle Einkunftsarten. Arbeitnehmer<br />
und Arbeitgeber sollen wieder<br />
jeweils die Hälfte der Beiträge zahlen.<br />
<strong>Die</strong> private Krankenversicherung<br />
wollen die Grünen weitgehend abschaffen<br />
und nur noch auf Zusatzversicherungen<br />
beschränken.<br />
MONEY Line: 0180 5 480 3000*. Oder www.focus-money.de/abo<br />
* € 0,14/Min. aus dem dt. Festnetz. Aus dem Mobilnetz max. € 0,42/Min.<br />
WEITERE THEMEN:<br />
> „ Zu viel Pessimismus!“<br />
Warum der erfahrenste<br />
Fondsmanager der<br />
<strong>Welt</strong> an steigende<br />
Kurse glaubt<br />
> Zu viel Geld! Warum<br />
Unternehmen reihenweise<br />
ihre eigenen<br />
Aktien zurückkaufen<br />
> Zu niedrig bewertet!<br />
Warum die Einzelteile<br />
von ThyssenKrupp<br />
mehr wert sind als<br />
der Börsenkurs<br />
200 164 Euro<br />
213 528<br />
204 430<br />
192 591<br />
202 725 Euro<br />
450 723<br />
433 653<br />
248 715<br />
235 085<br />
233 142<br />
213 959<br />
204 860<br />
200 586<br />
192 216<br />
174 983<br />
173 362<br />
Veränderung<br />
zum Vorjahr<br />
* ohne Selektivverträge mit den Kassen<br />
+ 4 %<br />
+ 7<br />
+ 3<br />
+ 2<br />
+ 6 %<br />
+ 7<br />
+ 3<br />
+ 5<br />
- 4<br />
+ 6<br />
+ 6<br />
+ 5<br />
+ 19<br />
+ 3<br />
0<br />
- 1<br />
Hamburg<br />
Thüringen<br />
Niedersachsen<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Sachsen<br />
Berlin<br />
Mecklenburg-Vorp.<br />
Brandenburg<br />
Saarland<br />
Nordrhein-Westf.<br />
Hessen<br />
Bremen<br />
Schleswig-Holstein<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Baden-Württemberg<br />
Bayern<br />
WIRTSCHAFT KOMPAKT<br />
CONERGY<br />
2011 endet der Solarboom<br />
Das Solarunternehmen Conergy<br />
rechnet im kommenden Jahr mit<br />
einem Ende des Solarbooms in<br />
Deutschland. Wegen der deutlichen<br />
Kürzung der Förderung<br />
werde die neu installierte Leistung<br />
auf vier Gigawatt sinken, sagte der<br />
scheidende Conergy-Chef <strong>Die</strong>ter<br />
Ammer in der Hauptversammlung.<br />
In diesem Jahr rechnet er<br />
noch mit einem Rekordzubau von<br />
sieben Gigawatt. Frühestens 2013<br />
werde es in Deutschland, dem mit<br />
Abstand größten Photovoltaikmarkt<br />
der <strong>Welt</strong>, wieder aufwärts<br />
gehen. Trotzdem hält es der Manager<br />
für möglich, dass Conergy im<br />
kommenden Jahr Umsatz und<br />
operativen Gewinn steigern kann.<br />
ROHSTOFFHANDEL<br />
Gegen Spekulanten<br />
Deutschland und Frankreich<br />
wollen die weltweiten Spekulationsgeschäfte<br />
mit Rohstoffen<br />
eindämmen. Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel machte sich wie<br />
zuvor bereits Frankreichs Präsident<br />
Nicolas Sarkozy für eine<br />
stärkere Regulierung in diesem<br />
Bereich stark. <strong>Die</strong> Rohstoffpreise<br />
seien sehr volatil, sagte Merkel.<br />
„Daher würde ich es voll unterstützen,<br />
dass wir dieses Thema<br />
angehen.“ Sarkozy hatte angekündigt,<br />
sich während der französischen<br />
G8- und G20-Präsidentschaft<br />
im nächsten Jahr für eine<br />
stärkere Kontrolle einzusetzen.<br />
Politiker haben Spekulanten für<br />
stark gestiegenen Lebensmittelpreise<br />
verantwortlich gemacht.<br />
Anstieg der Honorare der niedergelassenen Ärzte für die<br />
Behandlung von gesetzlich Versicherten von '07 bis '09<br />
+ 19,0<br />
+ 18,3<br />
+ 17,7<br />
+ 14,9<br />
+ 14,2<br />
+ 13,3<br />
+ 24,1 %<br />
+ 23,6<br />
+ 20,6<br />
Einkommen<br />
je Arzt in Euro<br />
(nach Abzug<br />
der Praxiskosten,<br />
vor Steuern<br />
und Abgaben)<br />
2010<br />
+ 12,0<br />
2007 164 000<br />
+ 10,8<br />
142 000<br />
+ 9,8<br />
+ 7,7<br />
+ 7,3<br />
+ 3,5<br />
+ 2,6<br />
Quelle: dpa, KBV, GKV-Spitzenverband<br />
gen die Stimmen der Krankenkassen.<br />
Ausschlaggebend war offenbar<br />
das Votum des unabhängigen<br />
Sachverständigen Jürgen Wasem.<br />
<strong>Die</strong> Kassen hatten eine Nullrunde<br />
für die Ärzte gefordert.<br />
Das Bundesgesundheitsministerium<br />
begrüßte, dass nun eine Entscheidung<br />
gefallen sei. <strong>Die</strong> Selbstverwaltung<br />
habe damit ihre Handlungsfähigkeit<br />
unter Beweis gestellt.<br />
KBV-Chef Andreas Köhler<br />
forderte von der Politik, die Ärztevergütung<br />
um mehr als die bislang<br />
zugesagte „lineare Anpassung“ um<br />
weitere 0,75 Prozent nochmals zu<br />
erhöhen.<br />
TOYOTA<br />
Reperaturen abgeschlossen<br />
Nach einer Serie von Rückrufaktionen<br />
hat der japanische Autohersteller<br />
Toyota die Hälfte der<br />
Reparaturen an den betroffenen<br />
Autos abgeschlossen. Mehr als<br />
fünf Millionen der seit Herbst<br />
2009 zurückgerufenen Autos<br />
seien repariert, teilte Toyota mit.<br />
Jedes neue Fahrzeug werde darüber<br />
hinaus mit einem Gerät zur<br />
Datenaufzeichnung bei Unfällen<br />
und mit einem Notfall-Bremssystem<br />
ausgestattet sein. <strong>Die</strong><br />
Fahrzeuge waren unter anderem<br />
wegen klemmender Gaspedale<br />
sowie Problemen mit der Elektronischen<br />
Stabilisierung zurückgerufen<br />
worden.<br />
G20-TREFFEN<br />
Brüderle vertritt Schäuble<br />
Bundeswirtschaftsminister Rainer<br />
Brüderle (FDP) wird seinen erkrankten<br />
Kabinettskollegen Wolfgang<br />
Schäuble (CDU) beim Treffen<br />
der G20-Finanzminister in<br />
Südkorea vertreten, hieß es in<br />
Regierungskreisen. <strong>Die</strong> Finanzminister<br />
der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen<br />
treffen sich Ende<br />
Oktober in Südkorea.<br />
PA/DPA/EVERETT KENNEDY BROWN
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
WIRTSCHAFT 21<br />
So schlecht steht es um die USA<br />
Notenbank-Chef Ben Bernanke fürchtet um die wirtschaftliche Zukunft des Landes<br />
VON TOBIAS KAISER<br />
UND VIKTORIA UNTERREINER<br />
Berlin/New York – <strong>Die</strong> US-Notenbank<br />
Federal Reserve soll die Stabilität<br />
des Dollars, der Wirtschaft<br />
und des Finanzsektors gewährleisten.<br />
Dementsprechend treten ihre<br />
Chefs für gewöhnlich auf: ruhig,<br />
zurückhaltend und vorsichtig in<br />
der Wortwahl. Das gilt auch für<br />
Ben Bernanke, den derzeitigen Notenbankchef<br />
– normalerweise. Am<br />
Montag allerdings schlug Bernanke<br />
Alarm: Bei einer Rede im Bundesstaat<br />
Rhode Island warnte er,<br />
dass die ausufernden Staatsschulden<br />
der USA die wirtschaftliche<br />
Zukunft gefährden.<br />
Der Zeitpunkt war sorgfältig gewählt:<br />
Bernanke sandte seinen Appell<br />
an die Politik, nachdem die<br />
US-Börsen bereits geschlossen<br />
hatten. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Zukunft<br />
der USA stünde auf dem Spiel,<br />
wenn es der Regierung nicht gelinge,<br />
das Haushaltsdefizit in den<br />
kommenden Jahren einzudämmen,<br />
warnte Bernanke in seiner ungewöhnlich<br />
dramatischen Rede.<br />
Für gesunde Staatsfinanzen seien<br />
strengere Regeln notwendig,<br />
sagte Bernanke. Er schlug vor, in<br />
den USA auf Bundesebene ebenfalls<br />
eine Schuldenbremse einzuführen.<br />
In europäischen Ländern<br />
seien solche strengen Ausgabenregeln<br />
bereits sehr erfolgreich genutzt<br />
worden, erklärte Bernanke.<br />
In Deutschland wurde im vergangenen<br />
Jahr eine Schuldenbremse<br />
verabschiedet, die ab 2011 sukzessive<br />
in Kraft tritt.<br />
Auch US-Präsident Barack Obama<br />
forderte, das Haushaltsdefizit<br />
entschieden abzubauen. Der Notruf<br />
des Notenbankchefs kommt zur<br />
Unzeit für den Präsidenten, in den<br />
viele Wähler große Hoffnungen gesetzt<br />
hatten. Viele Amerikaner<br />
sind unzufrieden mit seiner Politik.<br />
Sie bedrückt vor allem die miserable<br />
wirtschaftliche Lage. Während<br />
sich die Wall Street erstaunlich<br />
schnell von der Krise erholt hat,<br />
leidet der Rest des Landes unter<br />
anhaltend hoher Arbeitslosigkeit.<br />
Selbst überzeugte Anhänger verspüren<br />
wenig von dem Wandel,<br />
den ihnen Obama im Wahlkampf<br />
versprochen hatte.<br />
Berlin – <strong>Die</strong> Länder fordern vom<br />
Bund den Verzicht auf deutschlandweite<br />
Testfahrten mit Riesen-<br />
Lastwagen. Bundesverkehrsminister<br />
Peter Ramsauer (CSU) solle<br />
„keinen weiteren Feldversuch mit<br />
Lang-Lkw“ zulassen, heißt es in einer<br />
Beschlussvorlage für die Konferenz<br />
der Länderverkehrsminister,<br />
aus der die „Berliner Zeitung“<br />
zitierte. Zum einen lägen bereits<br />
Ergebnisse aus anderen Tests vor.<br />
Zum anderen lehnten einige Länder<br />
neue Tests mit den sogenannten<br />
Gigalinern ab.<br />
Acht der 16 Bundesländern seien<br />
gegen den bundesweiten Versuch<br />
mit den Lang-Lkw, berichtete die<br />
Zeitung. Zu den Gegnern gehörten<br />
Berlin, Nordrhein-Westfalen,<br />
Notenbank-Chef Ben Bernanke fordert die Einführung einer Schuldenbremse<br />
Kampf gegen die Rezession<br />
■ Der US-Chefökonom der Deutschen<br />
Bank in New York, Joseph<br />
LaVorgna, hält es zwar nicht für<br />
sinnvoll, die Steuererleichterungen<br />
für Vermögende fortzusetzen. Aber<br />
er würde es an Stelle von US-Präsident<br />
Obama dennoch tun, da die<br />
Konsequenz noch schlimmer wäre.<br />
„Der Rückfall in die Rezession wäre<br />
dann viel wahrscheinlicher”, sagt er.<br />
Länder rebellieren gegen Riesen-Lkw<br />
Schon bald sollen die „Gigaliner“ über <strong>deutsche</strong> Straßen rollen<br />
Gigaliner vor einer Spedition. <strong>Die</strong><br />
Länder wollen die Lang-Lkw verhindern<br />
Rheinland-Pfalz und Thüringen.<br />
Nur fünf Länder seien für die Versuche,<br />
drei noch unentschieden –<br />
Brandenburg, Hamburg und Hessen.<br />
<strong>Die</strong> Gegnerländer kritisieren,<br />
dass ihnen der Bund nicht das<br />
Recht einräumt, über die Tests zu<br />
entscheiden, sondern nur über de-<br />
PA/DPA; FRISO GENTSCH<br />
■ Denn blickt man auf die Fakten,<br />
haben die USA das Schlimmste<br />
hinter sich. Am Immobilienmarkt<br />
sind die Preise für Wohneigentum<br />
seit Ausbruch der Krise um ein<br />
Drittel gesunken und dürften den<br />
Boden mittlerweile erreicht haben.<br />
In Großstädten wie New York steigen<br />
die Mieten bereits wieder um einige<br />
Prozent.<br />
ren Ausgestaltung. „<strong>Die</strong> Verkehrsministerkonferenz<br />
nimmt mit Besorgnis<br />
zur Kenntnis, dass das<br />
Bundesverkehrsministerium den<br />
Ländern nur ein Gestaltungsrecht<br />
einräumt“, heißt es demnach in<br />
der Beschlussvorlage. Einige Bundesländer<br />
erwägten bereits eine<br />
Klage, sollte der Bund den Feldversuch<br />
im Alleingang <strong>durch</strong>setzen.<br />
Anfang 2011 will die Bundesregierung<br />
bundesweite Testfahrten<br />
starten, mit denen überprüft werden<br />
soll, ob künftig auch in<br />
Deutschland im Güterverkehr Riesen-Lkw<br />
über die Straßen rollen<br />
können. Momentan ist die Länge<br />
von Lkw in Deutschland auf 18,75<br />
Meter begrenzt. Gigaliner dagegen<br />
können 25 Meter lang sein.<br />
AFP/MARK WILSON<br />
Offiziell hat sich die US-Wirtschaft<br />
zwar im Juni vergangenen<br />
Jahres aus der Rezession befreit.<br />
Aber ein richtiger Aufschwung<br />
fühlt sich anders an. Seit Monaten<br />
verharrt die Arbeitslosenrate<br />
knapp unter zehn Prozent, und darin<br />
sind noch nicht einmal diejenigen<br />
berücksichtigt, die längst resigniert<br />
haben und sich gar nicht<br />
mehr beim Amt melden. <strong>Die</strong> bange<br />
Frage lautet daher, ob die größte<br />
Volkswirtschaft der <strong>Welt</strong> die Rezession<br />
dauerhaft abgeschüttelt<br />
hat oder ob ein Rückfall droht.<br />
„Das Risiko ist gering”, sagt Jeffrey<br />
Frankel von der Universität Harvard.<br />
Es liege unter 30 Prozent –<br />
bislang jedenfalls. Denn die größte<br />
<strong>Gefahr</strong> für die Wirtschaft geht derzeit<br />
von Washington selbst aus.<br />
Im November stehen wichtige<br />
Kongresswahlen an. Dass der amtierende<br />
Präsident bei diesen Wahlen<br />
Verluste hinnehmen muss, ist<br />
üblich. Doch die Enttäuschung<br />
über Obamas Politik ist so groß,<br />
dass sich für die Demokraten hier<br />
ein Desaster abzeichnet. <strong>Die</strong> Republikaner<br />
werden sehr wahrscheinlich<br />
ihre 2006 verloren gegangene<br />
Mehrheit im Repräsentantenhaus<br />
zurück erobern und auch im Senat<br />
einige Sitze dazu gewinnen. Innenpolitisch<br />
dürfte sich dann in Amerika<br />
gar nichts mehr bewegen.<br />
Am heftigsten streiten die beiden<br />
Parteien derzeit um Steuererleichterungen,<br />
die Obamas Vorgänger<br />
George W. Bush verabschiedet<br />
hatte und die Ende dieses<br />
Jahres auslaufen. Obama will diese<br />
Steuererleichterungen fortsetzen,<br />
aber nur für die Mittelschicht. Wer<br />
dagegen über 250 000 Dollar im<br />
Jahr verdient, soll wieder so hohe<br />
Sätze auf sein Einkommen zahlen,<br />
wie vor der Änderung. <strong>Die</strong> Republikaner<br />
lehnen dies strikt ab. Verliert<br />
Obama im November die<br />
Mehrheit im Kongress, ist er politisch<br />
so gut wie handlungsunfähig.<br />
Wenn sich dann aber keiner der<br />
politischen Gegner bewegt, wird<br />
einfach gar nichts passieren. Alle<br />
müssten dann im kommenden Jahr<br />
mehr Steuern zahlen.<br />
Der linksliberale Kolumnist und<br />
Nobelpreisträger Paul Krugman<br />
sieht sein Land jedenfalls auf dem<br />
Weg hin zur „Bananenrepublik”.<br />
Aareal<br />
Näher dran: An News<br />
und Trends aus der <strong>Welt</strong><br />
der Immobilien.<br />
Besuchen Sie uns!<br />
Bund lässt Hochtief<br />
beim Abwehrkampf<br />
gegen ACS hängen<br />
Düsseldorf – <strong>Die</strong> Hoffnungen des<br />
größten <strong>deutsche</strong>n Baukonzerns<br />
Hochtief auf politische Unterstützung<br />
im Kampf gegen eine Übernahme<br />
<strong>durch</strong> den spanischen Konkurrenten<br />
ACS haben einen weiteren<br />
Dämpfer erhalten. Nach Bundeswirtschaftsminister<br />
Rainer<br />
Brüderle (FDP) wies auch Union-<br />
Hochtief-Mitarbeiter. <strong>Die</strong> Belegschaft<br />
sperrt sich gegen eine ACS-Übernahme<br />
Fraktionsvize Michael Fuchs<br />
(CDU) das Hilfeersuchen des<br />
Hochtief-Managements zurück.<br />
„Es ist nicht Aufgabe der Politik,<br />
sich da einzumischen“, sagte<br />
Fuchs. Lediglich die nordrheinwestfälische<br />
Landesregierung signalisierte<br />
ihre Unterstützung für<br />
Hochtief. Eine Übernahme <strong>durch</strong><br />
ACS sei nicht im Interesse des<br />
Landes hieß es.<br />
Regierung kneift<br />
vor Reform<br />
der Mehrwertsteuer<br />
Berlin – Aus Angst vor politischen<br />
Protesten sind Teile der schwarzgelben<br />
Bundesregierung offenbar<br />
gegen eine baldige Reform der<br />
Mehrwertsteuer. Bundesfinanzminister<br />
Wolfgang Schäuble (CDU)<br />
will den Umbau des Mehrwertsteuerrechts<br />
mit seinen vielen<br />
Ausnahmen dem Vernehmen nach<br />
am liebsten bis in die nächste Legislaturperiode<br />
schieben. Schäuble<br />
und andere Regierungsmitglieder<br />
fürchten die Auseinandersetzungen,<br />
die mit verschiedensten<br />
Lobbygruppen auf eine Reform<br />
folgen würden – erst recht, wenn<br />
Mehrbelastungen für Wirtschaft<br />
und Bevölkerung entstünden. Seit<br />
Antritt dieser Bundesregierung<br />
streitet die Koalition über eine<br />
Mehrwertsteuer-Reform.<br />
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WELT KOMPAKT<br />
22 WIRTSCHAFT<br />
So malerisch wie in dieser Berufsfachschule für Buchbinder in München geht es in modernen Buchbindereien nicht mehr zu – dank High-Tech aus Deutschland<br />
<strong>Die</strong> Buchbinder der <strong>Welt</strong><br />
VON KAREN MERKEL<br />
Leipzig – Bücher riechen sauer. Ob<br />
Bestseller oder die Gelben Seiten –<br />
wenn aus einem Stapel bedruckter<br />
Papierbögen ein Buch entsteht,<br />
riecht es säuerlich und manchmal<br />
bitter, je nach Leimsorte. Den Geruch<br />
verströmen riesige Maschinen,<br />
beispielsweise in der Großdruckerei<br />
„Offizin Andersen Nexö“<br />
bei Leipzig. Tausende Tonnen<br />
bedrucktes Papier stapeln sich<br />
dort, bis die „Kolbus“ sie innerhalb<br />
von Sekunden zu Büchern vernäht<br />
und verklebt.<br />
<strong>Die</strong> Buchbinderei-Maschinen in<br />
Leipzig stammen von einem Familienunternehmen<br />
aus dem nordrhein-westfälischen<br />
Rahden – so<br />
wie in fast jeder Druckerei. Jedes<br />
dritte Buch auf der ganzen <strong>Welt</strong><br />
wird von einer „Kolbus“ produziert,<br />
80 Prozent aller Hardcovertitel<br />
laufen über eine Buchstraße<br />
des mittelständischen Unternehmens.<br />
<strong>Die</strong> Maschinen produzieren<br />
außerdem Taschenbücher, Kataloge,<br />
Telefonbücher und Werbebroschüren.<br />
Thilo Sarrazins<br />
„Deutschland schafft sich ab“ wurde<br />
ebenso von Kolbus-Maschinen<br />
gebunden wie die Potter-Bände.<br />
Wer bei Druckereien derart<br />
groß im Geschäft ist, hat eine sichere<br />
Position, könnte man meinen.<br />
Doch Kolbus-Geschäftsführer<br />
Kai Büntemeyer betrachtet den<br />
Markt der Spezial-Maschinenbauer<br />
zwiegespalten. „<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong>marktführerschaft<br />
ist ein zweischneidiges<br />
Schwert“, sagt er. Das Unternehmen<br />
sei darauf angewiesen, um<br />
mit Gewinn arbeiten zu können.<br />
Dennoch würde Kolbus die Jahresproduktion<br />
gerne um 30 bis 40<br />
Prozent steigern, sagt Büntemeyer.<br />
<strong>Die</strong> Frankfurter Buchmesse, die<br />
heute beginnt, lässt dieses Ziel allerdings<br />
illusorisch erscheinen.<br />
Denn ein Schwerpunkt der Messe<br />
ist die Digitalisierung: Vor allem<br />
das E-Book beschäftigt die Verlagshäuser<br />
und Buchhersteller.<br />
<strong>Die</strong> Berater von Pricewaterhouse<br />
Coopers (PWC) sehen die Zukunft<br />
der Verlage schon unabhängig<br />
vom Buch – als Anbieter von<br />
Inhalten. „Verlage müssen sich auf<br />
die digitale Wertschöpfungskette<br />
einstellen, die Veränderungen in<br />
der Produktion und in der Lagerung.<br />
Sie müssen auch ihre Mitarbeiter<br />
schulen, die sich als Anbieter<br />
von Inhalten, nicht länger als<br />
Buchhändler begreifen müssen“,<br />
sagt Christina Müller, Autorin der<br />
PWC-Studie. Obwohl das E-Book<br />
in Deutschland bisher kein Bestseller<br />
ist, steht Müller zu ihrer<br />
These. Gerade einmal 20 Millionen<br />
Euro Umsatz haben die elektronischen<br />
Bücher in Deutschland<br />
im Jahr 2009 gemacht. PWC zufolge<br />
wird der Umsatz sich bis zum<br />
Jahr 2015 allerdings auf 350 Millionen<br />
Euro pro Jahr steigern. Selbst<br />
wenn sich dieses Potenzial gegenüber<br />
den 9,7 Milliarden Euro, die<br />
mit gedruckten Büchern im Jahr<br />
2009 umgesetzt wurden, bescheiden<br />
ausnimmt, könnte der Trend<br />
den Markt grundlegend verän-<br />
dern. Für den Buchbinderei-Maschinen-Hersteller<br />
Kolbus ist es<br />
nicht die erste Revolution. Das<br />
Traditionsunternehmen wurde<br />
1775 als Hufschmiede gegründet,<br />
stellt seit dem Jahr 1900 Buchbinderei-Maschinen<br />
her und hat sich<br />
Ende der 90er-Jahre auf die speziellen<br />
Fertigungsanlagen spezialisiert.<br />
1300 Mitarbeiter beschäftigt<br />
Kolbus heute, davon 1150 in Rahden,<br />
einer Kleinstadt mit 16 000<br />
Einwohnern.<br />
<strong>Die</strong> Digitalisierung trifft den<br />
Maschinenbauer hart. Während<br />
das Unternehmen im Jahr 2007<br />
noch 195 Millionen Euro Umsatz<br />
und 10 Millionen Euro Gewinn verzeichnete,<br />
sinken seit dem Beginn<br />
der Finanzkrise die Umsatzzahlen.<br />
Im vergangenen Jahr meldete Büntemeyer<br />
fünf Millionen Euro Verlust<br />
und musste 150 Mitarbeiter betriebsbedingt<br />
entlassen. 2010 erwartet<br />
er lediglich 100 Millionen<br />
Euro Umsatz. „Wir werden in diesem<br />
Jahr sicherlich kein Geld verdienen“,<br />
sagt Büntemeyer.<br />
<strong>Die</strong> Kolbus-Kunden stehen unter<br />
enormem Kostendruck. <strong>Die</strong><br />
Herstellung eines Hardcovers kostet<br />
zwei bis drei Euro, die eines Taschenbuches<br />
rund einen Euro –<br />
Produktionskosten, die sich kaum<br />
noch senken lassen. OAN in Leipzig<br />
versucht es dennoch; im Sekundentakt<br />
läuft hier Cornelia<br />
Funkes „Tintenherz“ als siamesischer<br />
Zwilling vom Band. Um<br />
Druckplatten zu sparen, stellt die<br />
Großdruckerei Taschenbücher<br />
spiegelverkehrt in doppelter Ausführung<br />
her und trennt die Bücher<br />
erst im letzten Arbeitsschritt mit<br />
einer Säge. <strong>Die</strong>se Art der Zwillingsproduktion<br />
gibt es bisher nur<br />
wenige Male in Deutschland. Es ist<br />
einer der Wege, Bücher kostengünstiger<br />
herzustellen.<br />
Bislang sind E-Books im Verkauf<br />
nur unwesentlich günstiger als ge-<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Jedes dritte Werk entsteht auf Maschinen von Kolbus – <strong>Die</strong> Firma sucht eine Nische im digitalen Zeitalter<br />
KOLBUS<br />
Leim und Faden – Wie Buchbinder arbeiten<br />
■ Falzbogen: Ob Buch oder Werbebroschüre,<br />
am Anfang steht der<br />
Falzbogen. Ein bis zu zwei Quadratmeter<br />
großer Papierbogen wird mit<br />
den einzelnen Buchseiten bedruckt.<br />
Zum Beispiel passen 16 DIN-A4-<br />
Seiten auf einen Falzbogen.<br />
■ Der Bogen wird mit der Falzmaschine<br />
mehrfach gefaltet, die<br />
Seiten liegen dann in chronologischer<br />
Reihenfolge hintereinander.<br />
Viele Falzbögen ergeben ein Buch.<br />
■ Bindung: Ein Buch kann <strong>durch</strong><br />
verschiedene Verfahren gebunden<br />
Bücher im<br />
Sekundentakt:<br />
eine Kolbus-<br />
Maschine in<br />
Aktion<br />
werden. Üblich sind die Klebebindung,<br />
bei der Leim die Buchseiten<br />
zusammenhält, und die Fadenheftung<br />
mit reißfestem Garn.<br />
■ Buchblock: Der Buchblock – die<br />
Seiten ohne Umschlag – wird in die<br />
Buchdecke eingehängt, das heißt:<br />
mit Leim verklebt.<br />
■ Dreischneider: Zum Abschluss<br />
der Buchproduktion wird das Buch<br />
an allen drei Seiten mit einer Art<br />
Guillotine an Ober-, Unter- und<br />
Vorderseite begradigt – und fertig ist<br />
das lesebereite Buch.<br />
druckte Werke. Das werde sich<br />
künftig ändern, sagt Studien-Autorin<br />
Müller. Zwar werde das elektronische<br />
Buch das gedruckte<br />
Buch dann nicht verdrängen, aber<br />
in Teilen ersetzen, sagt sie. So werde<br />
es zum Beispiel künftig nicht<br />
mehr nötig sein, die gesamte Ausgabe<br />
eines teuren Fachbuches zu<br />
erstehen – stattdessen seien in der<br />
elektronischen Variante die Werke<br />
auch kapitelweise verfügbar.<br />
Durch das E-Book seien außerdem<br />
neue Unterhaltungsangebote bei<br />
Büchern denkbar, etwa 3D-Animationen<br />
bei Kinderbüchern.<br />
Büntemeyer sieht die Zukunft<br />
seiner Branche dennoch positiv.<br />
„Durch elektronische Bücher werden<br />
neue Wege entstehen, um Gewinn<br />
zu machen“, sagt er. Auch die<br />
Buchbinderei profitiere von den<br />
Entwicklungen auf dem digitalen<br />
Markt. „Das digitale Buch kommt“,<br />
wirbt Kolbus auf seiner Homepage,<br />
meint damit aber nicht das E-<br />
Book. „Digitale Fotobücher stellen<br />
ein Marktpotenzial dar, das sich<br />
gleichberechtigt zu Printbuch und<br />
Werbebroschüren entwickeln<br />
könnte“, sagt Büntemeyer. Jeder<br />
Bundesbürger kaufe im Durchschnitt<br />
im Jahr ein Buch. Individuelle<br />
Bildbände von Digitalfotografien<br />
würden sich die Deutschen<br />
künftig mindestens ebenso häufig<br />
kaufen. Büntemeyer geht davon<br />
aus, dass dieser Trend anhält. Behält<br />
er Recht, dann verdienen<br />
selbst die Buchbinder an der Digitalisierung<br />
des Marktes mit.<br />
http://bit.ly/dby1WH<br />
Unter Druck<br />
PA/STEPHAN RUMPF<br />
Sortieren, vernähen,<br />
verkleben<br />
– alles in Sekundenschnelle.<br />
So funktionieren<br />
moderne Buchbindemaschinen.
WELT KOMPAKT<br />
24 BÜCHER<br />
Philipp Haibach<br />
Roman Nr. 1 Andreas Maier: „Das<br />
Zimmer“ (Suhrkamp, 17,90 Euro)<br />
Maier promovierte nicht nur über<br />
den großen<br />
Grantler Thomas<br />
Bernhard,<br />
sondern arbeitete<br />
sich auch literarisch<br />
gar vatermörderisch<br />
an ihm ab. Das<br />
ist nun vorbei.<br />
Maier hat sich<br />
mit diesem Buch<br />
von seinem einstigen Vorbild befreit:<br />
Ein bitterböser, meisterhafter<br />
Heimatroman aus der tiefen<br />
hessischen Provinz und ein Sittenbild<br />
der alten Bundesrepublik.<br />
Roman Nr. 2 Thomas Pynchon:<br />
„Natürliche Mängel“ (Rowohlt,<br />
24,95 Euro) – Was ist denn da passiert?<br />
Jemand hat Raymond<br />
Chandler, T.C.<br />
Boyle, Jörg Fauser,<br />
Ross Thomas<br />
und Hunter<br />
S. Thompson<br />
zu einem<br />
großen Kiffer-<br />
Hippie-Krimi<br />
gerollt und sich<br />
angesteckt.<br />
Und das war<br />
ausgerechnet der bei literarischen<br />
Nerds so beliebte 73-jährige<br />
Pynchon. Ein „unendlicher<br />
Spaß“ – diesmal wirklich ernst gemeint!<br />
Roman Nr. 3 Philip K. Dick: „Stimmen<br />
der Straße“ (Liebeskind, 22<br />
Euro) – Bevor sich US-Science-<br />
Fiction-Autor Philip. K. Dick in<br />
fernen Parallelweltenherumtrieb<br />
und etwa<br />
für spätere Verfilmungenseiner<br />
Bücher wie<br />
„Blade Runner“<br />
oder „Minority<br />
Report“ sorgte,<br />
hielt er sich mit<br />
grandiosen Dramen über die Mittelschicht<br />
der 50ern auf. Wer mit<br />
Richard Yates („Zeiten des Aufruhrs“)<br />
<strong>durch</strong> ist, dem sei dieses<br />
Frühwerk empfohlen.<br />
Sachbuch Siegfried Unseld: „Chronik<br />
1970“ (Suhrkamp, 39,90 Euro)<br />
– Nein, dieses Tagebuch des größten<br />
<strong>deutsche</strong>n Verlegers des vergangenenJahrhunderts<br />
darf<br />
nicht bloß Germanisten-Seminaren<br />
zum Opfer<br />
fallen. Das<br />
wäre zu schade,<br />
denn das hier ist<br />
erlebte Kulturgeschichte.Bewegend<br />
und<br />
lehrreich. Es geht um Autoren,<br />
Reisen, Saufgelage, Visionen und<br />
Alltag, beginnend mit der Buchmesse<br />
1967. Weitere Bände sind in<br />
Arbeit. Welch Glück.<br />
Zeit fürs Geschichtenerzählen<br />
Frankfurter Buchmesse eröffnet: Fünf Tage<br />
lang geht es um das Gastland Argentinien<br />
und die Verbreitung von E-Books<br />
VON MICHAEL PROBST<br />
Bestseller-Autorin Cornelia Funke<br />
(51) schwört auf das gute alte Buch.<br />
„Ich bin ein Buchfresser. Ich will<br />
meine Fingerabdrücke und meine<br />
Notizen auf dem Papier sehen“, sagte<br />
die „Tintenherz“-Autorin gestern<br />
zur Eröffnung der 62. Frankfurter<br />
Buchmesse. Sie erwäge aber, bei der<br />
Recherche für ihre Bücher auf E-<br />
Books umzusteigen. „Pro Buch, das<br />
ich schreibe, kaufe ich<br />
mir jeweils 60 Bücher<br />
zum Recherchieren.<br />
In meinen Regalen ist<br />
kein Platz mehr.“<br />
Bange ist Funke vor<br />
den neuen Verbreitungswegen<br />
nicht.<br />
Fasziniert verfolge sie<br />
etwa, wie ihr 15-jähriger<br />
Sohn in dem<br />
Freundschaftsnetzwerk<br />
Facebook regelrecht<br />
versinke. Dort<br />
gehe es schließlich<br />
auch um den Umgang mit Wörtern.<br />
„Wir leben in einer sehr interessanten<br />
Zeit fürs Geschichtenerzählen.“<br />
Funke stellt bei der weltgrößten Bücherschau,<br />
die bis Sonntag läuft, ihren<br />
neuen Roman „Reckless. Steinernes<br />
Fleisch“ vor.<br />
Aufgrund vieler Anmeldungen in<br />
letzter Minute übertrifft die Frankfurter<br />
Buchmesse die Ausstellerzahl<br />
vom Vorjahr. Insgesamt werden auf<br />
der weltgrößten Bücherschau 7533<br />
Aussteller aus 111 Ländern erwartet,<br />
gut 200 Anbieter mehr als 2009.<br />
Noch im September hatten die Veranstalter<br />
mit weniger Ständen und<br />
deutlich weniger Titeln gerechnet.<br />
<strong>Die</strong> fünftägige Messe öffnet am heutigen<br />
Mittwoch zunächst nur für<br />
Fachbesucher.<br />
Wie viele Titel die Aussteller zeigen<br />
werden, konnte Buchmessen-<br />
Direktor Juergen Boos gestern noch<br />
nicht sagen. Bis vor vier Wochen<br />
hatte es so ausgesehen, als würden<br />
nur 310 000 statt wie im Vorjahr<br />
400 000 Exponate gezeigt. Neben<br />
Deutschland, das mit 3315 Ausstellern<br />
vertreten ist, bestücken Großbritannien<br />
und die USA die meisten<br />
Fallende Blätter: <strong>Die</strong> WELT-KOMPAKT-Redaktion ist schon mal <strong>durch</strong> den Literatur-<br />
Frank Schmiechen<br />
Roman Nr. 1 Markus<br />
Berges: „Ein<br />
langer Brief an<br />
September Nowak“<br />
(Rowohlt,<br />
18,95) – Er spielt in<br />
einer der besten<br />
<strong>deutsche</strong>n Bands<br />
und ist für die tollen<br />
Songtexte verantwortlich.<br />
Jetzt<br />
■ „Ich bin ein<br />
Buchfresser. Ich<br />
will meine<br />
Fingerabdrücke<br />
und meine<br />
Notizen auf dem<br />
Papier sehen“<br />
Cornelia Funke<br />
Stände der 172 000 Quadratmeter<br />
großen Ausstellungsfläche.<br />
Positives konnte der Börsenverein<br />
des Deutschen Buchhandels von der<br />
wirtschaftlichen Entwicklung berichten:<br />
Der Umsatz der Buchbranche<br />
sei in den ersten neun Monaten<br />
2010 um 0,8 Prozent gestiegen, berichtete<br />
der Vorsteher der Vereinigung,<br />
Gottfried Honnefelder, bei der<br />
Eröffnungspressekonferenz. „Damit<br />
kann man zufrieden sein.“ Er rechnet<br />
damit, das Ergeb-<br />
nis bis zum Jahresende<br />
zu halten. 2009 lag der<br />
Gesamtumsatz bei 9,7<br />
Milliarden Euro.<br />
Wichtiges Thema<br />
der 62. Frankfurter<br />
Buchmesse sind digitale<br />
Medien wie E-<br />
Books. Aktuell haben<br />
sie haben laut Börsenverein<br />
zwar weniger<br />
als ein Prozent Marktanteil,<br />
doch wird bereits<br />
ein Drittel aller<br />
Neuerscheinungen auch elektronisch<br />
angeboten. „Mittelfristig wird<br />
der Anteil von E-Books am <strong>deutsche</strong>n<br />
Buchmarkt um die zehn Prozent<br />
betragen“, sagte Honnefelder.<br />
Deutschland liege in diesem Bereich<br />
aber noch deutlich hinter dem<br />
Markt in den USA zurück. Umso<br />
wichtiger sei es, dass die Bundesregierung<br />
dem Beispiel Frankreichs<br />
und Spaniens folge und auch für<br />
elektronische Bücher den ermäßigten<br />
Mehrwertsteuersatz von sieben<br />
Prozent erlaube.<br />
Buchmesse-Direktor Juergen<br />
Boos sagte, er erhoffe sich von der<br />
62. Frankfurter Buchmesse Anregungen<br />
für neue Produktions- und<br />
Vertriebsformen: „Wir müssen gespannt<br />
sein und uns überraschen<br />
lassen, welche neuen Formate entstehen.“<br />
<strong>Die</strong> zunehmende Digitalisierung<br />
von Büchern sei nach Johannes<br />
Gutenbergs Erfindung des beweglichen<br />
Bleisatzes die zweite große<br />
Umwälzung in der Literatur. <strong>Die</strong><br />
neue Technik erlaube, dass Geschichten<br />
zum Beispiel in Teams geschrieben<br />
würden. Andererseits sei<br />
Technik ohne Inhalt aber nutzlos.<br />
schreibt er auch noch gelungene Bücher.<br />
Markus Berges findet in seinem<br />
Debutroman die gleiche Lässigkeit<br />
und Leichtigkeit wie in seiner<br />
Musik. Also: Ab auf das Sofa, die<br />
neue Erdmöbel-CD „Krokus“ hören<br />
– und dabei das wunderbare Buch lesen.<br />
Roman Nr. 2 Haruki<br />
Murakami: „1Q84“<br />
(DuMont, 32 Euro)<br />
– Ich gebe es zu, ich<br />
bin süchtig nach<br />
den Büchern von<br />
Murakami. <strong>Die</strong> seltsame,<br />
rätselhafte<br />
Atmosphäre fesselt<br />
mich bis in die frühen<br />
Morgenstunden. Seine Hauptdarsteller<br />
sind freundliche Melancholiker<br />
auf der Suche nach Sinn<br />
Ohne Literatur wäre man nur ein halber Mensch: Wenn die letzten Aufbauarbeiten<br />
erledigt sind, kann sie endlich losgehen, die 62. Frankfurter Buchmesse<br />
„<strong>Die</strong> Buchmesse bleibt daher der<br />
Ort, wo Geschichten und Inhalte gehandelt<br />
werden“, betonte Boos. Zu<br />
Lesungen und Gesprächen werden<br />
Autoren wie Cornelia Funke, Katharina<br />
Hacker, Ingrid Noll, Günter<br />
Grass, Bret Easton Ellis und Antonio<br />
und Glück. „1Q84“ ist noch versponnener<br />
als seine Vorgänger. Und die<br />
1021 Seiten reichen für mehrere<br />
<strong>durch</strong>wachte Nächte.<br />
Roman Nr. 3 Tom<br />
Rachman: „<strong>Die</strong> Unperfekten“<br />
(DTV,<br />
14,90 Euro) – Irgendwie<br />
erinnert<br />
dieser Roman über<br />
den Niedergang einer<br />
internationalen<br />
Tageszeitung an<br />
US-Fernsehserien wie Mad Men<br />
oder Sopranos. Aus wechselnden<br />
Perspektiven der Beteiligten konstruiert<br />
Rachman ein virtuoses und<br />
unterhaltsames Romandebut.<br />
Fotoband Thorsten Klapsch: „Palast<br />
der Republik“ (Edition Panorama, 48<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Skármeta erwartet. Aus Argentinien,<br />
dem diesjährigen Gastland, reisen<br />
70 Schriftsteller an, unter ihnen<br />
Osvaldo Bayer, Laura Alcoba und<br />
Félix Bruzzone.<br />
Angesichts der Digitalisierung hat<br />
die Buchmesse sechs neue Plattfor-<br />
Euro) – Drei Jahre nach der endgültigen<br />
Schließung, im Januar 1993, fotografierte<br />
Thorsten Klapsch den ungenutzten<br />
aber komplett möblierten<br />
Palast der Republik. Er sollte in der<br />
DDR eigentlich ein Symbol für Wirtschaftskraft,<br />
Volksnähe und Modernität<br />
darstellen. Geblieben sind nur<br />
eine Baugrube und diese gespenstischen<br />
Fotos, die ganz viel über die<br />
Kälte und Brutalität des DDR-Systems<br />
verraten.
men für den Austausch zwischen<br />
verschiedenen Branchen unter dem<br />
Namen „Frankfurt Hot Spots“ geschaffen.<br />
Dort erhalten Hersteller<br />
für elektronische Lesegeräte, das<br />
mobile Internet, Softwareanbieter,<br />
Internetportale, Bildungsverlage<br />
und weitere <strong>Die</strong>nstleister Raum für<br />
Präsentationen. Eine zweitägige<br />
Herbst spaziert<br />
Jan Küveler<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />
BÜCHER 25<br />
Roman Nr. 1 Roberto Bolaño, „Lumpenroman“<br />
(Hanser, 14,90 Euro) –<br />
Das Herz der Finsternis<br />
ist weit: Immerhin<br />
reicht es<br />
vom mexikanischen<br />
Ciudad Juárez bis<br />
nach Rom. Im filigranenSchauermonstrum<br />
„2666“ –<br />
der Sensation des<br />
Konferenz und ein Handelsplatz für<br />
crossmediale Rechte unter dem Titel<br />
„Frankfurt StoryDrive“ soll Vertreter<br />
der Branchen Print, Film, Musik,<br />
Spiele, Telekommunikation und Internet<br />
an einem Tisch zusammenbringen.<br />
Mit der Kultur und Politik des Ehrengasts<br />
Argentinien beschäftigen<br />
vergangenen Literaturherbstes – verhackstückte<br />
der 2003 verstorbene<br />
Chilene Bolaño Frauen und Literaturwissenschaftler.<br />
In seinem letzten<br />
Romänchen (nur knapp über 100<br />
Seiten) massiert er traumatisierte<br />
Teenager und lässt blinde Bodybuilder<br />
sehr scharf sehen: eben ins düstere<br />
Herz der Menschen. Das ist ein<br />
Pendel zwischen Leiden und Hoffen.<br />
Roman Nr. 2 Vladimir Nabokov, Ada<br />
(Rowohlt, 38 Euro) – <strong>Die</strong> beste<br />
Selbstbefriedigungsszene der <strong>Welt</strong>literatur<br />
hat doch bestimmt Truman<br />
Capote in „Erhörte Gebete“ geschrieben,<br />
denkt man. Falsch! Den<br />
Vogel hat – wenn man so sagen darf –<br />
ein greiser Russe abgeschossen. Dazu<br />
muss man gar nicht weit hinabsteigen<br />
in die furios verkleidete Privathölle<br />
der hochbegabten und in<br />
sich rund 300 Veranstaltungen. Auch<br />
der Fußball kommt nicht zu kurz:<br />
Am 9. Oktober werden die beiden<br />
<strong>Welt</strong>meister-Trainer Franz Beckenbauer<br />
und César Luis Menotti miteinander<br />
diskutieren. Das Rahmenprogramm<br />
zur Buchmesse umfasst<br />
bis zum Abschluss am Sonntag insgesamt<br />
rund 2500 Veranstaltungen.<br />
unmöglicher Liebe<br />
entflammten Halbgeschwister<br />
Ada<br />
und Van. <strong>Die</strong> hohle<br />
Hand des Bruders<br />
begrüßt uns nach<br />
wenigen Seiten.<br />
Insgesamt sind es<br />
1152 in der neubearbeitetenÜbersetzung<br />
von <strong>Die</strong>ter E. Zimmer und Uwe<br />
Friesel, dem elften Band der seinem<br />
Inhalt entsprechend fantastisch gestalteten<br />
Werkausgabe.<br />
Roman Nr. 3 Szilárd Rubin, „Eine beinahe<br />
alltägliche Geschichte“ (Rowohlt<br />
Berlin, 16,95 Euro) – Rowohlt<br />
Berlin legt uns unermüdlich tote Ungarn<br />
aufs Kopfkissen. <strong>Die</strong> haben sich<br />
aber prächtig gehalten! Vor ein paar<br />
Jahren ließ uns der vortreffliche Ele-<br />
DAPD/TORSTEN SILZ<br />
Lesungen, Gespräche, Partys<br />
■ <strong>Die</strong> 62. Frankfurter Buchmesse<br />
widmet sich Argentinien. Am Sonntag<br />
erhält David Grossmann den Friedenspreis<br />
des Deutschen Buchhandels in<br />
der Paulskirche.<br />
■ Für Privatbesucher ist die Buchmesse<br />
am 9.10. (9 bis 18.30 Uhr:)<br />
und am 10.10. (9 bis 17.30 Uhr:)<br />
geöffnet. Eine Tageskarte (inkl. Nahverkehrs-Ticket)<br />
kostet 14 Euro.<br />
■ Schon während der Fachbesuchertage<br />
müssen Literaturhungrige<br />
aber nicht darben: Eine Vielzahl von<br />
Veranstaltungen lässt es seltsam<br />
erscheinen, dass<br />
offiziell nirgends<br />
von einem Literaturfestival<br />
die<br />
Rede ist. Wohl um<br />
Köln und Leipzig<br />
nicht zu vergrätzen,<br />
wo die kom-<br />
merziellelit.colognebeziehungsweise in Leipzig<br />
die immer schon auf die Leser zugeschnittene<br />
Messe stattfindet. In<br />
Frankfurt ist alles kostenlos, dafür ist<br />
das Angebot umso größer. Im folgenden<br />
eine kleine Auswahl.<br />
■ Heute und morgen lädt das städtische<br />
Kulturamt zu „Literatur im Römer“<br />
in die traditionellen Römerhallen<br />
und bietet eine Orientierung über die<br />
literarischen Herbstprogramme. Vorgestellt<br />
werden anspruchsvolle, in<br />
manchen Fällen kontrovers diskutierte<br />
literarische Neuerscheinungen der<br />
<strong>deutsche</strong>n Gegenwartsliteratur. An<br />
den beiden Abenden werden insgesamt<br />
16 Autorinnen und Autoren zu<br />
Gast sein. Befragt werden sie heute<br />
von Gerwig Epkes<br />
(SWR2) und Sigrid<br />
Löffler, sowie<br />
morgen von Alf<br />
Mentzer und Kathrin<br />
Fischer (beide<br />
hr2-kultur). Der<br />
Frankfurter DJ<br />
Pedo Knopp legt<br />
Platten auf. Los<br />
geht es jeweils um<br />
Alina Bronsky<br />
Thomas Lehr<br />
20 Uhr. Das komplette Programm gibt<br />
es unter http://bit.ly/bCtko3. Im folgenden<br />
einige Highlights:<br />
■ Heute: 20.15 Uhr: Joachim Zelter,<br />
Der Ministerpräsident; 20.30 Uhr:<br />
Hansjörg Schertenleib, Cowboysommer;<br />
20.45 Uhr: Péter Esterházy, Ein<br />
Produktionsroman; 21.15 Uhr: Alina<br />
Bronsky, <strong>Die</strong> schärfsten Gerichte der<br />
tatarischen Küche.<br />
gant Dezsö Kosztolányi vor lauter<br />
Leseglück nicht einschlafen. Wer<br />
„Ein Held seiner Zeit. <strong>Die</strong> Bekenntnisse<br />
des Kornél Esti“ noch nicht<br />
kennt, sollte das schleunigst nachholen!<br />
Es ist jedenfalls traurig, dass die<br />
Wiederentdeckung von Kosztolányis<br />
Landsmann Szilárd Rubin im<br />
Frühling dieses Jahres mit seinem<br />
Tod zusammenfiel. Doch wer weiß.<br />
Der „geistreiche Melancholiker“<br />
(Rowohlt) hätte die Pointe womöglich<br />
zu schätzen gewusst. Nach „Eine<br />
kurze Geschichte der<br />
ewigen Liebe“<br />
kommt jetzt jedenfalls<br />
der Roman „Eine<br />
beinahe alltägliche<br />
Geschichte“. Der Titel<br />
ist, gelinde gesagt,<br />
eine schamlose Untertreibung!<br />
PA/DPA/ARNO BURGI<br />
DAPD/THOMAS LOHNES<br />
■ Morgen: 20 Uhr, Thomas Hettche,<br />
<strong>Die</strong> Liebe der Väter; 20.15 Uhr, Martin<br />
Mosebach, Was davor geschah; 20.30<br />
Uhr, Thomas Lehr,<br />
September. Fata<br />
Morgana; 20.45<br />
Uhr, Alexander<br />
Osang, Königstorkinder;<br />
21.45<br />
Uhr, Peter Wawerzi-<br />
nek, Rabenliebe;<br />
22 Uhr, Christoph<br />
Peters, Sven<br />
Hofestedt sucht<br />
Geld für Erleuchtung; 22.15 Uhr, Harald<br />
Martenstein, Gefühlte Nähe.<br />
■ „Open Books“, das Begleitprogramm<br />
zur Buchmesse mit 160 Veranstaltungen,<br />
gibt es in diesem Jahr zum zweiten Mal.<br />
Zentrum der „Open Books“ bleibt der<br />
Frankfurter Kunstverein. 2010 sind aber<br />
weitere Spielorte hinzugekommen: Rund<br />
um den Römerberg werden auch das<br />
Haus am Dom – mit dem Sachbuchprogramm<br />
– die Evangelische Stadtakademie<br />
(Römer 9) sowie die Heussenstamm-Galerie<br />
zur Lesebühne. Hinzu<br />
kommen das Literaturhaus Frankfurt,<br />
das Hessische Literaturforum und als<br />
einmaliger Gastspielort das MA* (ehemalige<br />
Frankfurter Diamantenbörse,<br />
Stephanstraße<br />
1–3). Roger Willemsen,<br />
Andreas<br />
Maier, Jutta Ditfurth,<br />
Gerhard<br />
Stadelmaier, Nike<br />
Wagner und Sibyl<br />
Gräfin Schönfeldt,<br />
aber auch Petra<br />
Gerster und Tom<br />
Buhrow gehören<br />
Roger Willemsen<br />
Tom Buhrow<br />
zu den über 170 teilnehmenden Autoren.<br />
Das komplette Programm findet<br />
sich unter:<br />
http://www.openbooks-frankfurt.de.<br />
■ Am Samstag, 9. Oktober, ist im<br />
Literaturhaus Frankfurt die „Open Party“<br />
unter dem Motto „Literatur legt auf“.<br />
Am DJ-Pult stehen Protagonisten des<br />
Literaturbetriebs. Der Eintritt zu sämtlichen<br />
Veranstaltungen der „Open Books“<br />
– mit Ausnahme der Party – ist frei. In<br />
allen Häusern gibt es Büchertische mit<br />
den dort präsentierten Werken.<br />
■ Der Frankfurter Kunstverein zeigt im<br />
Rahmenprogramm von „Open Books“<br />
außerdem die Ausstellung über das<br />
Gastland „Tales of Resistance and<br />
Change. Artists from Argentina“. <strong>Die</strong><br />
Heussenstamm-Galerie zeigt die Ausstellung:<br />
„Kirsten Hammerström +<br />
Gabrielle Hattesen: THERE IS NOTHING<br />
LIKE PAPER“.<br />
Sachbuch Moritz von<br />
Uslar, „Deutschboden“<br />
(Kiepenheuer &<br />
Witsch, 19,95 Euro) –<br />
Der Schnelldenker<br />
Moritz von Uslar, der<br />
mit „100 Fragen“ das<br />
Interview auf eine<br />
neue Erkenntnisebene<br />
schoss, hat rübergemacht.<br />
Nach Brandenburg, Stätte totaler<br />
Stagnation. Nach „Hardrock-<br />
Schweinigel-Assi-Abschaum-<br />
Hartz-Höllen-Hausen“ bzw. Oberhavel.<br />
Drei Monate hängt der Reporter-Dandy<br />
am Tresen der Gaststätte<br />
Schröder. Wo er in Biergläser<br />
und Köpfe guckt. <strong>Die</strong> Rückkehr<br />
der literarischen Reportage? Solange<br />
es solche Bücher gibt, ist weder<br />
der Journalismus noch der Osten<br />
verloren.<br />
PA/DPA/ROLF VENNENBERND<br />
DPA / STEPHANIE PILICK
WELT KOMPAKT<br />
26 INTERNET<br />
UPLOAD – DIE SOCIAL MEDIA KOLUMNE<br />
Führungswechsel bei Twitter<br />
■ Der überraschende Führungswechsel<br />
beim Kurznachrichtendienst<br />
Twitter beschäftigte gestern<br />
die Blogosphäre. Der Twitter-<br />
Mitgründer und bisherige CEO<br />
Evan Williams hatte die Leitung<br />
des rasant wachsenden Unternehmens<br />
an den bisherigen Geschäftsführer<br />
(COO) Dick Costolo<br />
abgegeben. Costolo war vor einem<br />
Jahr vom Internetkonzern Google<br />
zu Twitter gekommen. Zuvor hatte<br />
er die Plattform FeedBurner erfunden,<br />
die 2007 von dem Suchmaschinenkonzern<br />
für 100 Millionen<br />
Dollar gekauft worden war.<br />
Williams will sich künftig verstärkt<br />
um Produktstrategie kümmern,<br />
wie er in einem Blogbeitrag<br />
schrieb. Im zahlreichen Foren<br />
wurde spekuliert, wie Costolo das<br />
Unternehmen ausrichten wird.<br />
In seinem Blogbeitrag hob Williams<br />
die besonderen Anstrengungen<br />
Costolos bei der Entwicklung<br />
und Verbesserung der Einnahmestrategie<br />
hervor. In der Vergangenheit<br />
war der Kurznachrichtendienst,<br />
der seit seiner Gründung<br />
im März 2006 auf inzwischen 165<br />
Millionen Nutzer weltweit gewachsen<br />
ist und täglich um<br />
370 000 weiter wächst, oft wegen<br />
seines nicht erkennbaren Geschäftsmodells<br />
kritisiert worden.<br />
Investoren steckten seit der Grün-<br />
dung rund 160 Millionen US-<br />
Dollar (115 Millionen Euro) in das<br />
Unternehmen und hoffen darauf,<br />
ihr Geld irgendwann auch zurück<br />
zu bekommen. Inzwischen hat<br />
Twitter 300 Beschäftigte.<br />
„Als Evan die Führung übernahm,<br />
hatten wir eine Million Tweets pro<br />
Tag. Jetzt sind wir bei 90 Millionen<br />
Tweets pro Tag und haben<br />
damit eine Ertragsmaschine“,<br />
sagte Costolo dem Technologieblog<br />
Techcrunch. Ein erster<br />
Schritt dazu könnten die „Promoted<br />
Accounts“ sein, deren Start<br />
gestern bekannt gegeben wurde.<br />
Das Konzept dieser personalisierter<br />
Werbeform ist, interessierten<br />
Nutzern das Folgen von Markenaccounts<br />
zu empfehlen.<br />
Während es mit Twitter steil<br />
bergauf geht, strich ein artverwandtes<br />
Start-up die Segel: der<br />
Kurznachrichten-Videodienst<br />
„12seconds“ wird im Laufe des<br />
Monats eingestellt. Es sei nicht<br />
gelungen, eine kritische Masse zu<br />
entwickeln, heißt es beim Technik-Blog<br />
Mashable. Jürgen Stüber<br />
FACEBOOK-POSTINGS UND LESERBRIEFE<br />
Facebook<br />
Michael Bartels Supermacht Facebook?<br />
Das ist eher eine<br />
Bewegungstherapie für<br />
gelangweilte Büroangestellte,<br />
die ständig<br />
Farmville spielen.<br />
Leserbriefe<br />
Zu: Stuttgart 21<br />
Als ich am 30. September die<br />
Fernsehberichte über Stuttgart 21<br />
gesehen habe, trieb es mir Tränen<br />
in die Augen. Tränen der Fassungslosigkeit,<br />
Tränen über die Brutalität,<br />
mit der von der Polizei gegen<br />
Kinder, Jugendliche und Rentner<br />
vorgegangen wurde, Tränen der<br />
Ohnmacht gegenüber den arroganten,<br />
machtgeilen und überheblichen<br />
Politikern. In keinem Bericht<br />
war zu sehen, dass Demonstranten<br />
gewalttätig waren.<br />
Clemens Jaeckel<br />
<strong>Die</strong> Eskalation bei den Demonstrationen<br />
gegen das umstrittene<br />
Bahnprojekt Stuttgart 21 kommt<br />
nicht von ungefähr. <strong>Die</strong> Wut ist in<br />
der Mitte der Gesellschaft angekommen.<br />
Längst sind die Auseinandersetzungen<br />
keine Sache von<br />
autonomen Linken mehr.<br />
Thomas Henschke<br />
Zu: Euro-Scheine werden im Ausland<br />
gedruckt<br />
500- und 200-Euro-Scheine werden<br />
fast nirgendwo mehr angenommen,<br />
trotzdem aber fleißig<br />
weitergedruckt. Nun sollen die<br />
Euro-Scheine ab 2012 im Ausland<br />
gedruckt werden können. Damit<br />
stehen 400 Arbeitsplätze in<br />
Deutschland auf der Kippe, und<br />
die Bundeshoheit und die absolute<br />
Kontrolle über das Drucken unseres<br />
Geldes entfallen. Ich schlage<br />
vor, die Euro-Scheine künftig in<br />
Schurkenstaaten drucken zu lassen.<br />
Dann wird der Euro eines<br />
Tages die <strong>Welt</strong> überschwemmen<br />
und zu einer Crash-Währung<br />
verkommen, weil mit den überlassenen<br />
Druckplatten und dem<br />
Papier statt Blüten einwandfreie<br />
Euro in Umlauf kommen können.<br />
Roland Klose<br />
SO FUNKTIONIEREN DIE CODES<br />
■ Sie brauchen ein internetfähiges<br />
Handy, eine Datenflatrate und<br />
einen QR-Code-Reader. Das ist<br />
eine Software, die Sie von der<br />
Seite mobil.welt.de/reader herunterladen<br />
können. Es gibt auch<br />
kostenfreie Apps für iPhone und<br />
Android-Handys – etwa von Lynkee.<br />
■ Starten Sie den installierten<br />
Reader und fotografieren Sie mit<br />
ihm den QR-Code. Ein Klick genügt.<br />
Und schon öffnet sich die im<br />
QR-Code hinterlegte Website automatisch<br />
auf dem Handy-Display.<br />
Folgen Sie<br />
Jürgen Stüber<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_stueber<br />
Und wo bist Du<br />
gerade?<br />
Facebook startet den <strong>Die</strong>nst „Orte“<br />
nun auch in Deutschland – <strong>Die</strong> Angst<br />
vor Überwachung ist groß, aber<br />
unbegründet<br />
VON JÜRGEN STÜBER<br />
Nico ist am Morgen von Hamburg<br />
nach Frankfurt geflogen. Hendrik verbringt<br />
seine Mittagspause in einer Bar<br />
im Hamburger Schanzenviertel. Frank,<br />
Oliver und André sitzen in ihren Berliner<br />
Büros. Klas ist in seiner Agentur.<br />
Ein schneller Blick auf das Handy<br />
zeigt, wo die Freunde sind und wie sie<br />
sich die Zeit vertreiben. Sie alle haben<br />
bei Facebook „eingecheckt“, wie die<br />
Mitteilung des eigenen Standortes im<br />
Plattform-Jargon heißt.<br />
Seit gestern können Facebook-Nutzer<br />
ihren Freunden nicht nur mitteilen,<br />
was sie gerade machen oder was ihnen<br />
im Augenblick gefällt. Sie haben jetzt<br />
auch in Deutschland die Gelegenheit,<br />
ihre Community mit einem Klick darüber<br />
zu informieren, wo sie sich gerade<br />
aufhalten und was sie dort tun. Bislang<br />
war „Places“ nur in den USA, Japan,<br />
Australien, Frankreich und Großbritannien<br />
verfügbar.<br />
Um auf „Facebook Orte“, wie der<br />
<strong>Die</strong>nst in Deutschland heißt, zugreifen<br />
zu können, genügt ein internetfähiges<br />
Mobiltelefon, das die Website touch.facebook.com<br />
abbilden kann. Wer ein<br />
iPhone verwendet, benötigt die aktuellste<br />
Version der Facebook-App. Mit<br />
ihr können Anwender an Orten „einchecken“<br />
und damit Freunden in Echtzeit<br />
mitteilen, wo sie sind. Nutzer haben<br />
auch die Möglichkeit zu erfahren,<br />
welche ihrer Freunde gerade in der Nähe<br />
sind. Zudem besteht die Möglichkeit,<br />
auch neue Orte kennenzulernen,<br />
die Freunde entdeckt haben.<br />
<strong>Die</strong> Möglichkeit, Freunden, Bekannten<br />
und Kollegen mitzuteilen, wo man<br />
sich aufhält, hat dem Mobiltelefon<br />
schon vor Jahrzehnten mit zum Durchbruch<br />
verholfen. Doch bislang war das<br />
entweder teuer oder umständlich.<br />
Denn es bedurfte eines Anrufs, einer<br />
fingerakrobatischen SMS-Kurznachricht<br />
oder einer Mail.<br />
Ortsbasierte Internetdienste haben<br />
das vereinfacht. Sie verwenden Informationen<br />
aus drei Quellen. Zum Ersten<br />
erkennen sie über Satelliten-Daten<br />
(GPS-<strong>Die</strong>nste), WLAN-Netze oder Koordinaten<br />
von Mobilfunkstationen den<br />
exakten Standort des Nutzers. Aus einer<br />
Datenbank beziehen sie dann Informationen<br />
über Lokalitäten in der<br />
Nähe, die angeklickt werden können.<br />
Und zum Dritten erfahren sie aus dem<br />
eigenen Netzwerk, welche anderen<br />
Nutzer sich ebenfalls dort aufhalten.<br />
<strong>Die</strong>se drei Quellen werden verknüpft,<br />
und fertig ist der Geolocation-<strong>Die</strong>nst.<br />
Am erfolgreichsten ist mit einem<br />
solchen ortsbasierten <strong>Die</strong>nst bislang<br />
die Plattform Foursquare, auf der nach<br />
eigenen Angaben etwas mehr als drei<br />
Millionen Internetnutzer einchecken.<br />
Foursquare nutzt einen spielerischen<br />
Ansatz: Nutzer erwerben Orden („Badges“)<br />
für ihre Aktivitäten. Und wer am<br />
häufigsten an einem Ort eingecheckt<br />
hat, erhält den Titel des „Mayor“ (Bürgermeister).<br />
Ähnlich, aber weniger spielerisch<br />
funktioniert der <strong>Die</strong>nst „Latitude“ des<br />
Internetkonzerns<br />
Google. Dort erfährt<br />
der Nutzer nicht nur,<br />
welche Freunde sich gerade<br />
in der Nähe aufhalten<br />
und was sie dazu mitteilen.<br />
Er kann auch sein eigenes Bewegungsprofil<br />
freigeben und für<br />
die Community sichtbar ins Netz<br />
stellen.<br />
<strong>Die</strong> Geolocation-Plattform „Gowalla“<br />
hat einen anderen Ansatz gewählt<br />
und bedient die Leidenschaft Reisender,<br />
Stempel fremder Grenzbehörden<br />
in ihrem Reisepass zu sammeln. Nutzer<br />
dieses <strong>Die</strong>nstes können <strong>durch</strong><br />
Check-ins solche Stempel erwerben<br />
und da<strong>durch</strong> Ansehen in der Community<br />
gewinnen.<br />
Nutzer erhalten aber auch den Anreiz,<br />
Entdeckungen ihrer Freunde<br />
selbst zu erkunden. Gowalla bietet zusätzlich<br />
Exkursionen an, die beispielsweise<br />
von Organisationen wie National<br />
Geographic oder dem Nachrichtensender<br />
CNN angeboten werden.<br />
Wie bei Foursquare werden auch bei<br />
Gowalla soziale Netzwerke wie Facebook<br />
oder Nachrichtendienste wie<br />
Twitter zum Verbreiten der eigenen<br />
Status-Updates genutzt.<br />
Warum machen Internetnutzer das?<br />
Neben der Freude am Social Networking<br />
und dem Drang, beiläufig die eigene<br />
<strong>Welt</strong>läufigkeit zu unterstreichen (@<br />
Hyatt Regency Crown Center oder @<br />
Frankfurt International Airport (FRA)<br />
w/ 12 others) dürfte es wohl vor allem<br />
die Lust am Spiel sein, die Internetnutzer<br />
dazu zu bringen, immerzu mitzuteilen,<br />
wo sie gerade sind.<br />
Geolocation-<strong>Die</strong>nste sind aber auch<br />
Plattformen für Schnäppchenjäger, die<br />
Vergünstigungen ergattern wollen:<br />
Freigetränke oder Gratistickets in Locations,<br />
in denen sie Mayor-Titel erworben<br />
haben. Vor allem in den USA<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Kanzleramt<br />
Straße des 17. Juni Yitzhak-Rabin-Straße<br />
ist das ein verbreitetesGeschäftsmodell.<br />
<strong>Die</strong>ses Konzept hat sich der<br />
<strong>deutsche</strong> Foursquare-Klon „Friendticker“<br />
zu Eigen gemacht. <strong>Die</strong>se Plattform<br />
setzt gezielt auf materielle Güter<br />
als Belohnung für häufige Check-ins.<br />
Nutzer können dort beispielsweise<br />
Gratis-Übernachtungen in Hotels, kostenfreie<br />
Cocktails, Wellness-Behandlungen<br />
oder Gutscheine erwerben.<br />
Für die Anbieter der Plattformen ist<br />
Der Nutzer erfährt mit einem Blick<br />
aufs Handy, wo die Freunde sind<br />
St<br />
Tie
Scheidemannstraße<br />
rgarten<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
INTERNET 27<br />
Platz der Republik<br />
Reichstag<br />
Ebertstraße<br />
Dorotheenstraße<br />
Spree<br />
raße des 17. Juni Unter den Linden<br />
die Spielleidenschaft ihrer Kunden ein<br />
lukratives Geschäft. <strong>Die</strong> Nutzer liefern<br />
mit ihren Empfehlungen, Tipps und<br />
Entdeckungen den Geolocation-<br />
<strong>Die</strong>nsten in Eigenleistung kostenfrei<br />
gigantische und veritable Datenbanken<br />
mit Lokalitäten, die anders nie hät-<br />
Auf Nummer sicher gehen<br />
■ Standorte sind nicht für alle Facebook-Nutzer<br />
sichtbar: Beim Einchecken<br />
erscheint der eigene Standort standardmäßig<br />
nur in den Neuigkeiten der<br />
eigenen Freunde. Bedenken, dass man<br />
über Facebook Orte der ganzen <strong>Welt</strong><br />
mitteilt, wenn man nicht zu Hause ist,<br />
sind deshalb unbegründet.<br />
■ Minderjährige können ihre Standort-<br />
Daten nicht ganz öffentlich machen.<br />
Sie sind grundsätzlich nur für deren<br />
Freunde sichtbar. Das Gleiche gilt für<br />
Beiträge, in denen ein Minderjähriger<br />
markiert wurde – zum Beispiel wenn<br />
Vater und Sohn ins Kino gehen und der<br />
Ebertstraße<br />
Wilhelmstraße<br />
„Wo bist<br />
Du?“ Und<br />
„Was machst Du“<br />
fragt der neue Facebook-<br />
<strong>Die</strong>nst<br />
ten recherchiert werden können. Das<br />
ist Crowdsourcing wie aus dem Social-<br />
Media-Lehrbuch: andere die Arbeit<br />
machen lassen, die man eigentlich<br />
selbst erledigen müsste.<br />
<strong>Die</strong> Nutzer bieten mit ihren Checkins<br />
der Werbewirtschaft aber auch ei-<br />
Vater veröffentlicht dies mit Facebook-<br />
Orte und markiert seinen Sohn.<br />
■ Das Markieren von Personen (Tagging)<br />
ist auch bei „Orte“ möglich.<br />
Freunde können einen Nutzer aber nur<br />
dann markieren und einchecken, wenn<br />
dieser der Nutzung von „Orte“ zuvor<br />
zugestimmt hat. <strong>Die</strong> Markier-Funktion<br />
lässt sich auch ganz abstellen.<br />
■ Eine weitere Hürde gegen Markierungen<br />
– etwa an kompromittierenden<br />
Orten – ist, dass sich der Freund dort<br />
selbst erst einchecken muss, bevor er<br />
einen anderen einchecken könnte.<br />
ne Breitseite,<br />
um sie künftig<br />
nicht nur mit personalisierter,sondern<br />
auch mit ortsbasierter<br />
Werbung anzusprechen.<br />
Was dem<br />
Nutzer „gefällt“, wissen Facebook<br />
und Google schon lange.<br />
Neu ist der geradezu unbezahlbare<br />
Gute-Laune-Faktor – die<br />
Echtzeit-Information, was dem Nutzer<br />
wann und wo gefällt.<br />
Geolocation-<strong>Die</strong>nste wie Facebook<br />
„Places“ schlagen aber auch ein neues<br />
Kapitel der Internet-Datenschutzdebatte<br />
auf. Bereits zum Start des <strong>Die</strong>nstes<br />
in den USA titelte das Technologieblog<br />
Techcruch: „Sind wir ein Stück<br />
näher an 1984?“<br />
Facebook hat aber anscheinend aus<br />
früheren Lektionen und dem Datenschutzfiasko<br />
des Internetkonzerns<br />
Google nach der Bekanntgabe des<br />
„Street View“-Starts in Deutschland<br />
gelernt und bemüht sich vorab, ein Big-<br />
Brother-Image gar nicht erst aufkommen<br />
zu lassen. „Facebook-Orte ist in<br />
der Grundeinstellung deaktiviert. Wer<br />
den <strong>Die</strong>nst nutzen möchte, muss aktiv<br />
zustimmen“, schreibt das Unternehmen.<br />
Liegt diese Freigabe vor, so erscheinen<br />
die Check-ins in den eigenen<br />
Neuigkeiten und abhängig von den Privatsphäre-Einstellungen<br />
auch in den<br />
Neuigkeiten der Freunde. Nur, wenn<br />
man es ausdrücklich so eingestellt hat,<br />
sind sie sichtbar für alle Webnutzer.<br />
Außerdem werden auf der Facebook-Seite<br />
des jeweiligen Ortes in dem<br />
Feld „Personen, die jetzt hier sind“ die<br />
Namen der Nutzer aufgelistet, die dort<br />
sind. <strong>Die</strong>se Standortangaben werden<br />
überschrieben, sobald man an einem<br />
neuen Ort eincheckt. „Facebook erstellt<br />
keine Bewegungsprofile“, betont<br />
das Unternehmen.<br />
AP PHOTO/FACEBOOK<br />
INTERNET KOMPAKT<br />
DATENSCHUTZ<br />
Panne bei Unicef<br />
Sensible Daten von Unicef-Spendern<br />
wie Kontonummern von 147<br />
Unternehmen sind für einen<br />
kurzen Zeitraum unverschlüsselt<br />
im Internet zugänglich gewesen.<br />
Das Problem sei bereits behoben,<br />
sagte Rudi Tarneden, Sprecher<br />
von Unicef Deutschland. Während<br />
eines Serverumzugs der Unicef-<br />
Internetseite habe ein <strong>Die</strong>nstleister<br />
die Schutzeinstellungen<br />
fehlerhaft vorgenommen.<br />
PATENTRECHT<br />
Apple droht eine Strafe<br />
Apple wehrt sich gegen eine drohende<br />
gigantische Patent-Strafzahlung<br />
bis zu 625,5 Millionen<br />
Dollar. Der Mac- und iPhone-<br />
Anbieter will einen entsprechenden<br />
Gerichtsbeschluss mit einem<br />
Eilantrag stoppen. <strong>Die</strong> kleine<br />
DER MOBILE VIDEO-TIPP<br />
Google hat für seinen geplanten<br />
<strong>Die</strong>nst Google TV erste Partner als<br />
Inhalte-Lieferanten bekannt gegeben.<br />
Von den führenden drei US-<br />
Fernsehsendern ABC, NBC und<br />
CBS ist allerdings keiner dabei. In<br />
dieser Woche will Logitech eine<br />
erste Settopbox für Googles Internet-Fernsehdienst<br />
in den USA auf<br />
den Markt bringen. Und ebenfalls<br />
für den Herbst hatte zuletzt auch<br />
Sony einen ersten Fernseher „Sony<br />
Internet-TV powered by Google“<br />
zunächst für den US-Markt ange-<br />
Firma Mirror Worlds wirft dem<br />
Technologiekonzern vor, drei<br />
Patente zu verletzen. Der Vorwurf<br />
richtet sich gegen drei Apple-<br />
Funktionen. Es geht um die Ansicht<br />
„Cover Flow“, sowie um die<br />
Mac-Suche „Spotlight“ und das<br />
ebenfalls im Mac-Betriebssystem<br />
integrierte Backup-Werkzeug<br />
„Time Machine“.<br />
NETZNEUTRALITÄT<br />
Regulierung ist nicht nötig<br />
Innenminister Thomas de Maizière<br />
lehnt Forderungen nach<br />
einer weitreichenden Regulierung<br />
des Internets ab. Selbst für die<br />
umstrittene Internet-Plattform<br />
Wikileaks, gebe es ausreichend<br />
gesetzliche Regelungen, sagte der<br />
CDU-Politiker gestern auf dem<br />
„Handelsblatt“-Sicherheitsforum<br />
in Berlin. Denn Geheimnisverrat<br />
sei „offline wie online“ strafbar.<br />
Ein Smartphone, ein Mikroskop,<br />
50 winzige Puppen: <strong>Die</strong> Filmemacher<br />
von<br />
Aardman<br />
erzählen,<br />
wie der<br />
Trickfilm<br />
mit der<br />
kleinsten<br />
Figur der<br />
<strong>Welt</strong> entstanden<br />
ist. http://bit.ly/9WNf8H<br />
Google TV am Start –<br />
CNN unter Partnern<br />
Auch Nutzer von Android-Handys<br />
können seit gestern kostenlos über<br />
das Internet telefonieren. Der Internettelefonie-Anbieter<br />
Skype<br />
hat dafür eine App veröffentlicht,<br />
die auf Googles Handy-Betriebssystem<br />
läuft. Skype-Apps waren<br />
bislang für Apples iPhones und<br />
Handys mit Nokias Symbian verfügbar.<br />
Damit könne Skype nun auf<br />
den drei am meisten verbreiteten<br />
Smartphone-Betriebssystemen genutzt<br />
werden, betonte Produkt-<br />
Manager Mark Douglas.<br />
<strong>Die</strong> neue Skype-App läuft auf<br />
Android ab der Version 2.1 und<br />
lässt sich kostenlos unter der Adresse<br />
www.skype.com/m herunterladen.<br />
Nach der Installation<br />
können Anwender sowohl über<br />
ein Datennetz (Wifi) als auch über<br />
kündigt. Unter anderem werden<br />
CNN, TNT, TBS und Cartoon Network<br />
ihre Angebote für den neuen<br />
Fernsehdienst des Internet-Unternehmens<br />
anpassen, teilte Google<br />
mit. Mit Google TV will der Suchmaschinenspezialist<br />
Fernsehen<br />
und Internet verschmelzen. Der<br />
Zuschauer soll via Googles Browser<br />
Chrome direkt am Fernseher<br />
sowohl auf das Internet als auch<br />
auf Hunderte von Fernsehkanälen<br />
zugreifen und sie <strong>durch</strong>suchen<br />
können.<br />
Skype-App auch für<br />
Android-Smartphones<br />
das Mobilfunknetz (GPRS, EDGE<br />
und 3G) mit anderen Skype-Nutzern<br />
weltweit kostenlos telefonieren.<br />
Für Telefonate zu anderen<br />
Teilnehmern berechnet Skype eine<br />
geringe Gebühr. <strong>Die</strong> Software<br />
gleicht automatisch die Kontakte<br />
mit dem eigenen Adressbuch ab.<br />
<strong>Die</strong> App zeigt zudem an, wer von<br />
den Kontakten gerade online und<br />
per Anruf oder Chat erreichbar ist.<br />
Den Mobilfunkbetreibern ist<br />
Skype mit seinem kostenlosen Angebot<br />
ein Dorn im Auge. In<br />
Deutschland hatte die Telekom die<br />
Skype-Software auf iPhones in ihren<br />
Mobilfunknetzen teilweise<br />
blockiert. Es gebe inzwischen aber<br />
einige Tarife, die kostenlose Internet-Gespräche<br />
über UMTS erlauben,<br />
sagte Douglas.
WELT KOMPAKT<br />
28 WISSENSCHAFT<br />
GESUNDHEIT<br />
Ängstliche schlafen schlecht<br />
Wer ängstlich oder nervös ist,<br />
entwickelt nach einer Studie der<br />
Berliner Charité eher als zielstrebige<br />
und ausdauernde Menschen<br />
eine Schlafstörung. Zudem<br />
seien insbesondere Frauen betroffen,<br />
sagte Schlafforscherin<br />
Anita Peter im Vorfeld eines<br />
dreitägigen Fachkongresses mit<br />
1800 Experten, der morgen in<br />
Bremen beginnt. Das Schlaflabor<br />
im Zentrum für Neurologie,<br />
Neurochirurgie und Psychiatrie<br />
der Charité hatte etwa 400 Menschen<br />
zwischen 18 und 81 Jahren<br />
aus zehn Dörfern zu Schlafqualität<br />
und persönlichen Eigenschaften<br />
befragt. Peter: „Ängstliche<br />
Menschen geben eine schlechtere<br />
Schlafqualität an.“ Das zeige,<br />
dass Schlafstörungen eng mit<br />
Angststörungen und mit depressiven<br />
Erkrankungen verbunden<br />
seien.<br />
UMWELT<br />
Warnung vor Laubsaugern<br />
Der Naturschutzbund Deutschland<br />
(Nabu) appelliert an Gartenbesitzer<br />
und Stadtgärtnereien,<br />
auf Laubbläser und Laubsauger<br />
zu verzichten. Laub solle auf<br />
Büschen und Beeten liegen bleiben,<br />
da es einen wichtigen Lebensraum<br />
für Tiere darstelle und<br />
gleichzeitig dünge, hieß es. Lediglich<br />
auf Gehwegen und Straßen<br />
sollte es<br />
entfernt werden<br />
– möglichst<br />
mit<br />
Besen und<br />
Rechen. Laubbläser<br />
und<br />
Laubsauger<br />
entziehen<br />
Spinnen, Käfern<br />
und Amphibien<br />
ihre<br />
Lebensgrundlage,zerstückeln<br />
oder verletzen sie und<br />
stoßen gesundheitsschädliche<br />
Abgase aus. Auch Igel würden<br />
<strong>durch</strong> sie gefährdet.<br />
PA/GMS<br />
WISSEN KOMPAKT<br />
UMWELT<br />
Arktis bald eisfrei<br />
Das Eis in der Arktis wird nach<br />
Schätzung von US-Forschern in<br />
20 bis 30 Jahren während der<br />
Sommermonate komplett wegschmelzen.<br />
Das lasse sich auch<br />
aus aktuellen Beobachtungen in<br />
diesem Sommer rund um den<br />
geografischen Nordpol wieder<br />
schließen. Demnach ist das<br />
dickste Eis, das älter als fünf<br />
Jahre ist, fast vollständig verschwunden.<br />
GÜRTLERS<br />
GESAMMELTE GRÜTZE<br />
■ <strong>Die</strong> erste Papstwahl <strong>durch</strong> ein<br />
Konklave fand im Jahr 1241 statt.<br />
Nach 64 Tagen Beratung wählten<br />
die Kardinäle den neuen Papst<br />
Coelestin IV. Durch die Teilnahme<br />
am anstrengenden Konklave geschwächt,<br />
starb Coelestin allerdings<br />
schon 17 Tage später.<br />
MEHR GRÜTZE: WWW.WELT.DE/GRUETZE<br />
Folgen Sie<br />
Luise Schlächter<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_schlaechter<br />
Computeranimation eines Graphen-Moleküls: Es besteht ausschließlich aus Kohlenstoffatomen, die regelmäßige Sechsecke bilden<br />
VON NORBERT LOSSAU<br />
Der Werkstoff, den die beiden Physiker<br />
Andre Geim und Konstantin<br />
Novoselov in ihrem Labor der Universität<br />
Manchester entwickelt haben,<br />
klingt eher nach Science-<br />
Fiction denn Wirklichkeit.<br />
<strong>Die</strong>ses fantastische Material ist<br />
rund 100 Mal belastbarer als der<br />
stärkste Stahl und dabei doch fast<br />
nur ein Hauch von Nichts –<br />
schlicht Kohlenstoffatome, vernetzt<br />
in nur einer Ebene zu einem<br />
perfekten Bienenwabenmuster.<br />
Ein Quadratmeter dieses flächigen<br />
Moleküls wiegt weniger als ein<br />
Milligramm. Und es ist dabei eine<br />
Million Mal dünner als ein Blatt<br />
Papier. Für die Herstellung und<br />
Analyse des Graphen genannten<br />
Wunderstoffs werden die Forscher<br />
mit dem Physiknobelpreis 2010 geehrt.<br />
Am 10. Dezember nehmen sie<br />
ihn aus der Hand des schwedischen<br />
Königs in Stockholm entgegen.<br />
Das Preisgeld von rund einer<br />
Million Euro geht je zur Hälfte an<br />
die beiden Wissenschaftler. Für<br />
den heutigen Niederländer Geim<br />
fällt dabei die monetäre Anerkennung<br />
geringer aus als bei der Verleihung<br />
des Körber-Preises im vergangenen<br />
Jahr in Hamburg.<br />
Dort erhielt er für die Arbeiten<br />
zum Graphen 750 000 Euro Preisgeld<br />
– und zwar allein. Andre Geim<br />
wurde 1958 im russischen Sotschi<br />
geboren, studierte Physik in Moskau<br />
und promovierte 1987 am Insti-<br />
tut für Festkörperphysik<br />
in Tschernogolowka.<br />
Nach Stationen in England<br />
und Dänemark ging<br />
er an die Universität Nijmegen.<br />
Dort begann die<br />
Zusammenarbeit mit<br />
dem 15 Jahre jüngeren<br />
Konstantin Novoselov.<br />
<strong>Die</strong>ser folgte Geim 2001<br />
nach Manchester. Dort<br />
glückte 2004 der nobelpreiswürdigeDurchbruch.<br />
Der in „Science“<br />
veröffentlichte Bericht<br />
überraschte die Fachwelt.<br />
Theoretisch wurden<br />
zweidimensionale Moleküle<br />
ja bereits seit 1947<br />
diskutiert und sogar deren<br />
hypothetische Eigenschaften<br />
berechnet. Doch dass die Herstellung<br />
jemals gelingen könnte, daran<br />
hatte niemand so recht geglaubt.<br />
Dabei hat schon jeder von uns<br />
Graphen hergestellt, freilich ohne<br />
dies zu ahnen.<br />
Der in Bleistiften enthaltene<br />
Graphit ist gleichsam der dreidimensionale<br />
Bruder des zweidi-<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Nobelpreis für einen Hauch von Nichts<br />
Zwei Physiker werden für die Entdeckung des Materials Graphen ausgezeichnet<br />
Auf einer Party kommt man mit einem<br />
Gast ins Gespräch, der sich<br />
besonders gewählt ausdrückt.<br />
Innerhalb weniger Minuten<br />
passt man sich an, sucht ebenfalls<br />
nach eloquenten Ausdrücken.<br />
Vielleicht bewusst,<br />
aber auf jeden Fall unbewusst.<br />
Das zumindest fanden<br />
Psychologen der University<br />
of Texas heraus, die<br />
das Kommunikationsverhalten<br />
untersuchten. Wenn wir<br />
mit anderen Menschen sprechen,<br />
dann nähern sich innerhalb<br />
kürzester Zeit unse-<br />
re Sprachstile an.<br />
Der eine flucht viel, der<br />
andere tut es ihm gleich.<br />
<strong>Die</strong> Möglichkeiten<br />
■ Graphen leitet elektrischen Strom<br />
fast so gut wie Kupfer. Wärme kann<br />
es gar zehn Mal besser leiten als<br />
dieses Metall. Graphen ist nahezu<br />
völlig transparent.<br />
■ Das Wundermaterial ist härter<br />
als Diamant, extrem reißfest und<br />
dabei als hauchdünnes „Atom-Gaze“<br />
mechanisch überaus flexibel.<br />
■ Graphen eignet sich als Kandidat<br />
für unzählige technische Anwendungen<br />
– von der Computer- und Handytechnik<br />
über Solarzellen bis hin zu<br />
Frischhaltefolien.<br />
Im Gespräch kopieren wir den Sprachstil<br />
Vor allem Frauen und gute Studenten passen sich an<br />
„Language style matching“ nennen<br />
die Forscher das Phänomen, auf<br />
Deutsch könnte es mit „Übereinstimmung<br />
der Sprachstile“ übersetzt<br />
werden. Um das Verhalten zu<br />
Nach wenigen Minuten reden wir im gleichen Stil<br />
wie unser Gegenüber<br />
verstehen, untersuchten die Psychologen<br />
verschiedene Formen<br />
der Kommunikation. So stellten<br />
sie Studenten eine schriftliche<br />
Aufgabe. Je förmlicher die Frage<br />
formuliert war, desto trockener<br />
fiel ihre Antwort aus.<br />
War die Aufgabe umgangssprachlich<br />
geschrieben, fiel<br />
auch die Antwort locker aus.<br />
Vor allem Frauen und Studenten<br />
mit guten Noten passten<br />
sich dem Stil der Aufgabenstellung<br />
an. Am Ende aller<br />
Untersuchungen stellten<br />
PA/JAVIER PIERINI<br />
Konstantin<br />
Novoselov (36)<br />
die Forscher fest: Je harmonischer<br />
die Dialoge verlaufen,<br />
desto glücklicher sind die<br />
Menschen, die sie führen.<br />
Der Physiker<br />
Andre Geim (51)<br />
AP<br />
DPA/KÖRBER-STIFTUNG<br />
mensionalen Graphen.<br />
Beim Schreiben mit Graphit<br />
auf Papier entstehen<br />
Schichten aus mehreren<br />
Lagen Graphen. Bisweilen<br />
lösen sich dabei einzelne<br />
Graphen-Moleküle<br />
ab, die dann – für das Auge<br />
unsichtbar – irgendwo<br />
auf dem Blatt Papier liegen<br />
bleiben. Geim und<br />
Novoselov hatten eine, im<br />
Nachhinein betrachtet,<br />
simple Idee.<br />
Sie drückten ein Klebeband<br />
gegen einen Graphit-Kristall<br />
und transferierten<br />
die daran hängen<br />
gebliebenen Graphen-<br />
Moleküle auf eine Ober-<br />
fläche aus Siliziumoxid. Dort begannen<br />
die Forscher mit der Analyse<br />
der physikalischen Eigenschaften<br />
der Graphenflöckchen.<br />
<strong>Die</strong> optischen Eigenschaften von<br />
Graphen machen es zu einem aussichtsreichen<br />
Material für den Bau<br />
von Solarzellen und Touchscreens.<br />
Kratzfest, <strong>durch</strong>sichtig<br />
und elektrisch leitend.<br />
Stammzellen im<br />
Visier der<br />
Krebsforscher<br />
Im Kampf gegen den Krebs nehmen<br />
Forscher verstärkt die<br />
Stammzellen unter die Lupe. Es<br />
mehrten sich die Hinweise, dass<br />
die meisten Krebserkrankungen<br />
aus Stammzellen entstünden, erklärte<br />
der Vorstandsvorsitzende<br />
des Deutschen Krebsforschungszentrums<br />
(DKFZ), Prof. Otmar<br />
Wiestler, zum Abschluss eines Internationalen<br />
Symposiums. Er<br />
wies darauf hin, dass Stammzellen<br />
und Krebszellen Gemeinsamkeiten<br />
haben. Beide seien wandelbar<br />
und könnten sich in unterschiedliche<br />
Richtungen entwickeln. Zudem<br />
seien Gene, die Stammzellen<br />
regulieren, häufig auch an der Entstehung<br />
von Tumoren beteiligt.<br />
JANNIK MEYER/SCIENCE
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />
RÄTSEL 29<br />
HOROSKOP SUDOKU VON STEFAN HEINE<br />
Machen Sie heute etwas aus Ihrer guten<br />
Laune. Lassen Sie andere daran<br />
teil haben und inspirieren Sie sie mit<br />
Ihrer Energie. Sie haben es in der Hand,<br />
wie gut Sie sich fühlen. Es steht auf<br />
der Kippe. Sie sollten nicht über die<br />
Stränge schlagen!<br />
Sie blühen richtig auf. In nächster Zeit<br />
könnte eine neue leidenschaftliche Beziehung<br />
Sie auf Hochtouren bringen.<br />
Ihre Energie steigert sich. <strong>Die</strong> Stimmung<br />
ist prächtig und die körperliche<br />
Verfassung ausgezeichnet. Sport nach<br />
Feierabend?<br />
Ein unverhofftes Glück richtig zu genießen,<br />
ist eine hohe Kunst. Üben Sie sich<br />
in der Kunst. Sie bekommen die Gelegenheiten.<br />
Fit und dynamisch, die alten<br />
Belastungsgrenzen liegen weit<br />
hin ter dem Horizont. Tolle Ergebnisse<br />
wecken Lust auf Sport.<br />
Venus heißt Ihre Verbündete. In dieser<br />
Atmosphäre der neu erwachten Leidenschaft<br />
lässt sich so manches leichter<br />
regeln. Worauf warten Sie? Sie sind<br />
in keiner Weise angeschlagen. Am heutigen<br />
Tage können Sie alles erreichen,<br />
wenn Sie nur wollen.<br />
<strong>Die</strong> Scheuklappen versperren Ihnen<br />
nicht nur die Sicht auf die netten Personen,<br />
sie verhindern die wichtigen Augenblicke.<br />
Kümmern Sie sich bewusst<br />
um Fitness und Gesundheit. Ihr Körper<br />
fordert vermehrt zusätzliche Pfl ege<br />
und Aufmerksamkeit.<br />
Sie sprühen nur so vor positiver Energie.<br />
Hindernisse räumen Sie heute<br />
auch ohne viel Vorbereitung aus dem<br />
Weg! Weiter so! Singles haben jetzt<br />
gu te Chancen, dass sich ein vielversprechender<br />
Flirt vertieft. Es eröffnen<br />
sich neue Perspektiven.<br />
Mit tatkräftiger Marsunterstützung haben<br />
Sie das Gefühl, als könnten Sie<br />
Bäu me ausreißen. Aber übertreiben<br />
Sie nicht. Venus hat für Sie ein offenes<br />
Herz parat. Wenn Sie nun zu lange warten,<br />
verschenkt sie es an jemand anderen.<br />
Zugreifen!<br />
Entspannung und Erholung sollten keine<br />
Fremdwörter für Sie sein. Schaffen<br />
Sie sich Freiräume – erfüllen Sie sich<br />
Wünsche! Sie haben den Willen zu einer<br />
tief greifenden Veränderung – aber<br />
auch die nötige Einsicht? Mut zur Ehrlichkeit<br />
zu sich selbst!<br />
Sie belasten Ihren Körper bis aufs Äußerste.<br />
Gut, dass Sie so schnell regenerieren.<br />
Trotzdem: Ruhephasen einlegen.<br />
Vor lauter Begeisterung nach<br />
einer besonderen Begebenheit neigen<br />
Sie zur Unbesonnenheit. Vermeiden<br />
Sie Fehlinterpretationen.<br />
An diesem Tage stehen Ihnen alle Wege<br />
offen, wenn Sie sich mutig und entschlossen<br />
für Ihre Ziele und Träume<br />
einsetzen. Venus ist die beste Krankenschwester!<br />
Das Liebesglück vertreibt<br />
alle Zipperlein und lässt Ihre Form<br />
deut lich ansteigen.<br />
Eine Portion Sternenpower verleiht Ihnen<br />
Flügel. Da können Sie anpacken,<br />
was Sie wollen – und vielleicht noch<br />
mehr. Fantasie beschert Ihnen heute<br />
frischen Aufschwung in eine eingefahrene<br />
Situation. Freuen Sie sich über<br />
den positiven Ausgang!<br />
Einfl üsse von vielerlei Planeten schaffen<br />
in Ihnen das Gefühl, gegen Widerstände<br />
arbeiten zu müssen. Das macht<br />
sehr müde. Sie sind ziemlich überheblich<br />
und neigen dazu, Ihre Gefühle nur<br />
spärlich zu verteilen. Ihre Umwelt übernimmt<br />
diesen Sparkurs.
WELT KOMPAKT<br />
30 TV-PROGRAMM<br />
ARD ZDF RTL SAT.1 PRO 7 VOX<br />
5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00<br />
heute 9.05 Rote Rosen. Telenovela<br />
9.55 Wetterschau 10.00 heute<br />
10.03 ¥ Brisant 10.25 ¥ Weissensee<br />
(Wh.) 11.15 ¥ In aller Freundschaft<br />
(Wh.) 12.00 heute 12.15 g<br />
ARD-Buffet. Zuschauerfragen zum<br />
Thema: Schnarchen; Vincent Klink<br />
bereitet heute ein Gericht aus den<br />
Deutschen Koch-Charts zu (Platz<br />
18) 13.00 ZDF-Mittagsmagazin<br />
14.00 Tagesschau<br />
14.10 Rote Rosen<br />
15.00 Tagesschau<br />
15.10 Sturm der Liebe<br />
16.00 ¥ Tagesschau<br />
16.10 Papageien, Palmen & Co.<br />
17.00 ¥ Tagesschau<br />
17.15 ¥ Brisant<br />
18.00 Verbotene Liebe<br />
18.25 Marienhof<br />
18.50 Das Duell im Ersten<br />
19.20 Das Duell im Ersten<br />
19.45 ¥ Wissen vor 8<br />
Wie entsteht Popcorn?<br />
19.50 Wetter<br />
19.55 Börse im Ersten<br />
20.00 ¥ Tagesschau<br />
20.15 H¥gIm Dschungel<br />
TV-Drama, D 2010<br />
Mit Ronald Zehrfeld,<br />
Heino Ferch, Ina Weisse<br />
Regie: Elmar Fischer<br />
21.45 ¥ Hart aber fair Talk<br />
Thema: Bürger gegen Politiker<br />
– Wie viel Aufstand<br />
verträgt die Demokratie<br />
Moderator: Frank Plasberg<br />
23.00 Tagesthemen<br />
Moderation: Susanne Holst<br />
23.28 Wetter<br />
23.30 ¥ Schmutzige Schokolade<br />
0.15 Nachtmagazin<br />
0.35 Hõ¥Long Hello and<br />
Short Goodbye<br />
Thriller, D 1999<br />
Mit Nicolette Krebitz,<br />
Marc Hosemann, <strong>Die</strong>trich<br />
Hollinderbäumer<br />
Regie: Rainer Kaufmann<br />
2.05 ¥ Tagesschau<br />
2.10 ¥gPferdesport:<br />
<strong>Welt</strong>reiterspiele<br />
Springreiten, Nationenpreis<br />
4.00 Deutschlandbilder<br />
4.10 ¥ Tagesschau<br />
5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00<br />
heute 9.05 Volle Kanne – Service<br />
täglich. Top-Thema: Mieterpflichten<br />
– Vermieterpflichten; Einfach lecker:<br />
Tafelspitz mit Speckwirsing<br />
und legiertem Meerrettich 10.30 ¥<br />
g Lena – Liebe meines Lebens. Telenovela<br />
11.15 Reich und schön<br />
11.35 Reich und schön 12.00 heute<br />
12.15 drehscheibe Deutschland<br />
13.00 ZDF-Mittagsmagazin<br />
14.00 heute – in Deutschland<br />
14.15 <strong>Die</strong> Küchenschlacht<br />
15.00 heute<br />
15.05 Topfgeldjäger<br />
16.00 heute – in Europa<br />
16.15 ¥gLena<br />
17.00 ¥ heute – Wetter<br />
17.15 hallo deutschland<br />
17.45 ¥ Leute heute<br />
18.00 g SOKO Wismar<br />
Drunter und drüber<br />
18.50 Lotto am Mittwoch<br />
19.00 ¥ heute<br />
19.20 ¥ Wetter<br />
19.25 Küstenwache Entscheidung<br />
aus Verzweiflung<br />
20.15 ¥ Aktenzeichen XY...<br />
ungelöst<br />
Dresden: Sex-Täter auf der<br />
Lauer – Kripo fahndet nach<br />
brutalem Serienvergewaltiger;<br />
Frankfurt am Main:<br />
Auf offener Straße niedergeschossen<br />
– Terror gegen<br />
Top-Anwalt; Gelsenkirchen:<br />
Rambo-Messer am Hals –<br />
Angriff auf Geschäftsmann;<br />
Frankfurt am Main: Überfall<br />
auf Swinger-Club-Chef;<br />
Große Preisverleihung –<br />
XY präsentiert drei ausgezeichnete<br />
Kandidaten<br />
21.45 ¥ heute-journal<br />
22.15 Abenteuer Forschung<br />
Spurlos: Gibt es das<br />
perfekte Verbrechen?<br />
22.45 auslandsjournal XXL<br />
Thema: Küche, Kommerz,<br />
Kartelle – wie globalisiert<br />
ist unser Essen?<br />
23.30 Markus Lanz Talk<br />
0.35 heute nacht<br />
0.50 Da wird mir übel<br />
1.35 ¥ Aktenzeichen XY...<br />
ungelöst (Wh.)<br />
KABEL 1 TIPPS DES TAGES<br />
14.35 Eine schrecklich nette Familie<br />
15.05 King of Queens 15.30<br />
King of Queens 16.00 kabel eins<br />
news 16.10 What’s up, Dad?<br />
16.35 What’s up, Dad? 17.00 Two<br />
and a Half Men 17.30 Two and a<br />
Half Men 18.00 Abenteuer Leben<br />
– täglich Wissen 19.00 Achtung<br />
Kontrolle! 20.15 H Daredevil.<br />
Fantasyaction, USA 2002 22.15 H<br />
Dogma. Satire, USA 1998. Mit<br />
Ben Affleck, Matt Damon, Linda<br />
Fiorentino 0.35 H Daredevil. Fantasyaction,<br />
USA 2002 (Wh.) 2.20<br />
Der kabel eins Kinotipp 2.35<br />
Challenge 3.05 Star Trek – Das<br />
nächste Jahrhundert. SF-Serie.<br />
Ronin 3.50 Ein Käfig voller Helden<br />
5.55 Smallville 6.50 Allein gegen<br />
die Zukunft 7.55 Homeshopping<br />
8.55 Missionswerk Karlsruhe 9.00<br />
Joyce Meyer 9.30 Homeshopping<br />
12.40 Babylon 5 13.35 Stargate<br />
14.40 Yu-Gi-Oh! 15.05 Yu-Gi-Oh!<br />
15.25 One Piece 15.45 One Piece<br />
16.10 Smallville 17.10 Allein gegen<br />
die Zukunft 18.10 Babylon 5<br />
19.10 Stargate 20.15 H Der Duft<br />
von Lavendel. Melodram, GB 2004.<br />
Mit Judi Dench, Maggie Smithl<br />
22.25 H Narc. Thriller, USA/CDN<br />
2002 0.30 H Spitfire. Action, USA<br />
1994 2.30 H Street Fighter – <strong>Die</strong><br />
entscheidende Schlacht. Action,<br />
USA 1994 (Wh.) 4.30 Countdown X<br />
WDR<br />
14.15 ¥ markt 15.00 Planet Wissen<br />
16.00 ¥ WDR aktuell 16.15<br />
daheim & unterwegs 18.00 Lokalzeit<br />
18.05 ¥ Hier und heute 18.20<br />
¥ Servicezeit: Familie 18.50 ¥ Aktuelle<br />
Stunde 19.30 Lokalzeit aus<br />
Köln 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥<br />
Das NRW Duell. Thema: Schlager<br />
21.00 ¥ Land und lecker 21.45 ¥<br />
WDR aktuell 21.55 ¥ Bericht aus<br />
Brüssel 22.10 ¥ Um Himmels Willen.<br />
Serie. Urlaub mit Folgen 23.00<br />
H¥Tatort: Gebrochene Blüten. TV-<br />
Krimi, D 1988. Mit Götz George,<br />
Eberhard Feik 0.30 Jagd auf<br />
Schmuggler. Großeinsatz im Hamburger<br />
Hafen 1.00 Domian. Talk<br />
Im Dschungel<br />
Frank Sperber (Ronald Zehrfeld)<br />
kämpft als Betriebsratsmitglied um<br />
den Erhalt der Arbeitsplätze. Als er<br />
sich in die Managerin Marie Sandberg<br />
(Ina Weisse) verliebt, gerät er<br />
zwischen die Fronten. ARD 20.15<br />
6.00 CNBC – Capital Connection<br />
7.00 CNBC – Squawk Box Europe<br />
10.00 Teleshopping 10.30 Living<br />
Gospel 11.00 Das Vierte Lebensberatung<br />
13.00 Teleshopping<br />
17.30 Neues aus der Medizin.<br />
Mundhöhlenkrebs 18.00 Teleshopping<br />
18.30 Cybill. Rufmord 18.55<br />
Cybill. Geld regiert die <strong>Welt</strong> 19.20<br />
Ein Haus voller Töchter. Lehrer unter<br />
sich 19.45 Teleshopping 20.15<br />
H Der gezähmte Widerspenstige.<br />
Komödie, I 1980 22.35 Teleshopping<br />
23.20 ® Twilight Zone – Unwahrscheinliche<br />
Geschichten. <strong>Die</strong><br />
Farbe des Todes 23.55 Heiße Girls<br />
0.55 Das Vierte Girls 2.00 Girls<br />
14.15 ¥ Bilderbuch Deutschland<br />
15.00 ¥ aktuell 15.15 Leben im<br />
Verborgenen: Fuchs, Kauz und<br />
Specht 16.00 ¥ aktuell 16.10 Mein<br />
Nachmittag 17.10 Eisbär, Affe &<br />
Co. 17.35 Das Quiz mit Jörg Pilawa<br />
18.00 Ländermagazine 18.15 <strong>Die</strong><br />
Inselsheriffs von Sylt 18.45 DAS!<br />
19.30 Ländermagazine 20.00 ¥<br />
Tagesschau 20.15 Expeditionen ins<br />
Tierreich. Im Reich des Seeadlers<br />
21.00 Menschen und Schlagzeilen<br />
21.45 Großstadtrevier. Krimiserie.<br />
Kaltes Kind 22.35 Panorama – die<br />
Reporter 23.05 Zapp 23.35 ¥ Zimmer<br />
frei! – Prominente suchen ein<br />
Zuhause 0.35 ¥ <strong>Welt</strong>bilder (Wh.)<br />
6.00 Punkt 6. Magazin. Moderation:<br />
Miriam Lange, Bernd Fuchs<br />
7.30 Alles was zählt. Soap 8.00<br />
Unter uns. Soap 8.30 Gute Zeiten,<br />
schlechte Zeiten 9.00 Punkt 9. Magazin<br />
9.30 Mitten im Leben! Dokusoap<br />
10.30 Mitten im Leben! Dokusoap<br />
11.30 Unsere erste gemeinsame<br />
Wohnung. Dokusoap 12.00<br />
Punkt 12 – Das RTL-Mittagsjournal.<br />
Moderation: Roberta Bieling<br />
14.00 Mitten im Leben!<br />
Dokusoap<br />
15.00 Verdachtsfälle<br />
Dokusoap<br />
16.00 Familien im Brennpunkt<br />
Dokureihe<br />
17.00 <strong>Die</strong> Schulermittler<br />
17.30 Unter uns<br />
18.00 Explosiv – Das Magazin<br />
18.30 Exclusiv –<br />
Das Star-Magazin<br />
18.45 RTL Aktuell<br />
19.03 RTL Aktuell – Das Wetter<br />
19.05 Alles was zählt Soap<br />
19.40 Gute Zeiten,<br />
schlechte Zeiten Serie<br />
20.15 <strong>Die</strong> Super Nanny<br />
Recap Familien W. und C.<br />
aus Darmstadt<br />
21.15 Raus aus den Schulden<br />
Hans-Joachim K.<br />
aus Aichstetten<br />
22.15 stern TV Magazin<br />
Stuttgart 21: Wenn Bürger<br />
auf die Barrikaden gehen;<br />
Joey Kellys Tortur: Das große<br />
Finale?; Robert Enke:<br />
Ein allzu kurzes Leben;<br />
<strong>Die</strong> Tricks der Autodiebe:<br />
Wie leicht lassen sich<br />
moderne Autos knacken?<br />
0.00 RTL Nachtjournal<br />
0.32 Das Wetter<br />
0.35 Extra – Das RTL Magazin<br />
U.a.: Neues von den Reimanns:<br />
Wie Konny sich<br />
als Comic-Held macht und<br />
warum die Texas-Auswanderer<br />
Zuwachs kriegen<br />
1.40 Raus aus den Schulden<br />
Dokusoap (Wh.)<br />
2.30 CSI: Miami Krimiserie<br />
3.20 RTL Nachtjournal (Wh.)<br />
3.47 Das Wetter (Wh.)<br />
3.50 Das Strafgericht<br />
Schmutzige Schokolade<br />
Schokolade essen ist nicht so<br />
harmlos wie wir glauben – Hilfsorganisationen<br />
verdächtigen die<br />
Schokoladen-Industrie, von Kinderhandel<br />
und Kinderarbeit in<br />
Afrika zu profitieren. ARD 23.30<br />
14.15 Pfeffersäcke, <strong>Die</strong>be und<br />
Abenteurer 15.00 Der Weg der<br />
Diamanten 15.45 Der Weg der Diamanten<br />
16.30 Der Weg der Diamanten<br />
17.15 <strong>Die</strong> Löwen vom Krokodil-Fluss<br />
18.00 Bilder aus<br />
Deutschland 18.30 nano 19.00 ¥<br />
heute 19.20 Kulturzeit 20.00 ¥ Tagesschau<br />
20.15 Willkommen in der<br />
Nanowelt. Von Mikro zu Nano 21.15<br />
Wilder <strong>deutsche</strong>r Wald 21.30 Bauerfeind<br />
22.00 ZIB 2 22.25 Tonspur<br />
– der Soundtrack meines Lebens.<br />
Eine musikalische Spurensuche<br />
22.55 ¥ <strong>Die</strong> Anwälte. Serie. Leben<br />
und Tod 23.40 ¥ <strong>Die</strong> Anwälte. Serie.<br />
Glauben 0.25 10 vor 10<br />
14.15 Planet Wissen 15.15 Der<br />
Wettlauf der bockigen Viecher<br />
16.00 rbb aktuell 16.05 Heute im<br />
Parlament 17.00 rbb aktuell 17.05<br />
Elefant, Tiger & Co. 17.55 Unser<br />
Sandmännchen 18.00 rbb um<br />
sechs – Das Ländermagazin 18.25<br />
rbb wetter 18.30 zibb 19.25 rbb<br />
wetter 19.30 Abendschau 20.00 ¥<br />
Tagesschau 20.15 ¥ quivive 21.00<br />
<strong>Die</strong> 30 legendärsten Fernsehshows<br />
21.45 rbb aktuell 22.15 <strong>Die</strong> rbb<br />
Reporter. Figaros Umzug – <strong>Die</strong><br />
Staatsoper zu Gast im Schillertheater<br />
22.40 H Der Richter und der<br />
Mörder. Psychokrimi, F 1975 0.40<br />
Thadeusz (Wh.) 1.10 Abendschau<br />
5.30 Sat.1-Frühstücksfernsehen.<br />
Magazin. Moderation: Jan Hahn,<br />
Karen Heinrichs, Matthias Killing<br />
10.00 Zwei bei Kallwass. Lebensberatung<br />
11.00 Richterin Barbara<br />
Salesch. Gerichtsshow 12.00 Richter<br />
Alexander Hold. Gerichtsshow<br />
13.00 Britt<br />
Britt deckt auf: Schamlose<br />
Lügengeschichten<br />
Moderation: Britt Hagedorn<br />
14.00 Zwei bei Kallwass<br />
Lebensberatung<br />
15.00 Richterin Barbara Salesch<br />
Gerichtsshow<br />
16.00 Richter Alexander Hold<br />
Gerichtsshow<br />
17.00 Niedrig und Kuhnt<br />
Reihe. Zauberhaft<br />
17.30 Das Sat.1-Magazin<br />
18.00 Hand aufs Herz<br />
18.30 Anna und die Liebe<br />
19.00 Schicksale – und plötzlich<br />
ist alles anders Show<br />
19.30 K 11 – Kommissare<br />
im Einsatz<br />
Reihe. Mordslügen<br />
20.00 Sat.1 Nachrichten<br />
20.15 Deutschland gegen Türkei –<br />
Das Duell<br />
Länder-Spielshow<br />
Gäste: Til Schweiger,<br />
Matthias Steiner, Jürgen<br />
Vogel, Andrea Sawatzki,<br />
Ulla Kock am Brink,<br />
Mike Krüger, Kaya Yanar,<br />
Gülcan Kamps, Bülent<br />
Ceylan, Sila Sahin, Eko<br />
Fresh, Erdogan Atalay,<br />
Tim Seyfi, Ilknur Boyraz<br />
23.30 Mensch Markus<br />
Comedy von 2002<br />
0.00 Mensch Markus<br />
0.30 Hausmeister Krause –<br />
Ordnung muss sein<br />
Schell bei Michelle<br />
1.05 Hausmeister Krause –<br />
Ordnung muss sein<br />
<strong>Die</strong> Sexmaschine<br />
1.30 Joe Cocker: Das SAT.1<br />
Music Special<br />
1.55 Quiz Night<br />
3.25 Zwei bei Kallwass (Wh.)<br />
4.15 Richterin Barbara Salesch<br />
Gerichtsshow (Wh.)<br />
5.05 Niedrig und Kuhnt (Wh.)<br />
Abenteuer Forschung<br />
Der Wettlauf zwischen Jägern und<br />
Gejagten, zwischen Ermittlern und<br />
Straftätern, vollzieht sich in immer<br />
höherem Tempo. Harald Lesch stellt<br />
die Frage, ob es das perfekte Verbrechen<br />
gibt. ZDF 22.15<br />
14.45 H <strong>Die</strong> Elsässer: 1927 – 1940<br />
(3/4). Familienchronik, F 1996<br />
16.10 Palettes 16.50 g Bauen und<br />
Leben mit Lehm 17.35 X:enius<br />
18.05 g 360° – Geo Reportage<br />
19.00 Journal 19.30 Im Farbrausch<br />
der Tiefe. Aus der Sicht der Fische<br />
20.15 g Schlaflos im Krieg. <strong>Die</strong><br />
pharmazeutische Waffe 21.05 <strong>Die</strong><br />
Unbeugsamen. Reportage. Flucht<br />
aus Hitlers Elitengefängnis 22.00<br />
g Erectionman 22.55 H gSuely<br />
im Himmel. Drama, F/D 2006 0.15<br />
Im Hause Chanel 0.40 g Mit offenen<br />
Karten. Magazin 0.55 H Zimt<br />
und Koriander. Tragikomödie,<br />
GR/TR 2003 2.45 Vorschau<br />
13.30 H ¥Der Sonnenhof. TV-Komödie,<br />
D 2007 15.00 ¥ Dahoam is<br />
Dahoam 15.30 Wir in Bayern 16.45<br />
Rundschau 17.00 Münchner Hinterhofgeschichten<br />
17.30 Schwaben<br />
& Altbayern aktuell 18.00 Abendschau<br />
18.45 ¥ Rundschau 19.00 ¥<br />
Stationen.Dokumentation 19.45 ¥<br />
Dahoam is Dahoam 20.15 Jetzt red<br />
i 21.00 Rundschau-Magazin 21.15<br />
¥ Kontrovers – Das Politikmagazin<br />
21.45 H ¥ Pizza und Marmelade.<br />
Tragikomödie, D 2008 23.15 Kino<br />
Kino 23.30 Rundschau-Nacht<br />
23.39 H ¥Meine Mutter, mein Bruder<br />
und ich. Familiendrama, D 2008<br />
1.15 on3-südwild. Jugendmagazin<br />
11.40 Das Zauberkarussell 11.55<br />
Classic Cartoon 12.05 õ In einem<br />
Land vor unserer Zeit 12.30 Coco,<br />
der neugierige Affe 12.55 Pearlie<br />
13.20 õ Rocket & Ich 13.40 Hier<br />
ist Ian 14.05 Mini Ah! 14.08 logo!<br />
14.10 Schloss Einstein 15.00 Endlich<br />
Samstag! 15.50 <strong>Die</strong> Hauptstadtpraktikanten<br />
16.18 logo!<br />
16.20 Bernard 16.25 Enyo 17.15<br />
Caspers Gruselschule 17.40 õ Jibber<br />
Jabber 18.00 Roary 18.20 Das<br />
Zauberkarussell 18.40 Elefantastisch!<br />
18.50 Sandmännchen 19.00<br />
õ In einem Land vor unserer Zeit<br />
19.25 pur+ 19.50 logo! 20.00 KI.<br />
KA Live 20.15 õ Dance Academy<br />
13.30 H¥Hengstparade. TV-Krimikomödie,<br />
D 2005 15.00 Planet<br />
Wissen 16.00 Aktuell 16.05 Kaffee<br />
oder Tee? 17.00 Aktuell 17.05 Kaffee<br />
oder Tee? 18.00 Aktuell 18.09<br />
Börse 18.15 ¥ Koch-Kunst mit<br />
Vincent Klink 18.45 Landesschau<br />
19.45 Aktuell 20.00 ¥ Tagesschau<br />
20.15 betrifft: Das Geheimnis der<br />
Heilung 21.00 Reisewege: Leben<br />
wie Gott in Frankreich 21.45 Aktuell<br />
22.00 Der Hundeversteher<br />
22.30 Neues vom König aus Burladingen<br />
23.00 An vordersten Fronten<br />
– Kriegsalltag in Afghanistan<br />
23.45 H¥Tödliche Entscheidung.<br />
Thriller, USA 2007 1.35 Leben live<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
TELE 5 DAS VIERTE 3SAT ARTE KI.KA PHOENIX<br />
NDR RBB BR SWR HR<br />
H Spielfilm õ Dolby-Surroundsound Stereoton † Zweikanalton ¥ Videotext-Untertitel auf Tafel 150 ® Schwarzweiß<br />
6.05 How I Met Your Mother 6.50<br />
Kyle XY 7.45 Alle hassen Chris 8.35<br />
How I Met Your Mother 9.35 Malcolm<br />
mittendrin 10.30 Scrubs<br />
11.25 H <strong>Die</strong> Highschool-Trickser.<br />
Komödie, USA 2001. Mit Trevor<br />
Fehrman, Elden Henson, Matthew<br />
Lawrence 13.05 Malcolm mittendrin<br />
13.35 Malcolm mittendrin.<br />
Schweigen ist ungesund<br />
14.05 Scrubs – <strong>Die</strong> Anfänger<br />
Mein Spitzname<br />
14.30 Scrubs – <strong>Die</strong> Anfänger<br />
Mein Weihnachtswunder<br />
15.00 We are Family!<br />
So lebt Deutschland <strong>Die</strong><br />
Campingplatz-Familie (3)<br />
17.00 taff Magazin<br />
U. a.: Endlich stotterfrei<br />
18.00 Newstime<br />
18.10 <strong>Die</strong> Simpsons<br />
Und der Mörder ist…<br />
18.40 <strong>Die</strong> Simpsons<br />
Lehrerin des Jahres<br />
19.10 Galileo U. a.: Mission<br />
Wissen <strong>Welt</strong>weit – Jobs an<br />
ungewöhnlichen Orten<br />
20.15 Grey’s Anatomy –<br />
<strong>Die</strong> jungen Ärzte<br />
Arztserie. Der Tod und<br />
seine Freunde. Mit Ellen<br />
Pompeo, Katherine Heigl<br />
22.15 Good Wife<br />
Dramaserie. Fluchtversuche<br />
Mit Julianna Margulies, Matt<br />
Czuchry, Archie Panjabi<br />
23.15 TV total<br />
Comedy-Show. Gäste:<br />
Sarah Connor, Konny Reimann,<br />
Kai Magnus Sting<br />
Moderation: Stefan Raab<br />
0.10 Galileo: Das Fake-Check<br />
Spezial<br />
1.15 ProSieben Reportage<br />
<strong>Die</strong> Edel-Anstalt – Prüfungsstress<br />
im Eliteinternat<br />
2.00 ProSieben Night-Loft<br />
3.00 Spätnachrichten<br />
3.05 Grey’s Anatomy –<br />
<strong>Die</strong> jungen Ärzte<br />
Arztserie (Wh.)<br />
4.25 TV total (Wh.)<br />
5.10 ProSieben Reportage<br />
<strong>Die</strong> Edel-Anstalt – Prüfungsstress<br />
im Eliteinternat<br />
5.50 CineTipp<br />
Daredevil<br />
Der blinde Anwalt Matt Murdock (Ben<br />
Affleck) vertritt tagsüber die Unterdrückten,<br />
nachts jedoch wird er zu<br />
Daredevil, einem maskierten Rächer<br />
der mit seinen Fähigkeiten für Gerechtigkeit<br />
kämpft. Kabel1 20.15<br />
6.25 McLeods Töchter 8.15 <strong>Die</strong><br />
Nanny 8.45 <strong>Die</strong> Nanny 9.15 Gilmore<br />
Girls 10.15 ’Til Death. Des Bruders<br />
Hüter / Mr. T und die Männer<br />
10.45 ’Til Death. Durchgebrannt<br />
11.10 vox nachrichten 11.15 <strong>Die</strong><br />
Nanny. Yettas Briefe 11.45 <strong>Die</strong><br />
Nanny. Woman in love 12.15 The<br />
Guardian – Retter mit Herz. Eine<br />
rettende Spende 13.15 McLeods<br />
Töchter. Serie. <strong>Die</strong> Rückkehr<br />
14.10 McLeods Töchter<br />
Serie. Wo das Herz schlägt<br />
15.05 Law & Order<br />
Krimiserie. Bei aller Liebe<br />
16.00 Law & Order<br />
Schall und Rauch<br />
16.55 Menschen, Tiere<br />
& Doktoren<br />
Dokusoap über Tierärzte<br />
18.00 mieten, kaufen, wohnen<br />
Dokusoap über<br />
Traumimmobilien<br />
19.00 Das perfekte Dinner<br />
Tag 3: Sabine aus München<br />
19.50 Prominent! Magazin<br />
Moderation: Constanze Rick<br />
20.15 Criminal Intent<br />
Krimiserie. Pokerface<br />
21.15 Lie to Me<br />
Krimiserie. Pokerface<br />
22.15 Leverage<br />
Krimiserie<br />
Ein Team für alle Fälle<br />
23.10 Crossing Jordan –<br />
Pathologin mit Profil<br />
Krimiserie. Rattengift<br />
0.05 Criminal Intent –<br />
Verbrechen im Visier<br />
Krimiserie. Pokerface (Wh.)<br />
1.00 vox nachrichten<br />
1.20 Lie to Me<br />
Krimiserie. Pokerface (Wh.)<br />
2.05 Leverage<br />
Krimiserie. Ein Team<br />
für alle Fälle (Wh.)<br />
2.45 Crossing Jordan (Wh.)<br />
3.30 The District –<br />
Einsatz in Washington<br />
Krimiserie. Totgeglaubt<br />
4.10 Law & Order<br />
Krimiserie. Bei aller Liebe<br />
4.50 Law & Order<br />
Schall und Rauch (Wh.)<br />
5.35 mieten, kaufen, wohnen<br />
Dokusoap<br />
RTL 2<br />
14.50 Yu-Gi-Oh! 5D’s 15.20 Naruto<br />
Shippuden 15.45 Naruto<br />
Shippuden 16.05 Immer wieder<br />
Jim 16.35 Immer wieder Jim<br />
17.05 Hinterm Sofa an der Front.<br />
Ich bin nicht schwul! 17.30 Hinterm<br />
Sofa an der Front. Große<br />
Dinger 18.00 <strong>Die</strong> Schnäppchenhäuser<br />
19.00 X-Diaries – love,<br />
sun & fun. Soap 20.00 News<br />
20.15 H Sunshine. Science-Fiction,<br />
GB/USA 2007 22.25 Paradox.<br />
Bestimmung 23.30 Heroes. Tabula<br />
Rasa 0.30 Stargate. Metamorphosis<br />
1.20 Battlestar Galactica.<br />
Heimat 2.10 H Das Verfluchte<br />
Grab. TV-Action, USA 2007 3.55<br />
Paradox (Wh.) 4.45 Heroes (Wh.)<br />
13.00 Sitzung des Deutschen Bundestages<br />
13.30 Krokodile im<br />
Wohnzimmer 14.00 Profit statt<br />
Heilung? 14.45 Vor Ort 15.35 Sitzung<br />
des Deutschen Bundestages,<br />
Aktuelle Stunde 18.00 Krokodile im<br />
Wohnzimmer 18.30 Hitlers geheime<br />
Waffe. <strong>Die</strong> tödliche Fracht der<br />
Hydro 19.15 Hitlers letzte Waffe.<br />
<strong>Die</strong> Raketen von Peenemünde<br />
20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Ins heiße<br />
Herz Afrikas. Wassermusik 21.00<br />
Ins heiße Herz Afrikas. Jenseits von<br />
Timbuktu 21.45 heute-journal<br />
22.15 Phoenix-Runde. Diskussion<br />
23.00 Der Tag 0.00 Phoenix-Runde<br />
0.45 Im Bann der Pferde. Dokureihe<br />
14.45 Invasion aus dem Meer<br />
15.30 Bergauf-Bergab 16.00 <strong>Die</strong><br />
Franche-Comté 16.45 hessenschau<br />
kompakt 17.00 Das Quiz mit Jörg<br />
Pilawa 17.50 hessenschau kompakt<br />
18.00 maintower 18.20 ¥ Brisant<br />
18.50 service: trends 19.15 wetter<br />
19.30 hessenschau 19.58 wetter<br />
20.00 Tagesschau 20.15 mex. das<br />
marktmagazin 21.00 Alles Wissen.<br />
Schwerpunkta: Medizin 21.45 ¥ Um<br />
Himmels Willen 22.30 hessenschau<br />
kompakt 22.45 Faszination Berge<br />
23.40 <strong>Die</strong> Herren der Lüfte 0.10 H<br />
¥ <strong>Die</strong> Schreckensfahrt der Orion<br />
Star. TV-Actiondrama, USA/D<br />
1998 1.40 Alles Wissen. Magazin
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
MENSCHEN & MEDIEN 31<br />
ZIPPERT ZAPPT<br />
<strong>Die</strong> katholische Kirche hat die<br />
Verleihung des Nobelpreises für<br />
Medizin an Robert Edwards, den<br />
Erfinder der künstlichen Befruchtung,<br />
kritisiert. Seit 1978 sind über<br />
vier Millionen Kinder nach der<br />
Methode von Edwards gezeugt<br />
worden. Das gefällt der Kirche<br />
nicht, obwohl damit die Kinderherstellung<br />
endlich ohne den<br />
höchst störungsanfälligen Beischlaf<br />
bewerkstelligt werden kann.<br />
Trotz Edwards’ Erfindung sind<br />
Kinder immer noch die häufigste<br />
Nebenwirkung von Sex, verbunden<br />
mit Juwelierbesuch, Kreditaufnahme,<br />
Häuserkauf, Eheschließung<br />
und Scheidung. Kinder, die<br />
im Reagenzglas entstanden sind,<br />
können aber genau die gleichen<br />
Nebenwirkungen hervorrufen. Sie<br />
sind mit bloßem Auge nicht von<br />
herkömmlich erzeugten Kindern<br />
zu unterscheiden, sie wünschen<br />
sich nicht über<strong>durch</strong>schnittlich oft<br />
einen Chemiebaukasten zu Weihnachten<br />
und bevorzugen auch<br />
keineswegs Berufe mit Laboraufenthalten<br />
oder Nahrungsmittel mit<br />
künstlichen Aromastoffen. Jetzt<br />
sucht die Wissenschaft noch nach<br />
einem Verhütungsmittel gegen<br />
künstliche Befruchtung. <strong>Die</strong> Kirche<br />
ist trotzdem gegen künstliche<br />
Befruchtung, denn auf ein ähnliches<br />
Verfahren hält sie seit 2010<br />
Jahren das Patent.<br />
LEUTE VON WELT<br />
■ Katy Perry (25),<br />
Popsängerin, und<br />
Russell Brand (35),<br />
britischer Schauspieler(„Männertrip“),<br />
wollen<br />
keine Hochzeitsgeschenke.<br />
Laut<br />
einem Bericht des „Daily Mirror“<br />
hat das Paar in ihren Einladungen<br />
die Gäste gebeten, auf Präsente zu<br />
verzichten und stattdessen Geld<br />
für wohltätige Zwecke zu spenden.<br />
<strong>Die</strong> Trauung soll Ende des Monats<br />
in Indien stattfinden.<br />
DPA /PA/ JOERG KOCH<br />
■ Regisseur Roman Polanski (76) hat<br />
sich zum zweiten Mal seit seiner<br />
Entlassung aus dem Hausarrest in<br />
der Öffentlichkeit gezeigt. Er<br />
besuchte am Montagabend die<br />
Eröffnung einer Ausstellung über<br />
Frauenhaare in Paris. „Ich bin<br />
glücklich, in Paris<br />
zu sein und meine<br />
Freunde wieder<br />
zu treffen“, sagte<br />
Polanski. <strong>Die</strong><br />
Schweiz hatte<br />
Mitte Juli den<br />
Hausarrest für<br />
Polanski aufgehoben.<br />
<strong>Die</strong> US-Justiz wirft dem<br />
Filmemacher vor, 1977 eine 13-<br />
Jährige sexuell missbraucht zu<br />
haben.<br />
DPA/PA/ HUBERT BOESL<br />
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twitter.com/wk_ellwanger<br />
Das Büro in der New Yorker Madison Avenue von Werbe-Profi Donald Draper (Jon Hamm, Mitte) ist das Zentrum der Serie „Mad Men“<br />
<strong>Die</strong> Mad Men aus Mainz<br />
Heute startet die derzeit beste Serie im ZDF – nicht im Hauptkanal, sondern auf ZDFneo<br />
VON RICHARD KÄMMERLINGS<br />
UND PETER PRASCHL<br />
Berlin – Eine Gruppe junger, ehrgeiziger,<br />
brillanter Kreativer sitzt in der<br />
Chefetage zusammen, schon vor<br />
dem Meeting genehmigt man sich einen<br />
Hochprozentigen, es wird geraucht,<br />
gedacht, gelacht. Jeder will<br />
den Nebenmann mit seinen Geistesblitzen<br />
ausstechen, die Bedenken der<br />
Marktforschung werden schon vorher<br />
lässig in den Papierkorb geworfen,<br />
denn das Budget spielt hier, bei<br />
den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,<br />
sowieso keine Rolle.<br />
Plötzlich hat einer die Idee, die alle<br />
umhaut, sogar den Programmdirektor:<br />
„Leute, wir machen eine Fernsehserie<br />
über eine Werbeagentur in<br />
der Adenauer-Ära, total stylish, bis<br />
ins letzte Ausstattungsdetail historisch<br />
authentisch, setzen die witzigsten<br />
Dialogschreiber dran, casten die<br />
besten Schauspieler und erzählen<br />
nebenbei die Mentalitätsgeschichte<br />
der frühen Bundesrepublik, so tiefgründig<br />
wie in einem Frühwerk von<br />
Martin Walser. Geld spielt keine Rolle,<br />
wir sind ja nicht bei den Privaten,<br />
und dann bringen wir das sonntags<br />
zur Prime Time als Konkurrenz zum<br />
Tatort!“<br />
So will man sich gern eine Programmkonferenz<br />
auf dem Mainzer<br />
Lerchenberg vorstellen. <strong>Die</strong> klügsten<br />
Fernsehköpfe der Republik, mutige<br />
Chefs, Geld satt, Quoten egal und am<br />
Ende entsteht eine Serie, die es in der<br />
Qualität und Zeitgemäßheit mit den<br />
besten amerikanischen Formaten<br />
aufnehmen kann. <strong>Die</strong> Serie über die<br />
frühen Sechziger gibt es bekanntlich<br />
schon. Sie heißt „Mad Men“, läuft<br />
seit Sommer 2007 auf dem amerikanischen<br />
Kabelsender AMG und hat<br />
in den letzten drei Jahren Emmys<br />
und Golden Globes abgeräumt. Neben<br />
HBO-Serien wie „Sopranos“<br />
oder „The Wire“ gilt „Mad Men“ als<br />
Paradebeispiel einer neuen Fernsehspitzenqualität.<br />
Wenn das ZDF jetzt<br />
mit dem Slogan „Hinter jeder erfolgreichen<br />
Frau steht ein Mann, der ihr<br />
auf den Arsch glotzt” für „Mad Men“<br />
plakatiert, dann ist das nicht mehr als<br />
ein schlechter Witz: Mit riesiger Verspätung<br />
läuft nun die erste Staffel an<br />
– im Spartenkanal ZDFneo.<br />
Der wurde 2009 von den Mainzern<br />
gegründet, um Sendungen auslagern<br />
zu können, die auf ein Publikum<br />
unterhalb des Kukident-Alters<br />
und oberhalb eines provinziellen<br />
Geschmacks abzielen. Bei neo laufen<br />
Klassisch: Donald’s Ehefrau Betty (January Jones),<br />
hat gekocht, die Männer genießen das Essen<br />
<strong>Die</strong> Serie<br />
■ <strong>Die</strong> vielfach ausgezeichnete Serie<br />
„Mad Men“, unter anderem mit den<br />
US-Fernsehpreisen „Golden Globe“<br />
und „Emmy“ dekoriert, ist eine<br />
Studie einer heilen Männer-<strong>Welt</strong>, ein<br />
paar Jahre bevor die Revoluzzer der<br />
68er-Generation das Establishment<br />
infrage stellten. Im Mittelpunkt steht<br />
Don Draper, der aufstrebende Star<br />
einer Werbeagentur an der New<br />
Yorker Madison Avenue. Er ist die<br />
Verkörperung des amerikanischen<br />
Traums, lebt mir Ehefrau Betty und<br />
seinen Kindern in der Vorstadt. In<br />
viele Programme, auf die das ZDF<br />
stolz sein dürfte – im Hauptsender<br />
währenddessen verschnarchte Klassiker<br />
wie „Wetten, dass“, die den Altersschnitt<br />
des ZDF-Publikums verlässlich<br />
bei 61 Jahren halten. Bislang<br />
ist die Strategie nicht aufgegangen:<br />
Ein Jahr nach seiner Gründung hat<br />
der Spartenkanal einen Marktanteil<br />
von 0,3 Prozent. Was möglicherweise<br />
auch daran liegt, dass ZDFneo oft<br />
nicht in die Kabelnetze eingespeist<br />
wird und im digitalen terrestrischen<br />
Fernsehen empfangen werden muss,<br />
wo es sich einen Kanal mit dem Kindersender<br />
kika teilt. Wahrscheinlich<br />
haben die meisten Menschen<br />
in Deutschland<br />
noch immer nicht die geringste<br />
Ahnung, dass es<br />
ZDFneo gibt. Deswegen ist<br />
die Entscheidung, einer so<br />
epochalen Serie wie „Mad<br />
Men“ einen Nischenplatz<br />
statt den ganz großen Auftritt<br />
zu geben, Programmplatz<br />
gewordene Gering-<br />
schätzung. Schließlich<br />
wissen die Verantwortlichen:<br />
Wenn man will, dass<br />
etwas nicht gesehen wird,<br />
der City hält er sich Geliebte. Ihn<br />
plagt eine dunkle Vergangenheit, die<br />
er um jeden Preis verbergen will. In<br />
den Büros wird geraucht und getrunken,<br />
die Kerle sind sexistisch,<br />
rassistisch und antisemitisch. Frauen<br />
werden in zwei Kategorien eingeteilt:<br />
<strong>Die</strong> Vorzeigegattin, als Heimchen<br />
am Herd und die Sekretärin im<br />
Büro, die für Affären gerade gut<br />
genug ist.<br />
■ Ab heute immer mittwochs um<br />
22.30 Uhr auf ZDFneo<br />
schiebt man es in ZDFneo ab. Oder<br />
umgekehrt: Das ZDF missbraucht<br />
den Nimbus, den die Serie hat, als<br />
Promo-Hebel für eine Totgeburt –<br />
anstatt sie der Allgemeinheit auf direktem<br />
Wege zugänglich zu machen,<br />
wie es eigentlich seine Pflicht wäre.<br />
Das ist einerseits kreuzdämlich.<br />
Andererseits könnte man es auch für<br />
skandalös halten. Das ZDF ein Sender<br />
mit staatsvertraglich festgeschriebenem<br />
Bildungs- und Qualitätsauftrag<br />
und dem Privileg, sein<br />
Programm aus Gebührenmitteln bestreiten<br />
zu können. Es könnte sich also<br />
<strong>durch</strong>aus den Ehrgeiz leisten, ohne<br />
Quotendruck intelligentes und innovatives<br />
Fernsehen zu machen.<br />
Stattdessen versucht es, so erfolgreich<br />
wie die Privaten zu sein, ohne<br />
deren Geschäftsrisiken einzugehen.<br />
Und vertreibt das Publikum mit<br />
Traumschiffen, Markus-Lanz-Gesülze,<br />
Hitlers Helfern und Hitlers Hunden.<br />
Doch wann immer jemand daran<br />
zweifelt, ob die Mainzer ihren<br />
Job richtig machen, verweisen sie auf<br />
ihre ambitionierten Spartenkanäle.<br />
Als würde sich ein Arztroman-Tycoon<br />
damit rechtfertigen, dass er in<br />
einer Sonderreihe auch experimentelle<br />
Poesie verlegt. <strong>Die</strong> Folgen fürs<br />
<strong>deutsche</strong> Fernsehen sind fatal. Denn<br />
natürlich kosten die verschnarchten<br />
Programme das Geld, das man<br />
bräuchte, um brillante Drehbuchautoren<br />
aufzubauen und riskante Formate<br />
zu entwickeln. Und natürlich<br />
würde ein Publikum, das von den Öffentlich-Rechtlichen<br />
nur Talk-Marathons<br />
und Schnabeltassen-Gönnerhaftigkeit<br />
gewohnt ist, von einer Serie<br />
etwa über eine Werbeagentur aus<br />
der Adenauer-Ära erst einmal so<br />
überfordert werden wie von „Mad<br />
Men“.Vielleicht sollte man das ZDF<br />
einfach abschaffen. Und das gute<br />
Fernsehen nur noch im DVD-Fachhandel<br />
suchen.<br />
Verleger: Axel Springer (1985 †) Herausgeber: Thomas Schmid<br />
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ZDF/LIONS GATE TV INC<br />
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WELT KOMPAKT<br />
32 AUS ALLER WELT<br />
WELT KOMPAKT<br />
DEUTSCHLAND<br />
Amokläufer schoss wahllos<br />
Der Amokläufer von Winnenden<br />
hat einem Gutachten zufolge nicht<br />
gezielt auf Mädchen geschossen.<br />
„Er hat nicht selektiv geschossen“,<br />
sagte Rechtsmediziner Heinz-<br />
<strong>Die</strong>ter Wehner gestern vor dem<br />
Landgericht Stuttgart. Der 17-<br />
Jährige habe mehreren seiner<br />
Opfer beim Amoklauf am 11. März<br />
2009 in der Albertville Realschule<br />
gezielt in den Oberkörper geschossen,<br />
dabei aber nicht zwischen<br />
Mädchen und Jungen unterschieden.<br />
Wehner bestätigte die<br />
Ergebnisse der Polizei, dass der<br />
Amokläufer mit einem Stirnschuss<br />
Selbstmord beging. Sein Vater<br />
steht wegen des Verstoßes gegen<br />
das Waffengesetz vor Gericht.<br />
GROSSBRITANNIEN<br />
Feuer zerstört Brücke<br />
Ein Feuer hat den 138 Jahre alten<br />
historischen Pier im britischen<br />
Badeort Hastings im Südosten<br />
Englands zerstört. <strong>Die</strong> seit dem<br />
Jahr 2006 für Besucher gesperrte<br />
Seebrücke aus Holz und Eisen in<br />
der Grafschaft East Sussex sei bei<br />
dem Brand zu 95 Prozent vernichtet<br />
worden. „Wir versuchen<br />
vorrangig, so viel wie möglich von<br />
der Substanz zu erhalten, um dann<br />
zu schauen, was in der Zukunft<br />
noch möglich ist“, sagte ein Feuerwehr-Sprecher.<br />
PHILIPPINEN<br />
Strafe für falsche Hymne<br />
Wer die Nationalhymne nicht<br />
richtig singt, muss auf den Philippinen<br />
künftig mit Strafen rechnen.<br />
Das Repräsentantenhaus hat ein<br />
Gesetz verabschiedet, nach dem<br />
„Lupang Hinirang“ (auserkorenes<br />
Land) im Tempo eines Marsches<br />
zu singen ist. Wer schief singt oder<br />
nicht genügend engagiert, dem<br />
drohen Strafen von 100 000 Pesos<br />
(1700 Euro) oder zwei Jahre Gefängnis.<br />
Anzeige<br />
Menschen fliehen in dem Dorf Devescer aus ihren Häusern. Der rote, giftige Schlamm bedeckt die Straßen<br />
Giftkatastrophe in Ungarn<br />
Unfall in Aluminiumfabrik – Vier Tote, viele Verletzte<br />
VON THOMAS ROSER<br />
Budapest – <strong>Die</strong> Luftaufnahmen<br />
des ungarischen Fernsehens zeigten<br />
gestern das ganze Ausmaß der<br />
offensichtlich von Ungarns Behörden<br />
zunächst völlig unterschätzten<br />
Katastrophe. Über 40 Quadratkilometer<br />
sind im Nordwesten Ungarns<br />
schon von den hochgiftigen<br />
Schlamm-Massen bedeckt. Sie hatten<br />
sich nach einem Deichbruch<br />
im seegroßen Rückhaltebecken<br />
des Aluminiumwerks von Ajka zunächst<br />
über die Dörfer Kolonotar<br />
und Devecser ergossen. Verzweifelt<br />
versuchte das Militär, mit dem<br />
Abwurf von Zementsäcken aus<br />
Hubschraubern die weitere Ausbreitung<br />
der Schlammwelle zu<br />
stoppen. Wenn der Schlamm in<br />
den Fluss Raba und damit auch in<br />
die Donau gelangen sollte, „sollte<br />
jeder auf die Knie sinken – und beginnen<br />
zu beten“, sagte der erschütterte<br />
Staatssekretär Illes Zol-<br />
tan nach einem Ortstermin. Er<br />
sprach von einer „ökologischen<br />
Katastrophe“.<br />
Tagelanger Regen hatte den<br />
schwachen Erddeich des<br />
Schlammbeckens offenbar aufgeweicht.<br />
<strong>Die</strong> gerade beim Mittagessen<br />
sitzenden Einwohner der angrenzenden<br />
Ortschaften rund 30<br />
Kilometer nördlich des Balaton-<br />
Sees wurden völlig unvorbereitet<br />
von der über einen Meter hohen<br />
Schlammwelle überrascht, die<br />
über 400 Häuser überflutete und<br />
zum Teil zerstörte. Den Helfern<br />
bot sich ein Bild der Verwüstung -<br />
der rote natronlaugehaltige Bauxitschlamm<br />
stand vielerorts meterhoch.<br />
Bislang sprechen die ungarischen<br />
Rettungskräfte von mindestens<br />
vier Todesopfern, darunter<br />
ein drei Monate altes Baby. Vier<br />
Einwohner werden noch vermisst,<br />
Dutzende Menschen mussten mit<br />
schweren Verletzungen, meist<br />
Verätzungen, in Kliniken eingeliefert<br />
werden. <strong>Die</strong> genaue Zusammensetzung<br />
der rötlichen Giftbrühe<br />
ist noch unbekannt. Das staatliche<br />
Umweltamt spricht von<br />
„schwach radioaktiven und krebserregenden<br />
Stoffen“. Der Betreiber<br />
des Aluminium-Werks, die Magyar<br />
Aluminium Termel Rt (MA),<br />
hatte sich gestern nicht öffentlich<br />
geäußert, um über die in dem ausgelaufenen<br />
Giftsee eingelagerten<br />
Abfallstoffe zu informieren.<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Familiendrama:<br />
Leiche im See und<br />
ICE-Unglück<br />
München – Grausamer Zusammenhang<br />
zwischen dem Selbstmord auf<br />
einer Bahnstrecke und dem Fund<br />
von Leichenteilen in einem Badesee<br />
nahe Würzburg: Bei dem <strong>durch</strong> einen<br />
ICE getöteten 30-jährigen Mann<br />
und der zerstückelten 29-jährigen<br />
Frau handelte es sich um ein Ehepaar,<br />
wie das Polizeipräsidium Unterfranken<br />
gestern mitteilte. <strong>Die</strong> Ermittler<br />
prüfen nun, ob der Ehemann<br />
Ende vergangener Woche seine<br />
Frau ermordete, dann zerstückelte<br />
und in den See warf, bevor er sich<br />
am Montag nahe des Sees das Leben<br />
nahm, indem er sich von einem ICE<br />
überrollen ließ. Keine Angaben<br />
wollte die Polizei zu Medienberichten<br />
machen, wonach es sich bei dem<br />
Ehemann um einen Bundeswehrsoldaten<br />
gehandelt haben und die Frau<br />
seit Jahren im Rotlichtmilieu gearbeitet<br />
haben soll. Den Berichten zufolge<br />
soll die Frau ihrem Mann dies<br />
verschwiegen haben.<br />
11<br />
DEUTSCHLAND HEUTE<br />
Reykjavik<br />
DAS WELTWETTER<br />
13<br />
5<br />
St. St. Petersburg<br />
Petersburg<br />
5<br />
Kiel<br />
Vielerorts aufheiternd<br />
10 Amsterdam 18° Regen<br />
19<br />
Rostock<br />
13<br />
11 H<br />
13<br />
19<br />
Südlich der Mittelgebirge startet der Tag neblig, auch im<br />
Oslo<br />
Helsinki<br />
Helsinki<br />
Barcelona 25° heiter<br />
Bremen<br />
Hamburg<br />
Stockholm<br />
Stockholm<br />
11<br />
Moskau<br />
Moskau<br />
Buenos Aires24°<br />
einz. Schauer<br />
Emden<br />
20<br />
Nordosten ist es wolkig. Später heitert es verbreitet auf, nur in<br />
Kopenhagen<br />
Kopenhagen<br />
18<br />
Djerba<br />
13<br />
13<br />
10<br />
33° sonnig<br />
Bayern können sich Nebelfelder länger halten. Gleichzeitig<br />
Dublin<br />
13<br />
15<br />
Genf 21° bewölkt<br />
19<br />
Hannover<br />
nähert sich von Westen her ein Tiefausläufer, der an der<br />
Berlin 10<br />
15 London<br />
Hongkong 29° zeitw. Regen<br />
21<br />
19<br />
Nordsee etwas Regen bringen kann. Maximal 17 bis 22 Grad.<br />
Berlin<br />
17<br />
Innsbruck 22° wolkig<br />
12 Leipzig<br />
11 Münster<br />
19<br />
Paris<br />
Paris<br />
Brüssel<br />
Brüssel<br />
Warschau<br />
Warschau<br />
Kiew<br />
Kapstadt 29° zeitw. heiter<br />
Düsseldorf Kassel<br />
Dresden<br />
13<br />
Köln 20<br />
19<br />
20 MORGEN<br />
19<br />
Kairo 30° sonnig<br />
12<br />
10<br />
11<br />
19<br />
Wien<br />
Wien 15<br />
8<br />
21<br />
18 Von Nordrhein-Westfalen bis zur Ostsee etwas Regen,<br />
Kreta<br />
Bern<br />
Bern<br />
25° zeitw. sonnig<br />
13<br />
Hof 10<br />
H<br />
Frankfurt<br />
in den übrigen Gebieten nach zögernder Nebelauflösung<br />
Los Angeles<br />
17<br />
18 Bordeaux<br />
Bordeaux<br />
Budapest<br />
Budapest<br />
20° bewölkt<br />
19<br />
Mailand<br />
21<br />
7<br />
sonnig. 13 Grad auf Rügen, 23 Grad am Oberrhein.<br />
22<br />
Zagreb<br />
24° Schauer<br />
16<br />
Saarbrücken 11<br />
Nizza<br />
Nizza<br />
Nürnberg<br />
Malta 27° wenig Wolken<br />
21<br />
19 FREITAG<br />
Madrid<br />
16<br />
Lissabon Madrid<br />
Miami 28° etwas Sonne<br />
9<br />
9<br />
25<br />
23<br />
Stuttgart<br />
Teils sonnig, teils zähe Wolkenfelder, an den Flüssen im 21 24<br />
20<br />
Istanbul<br />
New York<br />
Barcelona<br />
Barcelona<br />
19° einz. Schauer<br />
22<br />
Süden anfangs neblig. Temperaturanstieg auf 16 bis 21<br />
Rom<br />
Rom T 22<br />
9<br />
München<br />
T<br />
Palma<br />
Palma<br />
Palermo 26° heiter<br />
2<br />
20<br />
Grad, nordöstlich der Elbe nur noch 12 bis 16 Grad.<br />
Malaga<br />
Malaga<br />
23 28 22 25<br />
Peking 28° heiter<br />
19<br />
Friedrichshafen 20<br />
2<br />
11<br />
8<br />
26<br />
Athen<br />
Prag 16° stark bewölkt<br />
SAMSTAG<br />
26 23<br />
Algier Tunis<br />
Tunis<br />
T Salzburg 20° Nebel<br />
Las Palmas<br />
31<br />
33<br />
25<br />
-9 bis -5 -4 bis 0 1 bis 5 6 bis 10 11 bis 15 Nach örtlichem Frühnebel bei lebhaftem Ostwind vielfach<br />
24 H<br />
Sydney 23° wolkig<br />
sonnig, im Norden und Osten teils zähe Hochnebelfelder.<br />
Tel Aviv 30° heiter<br />
16 bis 20 21 bis 25 26 bis 30 31 bis 35 über 35 H T<br />
Höchsttemperaturen 12 bis 17, im Rheinland bis 19 Grad.<br />
Hoch/Tief Warmfront Kaltfront Okklusion Warmluft Kaltluft Kaltluft in der Höhe<br />
Tokio 26° wolkig<br />
50 km<br />
Vier Tote nach<br />
Chemieunfall Budapest<br />
Devecser<br />
Ajka<br />
Kolontar<br />
UNGARN<br />
Balaton<br />
UNGARN<br />
Donau<br />
SERBIEN<br />
Quelle: dpa<br />
+ +<br />
+<br />
+<br />
+<br />
+<br />
=<br />
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REUTERS/BERNADETT SZABO<br />
Meilen sammeln<br />
Lesbische Frau<br />
erwartet Fünflinge<br />
von Samenspende<br />
Sydney – Eine lesbische Frau in<br />
Australien erwartet Fünflinge – ohne<br />
vorherige Behandlung wegen<br />
Unfruchtbarkeit. Das berichtete die<br />
27-jährige Melissa Keevers der Zeitschrift<br />
„Woman’s Day“. Der Vater<br />
sei ein Samenspender aus den USA,<br />
sagte sie. Eine solche Fünflingsschwangerschaft<br />
gebe es nur einmal<br />
unter 60 Millionen Fällen, rechnete<br />
die Zeitschrift gestern vor. „Es hat<br />
lange gedauert, bis ich das glauben<br />
konnte, aber jetzt, da ich mich an<br />
den Gedanken gewöhnt habe, bin<br />
ich aufgeregt“, meinte Keevers. Ihre<br />
Freundin Rosemary Nolan sagte:<br />
„Es ist ein Wunder und wir könnten<br />
nicht glücklicher sein.“ Keevers<br />
und Nolan haben bereits eine einjährige<br />
Tochter die mit Sperma des<br />
selben Spenders gezeugt wurde.<br />
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