Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt
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WELT KOMPAKT<br />
12 SPORT<br />
Ein „Busenwischer“<br />
und Babbels Tritt<br />
ins Fettnäpfchen<br />
Berlin – Das Leben ist manchmal<br />
ungerecht. Kein Mensch wird sich<br />
bei der Partie zwischen Hertha<br />
BSC und Aachen (0:0) an die gute<br />
Spielleitung von Bibiana Steinhaus<br />
erinnern. Ebenso wenig an die<br />
dürftige Leistung von Peter Niemeyer.<br />
Doch dank der Medienwelt<br />
wird eine Zwölf-Sekunden-Sequenz<br />
in Erinnerung bleiben. Ob in<br />
England, Holland, Spanien, Brasilien,<br />
Russland oder Deutschland –<br />
der Videoschnipsel von dem unbeabsichtigten<br />
Treffen zwischen der<br />
Schiedsrichterin und Niemeyer<br />
hat es in Windeseile auf Server<br />
rund um den Globus geschafft. Im<br />
Der Fehlgriff: Peter Niemeyer und<br />
Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus<br />
Rückwärtsgehen wollte der Mittelfeldspieler<br />
der Polizistin aus<br />
Hannover auf die Schulter klopfen,<br />
verfehlte sein Ziel und wischte ihr<br />
unbeabsichtigt über den Busen.<br />
Steinhaus stutzte, schaute und löste<br />
die Situation mit einem charmanten<br />
Lächeln, weil Niemeyer<br />
sich sofort entschuldigt hatte.<br />
„Wir sind aneinander vorbeigelaufen<br />
und haben uns berührt. Ich<br />
denke, da kann man es mit einem<br />
Augenzwinkern belassen“, sagte<br />
die einzige Schiedsrichterin im<br />
<strong>deutsche</strong>n Profifußball. Niemeyer<br />
scherzte: „Man muss die Zuschauer<br />
ein wenig unterhalten.“<br />
<strong>Die</strong> Beteiligten hatten die Szene<br />
unverkrampft aufgelöst. Das gelang<br />
Hertha-Trainer Markus Babbel<br />
am Tag danach nicht. Er lobte<br />
zwar die Leistung von Steinhaus<br />
(„voll in Ordnung“), tapste dann<br />
aber im Scherz ins Fettnäpfchen:<br />
„Das hätte ich auch gern gemacht.<br />
Aber bei uns damals gab’s ja keine<br />
Schiedsrichterinnen.“<br />
VON JULIEN WOLFF<br />
Berlin – Gut ist für ihn nicht gut<br />
genug. Bei Erdal Keser muss es<br />
sehr gut sein. Als der Türke in den<br />
80er-Jahren für Borus-<br />
sia Dortmund stürmte,<br />
gab es nach Siegen nur<br />
die Frage: Was können<br />
wir noch besser machen?<br />
Und diesen Perfektionismus<br />
hat er<br />
sich auch als Leiter des<br />
Europa-Büros des türkischenFußballverbandes<br />
bewahrt. Es sagt daher<br />
viel über den Erfolg<br />
seiner Arbeit aus, wenn er vor dem<br />
Spiel gegen Deutschland betont:<br />
„Ich bin sehr zufrieden.“<br />
Der Auftrag der Verbandsführung<br />
an den 49-Jährigen: Finde in<br />
Deutschland türkische Nationalspieler!<br />
Er erfüllt ihn – und zählt zu<br />
SKY SPORT<br />
VON LARS GARTENSCHLÄGER<br />
Berlin – Sie trugen schwarze Anzüge<br />
und graue Krawatten. Waren<br />
in edler Kleidung bereit für den<br />
großen Empfang, den Bundespräsident<br />
Christian Wulff gestern<br />
Mittag für Bundestrainer Joachim<br />
Löw und die Spieler der <strong>deutsche</strong>n<br />
Fußball-Nationalmannschaft gab.<br />
Mit Shakiras WM-Song „Waka<br />
Waka“, gespielt in einer Klassikversion,<br />
empfing das Staatsoberhaupt<br />
die Auswahl des Deutschen<br />
Fußball-Bundes (DFB) im Schloss<br />
Bellevue.<br />
Wulff hatte im Vorfeld des EM-<br />
Qualifikationsspiels gegen die<br />
Türkei am Freitag (20.45 Uhr, ARD<br />
live) geladen, um mit Bundeskanzlerin<br />
Angela Merkel Spieler und<br />
Trainer für ihr erfolgreiches Abschneiden<br />
bei der WM in Südafrika<br />
mit dem abschließenden dritten<br />
Platz zu ehren. Während die Spieler<br />
das Silberne Lorbeerblatt erhielten,<br />
bekam Joachim Löw das<br />
Bundesverdienstkreuz. <strong>Die</strong>s hatten<br />
u.a. schon Löws Vorgänger<br />
Franz Beckenbauer (2006) und<br />
Jürgen Klinsmann (2007) erhalten.<br />
Christian Wulff würdigte die<br />
herausragenden Auftritte des<br />
Teams in Südafrika. „<strong>Die</strong> Mannschaft<br />
hat mit Eleganz, Leichtigkeit,<br />
Teamgeist und Spielwitz<br />
überzeugt und kann für andere ein<br />
Vorbild sein“, betonte Wulff. „<strong>Die</strong>se<br />
Mannschaft ist ein Spiegel der<br />
tatsächlichen Gesellschaft unseres<br />
Landes.“<br />
In seiner Rede ging Wulff auch<br />
auf das Thema Integration ein.<br />
„<strong>Die</strong>se Mannschaft mit jungen<br />
Männern so unterschiedlicher<br />
Herkunft spiegelt Deutschland als<br />
das Einwanderungsland, das es<br />
längst schon geworden ist“, sagte<br />
Wulff. Davor hätten, fuhr er fort,<br />
viele lange Zeit ängstlich oder abwehrend<br />
die Augen verschlossen.<br />
„Und nun“, so Wulff, „mit einem<br />
Mal, konnte man sehen, was für ein<br />
schönes, begeisterndes und effizientes<br />
Teamwork entstehen kann,<br />
wenn Menschen, wie verschieden<br />
ihre Herkunft auch ist, das beste,<br />
was sie haben und können, in ein<br />
Projekt einbringen.“<br />
Es waren unbeschwerte Wochen<br />
in Südafrika. Ganz anders als jetzt,<br />
wo der raue Alltag ihnen Probleme<br />
bereitet.<br />
Allein 14 von 19 für die Türkei-<br />
Partie nominierten Spielern erleben<br />
dieser Tage die Kehrseite des<br />
Daseins als Profi. Sie sind außer<br />
Form, darben mit ihren Vereinen<br />
im Tabellenkeller der Bundesliga<br />
und stehen im Fokus der Kritik. In<br />
Christian Träsch und Cacau sind<br />
gar zwei Mann vom Tabellenletzten<br />
VfB Stuttgart dabei. Holger<br />
Badstuber, Philipp Lahm, Toni<br />
Kroos, Thomas Müller, Miroslav<br />
Klose und Mario Gomez blamieren<br />
sich mit dem FC Bayern derzeit<br />
auf Platz zwölf. Torhüter Manuel<br />
Neuer, die <strong>deutsche</strong> Nummer<br />
eins, ist mit Schalke Tabellenvorletzter<br />
und hat in sieben Spielen<br />
schon 14 Tore kassiert. Dazu sind<br />
auch der Kölner Podolski, die Bre-<br />
* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
Ehrung für Löws Krisen-Kicker<br />
Bundespräsident zeichnet DFB-Team aus – Zahlreiche Spieler im Formtief<br />
den Vertrauten des Nationaltrainers<br />
Guus Hiddink. Sieben in<br />
Deutschland ausgebildete Profis<br />
gehören zum Aufgebot der Türkei<br />
für das Duell mit der Auswahl des<br />
Deutsche Fußball-<br />
Bundes (DFB): Hamit<br />
Altintop (FC Bayern<br />
München), sein Bruder<br />
Halil (Eintracht<br />
Frankfurt), Nuri Sahin<br />
(Borussia Dortmund),<br />
Ömer Erdogan<br />
(Bursaspor, früher<br />
FC St. Pauli),<br />
Ceyhun Gülselam<br />
(Trabzonspor, früher<br />
SpVgg Unterhaching), Hakan Balta<br />
(Galatasaray Istanbul, früher<br />
Hertha BSC) und Özer Hurmaci<br />
(Fenerbahce Istanbul, früher KSV<br />
Baunatal). „Uns geht es aber auch<br />
schon um die Junioren-Nationalmannschaften.<br />
Bei der U 15 fangen<br />
Löw erhielt das Bundesverdienstkreuz, die Spieler das silberne Loorbeerblatt<br />
wir an, und wir haben drei bis vier<br />
Spieler aus Deutschland pro Jahrgang<br />
in unseren Teams“, sagt Keser<br />
stolz.<br />
Von seinem Büro in Köln aus koordiniert<br />
er 25 Talentspäher. Sie<br />
bewerten bei Partien die Fähigkeiten<br />
der Spieler. Richtig schwierig<br />
wird es aber erst, nachdem ein<br />
Spieler für gut genug befunden<br />
wurde. Dann gilt es, die Talente zu<br />
überzeugen, sich für die Türkei zu<br />
entscheiden – und eben nicht für<br />
Deutschland. Weil die meisten in<br />
der Bundesrepublik geboren sind,<br />
können sie wählen, für welches<br />
Land sie spielen wollen – selbst,<br />
wenn sie schon für Juniorenauswahlteams<br />
gespielt haben. Derzeit<br />
ist der Verband an Taner Yalcin<br />
(20, 1. FC Köln), Ömer Toprak (21,<br />
SC Freiburg), Ilkay Gündogan (19)<br />
und Mehmet Ekici (20, beide 1. FC<br />
Nürnberg) interessiert. „Wir be-<br />
drängen keinen Spieler. Er muss<br />
die Entscheidung aus freien Stücken<br />
treffen. Wenn er sagt, dass es<br />
ihn stolz macht, für die Türkei zu<br />
spielen, öffnen wir ihm die Türen“,<br />
sagt Keser.<br />
Es klappt nicht immer, Mesut<br />
Özil (Real Madrid) und Serdar<br />
Tasci (VfB Stuttgart) entschieden<br />
sich für Deutschland, der türkische<br />
Verband hat das Scouting<br />
seither intensiviert. Probleme mit<br />
dem DFB gebe es dennoch nicht,<br />
REUTERS/TOBIAS SCHWARZ<br />
mer Wiese, Mertesacker und Marin<br />
sowie der Hamburger Westermann<br />
mit ihren Vereinen weit von<br />
den Zielstellungen entfernt.<br />
Trotzdem schenkt der Bundestrainer<br />
seinen Männern das Vertrauen.<br />
Er sei nicht besorgt, sagte<br />
er gestern, „weil ich es irgendwie<br />
erwartet habe. <strong>Die</strong> Spieler haben<br />
bei der WM Unglaubliches geleistet.<br />
Da sind viele Kräfte verloren<br />
gegangen“. Löw hofft auf die therapierende<br />
Wirkung der Nationalmannschaft<br />
und darauf, dass unter<br />
seiner Führung zumindest Klose<br />
und Podolski wieder zu ihrer Form<br />
finden.<br />
Mario Gomez ist beim FC Bayern<br />
nur noch Reservist, auch wenn<br />
er am Sonntag in Dortmund (0:2)<br />
erstmals seit einem halben Jahr zur<br />
Startelf gehörte. „Ich habe mein<br />
Bestes gegeben, es hat nicht gereicht“,<br />
sagte Gomez. Auf dessen<br />
Torflaute hat nun gar ein Wettanbieter<br />
reagiert. 210 Euro zahlt Partybets<br />
bei einem Einsatz von zehn<br />
Euro, sollte Gomez in der Bundesliga-Hinrunde<br />
leer ausgehen.<br />
Klose ist dort noch nicht gelistet,<br />
sagte: „Wer mit einer Niederlage<br />
in die Länderspielwoche geht,<br />
hat immer ein schlechtes Gefühl.“<br />
<strong>Die</strong> Sorgen des Angreifers sind<br />
nachzuvollziehen. Doch Beispiele<br />
aus der Vergangenheit zeigen, dass<br />
es oft gut gegangen ist, wenn Bundestrainer<br />
auf schwächelnde Nationalspieler<br />
gesetzt haben. In der<br />
Saison 1974/1975 etwa befanden<br />
sich die Bayern in einer Krise.<br />
Dennoch nominierte Helmut<br />
Schön in der EM-Qualifikation regelmäßig<br />
einen München-Block,<br />
und Deutschland schaffte trotz die<br />
Qualifikation. 1997 setzte Berti<br />
Vogts regelmäßig auf Spieler vom<br />
kriselnden Klub Borussia Dortmund,<br />
trotzdem erwarb die Nationalmannschaft<br />
die WM-Spielberechtigung.<br />
Wie die Türkei um <strong>deutsche</strong> Talente wirbt<br />
Erdal Keser koordiniert 25 Scouts, die schon Nuri Sahin oder die Altintop-Brüder gewinnen konnten<br />
■ „Wir<br />
bedrängen<br />
keinen Spieler.<br />
Er muss die<br />
Entscheidung<br />
treffen“<br />
BONGARTS/GETTY IMAGES/BORIS STREUBEL<br />
Angst vor einem Fußballbuch<br />
welt.de/dfbelf<br />
stattdessen großen Respekt vor<br />
der guten Ausbildung der jungen<br />
Spieler in Deutschland, so Keser.<br />
Geld benutzt der Verband nach<br />
eigenen Angaben nicht als Lockmittel.<br />
Kesers Team spricht mit<br />
den Familien, appelliert an den<br />
Stolz der Eltern. „Das Spiel am<br />
Freitag ist für viele Jugendliche ein<br />
Ansporn, es selbst in die Nationalelf<br />
zu schaffen“, sagt Erdal Keser.<br />
Und meint natürlich die der Türkei.<br />
Sie hat Keser<br />
von einer Länderspielkarriere<br />
in<br />
der Türkei<br />
überzeugt: Halil<br />
Altintop (links)<br />
und Nuri Sahin,<br />
hier beim<br />
Training