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Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt

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WELT KOMPAKT<br />

22 WIRTSCHAFT<br />

So malerisch wie in dieser Berufsfachschule für Buchbinder in München geht es in modernen Buchbindereien nicht mehr zu – dank High-Tech aus Deutschland<br />

<strong>Die</strong> Buchbinder der <strong>Welt</strong><br />

VON KAREN MERKEL<br />

Leipzig – Bücher riechen sauer. Ob<br />

Bestseller oder die Gelben Seiten –<br />

wenn aus einem Stapel bedruckter<br />

Papierbögen ein Buch entsteht,<br />

riecht es säuerlich und manchmal<br />

bitter, je nach Leimsorte. Den Geruch<br />

verströmen riesige Maschinen,<br />

beispielsweise in der Großdruckerei<br />

„Offizin Andersen Nexö“<br />

bei Leipzig. Tausende Tonnen<br />

bedrucktes Papier stapeln sich<br />

dort, bis die „Kolbus“ sie innerhalb<br />

von Sekunden zu Büchern vernäht<br />

und verklebt.<br />

<strong>Die</strong> Buchbinderei-Maschinen in<br />

Leipzig stammen von einem Familienunternehmen<br />

aus dem nordrhein-westfälischen<br />

Rahden – so<br />

wie in fast jeder Druckerei. Jedes<br />

dritte Buch auf der ganzen <strong>Welt</strong><br />

wird von einer „Kolbus“ produziert,<br />

80 Prozent aller Hardcovertitel<br />

laufen über eine Buchstraße<br />

des mittelständischen Unternehmens.<br />

<strong>Die</strong> Maschinen produzieren<br />

außerdem Taschenbücher, Kataloge,<br />

Telefonbücher und Werbebroschüren.<br />

Thilo Sarrazins<br />

„Deutschland schafft sich ab“ wurde<br />

ebenso von Kolbus-Maschinen<br />

gebunden wie die Potter-Bände.<br />

Wer bei Druckereien derart<br />

groß im Geschäft ist, hat eine sichere<br />

Position, könnte man meinen.<br />

Doch Kolbus-Geschäftsführer<br />

Kai Büntemeyer betrachtet den<br />

Markt der Spezial-Maschinenbauer<br />

zwiegespalten. „<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong>marktführerschaft<br />

ist ein zweischneidiges<br />

Schwert“, sagt er. Das Unternehmen<br />

sei darauf angewiesen, um<br />

mit Gewinn arbeiten zu können.<br />

Dennoch würde Kolbus die Jahresproduktion<br />

gerne um 30 bis 40<br />

Prozent steigern, sagt Büntemeyer.<br />

<strong>Die</strong> Frankfurter Buchmesse, die<br />

heute beginnt, lässt dieses Ziel allerdings<br />

illusorisch erscheinen.<br />

Denn ein Schwerpunkt der Messe<br />

ist die Digitalisierung: Vor allem<br />

das E-Book beschäftigt die Verlagshäuser<br />

und Buchhersteller.<br />

<strong>Die</strong> Berater von Pricewaterhouse<br />

Coopers (PWC) sehen die Zukunft<br />

der Verlage schon unabhängig<br />

vom Buch – als Anbieter von<br />

Inhalten. „Verlage müssen sich auf<br />

die digitale Wertschöpfungskette<br />

einstellen, die Veränderungen in<br />

der Produktion und in der Lagerung.<br />

Sie müssen auch ihre Mitarbeiter<br />

schulen, die sich als Anbieter<br />

von Inhalten, nicht länger als<br />

Buchhändler begreifen müssen“,<br />

sagt Christina Müller, Autorin der<br />

PWC-Studie. Obwohl das E-Book<br />

in Deutschland bisher kein Bestseller<br />

ist, steht Müller zu ihrer<br />

These. Gerade einmal 20 Millionen<br />

Euro Umsatz haben die elektronischen<br />

Bücher in Deutschland<br />

im Jahr 2009 gemacht. PWC zufolge<br />

wird der Umsatz sich bis zum<br />

Jahr 2015 allerdings auf 350 Millionen<br />

Euro pro Jahr steigern. Selbst<br />

wenn sich dieses Potenzial gegenüber<br />

den 9,7 Milliarden Euro, die<br />

mit gedruckten Büchern im Jahr<br />

2009 umgesetzt wurden, bescheiden<br />

ausnimmt, könnte der Trend<br />

den Markt grundlegend verän-<br />

dern. Für den Buchbinderei-Maschinen-Hersteller<br />

Kolbus ist es<br />

nicht die erste Revolution. Das<br />

Traditionsunternehmen wurde<br />

1775 als Hufschmiede gegründet,<br />

stellt seit dem Jahr 1900 Buchbinderei-Maschinen<br />

her und hat sich<br />

Ende der 90er-Jahre auf die speziellen<br />

Fertigungsanlagen spezialisiert.<br />

1300 Mitarbeiter beschäftigt<br />

Kolbus heute, davon 1150 in Rahden,<br />

einer Kleinstadt mit 16 000<br />

Einwohnern.<br />

<strong>Die</strong> Digitalisierung trifft den<br />

Maschinenbauer hart. Während<br />

das Unternehmen im Jahr 2007<br />

noch 195 Millionen Euro Umsatz<br />

und 10 Millionen Euro Gewinn verzeichnete,<br />

sinken seit dem Beginn<br />

der Finanzkrise die Umsatzzahlen.<br />

Im vergangenen Jahr meldete Büntemeyer<br />

fünf Millionen Euro Verlust<br />

und musste 150 Mitarbeiter betriebsbedingt<br />

entlassen. 2010 erwartet<br />

er lediglich 100 Millionen<br />

Euro Umsatz. „Wir werden in diesem<br />

Jahr sicherlich kein Geld verdienen“,<br />

sagt Büntemeyer.<br />

<strong>Die</strong> Kolbus-Kunden stehen unter<br />

enormem Kostendruck. <strong>Die</strong><br />

Herstellung eines Hardcovers kostet<br />

zwei bis drei Euro, die eines Taschenbuches<br />

rund einen Euro –<br />

Produktionskosten, die sich kaum<br />

noch senken lassen. OAN in Leipzig<br />

versucht es dennoch; im Sekundentakt<br />

läuft hier Cornelia<br />

Funkes „Tintenherz“ als siamesischer<br />

Zwilling vom Band. Um<br />

Druckplatten zu sparen, stellt die<br />

Großdruckerei Taschenbücher<br />

spiegelverkehrt in doppelter Ausführung<br />

her und trennt die Bücher<br />

erst im letzten Arbeitsschritt mit<br />

einer Säge. <strong>Die</strong>se Art der Zwillingsproduktion<br />

gibt es bisher nur<br />

wenige Male in Deutschland. Es ist<br />

einer der Wege, Bücher kostengünstiger<br />

herzustellen.<br />

Bislang sind E-Books im Verkauf<br />

nur unwesentlich günstiger als ge-<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Jedes dritte Werk entsteht auf Maschinen von Kolbus – <strong>Die</strong> Firma sucht eine Nische im digitalen Zeitalter<br />

KOLBUS<br />

Leim und Faden – Wie Buchbinder arbeiten<br />

■ Falzbogen: Ob Buch oder Werbebroschüre,<br />

am Anfang steht der<br />

Falzbogen. Ein bis zu zwei Quadratmeter<br />

großer Papierbogen wird mit<br />

den einzelnen Buchseiten bedruckt.<br />

Zum Beispiel passen 16 DIN-A4-<br />

Seiten auf einen Falzbogen.<br />

■ Der Bogen wird mit der Falzmaschine<br />

mehrfach gefaltet, die<br />

Seiten liegen dann in chronologischer<br />

Reihenfolge hintereinander.<br />

Viele Falzbögen ergeben ein Buch.<br />

■ Bindung: Ein Buch kann <strong>durch</strong><br />

verschiedene Verfahren gebunden<br />

Bücher im<br />

Sekundentakt:<br />

eine Kolbus-<br />

Maschine in<br />

Aktion<br />

werden. Üblich sind die Klebebindung,<br />

bei der Leim die Buchseiten<br />

zusammenhält, und die Fadenheftung<br />

mit reißfestem Garn.<br />

■ Buchblock: Der Buchblock – die<br />

Seiten ohne Umschlag – wird in die<br />

Buchdecke eingehängt, das heißt:<br />

mit Leim verklebt.<br />

■ Dreischneider: Zum Abschluss<br />

der Buchproduktion wird das Buch<br />

an allen drei Seiten mit einer Art<br />

Guillotine an Ober-, Unter- und<br />

Vorderseite begradigt – und fertig ist<br />

das lesebereite Buch.<br />

druckte Werke. Das werde sich<br />

künftig ändern, sagt Studien-Autorin<br />

Müller. Zwar werde das elektronische<br />

Buch das gedruckte<br />

Buch dann nicht verdrängen, aber<br />

in Teilen ersetzen, sagt sie. So werde<br />

es zum Beispiel künftig nicht<br />

mehr nötig sein, die gesamte Ausgabe<br />

eines teuren Fachbuches zu<br />

erstehen – stattdessen seien in der<br />

elektronischen Variante die Werke<br />

auch kapitelweise verfügbar.<br />

Durch das E-Book seien außerdem<br />

neue Unterhaltungsangebote bei<br />

Büchern denkbar, etwa 3D-Animationen<br />

bei Kinderbüchern.<br />

Büntemeyer sieht die Zukunft<br />

seiner Branche dennoch positiv.<br />

„Durch elektronische Bücher werden<br />

neue Wege entstehen, um Gewinn<br />

zu machen“, sagt er. Auch die<br />

Buchbinderei profitiere von den<br />

Entwicklungen auf dem digitalen<br />

Markt. „Das digitale Buch kommt“,<br />

wirbt Kolbus auf seiner Homepage,<br />

meint damit aber nicht das E-<br />

Book. „Digitale Fotobücher stellen<br />

ein Marktpotenzial dar, das sich<br />

gleichberechtigt zu Printbuch und<br />

Werbebroschüren entwickeln<br />

könnte“, sagt Büntemeyer. Jeder<br />

Bundesbürger kaufe im Durchschnitt<br />

im Jahr ein Buch. Individuelle<br />

Bildbände von Digitalfotografien<br />

würden sich die Deutschen<br />

künftig mindestens ebenso häufig<br />

kaufen. Büntemeyer geht davon<br />

aus, dass dieser Trend anhält. Behält<br />

er Recht, dann verdienen<br />

selbst die Buchbinder an der Digitalisierung<br />

des Marktes mit.<br />

http://bit.ly/dby1WH<br />

Unter Druck<br />

PA/STEPHAN RUMPF<br />

Sortieren, vernähen,<br />

verkleben<br />

– alles in Sekundenschnelle.<br />

So funktionieren<br />

moderne Buchbindemaschinen.

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