Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt
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WELT KOMPAKT<br />
18 FORUM<br />
Das Ehepaar Kirchner richtet sein Land zugrunde / Von Hildegard Stausberg<br />
Der Verfall Argentiniens<br />
Niemand ist das Vaterland, wir<br />
sind es alle.“ Argentiniens<br />
größter Schriftsteller Jorge<br />
Luis Borges bekräftigte dies<br />
in einer „Ode, geschrieben 1966“, zwanzig<br />
Jahre vor seinem Tode. Und weiter:<br />
„Das Vaterland, Freunde, entsteht <strong>durch</strong><br />
einen permanenten Schaffensakt.“ Wer<br />
möchte Borges da widersprechen!<br />
Sein Vaterland, das ferne Argentinien,<br />
rückt uns nun als Schwerpunktland der<br />
Frankfurter Buchmesse näher. Man wird<br />
sich wieder einmal beschäftigen mit diesem<br />
achtgrößten Land der <strong>Welt</strong>, in dem<br />
nur 40 Millionen Menschen leben, die<br />
meisten davon in der Hauptstadt Buenos<br />
Aires und einigen Städten der wichtigsten<br />
Provinzen. Das Land selbst ist<br />
zum großen Teil menschenleer. Der<br />
Reichtum Argentiniens ist unermesslich.<br />
Das hat an der Wende vom 19. zum<br />
20. Jahrhundert Millionen meist südeuropäischer<br />
Migranten angezogen: Aus<br />
dem verschlafenen spanischen Vizekönigreich<br />
am Rio de la Plata wurde in der<br />
ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts<br />
die am kräftigsten pulsierende Wachstumsnation<br />
Lateinamerikas.<br />
Das ist Geschichte. Längst hat sich<br />
Brasilien <strong>durch</strong>gesetzt – und auch Chile<br />
und Kolumbien geht es heute besser als<br />
Argentinien. Nicht wenige Bücher argentinischer<br />
Autoren begeben sich auf<br />
die Spurensuche dieses Verfalls. Und<br />
manchmal scheint es fast, als ob die Argentinier<br />
diese Dekadenz ihres Gemeinwesens<br />
längst akzeptiert hätten, in ihr<br />
ein Markenzeichen sehen. Vielleicht<br />
könnte man dies als Lust am „Maradonismus“<br />
definieren, den Fußballabgott<br />
<strong>Die</strong>go Maradona verehren sicherlich<br />
mehr Argentinier als den Dichter Borges.<br />
So auch die argentinische Staatspräsidentin<br />
Cristina Fernández de Kirchner.<br />
Sie verkörpert das lärmende, effekthaschende<br />
Argentinien der „Porteños“,<br />
der Bewohner des ehemals eher südeuropäischen,<br />
nun aber immer südamerikanischer<br />
werdenden Schmelztiegels<br />
am Rio de la Plata.<br />
Aber all das Talmihafte, die Operettenauftritte,<br />
die Schminkorgien würde<br />
man ihr verzeihen, wenn sie sich – im<br />
Verbund mit ihrem Mann Néstor Kirchner<br />
– nicht vorgenommen hätte, aus Argentinien<br />
ein anderes Land zu machen,<br />
ein rechtloses Gebilde. Ein Land, in dem<br />
die Justiz der Exekutive gnadenlos unterworfen<br />
wird, in dem unabhängige<br />
Richter bedroht werden, in dem mit<br />
Ausnahmedekreten regiert wird, in dem<br />
die Bereicherung des Präsidentenpaares<br />
und seiner Entourage alle Vorstellungen<br />
sprengt. Ein Land, in dem kritische Journalisten<br />
um ihr Leben fürchten müssen.<br />
Um das Bereicherungsregime zu decken,<br />
werden geschickt Nebelkerzen geworfen.<br />
Dazu gehört vor allem der so<br />
unermüdliche Einsatz der Kirchners für<br />
die Menschenrechte. Als es an der Zeit<br />
war, dafür einzustehen, unter dem Militärregime<br />
von 1976 bis 1983, duckte sich<br />
das Paar weg. Der junge Anwalt Néstor<br />
Kirchner bereicherte sich an den Opfern<br />
der verfehlten Währungspolitik jener<br />
Epoche. Später profitierte er als Gouverneur<br />
der Provinz Santa Cruz von der<br />
Privatisierung des Erdölmonopols YPF<br />
– die Zentralregierung zahlte 600 Millionen<br />
Dollar, das Geld ist seitdem verschwunden.<br />
Kenntnisreich weist der<br />
Journalist Luis Majul in seinem Buch<br />
„Der Besitzer“ nach, wie Kirchner sich<br />
mit einem dichten Netzwerk das Land<br />
zu unterwerfen sucht und jeden verfolgt,<br />
der ihn daran hindern will. Auch<br />
den beiden großen Zeitungen des Landes,<br />
„Clarín“ und „La Nación“, hat das<br />
Ehepaar den Krieg erklärt: Viele Details<br />
des Bereicherungskrimis wurden dort<br />
veröffentlicht. Der argentinische Qualitätsjournalismus<br />
hat längst eine für das<br />
Überleben der Demokratie entscheidende<br />
Funktion.<br />
Und so sollten alle Gesprächspartner<br />
Frau Kirchners in diesen Tagen in Frankfurt<br />
am Main sie auch fragen, warum sie<br />
die Freiheit der Presse beschneiden will,<br />
indem sie etwa ein staatliches Monopol<br />
über die Papierproduktion und -vergabe<br />
herzustellen sucht. Sie kommt mit einer<br />
Unternehmerdelegation, will für Investitionen<br />
sorgen. Wie aber steht es mit<br />
der Rechtssicherheit in einem Lande, in<br />
dem das Ehepaar Kirchner die privaten<br />
Rentenfonds verstaatlichte, um sich das<br />
Ersparte von Millionen Argentiniern<br />
unter den Nagel zu reißen? Seitdem<br />
schaffen die Argentinier noch mehr<br />
Geld ins Ausland – 50 Milliarden sollen<br />
es in den letzten fünf Jahren gewesen<br />
sein. Außer in Immobilien investiert<br />
kein Argentinier mehr in seiner Heimat:<br />
Das Land ist paralysiert.<br />
<strong>Die</strong>ser Stillstand provoziert eine seltene<br />
Einmütigkeit der sonst so zersplitterten<br />
Opposition. Sie fürchtet, dass die<br />
Kirchners mit ihrer auf Spaltung der Gesellschaft<br />
angelegten Politik das Land<br />
zugrunde richten. Argentinien braucht<br />
mehr Borges: „Niemand ist das Vaterland,<br />
wir sind es alle.“<br />
MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />
KOPFNOTEN<br />
Alles, was recht ist<br />
Von Sabine Menkens<br />
und Michael Miersch<br />
In einem Gastkommentar<br />
für<br />
die WELT hatte<br />
Walter Krämer<br />
eine Studie<br />
angezweifelt,<br />
die die Grünen<br />
in Auftrag<br />
gegeben hatten. Darin wurde<br />
behauptet, Atomkraftwerke verursachten<br />
Leukämie. „Falsch!“,<br />
widersprach der Statistikprofessor<br />
und Autor („Lexikon der<br />
populären Irrtümer“) und wies<br />
der Studie statistische Irrtümer<br />
nach. Um die Weiterverbreitung<br />
von Krämers Kommentar zu verhindern,<br />
erwirkte einer der Verfasser<br />
eine einstweilige Verfügung.<br />
<strong>Die</strong> wurde jetzt vom Gericht<br />
aufgehoben. Ein Jahr dauerte<br />
der Streit. Krämer hielt <strong>durch</strong> –<br />
und gewann.<br />
Note: 1<br />
PA/DPA/M. OSSOWSKI/S. SIMON<br />
Endlich wieder<br />
zu ihrem<br />
Recht kommen<br />
auch die<br />
Friseure in<br />
Oberammergau.<br />
Monatelang<br />
mussten sie<br />
darben, weil sich die Männer des<br />
Ortes und Teilnehmer der Passionsspiele<br />
die Haare und Bärte<br />
nicht schneiden lassen durften.<br />
Nur Römer und Chormitglieder<br />
durften zur Schur, aber die konnten<br />
das Geschäft auch nicht<br />
retten. Jetzt ist der ganz persönliche<br />
Leidensweg der Oberammergauer<br />
Friseure vorbei, die<br />
Scheren klappern wieder. Der<br />
nächste Haar- und Barterlass gilt<br />
erst wieder 2019 für die Passionsspiele<br />
2020. Genug Zeit für<br />
die wirtschaftliche Erholung.<br />
Note: 2<br />
PA/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND<br />
Hat man als<br />
Mutter das<br />
Recht auf eine<br />
eigene Meinung?Keineswegs,<br />
findet<br />
R-’n’-B-Star<br />
Usher. Er ist<br />
immer noch vergrätzt, dass seine<br />
Mutter nicht zu seiner Hochzeit<br />
mit der Stylistin Tameka Foster<br />
vor drei Jahren gekommen ist,<br />
sagte er dem US-Magazin „Vibe“.<br />
Von Eltern erwarte er einfach<br />
bedingungslose Liebe für ihre<br />
Kinder. Sie sollten deren Entscheidungen<br />
akzeptieren, auch<br />
wenn sie anderer Meinung seien,<br />
meint der Sänger. Da mag er recht<br />
haben. Weitsichtiger hingegen<br />
war die Frau Mama mit ihren<br />
Unkenrufen: Ushers Ehe ist bereits<br />
zerbrochen.<br />
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Note: 4<br />
PA/DPA/GLOBE-ZUMA