Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt
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MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
KULTUR 11<br />
VON MATTHIAS KAMANN<br />
In eine Ausstellung über Religion<br />
gehören Reliquien. Drum wird das<br />
Original-Kopftuch gezeigt, das die<br />
muslimische Lehrerin Fereshta<br />
Ludin in einer <strong>deutsche</strong>n Schule<br />
trug, ehe ihr dies verboten wurde.<br />
Hinter Glas präsentiert wird auch<br />
eines der Kruzifixe, die aus einigen<br />
bayerischen Klassenzimmern entfernt<br />
wurden. Ebenfalls zu sehen<br />
ist das lila Schultertuch mit Protestsprüchen<br />
gegen Atomraketen,<br />
das sich Margot Käßmann 1983 auf<br />
dem Kirchentag in Hannover umlegte.<br />
Kommt her und seht auf diese<br />
Dinge: Sie erhitzen die Gemüter.<br />
Da wird eine starke These anschaulich:<br />
dass die religiöse Erregung,<br />
die sich einst in der verzückten<br />
Anbetung oder bilderstürmenden<br />
Vernichtung von Heiligenknochen<br />
ausdrückte, sich heute im<br />
erbitterten Streit über muslimische<br />
Symbole oder die Polit-Chiffren<br />
des Linksprotestantismus manifestiert.<br />
Am Grundprinzip der<br />
Fixierung auf Ikonisiertes hätte<br />
sich dabei wenig geändert. Ebenso<br />
wenig daran, dass zum Wesen der<br />
Religion ihr harter Bekenntnischarakter<br />
gehört: dafür oder dagegen?<br />
Auf den Video-Schirmen der Ausstellung<br />
„Kraftwerk Religion“ im<br />
Dresdner Hygiene-Museum nehmen<br />
Muslime oder Christen sofort<br />
Stellung zum Kopftuch oder zum<br />
Islam-Unterricht an Schulen.<br />
Es ist vor allem dieser Streit, das<br />
machen die Ausstellungskuratoren<br />
um Petra Lutz vom Hygiene-<br />
Museum deutlich, der die Religion<br />
heute in der Öffentlichkeit präsent<br />
hält. Auf dem Rückzug ist der<br />
LEVERAGE<br />
DIE NEUE CRIME-SERIE<br />
HEUTE | 22:15 |<br />
Dafür oder dagegen?<br />
Ausstellung „Kraftwerk Religion“ im Dresdner Hygiene-Museum polarisiert<br />
In Dresden wird genau hingeschaut und das religiöse Streitpotenzial scharfsinnig in Szene gesetzt<br />
Glaube in der Moderne keineswegs,<br />
bekräftigt diese kleine, hoch<br />
konzentrierte und fast überfüllte<br />
Ausstellung.<br />
Das Streitpotenzial des Glaubens<br />
demonstrieren in Dresden<br />
auch Textprojektionen, wo Voltaires<br />
Religionskritik gegen Ernst<br />
Wolfgang Böckenfördes Verteidigung<br />
des Glaubens im modernen<br />
Staat antritt. Religion ist in dieser<br />
Ausstellung das, was uns zum Pro<br />
und Kontra drängt. Dass dies der<br />
religiösen Durchschnittserfahrung<br />
entspricht, lässt sich bezweifeln.<br />
Hat die statt mit hitzigen Diskussionen<br />
vielmehr mit Gewöhnung<br />
ans nur halb Hinterfragte zu tun,<br />
mit biografischen Anekdoten und<br />
freundlichen Predigten, mit Ergriffenheit<br />
in schönen Kirchen oder<br />
mit der Freundlichkeit einer Caritas-Schwester?<br />
Von all dem ist wenig<br />
zu sehen in den drei düsteren<br />
Räumen, die mit dunklem Filz ausgelegt<br />
sind. Man könnte sagen,<br />
dass in Dresden konfessionslose<br />
Ost<strong>deutsche</strong> mit einem fremd-brisanten<br />
Phänomen namens Religion<br />
konfrontiert werden. Doch diese<br />
Ausstellung macht Ernst mit<br />
dem Ernst des Glaubens.<br />
In diesem Ernst riskieren die<br />
Gläubigen Verfolgung, was in<br />
Dresden Filmausschnitte aus der<br />
Stasi-Überwachung von Kirchen<br />
in der DDR verdeutlichen. In diesem<br />
Ernst ritualisieren die Gläubigen<br />
auch die Aufnahme in die Gemeinschaften<br />
– Thomas Manns<br />
Taufkleid ist zu sehen – und verehren<br />
Brot und Wein, besonders aber<br />
Wasser. Aus dem Jordan kommt es,<br />
aus dem Ganges, aus Mekka, aus<br />
Lourdes – eine Batterie von<br />
Fläschchen erinnert daran, wie<br />
ähnlich sich die Religionen in vielem<br />
sind.<br />
DPA/ARNO BURGI<br />
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