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Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt

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Giftschlamm<br />

überflutet Dörfer<br />

Budapest – Eine Lawine aus ätzendem Bauxitschlamm<br />

aus einer Aluminiumhütte hat<br />

im Westen Ungarns mehrere Orte überschwemmt<br />

und vier Menschen in den Tod<br />

gerissen. Unter den Toten in dem Dorf Kolontár<br />

waren zwei Kleinkinder, bestätigten<br />

die Behörden. <strong>Die</strong> Rettungskräfte suchten<br />

bis gestern Abend noch nach mehreren<br />

Vermissten. Umweltschützer warnten vor<br />

Gesundheitsgefahren und vor der Verschmutzung<br />

des Trinkwassers. <strong>Die</strong> Regierung<br />

erklärte jedoch, die unmittelbare <strong>Gefahr</strong><br />

sei abgewendet. Für die westungarischen<br />

Bezirke Veszprém, Vas und Györ<br />

wurde der Notstand verhängt. Letzte Seite<br />

NACHRICHTEN<br />

..............................................................................<br />

Frauen trinken immer mehr<br />

<strong>Die</strong> Drogenbeauftragte der Regierung<br />

warnt vor einer wachsenden Alkoholabhängigkeit<br />

unter Frauen. Besonders<br />

junge Mädchen seien gefährdet. Seite 5<br />

MTV nur noch gegen Bezahlung<br />

Der Musikkanal MTV sieht seine Zukunft<br />

im Bezahlfernsehen. Ab Januar soll<br />

es das Programm nur noch im Abonnement<br />

eines Digitalpakets geben. Seite 19<br />

Zusätzliches Geld für Ärzte<br />

<strong>Die</strong> Honorare für die 150 000 niedergelassenen<br />

Ärzte in Deutschland werden<br />

im nächsten Jahr erneut steigen. Es gibt<br />

eine Milliarde Euro zusätzlich. Seite 20<br />

Ich weiß, wo du bist<br />

Facebook startet den <strong>Die</strong>nst „Orte“ nun<br />

auch in Deutschland. Nutzer können<br />

ihre Freunde nun einfacher über ihren<br />

Aufenthaltsort informieren. Seiten 26/27<br />

Dax im Minus, Euro im Plus<br />

Der Aktien-Leitindex fällt um 1,33 Prozent<br />

auf 6215,83 Punkte.<br />

Der Wert des Euro steigt um 0,55 Prozent<br />

aus 1,3780 US-Dollar.<br />

TWEETS DES TAGES<br />

..............................................................................<br />

Gib einem Mann einen Fisch + er hat<br />

Essen für einen Tag. Lehre ihn das<br />

Angeln + er sitzt den ganzen Tag im<br />

Boot und trinkt Bier. shengfui<br />

SENSATION: Nobelpreis für Zauberei<br />

geht 2010 an einen kleinen Zauberer<br />

mit Brille. Phillip Rößler für seine<br />

Illusion „<strong>Die</strong> Gesundheitsreform“.<br />

onkelfisch<br />

24h-Service: 01805-6 300 30<br />

(14ct/Min. aus dt. Festnetz, Mobilfunk max. 0,42 ¤/Min.)<br />

Treffpunkt für Fans:<br />

www.facebook.com/weltkompakt<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 | NRW | NR. 194 | 80 CENT<br />

Das sollten Sie lesen:<br />

Tipps der Redaktion zur<br />

Buchmesse Seiten 24/25<br />

Wir twittern, was uns bewegt:<br />

www.twitter.com/weltkompakt<br />

Kennen Sie Graphen? Für<br />

die Entdeckung des Materials<br />

gab es den Nobelpreis Seite 28<br />

<strong>Gefahr</strong> <strong>durch</strong> <strong>deutsche</strong> <strong>Islamisten</strong><br />

Spur der in Pakistan getöteten Mitglieder einer Terrorgruppe führt nach Hamburg<br />

Berlin – Bei einem US-Drohnenangriff<br />

auf eine Gruppe<br />

<strong>deutsche</strong>r und turkmenischer<br />

<strong>Islamisten</strong> im Nordwesten Pakistans<br />

sind zehn Personen getötet<br />

worden. Unter ihnen befinden<br />

sich laut Geheimdienstkreisen<br />

in der Region acht Deutsche,<br />

davon drei Einwanderer.<br />

Sie alle sollen der terroristischen<br />

Islamischen Dschihad-<br />

Union angehört haben.<br />

Ein unbemanntes Flugzeug<br />

hatte am Montagabend nach pakistanischenGeheimdienstangaben<br />

zwei Raketen auf ein Gehöft<br />

im Stammesgebiet Nord-<br />

Waziristan gefeuert, in dem sich<br />

die <strong>Islamisten</strong> versammelt hatten.<br />

Eine offizielle Bestätigung<br />

Hinschauen<br />

Don Draper ist der Protagonist aus „Mad Men“ –<br />

einer faszinierenden TV-Serie um eine Gruppe<br />

zynischer Werbemanager aus den 60er-Jahren.<br />

Wie kein anderer verkörpert Draper den amerikanischen<br />

Traum – und doch plagt ihn eine dunkle<br />

gab es dafür bislang nicht. Drei<br />

Tote seien gestern in unmittelbarer<br />

Nähe des Angriffsortes in<br />

Mir Ali von radikal-islamischen<br />

Aufständischen beigesetzt worden.<br />

<strong>Die</strong> anderen Leichname<br />

seien in den benachbarten Distrikt<br />

Bannu gebracht worden,<br />

wo sie bestattet werden sollen.<br />

Nach pakistanischen Geheimdienstangaben<br />

könnten unter<br />

den Toten Mitglieder einer<br />

Hamburger <strong>Islamisten</strong>zelle<br />

sein, die im vorigen Frühjahr in<br />

die Region gereist waren und<br />

Anschläge in Europa geplant haben<br />

sollen. Zumindest eine Verbindung<br />

nach Deutschland<br />

scheint nach dem Drohnenangriff<br />

gesichert. Der Besitzer des<br />

zerstörten Gehöfts, ein Taliban<br />

namens Sher Maula Khan, war<br />

im Juni mit dem Hamburger <strong>Islamisten</strong><br />

Rami M. von pakistani-<br />

Polizei ist überfordert<br />

■ Laut Gewerkschaft der Polizei<br />

(GdP) sind die Sicherheitskräfte<br />

nicht in der Lage, islamistische<br />

Terrorhelfer in Deutschland effektiv<br />

zu überwachen. „Eine Rundum-die-Uhr-Beobachtung<br />

ist aus<br />

Personalmangel nicht möglich“,<br />

sagte GdP-Chef Konrad Freiberg.<br />

Daher könne die Polizei „immer<br />

nur hoffen, dass wir die Richtigen<br />

im Auge haben und Anschläge<br />

nicht von anderen kommen“.<br />

Vergangenheit, von der niemand wissen soll.<br />

„Mad Men“ gewann in den USA zahlreiche Preise,<br />

doch hierzulande ist die Serie gerade einmal gut<br />

genug für „ZDFneo“ – einen Spartenkanal, den<br />

viele Deutsche nicht empfangen können. Seite 31<br />

E-Mail an die Redaktion:<br />

kompakt@welt.de<br />

ZDF/DOUG HYUN/AMC/LIONSGATE<br />

schen Polizisten in der Region<br />

festgenommen worden.<br />

Der amerikanische Fernsehsender<br />

ABC News berichtete<br />

gestern unter Berufung auf US-<br />

Regierungskreise, dass angeblich<br />

fünf große Flughäfen in Europa<br />

zu den möglichen Anschlagszielen<br />

gehören sollen.<br />

Das Bundeskriminalamt geht<br />

davon aus, dass nicht nur in Afghanistan<br />

und Pakistan, sondern<br />

auch im Jemen und in Somalia<br />

Terroristen geschult werden.<br />

Das Auswärtige Amt bestätigte<br />

gestern in Berlin, dass ein<br />

terrorverdächtiger Deutscher in<br />

Kenia festgenommen und nach<br />

Deutschland zurückgebracht<br />

worden ist. Seite 6<br />

Börsenzocker soll<br />

fünf Milliarden<br />

zurückzahlen<br />

Paris – Ein Pariser Gericht hat<br />

dem französischen Skandalhändler<br />

Jérôme Kerviel die volle<br />

Schuld für seine milliardenschweren<br />

Finanzspekulationen<br />

gegeben und ihn zu fünf Jahren<br />

Haft verurteilt – zwei Jahre werden<br />

auf Bewährung ausgesetzt.<br />

Außerdem muss der heute 33-<br />

Jährige der Société Générale die<br />

4,9 Milliarden Euro zurückzahlen,<br />

die die Großbank <strong>durch</strong> seine<br />

Geschäfte 2008 verlor. Seiten 2/3<br />

Stuttgart 21:<br />

Bahnhofsabriss<br />

vorerst gestoppt<br />

Stuttgart – <strong>Die</strong> erbitterten Proteste<br />

gegen das Bahnprojekt<br />

Stuttgart 21 zeigen Wirkung: <strong>Die</strong><br />

Landesregierung hat einen Abriss-Stopp<br />

für den Südflügel des<br />

alten Bahnhofs angeordnet und<br />

versprochen, dass im Schlossgarten<br />

keine weiteren Bäume<br />

mehr gefällt werden. Ministerpräsident<br />

Stefan Mappus<br />

(CDU) erneuerte zudem sein<br />

Gesprächsangebot an die Gegner.<br />

Ein kompletter Baustopp<br />

wurde aber abgelehnt. Zugleich<br />

präsentierte die Landesregierung<br />

ein Rechtsgutachten, wonach<br />

eine Volksabstimmung unzulässig<br />

wäre. <strong>Die</strong> Stuttgarter<br />

Polizei versprach zudem eine<br />

lückenlose Aufklärung des gewalttätigen<br />

Einsatzes. Seite 4<br />

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WELT KOMPAKT<br />

2 THEMA<br />

VON DANIEL ECKERT,<br />

GESCHE WÜPPER UND<br />

HOLGER ZSCHÄPITZ<br />

Berlin – Ein Regisseur hätte es nicht<br />

besser inszenieren können: Der Angeklagte<br />

schließt einen Moment<br />

lang die Augen. Ein Raunen geht<br />

<strong>durch</strong> den Pariser Gerichtssaal. Fünf<br />

Jahre Haft, davon zwei auf Bewährung.<br />

Das ist die Strafe für Jérôme<br />

Kerviel, den Verursacher des größten<br />

Spekulationsverlustes aller Zeiten.<br />

Zusätzlich muss er der französischen<br />

Großbank Société Générale,<br />

seinem früheren Arbeitgeber, 4,9<br />

Milliarden Euro Strafe zahlen.<br />

<strong>Die</strong> Realität ist noch extremer als<br />

im Hollywood-Film „Wall Street“.<br />

Michael Douglas alias Gordon Gekko<br />

biegt als skrupelloser Spekulant<br />

die Gesetze, um Millionen zu scheffeln.<br />

Kerviel hat mit seinen Milliardenzockereien<br />

die Existenz einer<br />

der größten Banken Frankreichs auf<br />

Spiel gesetzt – und einen weltweiten<br />

Aktiencrash provoziert.<br />

Doch viele Franzosen machen das<br />

in ihren Augen moralisch verkommene<br />

Finanzsystem für die Auswüchse<br />

mitverantwortlich. Sie sehen<br />

den 33-jährigen Bretonen eher<br />

als Opfer denn als Täter. „<strong>Die</strong>ses Urteil<br />

ist unvernünftig und inakzeptabel“,<br />

sagt Olivier Metzner, der Anwalt<br />

Kerviels und einer der bekanntesten<br />

Strafverteidiger Frankreichs.<br />

„Ein Mann soll für das System zahlen.“<br />

Kerviel genießt in Frankreich viel<br />

Sympathie. „Das Urteil hätte von der<br />

Société Générale geschrieben sein<br />

können“, empört sich eine Frau, die<br />

den Prozess verfolgt hat. „Je nachdem<br />

ob man mächtig oder arm ist,<br />

wird man <strong>durch</strong> das Urteil des Ge-<br />

richts weiß oder schwarz“, schreibt<br />

Alain Fabre auf der Internet-Seite<br />

der Wirtschaftszeitung „Les Echos“.<br />

„Seit La Fontaine hat sich nichts geändert.<br />

Zwischen dem Ruf der Société<br />

Générale und der Gerechtigkeit<br />

musste eine Wahl getroffen wer-<br />

Als wäre es die französische<br />

Fassung des<br />

Hollywood-Klassikers<br />

„Wall Street“: Skandaltrader<br />

Jérôme<br />

Kerviel (Mitte) wird<br />

von Gendarmen zum<br />

Gerichtssaal gebracht<br />

den. Jérôme Kerviel hat sicher keine<br />

weiße Weste, aber die Société Générale<br />

auch nicht.“ La Fontaine war ein<br />

französischer Schriftsteller des 17.<br />

Jahrhunderts, der mit seinen Fabeln<br />

moralische Missstände anprangerte.<br />

<strong>Die</strong> Höhe des Strafgelds entspricht<br />

genau dem Verlust, den Kerviel damals,<br />

im Jahr 2008, verursacht hatte.<br />

Der Wertpapierhändler hatte seine<br />

Kompetenzen weit überschritten<br />

und größere Positionen aufgebaut,<br />

als ihm zustand. Im Extrem waren es<br />

rund 50 Miliarden Euro, mit denen<br />

er wettete. Das überstieg den Börsenwert<br />

der Société Générale. Um<br />

ein Haar hätte Kerviels missglückte<br />

Milliardenspekulation das 1864 gegründete<br />

Institut um die Existenz<br />

gebracht.<br />

Als aus anfänglichen hohen Gewinnen<br />

horrende Verluste wurden,<br />

versuchte der Banker seine Vergehen<br />

zu vertuschen, unter anderem<br />

indem er Unterschriften seiner Vorgesetzten<br />

fälschte. Zwar habe Kerviel<br />

sich <strong>durch</strong> die Spekulationen<br />

nicht persönlich bereichert, aber er<br />

habe <strong>durch</strong>aus mit einem saftigen<br />

Bonus gerechnet, meinte der Richter.<br />

Schuldig in allen Punkten, lautete<br />

das Urteil: Fälschung, Untreue,<br />

betrügerische Manipulation des<br />

Computersystems. „Jérôme Kerviel<br />

war der Erfinder eines kohärenten<br />

Betrugssystem“, sagte der Richter.<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Wie zahlt man 4,9 Milliarden Euro zurück?<br />

Der französische Wertpapierhändler Jérôme Kerviel hat den größten Spekulationsverlust aller Zeiten verursacht –<br />

Kerviels Anwalt Olivier Metzner steht einem Pulk aus Journalisten Rede und Antwort<br />

<strong>Die</strong> Chronik des Betrugs: Untreue, Fälschung und Datenmanipulation<br />

■ Mit dem Prozess gegen den französischen<br />

Ex-Börsenhändler Jérôme<br />

Kerviel ist gestern einer der bedeutendsten<br />

Wirtschaftsprozesse in Frankreich<br />

zu Ende gegangen. <strong>Die</strong> einzelnen<br />

Etappen des Finanzbetrugs.<br />

■ Januar 2008: <strong>Die</strong> französische<br />

Großbank Société Générale meldet<br />

einen Verlust aufgrund betrügerischer<br />

Machenschaften in Höhe von 4,9<br />

Milliarden Euro. <strong>Die</strong> Bank wirft dem<br />

Börsenhändler Jérôme Kerviel vor, mit<br />

Hilfe von Fiktivgeschäften Risiken<br />

verschleiert zu haben. Ein Ermittlungsverfahren<br />

wird eröffnet.<br />

■ Februar 2008: <strong>Die</strong> Bank erklärt,<br />

dass keine Gelder veruntreut wurden<br />

und dass Kerviel allein gehandelt<br />

habe. Im März wird Kerviel aus der<br />

Untersuchungshaft entlassen.<br />

■ Juli 2008: <strong>Die</strong> Bank-Kommission<br />

legt der Société Générale wegen<br />

gravierender Mängel im Kontrollsystem<br />

REUTERS/CHARLES PLATIAU<br />

eine Strafe in Höhe von vier Millionen<br />

Euro auf.<br />

■ Mai 2010: Kerviel veröffentlicht in<br />

Frankreich seine Memoiren.<br />

■ Juni 2010: Der Prozess gegen<br />

Kerviel wegen Untreue, Fälschung und<br />

betrügerischer Computerdatenmanipulation<br />

beginnt.<br />

■ Oktober 2010: Ein Pariser Gericht<br />

verurteilt den Finanzjongleur.<br />

Er habe sein Limit wissentlich weit<br />

überschritten, finanzielle Transaktionen<br />

vorgegaukelt, um Risiken zu<br />

kaschieren, die Mängel im System<br />

gekonnt ausgenutzt. „Er hat sich den<br />

Ruf verschafft, effizient zu sein und<br />

war bei seinen Vorgesetzten beliebt“,<br />

sagte der Richter. Er habe perfekt<br />

den Jargon drauf gehabt und damit<br />

die Kontrollinstanzen in Sicherheit<br />

gewogen.<br />

<strong>Die</strong> Strafe von 4,9 Milliarden Euro<br />

ist symbolisch. Damit signalisiert<br />

das Gericht, dass es die Schuld allein<br />

bei Kerviel sieht. Bei seinem derzeitigen<br />

Monatsgehalt von 2300 Euro<br />

müsste er knapp 180 000 Jahre dafür<br />

arbeiten. Wäre der Bank eine Mitschuld<br />

zugesprochen worden, hätte<br />

dies das französische Bankensystem<br />

erschüttern können. Unter Umständen<br />

hätten die Institute ihre Trader<br />

in den lukrativen Handelsabteilungen<br />

strengen Restriktionen unterwerfen<br />

müssen. Viele Institute erwirtschaften<br />

einen Großteil ihrer<br />

Gewinne im sogenannten Eigenhandel,<br />

wo auch Kerviel tätig war.<br />

Kerviels Anwalt kündigte Berufung<br />

an. Sein Mandant wirkte im Gerichtssaal<br />

ein wenig, als sei er auf einer<br />

Beerdigung: schwarzer Anzug,<br />

schwarze Krawatte, die Arme vor<br />

dem Oberkörper verschränkt. Der<br />

33-Jährige verfolgte die knapp einstündige<br />

Verlesung der Urteilsbegründung<br />

aufmerksam und fast regungslos.<br />

Ab und zu verriet sein<br />

wippender Fuß die innere Ungeduld.<br />

„Ein ausgeglichenes Wesen,<br />

keine seelischen Probleme“, hatten<br />

die psychologischen Experten befunden.<br />

Wer eine große Bankenschelte<br />

seitens des Richters erwartet<br />

hatte, wurde enttäuscht. Hier<br />

und da gab es Kritik an Unzuläng


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

THEMA 3<br />

Jetzt muss er hinter Gitter und 180 000 Jahre lang Strafe zahlen<br />

lichkeiten und Lücken im Kontrollsystem<br />

der Société Générale. Kerviel<br />

selbst hatte stets darauf beharrt, mit<br />

Billigung seines Arbeitgebers gehandelt<br />

zu haben. Seine Vorgesetzten<br />

hätten solange beide Augen zugedrückt,<br />

wie er mit seinen gewagten<br />

Transaktionen Gewinne machte.<br />

In seinen jetzt auch auf deutsch<br />

erschienen Memoiren „Nur ein Rad<br />

im Getriebe“ klagt Kerviel den Zynismus<br />

eines Finanzsystems als<br />

■ <strong>Die</strong> Höhe des Strafgelds entspricht<br />

genau dem Verlust, den Kerviel im<br />

Jahr 2008 verursacht hatte<br />

Ganzes an: Es sei eine vollkommen<br />

von der Realität abgekoppelte Sphäre,<br />

die „Kapitel aus denjenigen<br />

schlägt, die darin arbeiten, das sie<br />

aber bedenkenlos fallen lässt, wenn<br />

sie versagen.“ En detail schildert er<br />

zahlreiche Auswüchse: Seinen Darstellungen<br />

zufolge lud die Bank ausgewählte<br />

Händler zu Lustwochenenden<br />

ein. Der Alkohol floss in Strömen<br />

und Stars boten ein Unterhaltungsprogramm<br />

für teures Geld.<br />

Bei solchen Anlässen hätten die<br />

Risikomanager, die eigentlich dafür<br />

zuständig sind, für Disziplin zu sorgen,<br />

<strong>durch</strong>blicken lassen, dass die Finanzmarkt-Regularien<br />

nicht allzu<br />

ernst zu nehmen seien. „<strong>Die</strong> Chefin<br />

der Risikoabteilung, die wissen<br />

musste, wovon sie sprach, sang leise<br />

und verführerisch: ‚<strong>Die</strong> Risiken, die<br />

wir eingehen, liegen jenseits aller<br />

Gesetze…’“ So ist es in seinem Buch<br />

zu lesen. An einer anderen Stelle beschreibt<br />

er den Sketch eines Chefverkäufers<br />

der Bank in einem Hütchenspiel:<br />

„‚Sehr verehrte Damen<br />

und Herren, es geht für Sie genau<br />

wie für die Kunden darum, die Marge<br />

zu finden… Wo ist sie denn hin,<br />

die Marge? Da nicht … Da auch nicht<br />

… Ah! Sie ist in meiner Tasche!’ Hysterisches<br />

Gelächter.“<br />

Der Finanzsektor scheint Betrüger<br />

und Zocker geradezu anzuziehen.<br />

Immer wieder brachten Händler<br />

und Manager mit gewagten Wetten<br />

an den Rand des Ruins oder sogar<br />

darüber hinaus. Der Engländer<br />

Nick Leeson ru-<br />

inierte in den<br />

Neunzigerjahren<br />

die traditionsreichebritischeHandelsbank<br />

Barings mit<br />

Handelsverlusten von 1,4 Milliarden.<br />

Dollar. Er wurde dafür 1995 in Singapur<br />

zu sechseinhalb Jahren Haft verurteilt.<br />

Er erhielt für jede verzockte<br />

Milliarde 4,7 Jahre Gefängnis. Japans<br />

bekanntester Schurkenhändler Yasuo<br />

Hamanaka büßte jede Milliarde,<br />

die er verspielte, mit drei Jahren ab.<br />

Bei Kerviel, der mehr Minus machte,<br />

als jeder andere Händler, betrug das<br />

Strafmaß umgerechnet ein halbes<br />

Jahr pro Dollarmilliarde.<br />

Kein Trader war Bernard Madoff,<br />

der in Geschichtsbücher als der<br />

größte Finanzbetrüger eingeht: Der<br />

leutselig wirkende Amerikaner baute<br />

ein 65 Milliarden Dollar schweres<br />

Schneeball-System auf: Statt das ihm<br />

anvertraute Geld zu investieren,<br />

brachte er es im großen Stil <strong>durch</strong>.<br />

Er besaß mehrere Luxusappartements,<br />

unter anderem am New Yorker<br />

Central Park, und lebte in Saus<br />

und Braus. Madoff schädigte die Anleger,<br />

darunter viele Prominente, um<br />

die unglaubliche Summe von insgesamt<br />

20 Milliarden Dollar. Im Jahr<br />

2009 wurde er dafür zu 150 Jahren<br />

Gefängnis verurteilt. Während andere<br />

Milliardenbetrüger im Luxus<br />

schwelgten, führte Kerviel ein eher<br />

bescheidenes Leben. Seine Mutter<br />

betrieb bis zu ihrer Pensionierung<br />

einen Friseursalon in Pont l’Abbé, einem<br />

malerischen Ort in der Bretagne.<br />

Sein Vater, ein Kunstschmied,<br />

arbeitete bis zu seinem Tod als Ausbilder<br />

in einer Lehrlingswerkstatt.<br />

Elitäre Wirtschaftshochschulen<br />

blieben dem einst pummeligen jungen<br />

Mann, den Mitschüler als Teenager<br />

„Doppelzentner“ nannten, verschlossen<br />

und so musste er an den<br />

weniger renommierten Universitäten<br />

von Nantes und Lyon studieren.<br />

Als Aktienhändler lebte Kerviel<br />

stets bescheiden in einer kleinen<br />

Wohnung in einem Pariser Vorort.<br />

Von seinen Bonuszahlungen kaufte<br />

er sich weder einen Porsche noch<br />

maßgefertigte Anzüge, sondern einen<br />

kleinen weißen Hund. „Mister<br />

Nobody“ spöttelten damals einige<br />

seiner Kollegen über ihn. Zumindest<br />

das dürfte sich geändert haben. Und<br />

die Hollywood-Verfilmung dürfte<br />

ziemlich sicher kommen.<br />

http://bit.ly/c0uUJy<br />

Folgen Sie<br />

Michael Bee<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_bee<br />

AP/LAURENT CIPRIANI<br />

Der frühere Wertpapierhändler<br />

Jérôme<br />

Kerviel muss 4,9<br />

Milliarden Euro<br />

erstatten. Das Video<br />

zum Urteil.<br />

Finanzbetrüger richten<br />

immense Schäden an<br />

Abgezockt: die spektakulärsten Fälle<br />

Berlin – Betrüger haben schon<br />

mehrfach riesige Schäden mit Finanzgeschäften<br />

angerichtet. Bei<br />

einigen wie bei Bernard Madoff<br />

oder Jérôme Kerviel ging es um<br />

Milliarden. <strong>Die</strong> Zahl der Geschädigten<br />

geht in die Tausende. Einige<br />

spektakuläre Fälle:<br />

Dezember 2009: Der Milliardär und<br />

Hedgefonds-Chef Raj Rajaratnam<br />

wird in New York wegen Betrugs<br />

und Verschwörung angeklagt. Zusammen<br />

mit 21 Komplizen soll er<br />

<strong>durch</strong> Insider-Geschäfte bei großen<br />

Firmenzusammenschlüssen<br />

laut US-Börsenaufsicht SEC illegale<br />

Gewinne von 53 Millionen<br />

Dollar (36 Millionen Euro) eingestrichen<br />

haben. Unter anderem<br />

ging es um Aktien von IBM, Google<br />

und der Hilton- Hotelkette.<br />

Juni 2009: Der US-Milliardenbetrüger<br />

Bernard Madoff wird von<br />

einem Gericht in New York zu 150<br />

Jahren Gefängnis verurteilt. Der<br />

Ex-Broker hatte mit einem rund 65<br />

Milliarden Dollar (46 Milliarden<br />

Euro) schweren Schneeball-System<br />

beim bis dahin größten Betrugsfall<br />

der Finanzgeschichte<br />

weltweit tausende Anleger geschädigt.<br />

Februar 2009: US-Behörden decken<br />

den Milliarden-Schwindel um die<br />

texanische Stanford International<br />

Investment Bank auf. Nach Angaben<br />

der US-Börsenaufsicht SEC<br />

soll Robert Allan Stanford mit seiner<br />

Bank Anleger um rund acht<br />

Milliarden Dollar (6,3 Milliarden<br />

Euro) geprellt haben. Im Juni wird<br />

Stanford festgenommen.<br />

Januar 2009: <strong>Die</strong> spanische Polizei<br />

hebt eine Betrügerbande aus, die<br />

an der Londoner Börse 450 Millionen<br />

Euro erschwindelt haben soll.<br />

<strong>Die</strong> Bande soll über fünf Jahre die<br />

Aktienkurse einer Scheinfirma<br />

mit komplizierten Transaktionen<br />

und gefälschten Papieren künst-<br />

lich in die Höhe getrieben und<br />

dann mit großen Gewinnen verkauft<br />

haben.<br />

Januar 2005: Der Betrug der Frankfurter<br />

Firma Phoenix Kapitaldienst<br />

fliegt auf. Das Unternehmen<br />

hatte seit Anfang der 1990er<br />

Jérôme Kerviel betrog das französische<br />

Institut Société Générale<br />

Jahre mit Hilfe gefälschter Unterlagen<br />

Wertpapiergeschäfte vorgetäuscht<br />

und Anleger so um insgesamt<br />

gut 600 Millionen Euro geprellt.<br />

Zwei Ex-Manager werden<br />

2006 zu mehrjährigen Haftstrafen<br />

verurteilt.<br />

Juni 2002: Ein Bilanzbetrug des<br />

zweitgrößten USA-Anbieters von<br />

Ferngesprächen WorldCom im<br />

Umfang von 3,85 Milliarden Dollar<br />

(3,97 Milliarden Euro zum damaligen<br />

Wechselkurs) erschüttert<br />

weltweit die Börsen. Im August<br />

gibt das zahlungsunfähige Unternehmen<br />

zusätzliche Falschbuchungen<br />

in Höhe von 3,2 Milliarden<br />

Euro zu. Im März 2005 wird<br />

Ex-WorldCom-Chef Bernard Ebbers<br />

in New York wegen Betrugs<br />

zu einer Gefängnisstrafe über 25<br />

Jahre verurteilt.<br />

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WELT KOMPAKT<br />

4 POLITIK<br />

TERMIN DES TAGES<br />

Das bayerische Kabinett tagt heute<br />

über die Münchner Bewerbung<br />

um die Olympischen Winterspiele<br />

2012. Zum einen wollen die Minister<br />

über das Bewerbungsbuch<br />

beraten, das im Januar beim Internationalen<br />

Olympischen Komitee<br />

abgegeben werden muss. Zum<br />

anderen soll ein Olympia-Gesetz auf<br />

den Weg gebracht werden.<br />

Folgen Sie<br />

Fabian Gartmann<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_gartmann<br />

POLITIK KOMPAKT<br />

BAFÖG-ERHÖHUNG<br />

Zwei Prozent mehr Geld<br />

<strong>Die</strong> vom Bundestag beschlossene<br />

Bafög-Erhöhung um zwei Prozent<br />

ist nahezu perfekt. Im Vermittlungsausschuss<br />

einigten sich<br />

die Vertreter von Bundestag und<br />

Bundesrat gestern Abend in<br />

Berlin auf einen Finanzierungskompromiss.<br />

Das teilte die CDU-<br />

Bundestagsabgeordnete Antje<br />

Tillmann, als Mitglied des Vermittlungsausschusses,<br />

im Anschluss<br />

an die Sitzung mit.<br />

ENTWICKLUNGSHILFE<br />

Niebel erhöht Aids-Hilfen<br />

Entwicklungsminister Dirk Niebel<br />

(FDP) hat versprochen, den<br />

Kampf gegen die Krankheiten<br />

Aids, Malaria und Tuberkulose,<br />

in den nächsten drei Jahren weiterhin<br />

mit 600 Millionen Euro zu<br />

unterstützen. Eine entsprechende<br />

Zusage machte Niebels Ministerium<br />

auf einer internationalen<br />

Konferenz in New York. Niebel<br />

fordert eine Erhöhung seines<br />

Etats um 400 Millionen Euro, was<br />

Finanzminister Wolfgang Schäuble<br />

(CDU) bisher ablehnt. <strong>Die</strong><br />

Zusage, die Arbeit der Hilfsorganisation<br />

Global Fund, die<br />

den Kampf gegen die drei Krankheiten<br />

organisiert, weiterhin zu<br />

unterstützen, stammt nicht von<br />

Niebel, sondern von Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel. Niebel<br />

knüpfte die Zusagen noch an die<br />

Zustimmung des Bundestags.<br />

BANKER<br />

Grenze für Banker-Boni<br />

<strong>Die</strong> schwarz-gelbe Koalition will<br />

sich noch diese Woche auf einen<br />

Gesetzentwurf zur Begrenzung<br />

der Boni von Bankern staatlich<br />

kontrollierter Kreditinstitute<br />

einigen. Der Chef der CSU-Landesgruppe<br />

im Bundestag, Hans-<br />

Peter Friedrich, sagte gestern in<br />

Berlin, es solle eine schnelle<br />

Einigung über die verschiedenen<br />

Vorschläge aus Kabinett und<br />

Fraktionen geben. <strong>Die</strong> Koalition<br />

will damit verhindern, dass Mitarbeiter<br />

solcher Banken unterhalb<br />

der Vorstandsebene mehr<br />

als 500 000 Euro verdienen.<br />

DPA/MARIJAN MURAT<br />

McAllisters halber Fehlstart<br />

Niedersachsens Ministerpräsident zieht Bilanz nach 100 Tagen<br />

Hannover – Niedersachsens<br />

Ministerpräsident David<br />

McAllister (CDU) sieht sein<br />

Land auf einem guten Kurs.<br />

Seit seinem Amtsbeginn habe<br />

er auf „Kontinuität und<br />

Verlässlichkeit“ gesetzt, sagte<br />

McAllister am <strong>Die</strong>nstag in<br />

einer Bilanz in Hannover.<br />

Am Freitag ist der 39-Jährige<br />

als jüngster Ministerpräsident<br />

Deutschlands genau<br />

100 Tage im Amt – als Nachfolger<br />

von Christian Wulff, der<br />

Bundespräsident wurde.<br />

Fünf Kilo hat McAllister nach eigenen<br />

Angaben abgenommen,<br />

mehr Termine, mehr Stress und<br />

David McAllister – hier auf Indien-Reise –<br />

zieht nach 100 Tagen im Amt Bilanz<br />

weniger Fastfood nennt er als<br />

Gründe. Auch im Landtag ist<br />

McAllister seither ein anderer:<br />

Der Politiker der Kategorie „Attacke“,<br />

der er als Fraktionschef nicht<br />

DPA/MARCO HADEM<br />

nur am Rednerpult des Landtags<br />

war, ist sichtlich und hörbar bemüht,<br />

diplomatischere Töne anzuschlagen.<br />

„Ironie, Spott und Sarkasmus<br />

sind nur bedingt geeignet<br />

für einen Ministerpräsidenten. Daran<br />

muss ich noch arbeiten“, sagte<br />

McAllister gestern.<br />

<strong>Die</strong> Opposition im Landtag sieht<br />

McAllisters 100-Tage-Bilanz als<br />

„glanzlosen Zwischenbericht einer<br />

Übergangsregierung“, urteilt<br />

Grünen Fraktionschef Stefan Wenzel.<br />

Auch SPD-Fraktionschef Stefan<br />

Schostok ist enttäuscht. Sowohl<br />

in der Schul- als auch in der<br />

Umweltpolitik habe McAllister eine<br />

„schwache Figur“ abgegeben.<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Der Südflügel des Bahnhofs bleibt<br />

Landesregierung macht Zugeständnisse bei Stuttgart 21 – Polizei räumt Fehler ein<br />

VON HANNELORE CROLLY<br />

Stuttgart – Entschärfen, deskalieren,<br />

beruhigen, befrieden: So oft<br />

wie in den letzten Tagen hat Baden-WürttembergsMinisterpräsident<br />

Stefan Mappus diese Wörter<br />

sicher noch nie in den Mund genommen.<br />

Seit dem Gewaltausbruch<br />

zwischen Polizei und Demonstranten<br />

am vergangenen<br />

Donnerstag sagt der CDU-Landeschef<br />

fast gebetsmühlenartig, er<br />

werde alles dafür tun, dass sich die<br />

erhitzten Gemüter abkühlen und<br />

„solche Bilder“ nie mehr wiederholen.<br />

Sogar zu einer Art Baustopp<br />

hat sich Mappus <strong>durch</strong>gerungen:<br />

Vorerst sollen keine weiteren Bäume<br />

im Schlossgarten oder Teile<br />

des Bahnhofs fallen. Allerdings<br />

möchte Mappus weder eine Entschuldigung<br />

für den Polizeieinsatz<br />

geben, wie sie Gegner von Stuttgart<br />

21 fordern, noch den kompletten<br />

Baustopp anordnen. Auch ein<br />

Volksentscheid kommt für ihn<br />

nicht in Frage. Er präsentierte gestern<br />

ein Gutachten des früheren<br />

Verfassungsrichters Paul Kirchhof,<br />

nach dem eine Volksbefragung<br />

„verfassungswidrig“ wäre – denn<br />

das Etatrecht des Landtags könne<br />

ebenso wenig wie das Planungsrecht<br />

des Bundes Gegenstand einer<br />

solchen Befragung sein.<br />

<strong>Die</strong> SPD wehrte sich umgehend<br />

gegen die Einschätzung und warf<br />

Kirchhof „Irrtum“ vor. Fraktionschef<br />

Claus Schmiedel unterstellte<br />

Mappus, Angst vor einer Entscheidung<br />

des Volkes zu haben.<br />

Gegner des Projekts haben mittlerweile<br />

eine Unterschriftensammlung<br />

gestartet, um über einen<br />

Volksentscheid die vorzeitige<br />

Auflösung des baden-württembergischen<br />

Landtags zu erzwingen.<br />

Am Montag Abend hatten erneut<br />

bis zu 50 000 Menschen demonstriert.<br />

Wegen des Polizeieinsatzes<br />

wurden auch zahlreiche Strafanzeigen<br />

gegen Polizisten und Polizeipräsident<br />

Siegfried Stumpf erstattet,<br />

der den Einsatz leitete.<br />

Mappus will heute bei einer um<br />

einen Tag vorgezogenen Regierungserklärung<br />

ein Paket an Maßnahmen<br />

vorlegen, um endlich einen<br />

Dialog zwischen Gegnern, Befürwortern<br />

und Bauherren zu ermöglichen.<br />

„Es kann schließlich<br />

nicht Normalzustand sein, dass Sie<br />

Ein Protestplakat hängt vor der Baustelle des Stuttgarter Hauptbahnhofs<br />

in Deutschland die Polizei brauchen,<br />

um eine Baustelle zu sichern“,<br />

sagte er und zeigte sich<br />

überzeugt, dass seine Ideen „gar<br />

nicht abgelehnt werden können.“<br />

Über den Inhalt der Vorschläge<br />

schwieg sich der 44-Jährige zwar<br />

aus. Aber aus Unionskreisen verlautete,<br />

Mappus werde unter anderem<br />

wohl einen angesehenen Ver-<br />

mittler einzuschalten versuchen.<br />

Der Bürgerrechtler Joachim<br />

Gauck, von FDP-Chef Guido Westerwelle<br />

ins Gespräch gebracht,<br />

hatte aber bereits aus Zeitgründen<br />

abgewinkt. Von den Landtags-Grünen<br />

war die Personalie des ehemaligen<br />

CDU-Generalsekretärs Heiner<br />

Geißler aufgebracht worden.<br />

Doch es ist unklar, ob es tatsäch-<br />

DPA/BERND WEISSBROD<br />

lich auf den immerhin schon 80-<br />

Jährigen hinausläuft.<br />

Den Abriss-Stopp am Südflügel<br />

des denkmalgeschützten Bahnhofs<br />

will Ministerpräsident Mappus<br />

nun als ein „deutliches Signal“ an<br />

seine Bereitschaft sehen, auf die<br />

Bürger zuzugehen. Es wäre<br />

schließlich einfacher und billiger<br />

gewesen, die Abrissarbeiten einfach<br />

weiterführen zu lassen, so<br />

Mappus. Der Nordflügel wurde<br />

bereits im Sommer niedergerissen.<br />

Umwelt- und Verkehrsministerin<br />

Tanja Gönner (CDU) versicherte<br />

zugleich, dass vorerst keine Bäume<br />

mehr im Schlossgarten gefällt werden.<br />

<strong>Die</strong>s gilt jedoch nicht für die<br />

80 Bäume rund um den Nordflügel:<br />

Sie sollen wie geplant bis Februar<br />

fallen. Grünen-Chef Cem<br />

Özdemir begrüßte den Abrissstopp<br />

als Zeichen, dass beide Seiten<br />

ins Gespräch kommen könnten.<br />

Über die Eskalation im Stuttgarter<br />

Schlossgarten am 30. September<br />

zeigte sich Mappus „tief betroffen“.<br />

Er könne bisher aber keine<br />

Fehler beim Polizeieinsatz erkennen.<br />

Allerdings habe er auch<br />

selbst keinerlei Erfahrungen mit<br />

Demonstrationen und hätte sich<br />

„nicht vorstellen können, wie sich<br />

so etwas abspielt“. Er habe als Ministerpräsident<br />

auch mit dem Einsatz<br />

nichts zu tun gehabt und überhaupt<br />

erst am Nachmittag des Vortages<br />

davon erfahren. Zu keinem<br />

Zeitpunkt des Einsatzes habe die<br />

Polizei bei der Regierung oder einzelnen<br />

Minister „nachgefragt“,<br />

was zu tun sei, stellte Mappus klar.<br />

„Das Operative ist und bleibt Sache<br />

der Polizei.“<br />

Zuvor hatte die Führung der<br />

Stuttgarter Polizei versucht, mit<br />

Videoaufnahmen zu belegen, dass<br />

ausschließlich die Demonstranten<br />

die Schuld an dem Gewaltausbruch<br />

hatten. Der „massive Widerstand“<br />

der Projektgegner habe erst<br />

dazu geführt, dass die Polizei Pfefferspray,<br />

Wasserwerfer und<br />

Schlagstöcke habe einsetzen müssen,<br />

sagte Inspekteur <strong>Die</strong>ter<br />

Schneider. Polizeipräsident Siegfried<br />

Stumpf räumte allerdings<br />

Fehler ein. So habe das massive<br />

Auftreten der Demonstranten die<br />

Polizei überrascht. „Ich hätte nie<br />

gedacht, dass uns so starker Widerstand<br />

entgegenschlägt.“<br />

Uni Tübingen will<br />

als erste Lehrer für<br />

Islam ausbilden<br />

Stuttgart – Der erste Fachbereich<br />

für Islam an einer <strong>deutsche</strong>n Universität<br />

soll im Wintersemester<br />

2011/12 in Tübingen seine Arbeit<br />

aufnehmen. Im Januar hatte der<br />

Wissenschaftsrat die Ausbildung<br />

von Imamen und Religionslehrern<br />

empfohlen. Bildungsministerin<br />

Annette Schavan (CDU) sagte, für<br />

sie gehöre dieser Schritt „zu einer<br />

überzeugenden Integrationspolitik<br />

in modernen Gesellschaften“.<br />

<strong>Die</strong> Entscheidung für Tübingen<br />

überrascht nicht, da katholische<br />

und evangelische Theologie, sowie<br />

orientalische und arabische<br />

Sprachen zur Spezialität der Universität<br />

gehören.


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

POLITIK 5<br />

2008 waren mehr zehn bis 15-jährige Mädchen wegen Alkoholvergiftungen in Behandlung als gleichaltrige Jungs<br />

Mädchen trinken mehr als Jungen<br />

Junge Frauen hängen Männer beim Alkohlkonsum ab – Der Rausch wird inszeniert<br />

VON CHRISTINE KENSCHE<br />

Berlin – Trinken bis der Arzt<br />

kommt: Das „Komasaufen“ ist ein<br />

Partyvergnügen Jugendlicher –<br />

und offenbar vor allem bei Mädchen<br />

beliebt. 2008 wurden mehr<br />

als 2400 Mädchen im Alter zwischen<br />

zehn- und 15 Jahren mit einer<br />

Alkoholvergiftung im Krankenhaus<br />

behandelt. <strong>Die</strong> Fallzahl der<br />

gleichaltrigen Jungen fiel um 300<br />

niedriger aus. <strong>Die</strong>ses Ergebnis hat<br />

die Jahrestagung „Alkohol – für<br />

Frauen (k)ein Problem?“ in Berlin<br />

publik gemacht.<br />

„Lange Zeit sind wir davon ausgegangen,<br />

dass Alkoholabhängigkeit<br />

ein typisch männliches Problem<br />

ist“, sagte die Drogenbeauftragte<br />

der Bundesregierung,<br />

Mechthild Dyckmans (FDP).<br />

„Doch heute wissen wir, dass auch<br />

ein relevanter Teil der Frauen davon<br />

betroffen ist.“ Das Bundesgesundheitsministerium<br />

hatte zum<br />

ersten Mal Untersuchungen zum<br />

Christian Wulffs Versuch überparteilich zu sein<br />

Unionspolitiker kritisieren den Bundespräsident für seine Worte zum Islam – die Opposition unterstützt ihn<br />

VON D. F. STURM UND T.<br />

VITZTHUM<br />

Zwölf Wörter zählt der Satz, der<br />

Kritik an Bundespräsident Christian<br />

Wulff hervorruft. Er lautet:<br />

„Aber, meine Damen und Herren,<br />

der Islam gehört inzwischen auch<br />

zu Deutschland.“ Wulff hatte diesen<br />

Satz während seiner Rede zum<br />

20-jährigen Jubiläum der Vereinigung<br />

Deutschlands ausgesprochen.<br />

Vertreter von Islamverbänden<br />

lobten daraufhin die Worte<br />

des Staatsoberhauptes. Einzelne<br />

Unionspolitiker indes äußern nun<br />

Bedenken. <strong>Die</strong> „Bild“-Zeitung erkennt<br />

darin eine „Riesen-Diskussion“.<br />

Der CDU-Innenexperte Wolfgang<br />

Bosbach sagte der „Bild“-Zei-<br />

Trinkverhalten von Frauen in Auftrag<br />

gegeben. „Ganz besonders erschreckend<br />

ist der Anstieg des Alkoholkonsums<br />

von Mädchen im<br />

Alter von zehn bis 20 Jahren und<br />

von Frauen von 40 bis 59 Jahren“,<br />

so Dyckmans. 1,3 Millionen Menschen<br />

in Deutschland sind alkoholabhängig.<br />

Darunter sind<br />

370 000 Frauen.<br />

Während der Konsum von Alkohol<br />

seit dreißig Jahren insgesamt<br />

abnimmt, trinken immer mehr<br />

Menschen exzessiv. Dagegen hat<br />

das Gesundheitsministerium zwar<br />

bereits Kampagnen gestartet. „In<br />

unserer Studie zeigt sich aber, dass<br />

die Jugendlichen davon nicht beeindruckt<br />

sind“, sagt Heidi Reinl<br />

vom Tübinger Institut für frauenpolitische<br />

Sozialforschung.<br />

Reinl hat das Trinkverhalten von<br />

Jugendlichen im Alter von zwölf<br />

bis 17 Jahren untersucht. „<strong>Die</strong> Jugendlichen<br />

wollen Spaß haben,<br />

sich ausprobieren und experimentieren.<br />

Das passiert über das<br />

<strong>Die</strong> eigene Partei kritisiert Bundespräsident<br />

Christian Wulff (CDU)<br />

tung: „Zwar ist der Islam inzwischen<br />

Teil der Lebenswirklichkeit<br />

in Deutschland, aber zu uns gehört<br />

REUTERS/MICHAEL DALDER<br />

Rauschtrinken“, erklärt Reinl.<br />

Mädchen seien dabei niemals allein,<br />

sondern immer in der Gruppe.<br />

Während Frauen hinter verschlossen<br />

Türen tränken, inszenierten<br />

sich die Mädchen öffentlich.<br />

„Darunter sind auch einige,<br />

die sich darüber definieren, dass<br />

Alkoholisierte Jugend<br />

■ Im Jahr 2000 sind 9500 Zehnbis<br />

20-Jährige wegen einer Alkoholvergiftung<br />

behandelt worden, acht<br />

Jahre später 25 700, ein Anstieg<br />

um 170 Prozent. Der Anteil der<br />

volltrunkenen Mädchen nahm dabei<br />

zu: Alkoholvergiftungen stiegen in<br />

der Gruppe der Zehn- bis 15-Jährigen<br />

zwischen 2008 und 2009 um<br />

22 Prozent. Bei den Jungen dagegen<br />

um 19 Prozent. 80 Prozent der<br />

Mädchen im Alter von 14 Jahren<br />

hätten „Trunkenheitserfahrungen“<br />

gesammelt.<br />

die christlich-jüdische Tradition.“<br />

Hans-Peter Uhl (CSU) konstatierte,<br />

was Wulff kaum bezweifelt:<br />

„Grundgesetz geht vor Scharia.“<br />

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />

(FDP) hingegen<br />

stellt sich hinter den Bundespräsidenten,<br />

ebenso wie Vertreter<br />

der Opposition.<br />

Was aber hatte der Bundespräsident<br />

genau gesagt – und was war<br />

sein Anliegen jener Rede zum<br />

3. Oktober?<br />

Wulff verlangte einerseits ein<br />

„Verständnis von Deutschland“<br />

jenseits von Pass, Familiengeschichte<br />

und Glauben. Andererseits<br />

konstatierte er recht unpräzise:<br />

„Das Christentum gehört zweifelsfrei<br />

zu Deutschland. Das Ju-<br />

sie viel trinken – was sonst eher als<br />

ein männliches Verhalten gilt.“ <strong>Die</strong><br />

Jugendlichen wollten einen „kontrollierten<br />

Kontrollverlust erleben“.<br />

Gerade Mädchen passten dabei<br />

gut aufeinander auf – was jedoch<br />

nicht immer gelingt.<br />

„Offensichtlich greifen die Kontrollen<br />

des Jugendschutzgesetzes<br />

oftmals nicht so, wie wir es uns<br />

wünschen“, erklärt Dyckmans.<br />

Doch auch bei älteren Frauen<br />

nimmt das Problem immer mehr<br />

zu: Jede Fünfte der 45- bis 54-Jährigen<br />

trinkt mehr als zwölf Gramm<br />

reinen Alkohol am Tag – ein gesundheitsgefährdendes<br />

Verhalten.<br />

„Besonders erstaunlich ist, dass<br />

Akademikerinnen viel häufiger<br />

trinken als Frauen aus den unteren<br />

Bildungsgruppen“, so die Drogenbeauftragte.<br />

<strong>Die</strong> Gründe dafür sind<br />

noch nicht erforscht.<br />

Dyckmans kündigte an, Prävention<br />

und Suchthilfen für Frauen<br />

künftig einen höheren Stellenwert<br />

als bisher zu geben.<br />

dentum gehört zweifelsfrei zu<br />

Deutschland. Das ist unsere christlich-jüdische<br />

Geschichte.“ Es folgte<br />

der strittige, oben zitierte Satz.<br />

Wulff differenzierte also nicht<br />

zwischen der – ebenso zweifelsfreien<br />

– kulturellen Prägung<br />

Deutschlands <strong>durch</strong> eine christlich-jüdische<br />

Tradition und dem<br />

wesentlich unverbindlicheren<br />

Hinweis, dieses oder jenes „gehöre“<br />

zu Deutschland.<br />

Aber ebenso wenig hat Wulff behauptet,<br />

Deutschland werde seit<br />

Jahrhunderten maßgeblich vom Islam<br />

geprägt, was auch grober Unfug<br />

wäre. Fragwürdig ist bei alldem<br />

Wulffs Verengung von Migranten<br />

auf deren teilweise Zugehörigkeit<br />

zum muslimischen<br />

SUPERBILD/INCOLOR<br />

Schröder: „Dem<br />

Pyromanen kein<br />

Feuerzeug geben“<br />

Berlin – Wer öffentliche Gelder für<br />

den Kampf gegen Rechtsextremismus<br />

bezieht, sollte selbst das<br />

Grundgesetz achten. Was wie eine<br />

Selbstverständlichkeit klingt, hat<br />

zu einem heftigen Streit zwischen<br />

dem Familienministerium und Initiativen<br />

gegen Rechts geführt.<br />

Auslöser war der Plan von Familienministerin<br />

Kristina Schröder<br />

(CDU), künftig von jedem, der<br />

sich neu um Fördergelder bewirbt,<br />

eine schriftliche „Bestätigung“ zu<br />

erbitten, dass er auf dem Boden<br />

des Grundgesetzes stehe. Schröder<br />

verteidigte gestern im Gespräch<br />

mit WELT KOMPAKT ihr<br />

Vorhaben: „Wer damit schon ein<br />

Problem hat, der demaskiert sich<br />

selbst.“ Damit widerspricht sie<br />

Kritik von Grünen und Linken, die<br />

<strong>durch</strong> die Bestätigung der Verfassungstreue<br />

„das bürgerliche Engagement<br />

insgesamt“ gefährdet sahen.<br />

<strong>Die</strong>se Argument weist die Familienministerin<br />

zornig zurück:<br />

„Wer würde denn allen Ernstes einem<br />

bekennenden Pyromanen ein<br />

Feuerzeug in die Hand drücken,<br />

nur weil der sich auch bei der freiwilligen<br />

Feuerwehr engagiert? Genauso<br />

wenig werden wir extremistische<br />

Gruppen unterstützen, nur<br />

weil sie sich auch gegen andere Extremisten<br />

wenden.“<br />

Hintergrund des Streites ist eine<br />

Neuordnung der Fördergelder, die<br />

Schröder gerade vornimmt, die<br />

Bekämpfung von Rechts- und<br />

Linksextremismus künftig gleichermaßen<br />

finanziell zu fördern.<br />

Ihr Haushaltsentwurf für 2010, der<br />

noch vom Bundstag verabschiedet<br />

werden muss, sieht fünf Millionen<br />

Euro für die Förderung von Initiativen<br />

gegen Linksextremismus<br />

und islamischen Extremismus vor.<br />

Initiativen gegen Rechts sollen 24<br />

Millionen bekommen – so viel wie<br />

im Vorjahr.<br />

Familienministerin Schröder (CDU) will<br />

Initiativen gegen Rechts überprüfen<br />

Glauben. Mit seinem Hinweis, er<br />

verstehe sich als „Präsident aller<br />

Menschen, die hier in Deutschland<br />

leben“, hat Wulff ein Verständnis<br />

seines Amtes geschildert, das wohl<br />

alle Bundespräsidenten miteinander<br />

verbindet. Es ist jedenfalls keine<br />

Äußerung, etwa seines Vorgängers<br />

Horst Köhlers bekannt, demzufolge<br />

er sich nur als Bundespräsident<br />

aller <strong>deutsche</strong>n<br />

Staatsbürger – oder aller Volljährigen<br />

verstünde. Johannes Rau verstand<br />

sich explizit als Präsident aller<br />

in Deutschland lebenden Menschen.<br />

Immer wieder verwies er<br />

darauf, in Artikel 1 des Grundgesetzes<br />

heiße es, die Würde des<br />

Menschen – und nicht: die Würde<br />

des Deutschen– sei unantastbar.<br />

DAPD/TIMUR EMEK


WELT KOMPAKT<br />

6 POLITIK<br />

Donner über Waziristan<br />

VON DIETRICH ALEXANDER,<br />

D.-D. BÖHMER UND S. BOLZEN<br />

Plötzlich soll es gefährlich sein,<br />

nach Deutschland, Großbritannien<br />

oder Frankreich zu reisen. <strong>Die</strong> europäischen<br />

Nachbarn, Australien<br />

und die USA raten ihren Bürgern zu<br />

erhöhter Wachsamkeit, wenn sie<br />

die drei europäischen Kernstaaten<br />

bereisen. <strong>Die</strong> Dramatik der Warnungen<br />

steigt in dem Maße, in dem<br />

der Krieg in Afghanistan und den<br />

pakistanischen Stammesgebieten<br />

eskaliert: Drohnenangriffe auf islamistische<br />

Ausbildungslager, Taliban-Attacken<br />

auf Nato-Nachschubwege,<br />

der Versuch der islamistischen<br />

Fanatiker, den Konflikt in die<br />

Entsendeländer der alliierten<br />

Truppen zu exportieren – alles<br />

hängt miteinander zusammen. Alles<br />

ist von Reaktion und Gegenreaktion<br />

geprägt und scheint auf einen<br />

Kulminationspunkt zuzusteuern,<br />

der sich eine andere Bühne<br />

sucht als die weitgehend recht- und<br />

gesetzlosen Stammesgebiete im<br />

Grenzgebiet zwischen Afghanistan<br />

und Pakistan, dem letzten „sicheren<br />

Hafen“ von al-Qaida und Taliban.<br />

<strong>Die</strong> radikalislamischen Terrornetzwerke<br />

wollen ihren Dschihad,<br />

ihren als „Heiligen Krieg“ verklärten<br />

Kampf gegen westliche Grundwerte<br />

und Lebensentwürfe wie<br />

schon am 11.September 2001 in die<br />

Heimat der Feinde tragen. Das zumindest<br />

vermuten westliche Geheimdienste<br />

und nennen potenzielle<br />

Anschlagsziele: Eiffelturm und<br />

Notre Dame in Paris, das Hotel Adlon,<br />

der Fernsehturm und der<br />

Hauptbahnhof in Berlin, Big Ben in<br />

London. Ihr Kronzeuge: Ahmed Sidiqi,<br />

ein <strong>deutsche</strong>r Islamist afghanischer<br />

Herkunft aus Hamburg, der<br />

in US-Haft im afghanischen Lager<br />

Bagram sitzt und offenbar alles<br />

über Pläne und Personen ausplaudert,<br />

was er weiß.<br />

Wie realistisch ist das? Bis zu<br />

acht islamistische Terrorkämpfer<br />

mit <strong>deutsche</strong>n Pässen sollen in der<br />

Ortschaft Mir Ali rund 20 Kilometer<br />

östlich der Stadt Miranshah im<br />

pakistanischen Nordwaziristan bei<br />

einem Drohnenangriff ums Leben<br />

gekommen sein. Einwohner berichteten,<br />

zwei Raketen hätten das<br />

Haus von Sher Maula Khan getroffen,<br />

einem Taliban-Sympathisanten,<br />

der <strong>deutsche</strong>n Kämpfern Unterschlupf<br />

gewähre. Er selbst war<br />

im Juni gemeinsam mit dem Hamburger<br />

<strong>Islamisten</strong> Rami M. von pakistanischen<br />

Polizisten festgenommen<br />

worden.<br />

Andere Dorfbewohner berichteten,<br />

sie hätten die Leichen nach<br />

dem Angriff gesehen und könnten<br />

bestätigen, dass es sich um Ausländer<br />

gehandelt habe. Lokale Politiker<br />

und pakistanische Geheimdienstler<br />

bestätigen die Angaben,<br />

während ein hoher Offizier des pakistanischenMilitärgeheimdienstes<br />

ISI gegenüber WELT KOM-<br />

PAKT skeptisch bleibt: „Da sitzt ein<br />

Deutsch-Afghane im Gewahrsam<br />

der CIA in Afghanistan und erzählt<br />

etwas von acht Kämpfern mit <strong>deutsche</strong>m<br />

Pass in Waziristan. Und kurze<br />

Zeit später sollen acht Menschen<br />

von einer Drohne getötet worden<br />

sein, und schon wenige Minuten<br />

später weiß alle <strong>Welt</strong>, dass es Deutsche<br />

waren. Überlegen Sie mal, wer<br />

das so schnell wissen kann – ohne,<br />

dass Zeit zur Identifizierung der<br />

Leichen bliebe.“ In der Tat waren<br />

die Terroristen nach Angaben der<br />

Bewohner bemüht, schnell und diskret<br />

den Ort des Anschlags abzuriegeln<br />

und die Leichen zu begraben.<br />

Dennoch: Terroristen mit EU-<br />

Pässen, die nicht vorbestraft sind<br />

und frei reisen können, sind der<br />

Albtraum westlicher Sicherheitsbehörden.<br />

<strong>Die</strong> Führung des Terrornetzwerkes<br />

al-Qaida setzt besonders<br />

gern auf diese „home-grown“-<br />

Rekruten, solche also, die in den<br />

Zielländern aufgewachsen, sozialisiert<br />

und nicht straffällig worden<br />

sind. Mehr als 200 europäische Militante<br />

aus Deutschland, Schweden,<br />

Frankreich und Großbritannien<br />

sollen sich unter dem Kommando<br />

eines Libyers („Ahmed“) dort aufhalten.<br />

<strong>Die</strong> getöteten angeblich <strong>deutsche</strong>n<br />

Terroristen sollen nach pakistanischen<br />

Angaben der Islamischen<br />

Dschihad-Union (IJU) angehören,<br />

einer 2002 gegründeten Terrorgruppe,<br />

die Muslime in<br />

Zentralasien und Europa rekrutiert.<br />

500 Kämpfer soll die IJU haben,<br />

darunter mehr als 60 türkischstäm-<br />

mige sowie zum Islam konvertierte<br />

Deutsche. Ihr Hauptquartier liegt<br />

in der Region Mir Ali, ebenso wie<br />

weit abgelegene Unterkünfte und<br />

Trainingslager ohne Straßenzugang.<br />

2008 kündigte der aus Bayern<br />

stammende türkischstämmige Islamist<br />

Cüneyt C. in einem IJU-Video<br />

an, mit einem Selbstmordanschlag<br />

sein Leben „für die Ehre des Islam“<br />

zu opfern. Er riss vier Afghanen in<br />

der Provinz Khost mit in den Tod.<br />

Wenige Monate später drohte der<br />

Konvertit Eric Breininger mit Anschlägen<br />

in Deutschland.<br />

Der vom US-Geheimdienst CIA<br />

forcierte Drohnenkrieg scheint eine<br />

Reaktion auf diese amorphe Bedrohung<br />

zu sein: Allein 22 Raketenangriffe<br />

mit Drohnen, die von den<br />

Einheimischen „bangana“ (Donner)<br />

genannt werden, weil ihre<br />

Hellfire-Geschosse apokalyptische<br />

Zerstörung in die Dörfer bringen,<br />

waren im September zu verzeichnen<br />

– sie töteten etwa 100 Menschen.<br />

Das ist die höchste Monatsquote<br />

der vergangenen sechs Jahre.<br />

Mit „Bangana“ konnten in den vergangenen<br />

Jahren rund 24 Feldkommandeure<br />

des Al-Qaida-Chefs Osama<br />

Bin Laden getötet werden. Jetzt<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Hunderte Europäer rüsten sich in Pakistan für den „Heiligen Krieg“ – <strong>Die</strong> Nato schickt tödliche Drohnen<br />

DPA/EPA/NICOLAS ASFOURI<br />

Ein US-Soldat hält<br />

Wache auf einem<br />

Hügel in der afghanischen<br />

Region<br />

Khost. In der Ferne<br />

liegt Waziristan – die<br />

pakistanische Brutstätte<br />

des Terrors.<br />

Sicherheitskräfte<br />

haben Fotos und<br />

Ausweise (kleines<br />

Bild) von <strong>Islamisten</strong><br />

in Südwaziristan<br />

beschlagnahmt<br />

Aufklären, erfassen, zerstören<br />

■ Drohnen sind unbemannte Fluggeräte<br />

(Unmanned Aerial Vehicles,<br />

UAV) und gehören zum Arsenal der<br />

Streitkräfte vieler Länder. <strong>Die</strong><br />

Mini-Flugzeuge sind mit modernster<br />

Elektronik ausgestattet und können<br />

unterschiedliche militärische Aufgaben<br />

übernehmen. Das Spektrum<br />

reicht von der Überwachung bis zu<br />

gezielten Angriffen auf Personen.<br />

Drohnen werden aus großer Entfernung<br />

gesteuert und können<br />

einen Tag oder länger in der Luft<br />

bleiben.<br />

■ <strong>Die</strong> unbemannten Fluggeräte<br />

werden gegenwärtig im Afghanistan-Krieg<br />

und in der jüngsten<br />

Vergangenheit verstärkt auch zur<br />

Bekämpfung von Terrorgruppen<br />

eingesetzt.<br />

AFGHAN.<br />

PAKISTAN<br />

INDIEN<br />

SWAT-TAL<br />

120 km<br />

Khyber-Pass<br />

Torkham Peshawar<br />

Islamabad<br />

NORD-<br />

WASIRISTAN<br />

Mir Mir Ali<br />

Miramshah STAMMES-<br />

GEBIETE<br />

SÜD- NORDWEST-<br />

WASIRISTAN TERRITORIEN<br />

GETTY IMAGES/JONATHAN SARUK<br />

Quelle: ICOS<br />

hat es die CIA vor allem auf die<br />

Führer des Haqqani-Netzwerkes<br />

abgesehen, einem Ableger der afghanischen<br />

Taliban, der von Nord-<br />

Waziristan aus operiert und zum<br />

Hauptgegner amerikanischer Soldaten<br />

in der unwegsamen Grenzregion<br />

geworden ist.<br />

Unumstritten ist die Wirkung<br />

der Drohnen, umstritten hingegen<br />

ihre Präzision und damit die Langzeitwirkung:<br />

Es werden auch Zivilisten<br />

getötet. Und es liegt die Vermutung<br />

nahe, dass in ihren Familien<br />

eine neue, noch gewaltbereitere<br />

Generation von Terroristen heranwächst,<br />

die vom stärksten Motiv<br />

für Mord getrieben wird: Rache.<br />

„Möglicherweise werden wir<br />

auch in Nord-Waziristan eingreifen“,<br />

so der ISI-Offizier, „aber zu einem<br />

Zeitpunkt und unter Bedingungen<br />

unserer Wahl. Wir lassen<br />

uns nichts diktieren.“ Zurzeit seien<br />

die pakistanischen Truppen in der<br />

seit über einem Jahr andauernden<br />

Offensive gegen die Taliban im<br />

Nordwesten des Landes überdehnt.<br />

Zudem seien noch immer zahlreiche<br />

Soldaten in die Flutbekämpfung<br />

eingebunden. <strong>Die</strong> Amerikaner<br />

seien einfach ungeduldig. „Sie glauben,<br />

dass Nord-Waziristan von strategischer<br />

Bedeutung für den Krieg<br />

in Afghanistan sei. Das glauben wir<br />

nicht. Das eigentliche Problem<br />

liegt in Afghanistan.“<br />

Tatsächlich fällt für Washingtons<br />

Geostrategen im Grenzgebiet die<br />

Entscheidung für die gesamte Region,<br />

und sie sind sich der vollständigen<br />

Zusammenarbeit mit dem pakistanischen<br />

Partner nicht immer<br />

sicher. „Der ISI, den weder die<br />

schwache Regierung noch das Militär<br />

wirklich kontrolliert, plant bereits<br />

für die Zeit, wenn Isaf aus Afghanistan<br />

abzieht“, warnt ein britischer<br />

Pakistan-Experte. <strong>Die</strong> Folge<br />

könnte ein Flächenbrand sein, der<br />

sogar Pakistans Erzfeind Indien mit<br />

in den Konflikt zöge. Das ist nicht<br />

nur den Amerikanern klar, sondern<br />

zunehmend auch der Nato-geführten<br />

Isaf-Truppe – die schon längst<br />

Teil des Konflikts zwischen Washington<br />

und Islamabad geworden<br />

ist. Das Verhältnis zwischen Isaf<br />

und Pakistan hat sich rapide verschlechtert,<br />

seit Nato-geführte<br />

Kampfeinsätze von US-Kampfhubschraubern<br />

im Grenzgebiet geflogen<br />

wurden, bei denen drei pakistanische<br />

Soldaten getötet wurden.<br />

Islamabad sperrte aus Protest<br />

den Khyber-Pass, die wichtigste<br />

Nachschubroute für die rund<br />

130 000 in Afghanistan stationierten<br />

internationalen Soldaten. Mindestens<br />

200 Lastwagen, viele davon<br />

Tanker, hängen seither in Pakistan<br />

fest – und werden von Aufständischen<br />

angegriffen. Seit der Schließung<br />

des Übergangs am vergangenen<br />

Donnerstag hat es fünf Anschläge<br />

auf den Lkw-Konvoi gegeben.<br />

„In jedem Krieg sind die<br />

Nachschublinien der verletzlichste<br />

Teil des Gegners. Wenn man wirklich<br />

schaden will, dann greift man<br />

dort an“, sagt dazu der anonym<br />

bleiben wollende ISI-Offizier.<br />

Es wächst nicht zuletzt deshalb<br />

die Bereitschaft der Nato, auf politischen<br />

Konfrontationskurs mit Islamabad<br />

zu gehen. „<strong>Die</strong> Isaf wird<br />

ihre Operationen keinesfalls nach<br />

Pakistan tragen“, erklärt Isaf-Sprecher<br />

Josef Blotz. „Aber wir haben<br />

ein Recht auf Selbstverteidigung.“


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

POLITIK 7<br />

Großbritanniens Finanzminister George Osborne verkündete auf dem Parteitag der Torries herbe Einschnitte im Sozialsystem – auch für die Mittelschicht<br />

Im Namen der Fairness<br />

Großbritanniens Regierung will Besserverdienern das Kindergeld streichen<br />

Birmingham – Das Grollen ist<br />

schon zu hören, die Stromschnellen<br />

rücken heran: <strong>Die</strong> britischen<br />

Konservativen streichen den Besserverdienenden<br />

das Kindergeld –<br />

denen, die umgerechnet mehr als<br />

50 000 Euro im Jahr verdienen!<br />

Verschwunden ist plötzlich das abstrakte<br />

Reden über die drakonischen<br />

Etatkürzungen, die der<br />

Schatzkanzler am 20. Oktober verkünden<br />

will. Jetzt schon geht es<br />

los, der erste Sprengsatz wurde gezündet,<br />

ausgerechnet hier, auf dem<br />

Parteitag der Tories. Da ist es kein<br />

Trost, dass der Plan erst ab dem<br />

Haushaltsjahr 2013 greifen soll; 1,2<br />

Millionen Familien dürften von<br />

ihm betroffen sein.<br />

Hätte er mit der Ankündigung<br />

nicht warten können bis zu dem<br />

genannten Datum, dieser George<br />

Osborne mit seinen unverschämt<br />

jungen 39 Jahren? Und nicht schon<br />

jetzt herauslassen, wie er beim<br />

Umbau des Sozialstaates auch mit<br />

der Mittelschicht verfahren wird?<br />

<strong>Die</strong> Entrüstung in den Medien ist<br />

einhellig. Aber der Schatzkanzler<br />

Kim Jong-un<br />

zeigt sich bei<br />

Militärübung<br />

Seoul – Nach der Ernennung zum<br />

General hat sich der Sohn und<br />

mutmaßliche Nachfolger von<br />

Nordkoreas Machthaber Kim<br />

Jong-il erstmals öffentlich bei einer<br />

Militärübung gezeigt. Kim<br />

Jong-un und sein Vater hätten eine<br />

Einheit der Volksarmee besucht<br />

und gemeinsam einer Schießübung<br />

beigewohnt, berichteten die<br />

Staatsmedien am <strong>Die</strong>nstag. Es war<br />

das erste Mal, dass die Medien des<br />

kommunistischen Landes von einer<br />

gemeinsamen Reise der beiden<br />

berichteten. Beobachter sehen darin<br />

die Bestätigung für die langsame<br />

Übernahme der Macht von<br />

Kims 27-jährigem Sohn.<br />

kalkuliert psychologisch: Es macht<br />

sich gut, wenn eine konservativ geführte<br />

Regierung nicht das tut, was<br />

man ihr als Erstes zutraut beim<br />

Umkrempeln des Sozialstaats –<br />

hartherzig den Schlechtergestell-<br />

■ „Wir sitzen alle<br />

im selben Boot“<br />

Finanzminister George Osborne<br />

ten der Gesellschaft noch ein wenig<br />

mehr von ihren sozialen Wohltaten<br />

zu kappen. Nein, er rückt<br />

jetzt schon den „middle classes“<br />

zu Leibe, dem Stimmenreservoir,<br />

in dem die Tories eigentlich reiche<br />

Beute machen, er will demonstrieren,<br />

was er in seiner Rede als Prinzip<br />

verkündet hatte: dass jene, die<br />

mehr oder das meiste haben, auch<br />

mehr von den kommenden Lasten<br />

tragen müssten. „Das verlangt die<br />

Fairness, denn wir sitzen alle im<br />

selben Boot“, so sein Mantra.<br />

Zum ersten Mal macht sich eine<br />

Regierung in Europa ernsthaft da-<br />

Moskau – Dmitri Medwedew hat<br />

Spekulationen um ein Ende der autoritären<br />

Herrschaft des weißrussischen<br />

Präsidenten Alexander<br />

Lukaschenko (56) angeheizt.<br />

Überraschend scharf warf er Lukaschenko<br />

in einer Videobotschaft<br />

auf seiner Internetseite vor, zwischen<br />

beiden Ländern Feindschaft<br />

zu säen. „Präsident Lukaschenko<br />

geht damit nicht nur weit über den<br />

Rahmen des diplomatisch Zulässigen,<br />

sondern auch über den<br />

menschlichen Anstand hinaus“,<br />

sagte Medwedew. In Weißrussland<br />

sind am 19. Dezember Präsidentenwahlen.<br />

In beiden Ländern kursieren<br />

Gerüchte, der Kreml wolle Lu-<br />

ran, den Sozialstaat radikal umzubauen<br />

und dabei auch die Mittelschicht<br />

nicht zu verschonen. <strong>Die</strong>se<br />

werden demnächst in einem „Universal<br />

credit“-System zusammengefasst,<br />

in das alle Einzelwohltaten<br />

münden sollen, von der<br />

Mietbeihilfe über das<br />

Arbeitslosengeld, die<br />

Pauschale für ledige<br />

Mütter und den Heizkostenzuschuss.<br />

Keine<br />

Staatsunterstützung darf<br />

dann noch mehr einbringen als der<br />

Durchschnittsverdienst eines Arbeitnehmers.<br />

Zurück an die Arbeit,<br />

so lautet die Devise.<br />

Haben wir nicht immer wieder<br />

als Glaubwürdigkeitstest der Politiker<br />

verlangt, dass sie dem Volk<br />

reinen Wein einschenken über das,<br />

was nicht mehr zu bezahlen ist?<br />

Ein Drittel des gesamten britischen<br />

Haushalts, so rechnete der<br />

Finanzminister in Birmingham<br />

vor, geht inzwischen in den Sozialetat,<br />

von dem allzu viele Menschen<br />

ihr Auskommen beziehen,<br />

ohne je in Berührung mit der Ar-<br />

Ohrfeigen aus dem Kreml<br />

Moskau verliert die Geduld mit Weißrussland und Lukaschenko<br />

Medwedew (r.) im Gespräch mit<br />

Weißrusslands Diktator Lukaschenko<br />

kaschenko nach 16 Jahren im Amt<br />

loswerden. Der von Menschenrechtlern<br />

als letzter Diktator in Europa<br />

beschriebene Staatschef hatte<br />

PA/EPA/DMITRY ASTAKHOV<br />

beitswelt geraten zu sein. Aber der<br />

Mittelschicht wird die Kritik an<br />

diesen Zuständen bald vergehen,<br />

wenn auch sie zur Kasse gebeten<br />

wird; das Kindergeld ist nur der<br />

Anfang. Denn am laufenden Haushaltsdefizit<br />

von umgerechnet etwa<br />

190 Milliarden Euro kommt niemand<br />

vorbei – und niemand an den<br />

knapp 140 Millionen Euro, die täglich<br />

an Zinsen auf die Staatsschuld<br />

abfließen.<br />

Es ist ein Parteitag, wie es noch<br />

keinen gab auf der Insel. <strong>Die</strong> Torries,<br />

die Partei, die sich einst als<br />

die „National Party of Government“<br />

bezeichnete – geboren, um<br />

zu regieren – schlägt den Briten in<br />

klaren Worten einen Deal vor, den<br />

diese am 6. Mai gewählt haben: die<br />

Wahlversprechen der konservativliberalen<br />

Koalition. Harte Einschnitte,<br />

um Großbritannien für<br />

den internationalen Wettbewerb<br />

fit zu machen. Mit den angekündigten<br />

Einsparungen im Sozialsystem<br />

wird sich manch ein Brite<br />

wohl fragen, ob er das Kreuz richtig<br />

gesetzt hat.<br />

Moskau vergangene Woche vorgeworfen,<br />

ihn stürzen zu wollen. In<br />

einer ungewöhnlich heftigen Kampagne<br />

kritisiert das russische<br />

Staatsfernsehen seit Wochen Lukaschenko.<br />

Er sei ein Psychopath,<br />

hieß es in einer Sendung. Auch unabhängige<br />

Beobachter sehen darin<br />

mögliche Kreml-Pläne, Lukaschenkos<br />

Ende einzuläuten. Medwedews<br />

Sprecherin Natalia Timakowa<br />

sagte, das Verhältnis mit der<br />

weißrussischen Führung sei in eine<br />

Sackgasse geraten. Dass Lukaschenko<br />

versuche, sich auf der<br />

Grundlage einer „anti-russischen<br />

Thematik“ eine neue Amtszeit zu<br />

verschaffen, sei inakzeptabel.<br />

REUTERS/TOBY MELVILLE<br />

POLITIK KOMPAKT<br />

USA<br />

Attentäter verurteilt<br />

Wegen des versuchten Bombenanschlags<br />

am Times Square in<br />

New York hat ein US-Gericht den<br />

Angeklagten Faisal Shahzad gestern<br />

zu lebenslanger Haft verurteilt.<br />

Der aus Pakistan stammende<br />

US-Bürger Shahzad hatte zuvor<br />

gestanden, Anfang Mai eine selbst<br />

gebaute Autobombe am Straßenrand<br />

deponiert zu haben.<br />

NORDIRLAND<br />

Autobombenanschlag<br />

Bei der Explosion einer Autobombe<br />

in Nordirland sind am<br />

gestern Morgen in der Stadt Londonderry<br />

mehrere Gebäude beschädigt<br />

worden. Verletzt wurde<br />

aber niemand, wie die Polizei<br />

mitteilte. Als Urheber des Anschlags<br />

wurden IRA-Dissidenten<br />

vermutet, die den Friedensprozess<br />

ablehnen. Eine Stunde vorher ging<br />

eine telefonische Warnung ein.<br />

NIEDERLANDE<br />

Wilders-Prozess geht weiter<br />

Der Prozess gegen den niederländischen<br />

Rechtspopulisten<br />

Geert Wilders wegen mutmaßlicher<br />

Hetze gegen Muslime wird<br />

nicht abgebrochen. Ein Gericht in<br />

Amsterdam wies gestern einen<br />

Befangenheitsantrag der Anwälte<br />

des Politikers gegen Richter Jan<br />

Moor zurück. <strong>Die</strong>ser hatte gesagt,<br />

dass Wilders dafür bekannt sei,<br />

kühne Behauptungen von sich zu<br />

geben, aber Diskussionen zu meiden.<br />

<strong>Die</strong> Staatsanwaltschaft wirft<br />

Wilders vor, den Islam mit dem<br />

Nationalsozialismus verglichen zu<br />

haben. Ihm drohen bis zu zwölf<br />

Monate Haft.<br />

BIRMA<br />

Suu Kyi gibt nicht auf<br />

Birmas Oppositionsführerin Aung<br />

San Suu Kyi geht gerichtlich gegen<br />

die von der Militärjunta erzwungene<br />

Auflösung ihrer Partei vor.<br />

Vor dem Obersten Gericht des<br />

Landes reichte sie gestern Klage<br />

ein. „Wir werden nicht aufgeben“,<br />

sagte einer ihrer Anwälte. Suu<br />

Kyis Nationale Liga für Demokratie<br />

hatte die letzten freien Wahlen<br />

1990 mit großem Vorsprung gewonnen,<br />

die Junta erkannte das<br />

Ergebnis aber nie an. Für November<br />

setzte die Militärführung<br />

Wahlen an, bei denen Suu Kyi<br />

nicht kandidieren darf. Da ihre<br />

Partei den Urnengang boykottieren<br />

wollte, wurde sie aufgelöst.<br />

SACK REIS<br />

Russlands Regierungschef Wladimir<br />

Putin hat den sechs rauchenden<br />

Ministern des Kabinetts den<br />

Griff zur Zigarette verboten. „Sie<br />

gehen mit gutem Beispiel voran<br />

und geben das Rauchen auf“, sagte<br />

er. Leidtragender dürfte vor allem<br />

Außenminister Sergej Lawrow<br />

sein, der als Kettenraucher gilt.<br />

AP/KOEN VAN WEEL


WELT KOMPAKT<br />

8 KULTUR<br />

CHARTS<br />

Bücher<br />

1.<br />

Eat Pray Love<br />

Elizabeth Gilbert<br />

(Vorwoche: 4.)<br />

2. Herbstmagie<br />

Nora Roberts<br />

(Vorwoche: 1.)<br />

3. Leichenblässe<br />

Simon Beckett<br />

(Vorwoche: 3.)<br />

4.<br />

Der Chinese<br />

Henning Mankell<br />

Vorwoche: 2.)<br />

5. Verbrechen<br />

Ferdinand von Schirach<br />

(Vorwoche: 12.)<br />

KULTUR KOMPAKT<br />

Der Traum vom Oscar<br />

Mindestens 55 Länder machen<br />

sich Hoffnung auf einen Oscar in<br />

der Kategorie „Bester ausländischer<br />

Film“. Für Deutschland<br />

geht Feo Aladags Ehrenmord-<br />

Drama „<strong>Die</strong> Fremde“ am 27. Februar<br />

2011 ins Rennen. Gute Chancen<br />

sieht das Branchenblatt „Variety“<br />

auch für Mexikos Beitrag<br />

„Biutiful“, eine mexikanischspanische<br />

Koproduktion von<br />

Regisseur Alejandro Gonzalez<br />

Inarritu mit Javier Bardem in der<br />

Hauptrolle. <strong>Die</strong> Türkei schickte<br />

seinen Berlinale-Gewinner „Honey“,<br />

Rumänien will mit dem Film<br />

„If I Want to Whistle, I Whistle“<br />

noch einmal sein Glück versuchen.<br />

Er hatte in Berlin den<br />

Silbernen Bären gewonnen. Aladags<br />

„<strong>Die</strong> Fremde“ hatte beim<br />

New Yorker Tribeca-Festival<br />

abgesahnt.<br />

Musik und Theater im Louvre<br />

Der französische Film- und Theaterregisseur<br />

Patrice Chéreau (65)<br />

wird im Museum Louvre Theater<br />

und Musik aufführen. Als Gast-<br />

Kurator hat das Pariser Haus dem<br />

Regisseur bei der Programmgestaltung<br />

freie Hand gelassen.<br />

Das Ergebnis: Mehrere Theaterstücke<br />

in den Louvre-Sälen, darunter<br />

die Neuinszenierung von<br />

„Traum im Herbst“ des norwegischen<br />

Dramatikers Jon Fosse.<br />

Türkei will Sphinx zurück<br />

Der türkische Kulturminister<br />

Ertugrul Günay hat Deutschland<br />

ultimativ aufgefordert, die im<br />

Berliner Pergamon-Museum<br />

aufbewahrte Sphinx von Hattuscha<br />

zurückzugeben. Sonst werde<br />

dem Deutschen Archäologischen<br />

Institut die Lizenz für Grabungen<br />

in Hattuscha entzogen, zitierte<br />

die türkische Tageszeitung „Aksam“<br />

den Minister bereits am<br />

Montag. Deutsche Archäologen<br />

hatten in Hattuscha, der Hauptstadt<br />

der Hethiter, vor mehr als<br />

100 Jahren mit Grabungen begonnen.<br />

In Berlin steht noch eine<br />

von zwei gefundenen Sphingen<br />

aus Stein. Mehrere Medien hatten<br />

über diese Forderung berichtet.<br />

Weder die Stiftung Preußischer<br />

Kulturbesitz noch das Auswärtige<br />

Amt wollten sich gestern zu den<br />

Forderungen äußern.<br />

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Andrea Kolpatzik<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_kolpatzik<br />

<strong>Die</strong> nächste Piaf<br />

Et voilà: <strong>Die</strong> Sängerin ZAZ ist in ihrem Heimatland Frankreich<br />

bereits ein Superstar – jetzt will sie Deutschland erobern<br />

VON JULIA DOMBROWSKY<br />

Wer an Frankreich denkt, denkt zugleich<br />

an Carla Bruni, Brigitte Bardot<br />

und Edith Piaf. ZAZ kommt in<br />

dieser Liste nicht vor. Superstar<br />

dort, kleines Licht hier. Unverdient.<br />

So lässt sich die Sängerin ZAZ am<br />

schnellsten beschreiben.<br />

Will man dem Phänomen des<br />

zierlichen Energiebündels aus<br />

Tours näher auf den Grund gehen,<br />

braucht es etwas länger. Ihr erstes<br />

Album „ZAZ“ war wochenlang auf<br />

Platz eins der französischen Charts<br />

und steht seit dem 1. Oktober endlich<br />

auch in Deutschland in den Läden.<br />

Ihre Single „Je veux“ löste Begeisterung<br />

aus, die Franzosen kennen<br />

sie aus der Talentshow „Bleu/<br />

Réservoir Generation“, in der sie als<br />

Außenseiter startete und dank ihrer<br />

rauchigen Stimme und ihrer jazzigen<br />

Musik als Siegerin hervorging.<br />

Als eine französische Lena Meyer-<br />

Landruth sieht sie sich trotzdem<br />

nicht. „Ich bin schon mit vier Jahren<br />

singend <strong>durch</strong> die Wohnung gesprungen<br />

und habe eine klassische<br />

Musikausbildung“, betont Isabelle<br />

Geffroy, so ihr bürgerlicher Name,<br />

dann. Eine Musikerin mit mehr Substanz<br />

also. Und ihr Weg zum Erfolg<br />

war lang. <strong>Die</strong> heute 30-Jährige hat<br />

alle Tiefen eines romantischen<br />

Künstler-Daseins bereits hinter<br />

sich.<br />

Nach ihrer Ausbildung kommt<br />

nicht sofort der große Erfolg, sondern<br />

Auftritte in einem Pariser Kabarett.<br />

„Anderthalb Jahre lang trat<br />

ich dort täglich von 23 Uhr bis 5 Uhr<br />

Nachts auf, sang ohne Mikro in das<br />

zweistöckige Gebäude hinein. Es<br />

war höllisch anstrengend. Ich fühlte<br />

mich irgendwann wie eine Beamte<br />

der Musik.“ – anstatt ihre Ambitionen<br />

hier lebendig zu begraben,<br />

zieht sie lieber auf die Straße. Und<br />

spielt mit einem Kontrabassisten<br />

und einem Gitarristen auf den Straßen<br />

von Montmartre für Almosen.<br />

Ein hoher Kulturfunktionär wird<br />

auf die damals 26-Jährige aufmerksam<br />

und bietet ihr an, eine Tournee<br />

mit Edith Piafs größten Hits <strong>durch</strong><br />

Sibirien zu machen. „Natürlich sagte<br />

ich ja. Auf Staatskosten zu spielen<br />

Das Art Forum und seine Satelliten<br />

war doch super. Es waren Minus 25<br />

Grad, ich habe noch nie so etwas<br />

Kaltes erlebt. Ich spielte 13 Konzerte<br />

in 15 Tagen und es kam so gut an,<br />

dass ich im April noch mal wiederkam.“<br />

Solche und ähnliche Geschichten<br />

hat ZAZ viel zu erzählen, die machen<br />

sich ja auch gut, wenn man als<br />

unkonventionelle Zigeunerprinzessin<br />

auftritt, wie die Sängerin es tut.<br />

Sie trägt bunte Klamotten, ein Piercing<br />

unter dem Auge, Tücher in den<br />

Haaren. Bei Interviews sitzt sie auf<br />

dem Fußboden, hibbelt herum,<br />

transportiert ihre Klamotten in einem<br />

Müllsack. Sie tritt auf wie ein<br />

Punk, nur ohne Hund, schreibt das<br />

Magazin „Les Inrockuptibles“ über<br />

sie „um zu zeigen, dass sie die Moral<br />

Chanson aus Passion<br />

■ <strong>Die</strong> als Isabelle Geoffroy<br />

geborene französische Sängerin ZAZ<br />

zeichnet sich <strong>durch</strong> eine einzigartige<br />

Stimme aus.<br />

■ <strong>Die</strong> Kritiker in Frankreich jubeln.<br />

Charismatisch, melodiös, charmant.<br />

■ ZAZ ist bekannt in der französischen<br />

Musikwelt: Nach ihrer Studienzeit<br />

in Bordeaux sang sie in einer<br />

Bluesband. Anschließend in einem<br />

baskischen Tanzorchester. Und danach<br />

rockte sie auch noch in einer Latinband.<br />

Abgefahren.<br />

■ Ihr Musikinteresse ist vielfältig:<br />

afrikanische, arabische, andalusische<br />

und brasilianische Musik beeinflussten<br />

ihre Entwicklung.<br />

■ Erfahrung als Straßenmusikerin<br />

sammelte sie auch. In Paris, zusammen<br />

mit zwei Musikerkollegen.<br />

http://bit.ly/dyeWo5<br />

Zauberhaft<br />

Sie ist jung,<br />

schön und<br />

erfolgreich –<br />

trotzdem gibt’s<br />

was auf die<br />

Ohren. Hier eine<br />

Hörprobe.<br />

Berliner Liste<br />

Münze Berlin<br />

PRENZLAUER<br />

BERG<br />

CHARLOTTENBURG-<br />

WILMERSDORF<br />

Molkenmarkt 2<br />

vis-à-vis Rotes Rathaus<br />

2<br />

4<br />

FRIEDRICHSH.-<br />

Art Forum Berlin 1<br />

Messedamm 22<br />

Eingang Masurenallee<br />

Charlottenburg<br />

3<br />

MITTE<br />

KREUZBERG<br />

3 7. Berliner Kunstsalon<br />

a. Station Alter Schlachthof<br />

Landsberger Allee 104<br />

art berlin contemporary (abc)<br />

TEMPELHOF- 5<br />

Prenzlauer Berg<br />

Marshall-Haus<br />

Messegelände Berlin<br />

SCHÖNEBERG<br />

Eingang Halle 19<br />

Preview Berlin<br />

Charlottenburg<br />

art berlin contemporary (abc)<br />

Flughafen Berlin-Tempelhof<br />

HAU2 (Hebbel am Ufer)<br />

Hangar 2<br />

Hallesches Ufer 32<br />

Columbiadamm 10<br />

Kreuzberg<br />

Tempelhof Tempelhof<br />

der Klein-Bourgeoise beherrscht.“<br />

Ganz falsch ist das nicht. Ihr verrückt-verruchtes<br />

Auftreten wirkt<br />

einstudiert, Texte wie: „Vergesst all<br />

eure Klischees, herzlich willkommen<br />

in meiner Realität!“ gezwungen<br />

unverkrampft und ihre <strong>Welt</strong>sicht<br />

zum Teil naiv-esoterisch. So<br />

wie der Name ZAZ, der für sie „den<br />

ewigen Zyklus repräsentiert“ – das<br />

Z und das A bilden schließlich Ende<br />

und Anfang des Alphabets.<br />

Es mag nur eine clevere Vermarktungsstrategie<br />

des Mädchens aus<br />

dem Mittelstand sein, das damit die<br />

Sehnsucht nach freiem Leben und<br />

guter Musik stillt. Doch musizieren,<br />

das kann sie tatsächlich. Ihre Lieder<br />

sind Ohrwürmer, mitreißend, angenehm.<br />

<strong>Die</strong> Ironie: sie erfüllen alle<br />

Frankreich-Klischees. Jazz-Rythmen<br />

mit Akkordeon-Begleitung<br />

und eine Soul-Sängerin mit einer an<br />

der Großen Piaf angelehnten Stimme.<br />

Der schönste Beweis ist der<br />

Song „Ni oui ni non“ – man tappt in<br />

ihre Falle, man kann gar nicht anders.<br />

Das Album wird daher – verdienterweise<br />

– auch in Deutschland seine<br />

Abnehmer finden und die Legenden,<br />

die sich um das Glückskind<br />

ZAZ ranken, nur noch mehr werden.<br />

„Tatsächlich bin ich zu dem Album<br />

gekommen, nachdem ich eine<br />

Annonce beantwortete, in der ein<br />

Mann eine rauchige Stimme suchte.<br />

Normalerweise hätte ich einen Perversen<br />

dahinter vermutet, aber wie<br />

immer trügte mich mein Instinkt<br />

nicht“, erzählt sie – und schon war<br />

sie das Ziehkind von dem bekannten<br />

Produzenten Kerredine Soltani.<br />

Er hatte die Annonce 2007 geschaltet,<br />

vermittelte die nötigen Kontakte<br />

und motivierte sie, selber Songs<br />

zu komponieren. Seitdem ging es<br />

für ZAZ nur noch bergauf. Man<br />

fragt sich, was noch kommen mag.<br />

Ob sie sich vorstellen kann, irgendwann<br />

einen französischen Präsidenten<br />

zu heiraten? „Nein“, sagt sie<br />

entsetzt und dann, „Außer wenn er<br />

den Glauben an die Menschen und<br />

die Liebe hat und seine Taten, Worte<br />

und Gefühle eins ergeben – dann<br />

vielleicht.“ Und schon ist sie wieder<br />

ganz ZAZ.<br />

VON ANDREA HILGENSTOCK<br />

Berlin – Noch mehr Kunst gefällig?<br />

Bitte sehr! Zum Art Forum Berlin,<br />

das heute beginnt, rüsten auch die<br />

drei Satellitenmessen auf: Liste, Preview<br />

und Kunstsalon. Siebenmeilenstiefel<br />

braucht in jedem Fall, wer alles<br />

sehen möchte, was zwischen dem<br />

6. und 10. Oktober von Charlottenburg<br />

bis Friedrichshain bis Tempelhof<br />

geboten wird.<br />

In unmittelbarer Nachbarschaft<br />

zur großen Schwester auf dem Messegelände<br />

am Funkturm öffnet die<br />

„abc art berlin contemporary“ ihre<br />

Pforten. Sie versteht sich nicht als<br />

Messe, sondern als freies Format<br />

zwischen Ausstellung und Galerien-<br />

Event. Im 1950 errichteten, denkmal-<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Rauchige Stimme:<br />

<strong>Die</strong> Sängerin ZAZ will<br />

auch in Deutschland<br />

erfolgreich sein<br />

Von wegen kleine Schwester<br />

Von Charlottenburg bis Friedrichshain – <strong>Die</strong> „art berlin contemporary“ umwirbt zeitgleich<br />

geschützten Marshall-Haus hat Kurator<br />

Marc Glöde unter dem Motto<br />

„light camera action“ Videokunst<br />

und Film-Installationen versammelt.<br />

Da herrscht ein Surren und Flimmern.<br />

Rund 60 Künstler von 60 Galerien,<br />

die nebenan ihre Verkaufsstände<br />

haben, zeigen ihre Streifen.<br />

Auch Lichtskulpturen sind dabei,<br />

Collagen, Fotografie, Performances.<br />

Martin Klosterfelde schickt als<br />

Novum einen Film von Hanne Darboven<br />

ins Rennen. Bei der jungen<br />

Galerie Reception offeriert Luigi<br />

Ghirri das Brusttoupet eines strahlenden<br />

Herrn und Daniel Buchholz<br />

tritt mit neuen Fotos von Wolfgang<br />

Tilmans an.<br />

Als Ergänzung zum Art Forum<br />

Berlin macht die von unzufriedenen


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

KULTUR 9<br />

zum Art Forum das Publikum<br />

Galeristen 2008 ins Leben gerufene<br />

„art berlin contemporary“ insofern<br />

Sinn, als hier nicht der Verkaufsaspekt<br />

vertieft wird, der häufig der<br />

Malerei den Vorzug gibt. Dafür tritt<br />

die Beschäftigung mit komplexen<br />

Inhalten in den Vordergrund. „Worum<br />

es uns geht, ist nicht, eine monomediale<br />

Ausstellung zu zeigen,<br />

sondern darzulegen, dass Film Bestandteil<br />

künstlerischen Denkens<br />

ist“, erläutert Glöde.<br />

Mal sehen, ob die Besucher das<br />

würdigen und auch noch ins Theater<br />

Hebbel am Ufer (HAU2) stiefeln,<br />

dem zweiten Spielort der abc. Oder<br />

ob sie die Schose als überflüssige<br />

Ausdehnung des Art Forums erkennen,<br />

das seine Sonderausstellung ja<br />

nicht ohne Grund einstellte. Was die<br />

„abc“ allerdings adelt, ist die Tatsache,<br />

dass hier einige internationale<br />

Händler beteiligt sind, die in den<br />

Messehallen fehlen, Barbara Gladstone,<br />

Rosemarie Schwarzwälder<br />

und Eva Presenhuber.<br />

■ „Wir wollen Film als<br />

Bestandteil<br />

künstlerischen Denkens<br />

zeigen“ Kurator Marc Glöde<br />

Weniger etabliert geht es bei der<br />

Preview Berlin in der Haupthalle des<br />

Flughafens Tempelhof zu. 60 Aussteller<br />

aus 19 Ländern präsentieren,<br />

was sie für aufstrebend halten. Zum<br />

Beispiel Kunst aus Osteuropa. „Der<br />

Standort Berlin als Hauptstadt der<br />

Kreativen in Europa, kann all die<br />

Einflüsse, die <strong>durch</strong> die Künstler aus<br />

diesen Ländern deutlich in der Stadt<br />

zu spüren sind, nicht länger ignorieren“,<br />

findet Rüdiger Lange vom<br />

Kunstraum „loop“. Vom klassischen<br />

Standsystem hatte man sich hier im<br />

Hangar2 des Flughafens im vergangenen<br />

Jahr verabschiedet. <strong>Die</strong>smal<br />

wird es eine Mischung geben aus<br />

Projektflächen ohne Wände und den<br />

klassischen Messekojen, berichtet<br />

Preview-Mitbegründer Kristian Jarmuschek.<br />

Mehr als 200 Künstler locken<br />

auf der Preview. Mit dabei: die<br />

Kunststiftung des Landes Sachsen-<br />

Anhalt aus Halle und die Warschauer<br />

Foundation für Promoting Contemporary<br />

Art.<br />

SONY MUSIC/LAUREN CLEMENT<br />

Abschied von Tony Curtis:<br />

„Wer zieht sich jetzt aus?“<br />

Auf dieser Beerdigung wurde viel<br />

Gelacht: Familie und Freunde von<br />

Tony Curtis verabschiedeten sich<br />

in einer bewegenden Trauerfeier<br />

von dem Ende September gestorbenen<br />

Schauspieler – mit Tränen,<br />

aber auch mit vielen humorvollen<br />

Anekdoten aus Curtis’ Leben. Der<br />

Hollywoodstar war am vergangenen<br />

Mittwoch im Alter von 85 Jahren<br />

in Henderson im US-Bundesstaat<br />

Nevada gestorben. „Wir alle<br />

haben etwas von ihm. Ich beispielsweise<br />

mein ungestilltes Bedürfnis<br />

nach Beachtung“,<br />

sagte Tochter Jamie Lee<br />

Curtis nach der Trauerfeier<br />

laut CNN-Angaben und<br />

wies in die große Runde aus<br />

Geschwistern und deren<br />

Kindern.<br />

Kaliforniens Gouverneur<br />

und Ex-Schauspielerkollege<br />

von Curtis, Arnold Schwar-<br />

zenegger, würdigte die Courage<br />

des Stars. „Wer sonst<br />

hat denn den Mut, sich mit<br />

Empörung über Teilnahme<br />

an Wagner-Festspielen<br />

Israelisches Orchester will im nächsten<br />

Jahr in Bayreuth spielen – trotz Boykotts<br />

<strong>Die</strong> geplante erste Teilnahme eines<br />

israelischen Orchesters an den<br />

Wagner-Festspielen in Bayreuth<br />

sorgt in Israel für Empörung. Der<br />

<strong>deutsche</strong> Komponist Richard Wag-<br />

ner ist in Israel wegen<br />

antisemitischer Positionen<br />

und seiner Popularität<br />

während der<br />

NS-Zeit umstritten.<br />

Seine Werke werden in<br />

Konzerten so gut wie<br />

nie gespielt.<br />

<strong>Die</strong> Sprecherin des<br />

Israelischen Kammerorchesters,<br />

Meirav Magen<br />

Lelie, bestätigte<br />

gestern die Teilnahme<br />

an den Festspielen im<br />

Juli des kommenden<br />

Jahres. Von der Bayreuther<br />

Festspielleitung<br />

war dazu gestern keine<br />

Stellungnahme zu erhalten.<br />

Das israelische Orchester sei von<br />

der Leiterin der Festspiele, Katharina<br />

Wagner, eingeladen worden. „Es<br />

ist ihre persönliche Initiative“, sagte<br />

die Sprecherin. „Sie will damit eine<br />

Brücke schlagen, dies ist eine sehr<br />

schöne Geste.“ Um auf Sensibilitäten<br />

Rücksicht zu nehmen, sollten<br />

die Proben nicht in Israel stattfinden.<br />

Dort wird erwartet, dass Katharina<br />

Wagner kommende Woche<br />

nach Israel kommen dürfte und vermutlich<br />

am Mittwoch eine offizielle<br />

Einladung an das Orchester aussprechen<br />

könnte.<br />

<strong>Die</strong> israelische Zeitung „Jediot<br />

Achronot“ schrieb gestern, Wagner<br />

wolle sich während einer Pressekonferenz<br />

in Israel auch zu der „Nazi-Vergangenheit<br />

ihrer Familie“ äußern.<br />

<strong>Die</strong> Wagner-Festspiele hatten<br />

sich während der Nazi-Zeit <strong>durch</strong><br />

die Freundschaft von Wagners<br />

Schwiegertochter Winifred zu<br />

Adolf Hitler diskreditiert.<br />

Der inzwischen verstorbene israelische<br />

Dirigent Mendi Rodan hatte<br />

■ „Katharina<br />

Wagner will<br />

mit der<br />

Einladung<br />

eine Brücke<br />

schlagen, dies<br />

ist eine sehr<br />

schöne Geste“<br />

Meirav Magen Lelie,<br />

Sprecherin des Israelischen<br />

Kammerorchesters<br />

80 noch öffentlich seiner Kleider zu<br />

entledigen?“, fragte Schwarzenegger<br />

nach CNN-Angaben gestern.<br />

Curtis hatte der Zeitschrift „Vanity<br />

Fair“ 2005, damals als 80- Jähriger,<br />

für Nacktfotos Modell gestanden.<br />

Im Laufe seiner langen Filmkarriere<br />

spielte Curtis in mehr als 140<br />

Dramen und Komödien mit. Berühmt<br />

wurde er vor allem <strong>durch</strong><br />

„Manche mögen’s heiß“ (1959) an<br />

der Seite von Marilyn Monroe und<br />

Jack Lemmon.<br />

Freunde und Verwandte verabschiedeten sich<br />

zärtlich von Tony Curtis<br />

im Oktober 2000 für Aufsehen gesorgt,<br />

als er den langjährigen Boykott<br />

gegen Wagner in Israel brach.<br />

Er spielte damals mit dem Sinfonieorchester<br />

Rischon Lezion das „Sieg-<br />

fried-Idyll“. Das Konzert<br />

löste scharfe Proteste<br />

von Holocaust-<br />

Überlebenden in Israel<br />

aus. Seitdem werden<br />

Wagners Werke weiterhin<br />

kaum gespielt.<br />

Der israelische Journalist<br />

und Holocaust-<br />

Überlebende Noach<br />

Klieger schrieb gestern<br />

in einem Kommentar,<br />

die Reise des Orchesters<br />

nach Bayreuth<br />

bringe ihn in Rage.<br />

„<strong>Die</strong>s ist ein Schritt,<br />

den alle „Freunde“ des<br />

Judentums im Allgemeinen<br />

und Israels im Besonderen<br />

als Kapitulation ansehen werden –<br />

und als Eingeständnis, dass der Boykott<br />

(Wagners in Israel) wertlos<br />

und nicht gerechtfertigt war.“<br />

Halten sich noch bedeckt: Katharina<br />

Wagner (li.) und Eva Wagner-Pasquier<br />

DPA/DANIEL GLUSKOTER<br />

PA/DPA/DANIEL KARMANN


WELT KOMPAKT<br />

10 KULTUR<br />

Mehr Fans als Madonna?<br />

Turbo-Folk ist auch politisch,<br />

die Anhänger finden’s gut<br />

Der Soundtrack des Krieges<br />

Vor zehn Jahren stürzte Slobodan Milosˇevic – Auch die Faszination des Turbo-Folks verpufft<br />

VON SONJA VOGEL<br />

„Ceca hat mehr Fans als Madonna!“<br />

So triumphierte letztes Jahr<br />

das serbische Boulevardblatt Svet,<br />

nachdem zum Belgrader Konzert<br />

des amerikanischen Superstars<br />

bloß 30 000 Zuschauer kamen. Der<br />

Turbo-Folk-Star Svetlana „Ceca“<br />

Ražnatovic hatte es zwei Jahre zuvor<br />

auf 150 000 Fans gebracht.<br />

Das mag überraschen. Schließlich<br />

gilt Turbo-Folk hierzulande<br />

als musikalisches Randphänomen.<br />

Zudem verbindet man das Genre<br />

mit serbischem Nationalismus<br />

und organisiertem Verbrechen.<br />

Turbo-Folk ist alles<br />

andere als wohlgelitten,<br />

als „Soundtrack<br />

des Krieges“ blieb er<br />

vom globalen Musikmarktausgeschlossen.<br />

Tatsächlich lässt<br />

seine Entstehungsgeschichte<br />

den Turbo-<br />

Folk als politisches<br />

Phänomen erscheinen.<br />

Gerade Ceca, der<br />

Megastar der Szene,<br />

trug zu dieser Wahrnehmung<br />

bei. Ihre<br />

1995 mit dem serbischen<br />

Kriegsverbrecher Željko<br />

„Arkan“ Ražnatovic<br />

geschlossene Ehe stand für die<br />

symbolische Vermählung von Nationalismus<br />

und Popkultur. Später<br />

ermittelte man wegen des Mordes<br />

am serbischen Premierminister<br />

Zoran Djindjic gegen sie.<br />

Heute, zehn Jahre nach dem<br />

Sturz von Slobodan Miloševic, hat<br />

der Turbo-Folk seinen Zenit längst<br />

überschritten. Der ursprünglich<br />

auffällige Mix aus elektronisch<br />

aufgemotzter Volksmusik – im<br />

Vordergrund zumeist ein vom<br />

Keyboard kopiertes Akkordeon,<br />

„orientalische“ Gesangsstimmen,<br />

Pop heiratet Politik:<br />

Željko und „Ceca“<br />

wie man sie aus der türkischen<br />

Arabeske-Musik kennt, und moderne<br />

Beats und Samples bekannter<br />

Songs – weicht heute kaum<br />

mehr vom internationalen Pop-<br />

Durchschnitt ab.<br />

Ganz anders Anfang der Neunziger,<br />

als der Turbo-Folk Serbien<br />

überflutete. 1993 veröffentlichte<br />

der Sänger Ivan Gavrilovic das erste<br />

Turbo-Folk-Stück „200 na sat“<br />

(200 km/h). Mit seinen Samples<br />

des Eurodance-Hits „No Limit“<br />

von 2 Unlimited und dem Ruf<br />

„Techno Folk!“, der in ein schrilles,<br />

traditionell anmutendes Akkordeonspiel<br />

überging, gilt er heute als<br />

prototypisch.<br />

Hier zeigt sich deutlich,<br />

woher der Turbo-<br />

Folk stammt. <strong>Die</strong> jugoslawischenKommunisten<br />

versuchten<br />

früh, die unterschiedlichen<br />

sozialen, religiösen<br />

und nationalen<br />

Hintergründe des<br />

Staates zu moderieren.<br />

Ab den Sechzi-<br />

PA /DPA/MILOS JELESIJEVIC<br />

gern förderte man darum„Neukomponierte<br />

Volksmusik“, um<br />

jenseits regional ausdifferenzierter<br />

Musikidiome Gemeinsamkeiten<br />

zu schaffen. Vor neuer Technik<br />

scheute man dabei nicht zurück.<br />

Zum Turbo-Folk, dessen von Synthesizern<br />

produzierte Sounds nur<br />

noch erahnen lassen, was an ihm<br />

Folk ist, war es nur ein kleiner<br />

Schritt.<br />

Man kann es als Ironie betrachten,<br />

dass dem Turbo-Folk ein Konzept<br />

zur Integration Jugoslawiens<br />

zugrunde liegt.<br />

Sollte aber die „Causa Ceca“<br />

ausreichen, um einer Musikrichtung,<br />

die zweifelsohne die Gesellschaft<br />

prägte, Nationalismus nachzuweisen?<br />

Sicher nicht. Texte und Musik<br />

des Turbo-Folks sind alles andere<br />

als politisch. Wie der klassische<br />

Popsong kreisen sie um Liebe und<br />

Betrug. Politische Statements<br />

sucht man vergeblich. <strong>Die</strong> Verbindung<br />

war eher struktureller Art.<br />

Eine Schlüsselfunktion hatten dabei<br />

die Kriege der Neunziger, die<br />

1992 von der Internationalen Gemeinschaft<br />

gegen Serbien verhängten<br />

Sanktionen – und die Inflation.<br />

<strong>Die</strong> gut ausgebildeten und international<br />

geprägten Serben verließen<br />

das Land, 700 000 sollen es gewesen<br />

sein. Entsprechend dramatisch<br />

verschoben sich die Machtverhältnisse.<br />

Der Musikjournalist<br />

Dragan Kremer beschreibt die angespannte<br />

Lage als „sozialen<br />

Schnellkochtopf“: „In diesem Vakuum,<br />

abgeschnitten von Informationen<br />

und Einflüssen von außen,<br />

verwandelte sich alles im Handumdrehen<br />

in Turbo-Folk.“<br />

Kremer bezeichnet so weniger<br />

eine Musik, als eine soziale Ord-<br />

nung, die Deregulierung gewachsener<br />

Strukturen und Werte, einen<br />

Rückfall hinter die Toleranzprinzipien<br />

der jugoslawischen Gesellschaft:<br />

Nationalismus, Patriarchat,<br />

Demokratiefeindlichkeit,<br />

Homophobie.<br />

Von der <strong>Welt</strong>stadt<br />

Belgrad war nicht viel<br />

geblieben. „Nicht der<br />

Turbo-Folk zerstörte<br />

die Stadt, Belgrad<br />

existierte zu dieser<br />

Zeit nicht mehr“, erinnert<br />

sich der Kulturmanager<br />

und<br />

Fernsehmann Miloš<br />

Jež.<br />

<strong>Die</strong> Nationalisierung<br />

machte auch vor<br />

der Kultur nicht halt.<br />

Obgleich die „Neukomponierte<br />

Volksmusik“ sich<br />

dem internationalem Pop angenähert<br />

hatte, galt sie nunmehr als serbisch,<br />

eben als Turbo-Folk – eine<br />

Bezeichnung, mit der sich der Musiker<br />

Rambo Amadeus ironisch auf<br />

Turbo-Folk – <strong>Die</strong> serbische Alternative<br />

■ Turbo-Folk war neben den<br />

Hollywood-Blockbustern die billigste<br />

Form der Unterhaltung.<br />

■ Er ist eine serbische Alternative<br />

zum angloamerikanischen Pop und<br />

kam dem nationalistischen Establishment<br />

unter Miloševic entgegen.<br />

■ Neue, simple Boulevard-TV-<br />

Formate sind untrennbar mit dem<br />

Aufstieg des Turbo-Folks verknüpft.<br />

■ Jelena Karleuša, der aktuelle<br />

Star der Szene, verkörpert ein<br />

Extrem von Weiblichkeit: aufgespritzte<br />

Brüste und Lippen,<br />

gebräunte Haut, blondiertes Haar<br />

bis zur Hüfte.<br />

■ <strong>Die</strong> Zeit des Turbo-Folk war die<br />

Zeit der Gegensätze. Insbesondere<br />

die Rockszene Jugoslawiens galt<br />

als Gegenpol zum als nationalistisch<br />

und provinziell verschrienen<br />

Turbo-Folk. Das musikalische<br />

Bekenntnis war eines für oder<br />

gegen die herrschende Politik –<br />

und teilt Belgrad heute noch.<br />

http://bit.ly/9dykVU<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Hossa! Megastar Svetlana<br />

Ceca Ražnatovic<br />

Balkan-Beat<br />

Gelebter Turbo-<br />

Folk: Jelena<br />

Karleuša verkörpert<br />

das Ideal<br />

des Turbo-Folks –<br />

hier gibt’ s den<br />

Clip dazu.<br />

den eigenen avantgardistischen<br />

Stil bezogen hatte, der den provinziellen<br />

Ethno-Kitsch auf die Schippe<br />

nahm.<br />

<strong>Die</strong> glitzernde <strong>Welt</strong> der neuen<br />

Stars, pompöse Gala-<br />

Shows und die mit<br />

Statussymbolen aufgemotztenMusikvideos<br />

suggerierten,<br />

westliche Konsumgüter<br />

seien nach wie vor<br />

verfügbar. Dabei war<br />

die gesamte <strong>Welt</strong> für<br />

Serben so unerreichbar<br />

wie nie zuvor.<br />

Zweifelsohne profi-<br />

REUTERS/MARKO DJURICA<br />

tierte die Politik am<br />

meisten von der Parallelwelt<br />

des Turbo-<br />

Folks. Hier fand sie<br />

das Auditorium, das<br />

sie <strong>durch</strong> die fatale Politik verloren<br />

hatte. Jež, damals Kreativdirektor<br />

von TV Palma, bezeichnet den<br />

Sender als „Hauptquartier der sozialen<br />

Befriedung“. Als „serbisches<br />

MTV“ war er Marktführer in<br />

Sachen Turbo-Folk. Schon früh<br />

hatte die Opposition der Regierung<br />

unterstellt, das Genre zur<br />

Machtsicherung gefördert zu haben.<br />

Frei nach dem Motto „Brot<br />

und Spiele“. So lange „Ceca nacionale“<br />

sang und tanzte, konnten Armut<br />

und Isolation Serbien nichts<br />

anhaben.<br />

<strong>Die</strong> Marktlage war für Turbo-<br />

Folk-Produktionen mehr als lukrativ,<br />

da Urheberrechte unbeachtet<br />

blieben. Ohnehin hatte der Staat<br />

andere Probleme. Neue Produktionstechniken<br />

lösten eine unüberschaubare<br />

Welle aus. Private Produktionsfirmen<br />

und Fernsehsender,<br />

die sich lokalen Musikproduktionen<br />

widmeten, schossen wie<br />

Pilze aus dem Boden.<br />

<strong>Die</strong> Gelder stammten aus dem<br />

Milieu derer, die von den sozialen<br />

Umwälzungen profitiert hatten.<br />

REUTERS/MARKO DJURICA


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

KULTUR 11<br />

VON MATTHIAS KAMANN<br />

In eine Ausstellung über Religion<br />

gehören Reliquien. Drum wird das<br />

Original-Kopftuch gezeigt, das die<br />

muslimische Lehrerin Fereshta<br />

Ludin in einer <strong>deutsche</strong>n Schule<br />

trug, ehe ihr dies verboten wurde.<br />

Hinter Glas präsentiert wird auch<br />

eines der Kruzifixe, die aus einigen<br />

bayerischen Klassenzimmern entfernt<br />

wurden. Ebenfalls zu sehen<br />

ist das lila Schultertuch mit Protestsprüchen<br />

gegen Atomraketen,<br />

das sich Margot Käßmann 1983 auf<br />

dem Kirchentag in Hannover umlegte.<br />

Kommt her und seht auf diese<br />

Dinge: Sie erhitzen die Gemüter.<br />

Da wird eine starke These anschaulich:<br />

dass die religiöse Erregung,<br />

die sich einst in der verzückten<br />

Anbetung oder bilderstürmenden<br />

Vernichtung von Heiligenknochen<br />

ausdrückte, sich heute im<br />

erbitterten Streit über muslimische<br />

Symbole oder die Polit-Chiffren<br />

des Linksprotestantismus manifestiert.<br />

Am Grundprinzip der<br />

Fixierung auf Ikonisiertes hätte<br />

sich dabei wenig geändert. Ebenso<br />

wenig daran, dass zum Wesen der<br />

Religion ihr harter Bekenntnischarakter<br />

gehört: dafür oder dagegen?<br />

Auf den Video-Schirmen der Ausstellung<br />

„Kraftwerk Religion“ im<br />

Dresdner Hygiene-Museum nehmen<br />

Muslime oder Christen sofort<br />

Stellung zum Kopftuch oder zum<br />

Islam-Unterricht an Schulen.<br />

Es ist vor allem dieser Streit, das<br />

machen die Ausstellungskuratoren<br />

um Petra Lutz vom Hygiene-<br />

Museum deutlich, der die Religion<br />

heute in der Öffentlichkeit präsent<br />

hält. Auf dem Rückzug ist der<br />

LEVERAGE<br />

DIE NEUE CRIME-SERIE<br />

HEUTE | 22:15 |<br />

Dafür oder dagegen?<br />

Ausstellung „Kraftwerk Religion“ im Dresdner Hygiene-Museum polarisiert<br />

In Dresden wird genau hingeschaut und das religiöse Streitpotenzial scharfsinnig in Szene gesetzt<br />

Glaube in der Moderne keineswegs,<br />

bekräftigt diese kleine, hoch<br />

konzentrierte und fast überfüllte<br />

Ausstellung.<br />

Das Streitpotenzial des Glaubens<br />

demonstrieren in Dresden<br />

auch Textprojektionen, wo Voltaires<br />

Religionskritik gegen Ernst<br />

Wolfgang Böckenfördes Verteidigung<br />

des Glaubens im modernen<br />

Staat antritt. Religion ist in dieser<br />

Ausstellung das, was uns zum Pro<br />

und Kontra drängt. Dass dies der<br />

religiösen Durchschnittserfahrung<br />

entspricht, lässt sich bezweifeln.<br />

Hat die statt mit hitzigen Diskussionen<br />

vielmehr mit Gewöhnung<br />

ans nur halb Hinterfragte zu tun,<br />

mit biografischen Anekdoten und<br />

freundlichen Predigten, mit Ergriffenheit<br />

in schönen Kirchen oder<br />

mit der Freundlichkeit einer Caritas-Schwester?<br />

Von all dem ist wenig<br />

zu sehen in den drei düsteren<br />

Räumen, die mit dunklem Filz ausgelegt<br />

sind. Man könnte sagen,<br />

dass in Dresden konfessionslose<br />

Ost<strong>deutsche</strong> mit einem fremd-brisanten<br />

Phänomen namens Religion<br />

konfrontiert werden. Doch diese<br />

Ausstellung macht Ernst mit<br />

dem Ernst des Glaubens.<br />

In diesem Ernst riskieren die<br />

Gläubigen Verfolgung, was in<br />

Dresden Filmausschnitte aus der<br />

Stasi-Überwachung von Kirchen<br />

in der DDR verdeutlichen. In diesem<br />

Ernst ritualisieren die Gläubigen<br />

auch die Aufnahme in die Gemeinschaften<br />

– Thomas Manns<br />

Taufkleid ist zu sehen – und verehren<br />

Brot und Wein, besonders aber<br />

Wasser. Aus dem Jordan kommt es,<br />

aus dem Ganges, aus Mekka, aus<br />

Lourdes – eine Batterie von<br />

Fläschchen erinnert daran, wie<br />

ähnlich sich die Religionen in vielem<br />

sind.<br />

DPA/ARNO BURGI<br />

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WELT KOMPAKT<br />

12 SPORT<br />

Ein „Busenwischer“<br />

und Babbels Tritt<br />

ins Fettnäpfchen<br />

Berlin – Das Leben ist manchmal<br />

ungerecht. Kein Mensch wird sich<br />

bei der Partie zwischen Hertha<br />

BSC und Aachen (0:0) an die gute<br />

Spielleitung von Bibiana Steinhaus<br />

erinnern. Ebenso wenig an die<br />

dürftige Leistung von Peter Niemeyer.<br />

Doch dank der Medienwelt<br />

wird eine Zwölf-Sekunden-Sequenz<br />

in Erinnerung bleiben. Ob in<br />

England, Holland, Spanien, Brasilien,<br />

Russland oder Deutschland –<br />

der Videoschnipsel von dem unbeabsichtigten<br />

Treffen zwischen der<br />

Schiedsrichterin und Niemeyer<br />

hat es in Windeseile auf Server<br />

rund um den Globus geschafft. Im<br />

Der Fehlgriff: Peter Niemeyer und<br />

Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus<br />

Rückwärtsgehen wollte der Mittelfeldspieler<br />

der Polizistin aus<br />

Hannover auf die Schulter klopfen,<br />

verfehlte sein Ziel und wischte ihr<br />

unbeabsichtigt über den Busen.<br />

Steinhaus stutzte, schaute und löste<br />

die Situation mit einem charmanten<br />

Lächeln, weil Niemeyer<br />

sich sofort entschuldigt hatte.<br />

„Wir sind aneinander vorbeigelaufen<br />

und haben uns berührt. Ich<br />

denke, da kann man es mit einem<br />

Augenzwinkern belassen“, sagte<br />

die einzige Schiedsrichterin im<br />

<strong>deutsche</strong>n Profifußball. Niemeyer<br />

scherzte: „Man muss die Zuschauer<br />

ein wenig unterhalten.“<br />

<strong>Die</strong> Beteiligten hatten die Szene<br />

unverkrampft aufgelöst. Das gelang<br />

Hertha-Trainer Markus Babbel<br />

am Tag danach nicht. Er lobte<br />

zwar die Leistung von Steinhaus<br />

(„voll in Ordnung“), tapste dann<br />

aber im Scherz ins Fettnäpfchen:<br />

„Das hätte ich auch gern gemacht.<br />

Aber bei uns damals gab’s ja keine<br />

Schiedsrichterinnen.“<br />

VON JULIEN WOLFF<br />

Berlin – Gut ist für ihn nicht gut<br />

genug. Bei Erdal Keser muss es<br />

sehr gut sein. Als der Türke in den<br />

80er-Jahren für Borus-<br />

sia Dortmund stürmte,<br />

gab es nach Siegen nur<br />

die Frage: Was können<br />

wir noch besser machen?<br />

Und diesen Perfektionismus<br />

hat er<br />

sich auch als Leiter des<br />

Europa-Büros des türkischenFußballverbandes<br />

bewahrt. Es sagt daher<br />

viel über den Erfolg<br />

seiner Arbeit aus, wenn er vor dem<br />

Spiel gegen Deutschland betont:<br />

„Ich bin sehr zufrieden.“<br />

Der Auftrag der Verbandsführung<br />

an den 49-Jährigen: Finde in<br />

Deutschland türkische Nationalspieler!<br />

Er erfüllt ihn – und zählt zu<br />

SKY SPORT<br />

VON LARS GARTENSCHLÄGER<br />

Berlin – Sie trugen schwarze Anzüge<br />

und graue Krawatten. Waren<br />

in edler Kleidung bereit für den<br />

großen Empfang, den Bundespräsident<br />

Christian Wulff gestern<br />

Mittag für Bundestrainer Joachim<br />

Löw und die Spieler der <strong>deutsche</strong>n<br />

Fußball-Nationalmannschaft gab.<br />

Mit Shakiras WM-Song „Waka<br />

Waka“, gespielt in einer Klassikversion,<br />

empfing das Staatsoberhaupt<br />

die Auswahl des Deutschen<br />

Fußball-Bundes (DFB) im Schloss<br />

Bellevue.<br />

Wulff hatte im Vorfeld des EM-<br />

Qualifikationsspiels gegen die<br />

Türkei am Freitag (20.45 Uhr, ARD<br />

live) geladen, um mit Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel Spieler und<br />

Trainer für ihr erfolgreiches Abschneiden<br />

bei der WM in Südafrika<br />

mit dem abschließenden dritten<br />

Platz zu ehren. Während die Spieler<br />

das Silberne Lorbeerblatt erhielten,<br />

bekam Joachim Löw das<br />

Bundesverdienstkreuz. <strong>Die</strong>s hatten<br />

u.a. schon Löws Vorgänger<br />

Franz Beckenbauer (2006) und<br />

Jürgen Klinsmann (2007) erhalten.<br />

Christian Wulff würdigte die<br />

herausragenden Auftritte des<br />

Teams in Südafrika. „<strong>Die</strong> Mannschaft<br />

hat mit Eleganz, Leichtigkeit,<br />

Teamgeist und Spielwitz<br />

überzeugt und kann für andere ein<br />

Vorbild sein“, betonte Wulff. „<strong>Die</strong>se<br />

Mannschaft ist ein Spiegel der<br />

tatsächlichen Gesellschaft unseres<br />

Landes.“<br />

In seiner Rede ging Wulff auch<br />

auf das Thema Integration ein.<br />

„<strong>Die</strong>se Mannschaft mit jungen<br />

Männern so unterschiedlicher<br />

Herkunft spiegelt Deutschland als<br />

das Einwanderungsland, das es<br />

längst schon geworden ist“, sagte<br />

Wulff. Davor hätten, fuhr er fort,<br />

viele lange Zeit ängstlich oder abwehrend<br />

die Augen verschlossen.<br />

„Und nun“, so Wulff, „mit einem<br />

Mal, konnte man sehen, was für ein<br />

schönes, begeisterndes und effizientes<br />

Teamwork entstehen kann,<br />

wenn Menschen, wie verschieden<br />

ihre Herkunft auch ist, das beste,<br />

was sie haben und können, in ein<br />

Projekt einbringen.“<br />

Es waren unbeschwerte Wochen<br />

in Südafrika. Ganz anders als jetzt,<br />

wo der raue Alltag ihnen Probleme<br />

bereitet.<br />

Allein 14 von 19 für die Türkei-<br />

Partie nominierten Spielern erleben<br />

dieser Tage die Kehrseite des<br />

Daseins als Profi. Sie sind außer<br />

Form, darben mit ihren Vereinen<br />

im Tabellenkeller der Bundesliga<br />

und stehen im Fokus der Kritik. In<br />

Christian Träsch und Cacau sind<br />

gar zwei Mann vom Tabellenletzten<br />

VfB Stuttgart dabei. Holger<br />

Badstuber, Philipp Lahm, Toni<br />

Kroos, Thomas Müller, Miroslav<br />

Klose und Mario Gomez blamieren<br />

sich mit dem FC Bayern derzeit<br />

auf Platz zwölf. Torhüter Manuel<br />

Neuer, die <strong>deutsche</strong> Nummer<br />

eins, ist mit Schalke Tabellenvorletzter<br />

und hat in sieben Spielen<br />

schon 14 Tore kassiert. Dazu sind<br />

auch der Kölner Podolski, die Bre-<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Ehrung für Löws Krisen-Kicker<br />

Bundespräsident zeichnet DFB-Team aus – Zahlreiche Spieler im Formtief<br />

den Vertrauten des Nationaltrainers<br />

Guus Hiddink. Sieben in<br />

Deutschland ausgebildete Profis<br />

gehören zum Aufgebot der Türkei<br />

für das Duell mit der Auswahl des<br />

Deutsche Fußball-<br />

Bundes (DFB): Hamit<br />

Altintop (FC Bayern<br />

München), sein Bruder<br />

Halil (Eintracht<br />

Frankfurt), Nuri Sahin<br />

(Borussia Dortmund),<br />

Ömer Erdogan<br />

(Bursaspor, früher<br />

FC St. Pauli),<br />

Ceyhun Gülselam<br />

(Trabzonspor, früher<br />

SpVgg Unterhaching), Hakan Balta<br />

(Galatasaray Istanbul, früher<br />

Hertha BSC) und Özer Hurmaci<br />

(Fenerbahce Istanbul, früher KSV<br />

Baunatal). „Uns geht es aber auch<br />

schon um die Junioren-Nationalmannschaften.<br />

Bei der U 15 fangen<br />

Löw erhielt das Bundesverdienstkreuz, die Spieler das silberne Loorbeerblatt<br />

wir an, und wir haben drei bis vier<br />

Spieler aus Deutschland pro Jahrgang<br />

in unseren Teams“, sagt Keser<br />

stolz.<br />

Von seinem Büro in Köln aus koordiniert<br />

er 25 Talentspäher. Sie<br />

bewerten bei Partien die Fähigkeiten<br />

der Spieler. Richtig schwierig<br />

wird es aber erst, nachdem ein<br />

Spieler für gut genug befunden<br />

wurde. Dann gilt es, die Talente zu<br />

überzeugen, sich für die Türkei zu<br />

entscheiden – und eben nicht für<br />

Deutschland. Weil die meisten in<br />

der Bundesrepublik geboren sind,<br />

können sie wählen, für welches<br />

Land sie spielen wollen – selbst,<br />

wenn sie schon für Juniorenauswahlteams<br />

gespielt haben. Derzeit<br />

ist der Verband an Taner Yalcin<br />

(20, 1. FC Köln), Ömer Toprak (21,<br />

SC Freiburg), Ilkay Gündogan (19)<br />

und Mehmet Ekici (20, beide 1. FC<br />

Nürnberg) interessiert. „Wir be-<br />

drängen keinen Spieler. Er muss<br />

die Entscheidung aus freien Stücken<br />

treffen. Wenn er sagt, dass es<br />

ihn stolz macht, für die Türkei zu<br />

spielen, öffnen wir ihm die Türen“,<br />

sagt Keser.<br />

Es klappt nicht immer, Mesut<br />

Özil (Real Madrid) und Serdar<br />

Tasci (VfB Stuttgart) entschieden<br />

sich für Deutschland, der türkische<br />

Verband hat das Scouting<br />

seither intensiviert. Probleme mit<br />

dem DFB gebe es dennoch nicht,<br />

REUTERS/TOBIAS SCHWARZ<br />

mer Wiese, Mertesacker und Marin<br />

sowie der Hamburger Westermann<br />

mit ihren Vereinen weit von<br />

den Zielstellungen entfernt.<br />

Trotzdem schenkt der Bundestrainer<br />

seinen Männern das Vertrauen.<br />

Er sei nicht besorgt, sagte<br />

er gestern, „weil ich es irgendwie<br />

erwartet habe. <strong>Die</strong> Spieler haben<br />

bei der WM Unglaubliches geleistet.<br />

Da sind viele Kräfte verloren<br />

gegangen“. Löw hofft auf die therapierende<br />

Wirkung der Nationalmannschaft<br />

und darauf, dass unter<br />

seiner Führung zumindest Klose<br />

und Podolski wieder zu ihrer Form<br />

finden.<br />

Mario Gomez ist beim FC Bayern<br />

nur noch Reservist, auch wenn<br />

er am Sonntag in Dortmund (0:2)<br />

erstmals seit einem halben Jahr zur<br />

Startelf gehörte. „Ich habe mein<br />

Bestes gegeben, es hat nicht gereicht“,<br />

sagte Gomez. Auf dessen<br />

Torflaute hat nun gar ein Wettanbieter<br />

reagiert. 210 Euro zahlt Partybets<br />

bei einem Einsatz von zehn<br />

Euro, sollte Gomez in der Bundesliga-Hinrunde<br />

leer ausgehen.<br />

Klose ist dort noch nicht gelistet,<br />

sagte: „Wer mit einer Niederlage<br />

in die Länderspielwoche geht,<br />

hat immer ein schlechtes Gefühl.“<br />

<strong>Die</strong> Sorgen des Angreifers sind<br />

nachzuvollziehen. Doch Beispiele<br />

aus der Vergangenheit zeigen, dass<br />

es oft gut gegangen ist, wenn Bundestrainer<br />

auf schwächelnde Nationalspieler<br />

gesetzt haben. In der<br />

Saison 1974/1975 etwa befanden<br />

sich die Bayern in einer Krise.<br />

Dennoch nominierte Helmut<br />

Schön in der EM-Qualifikation regelmäßig<br />

einen München-Block,<br />

und Deutschland schaffte trotz die<br />

Qualifikation. 1997 setzte Berti<br />

Vogts regelmäßig auf Spieler vom<br />

kriselnden Klub Borussia Dortmund,<br />

trotzdem erwarb die Nationalmannschaft<br />

die WM-Spielberechtigung.<br />

Wie die Türkei um <strong>deutsche</strong> Talente wirbt<br />

Erdal Keser koordiniert 25 Scouts, die schon Nuri Sahin oder die Altintop-Brüder gewinnen konnten<br />

■ „Wir<br />

bedrängen<br />

keinen Spieler.<br />

Er muss die<br />

Entscheidung<br />

treffen“<br />

BONGARTS/GETTY IMAGES/BORIS STREUBEL<br />

Angst vor einem Fußballbuch<br />

welt.de/dfbelf<br />

stattdessen großen Respekt vor<br />

der guten Ausbildung der jungen<br />

Spieler in Deutschland, so Keser.<br />

Geld benutzt der Verband nach<br />

eigenen Angaben nicht als Lockmittel.<br />

Kesers Team spricht mit<br />

den Familien, appelliert an den<br />

Stolz der Eltern. „Das Spiel am<br />

Freitag ist für viele Jugendliche ein<br />

Ansporn, es selbst in die Nationalelf<br />

zu schaffen“, sagt Erdal Keser.<br />

Und meint natürlich die der Türkei.<br />

Sie hat Keser<br />

von einer Länderspielkarriere<br />

in<br />

der Türkei<br />

überzeugt: Halil<br />

Altintop (links)<br />

und Nuri Sahin,<br />

hier beim<br />

Training


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />

SPORT 13<br />

Königreich schämt sich für Problemkind<br />

Trainer van Marwijk verzichtet auf de Jong – „Er ist eine Schande für den niederländischen Fußball“<br />

VON UDO MURAS<br />

Wieder mal steht der Planet still,<br />

weil die Uefa es so will. Zwei Wochen<br />

keine Bundesliga, dafür Länderspiele.<br />

<strong>Die</strong> Ehre des Vaterlandes<br />

steht hier und da auf dem<br />

Spiel, da darf nichts die Konzentration<br />

auf das Wesentliche stören.<br />

Wer im Juni 2012 im Sonderzug<br />

nach Polen und/oder in die Ukraine<br />

fahren will, muss sich schließlich<br />

jetzt schon um die Reservierungen<br />

kümmern.<br />

Niemand hat etwas zu verschenken<br />

in der Qualifikation zur Europameisterschaft,<br />

die Favoriten<br />

schon gar nicht. Dennoch kommt<br />

es vor, dass nicht alle Nationaltrainer<br />

ihre Besten nominieren. So wie<br />

die niederländische Mannschaft.<br />

Der Spieler Nigel de Jong, hierzulande<br />

bekannt aus seiner Zeit beim<br />

Hamburger SV (2005 bis 2008), ist<br />

schlicht zu hart fürs Vaterland. Sie<br />

benötigen zwar ganze Kerle in der<br />

Stunde der Bewährung, aber was<br />

zu viel ist, ist zu viel. Trainer Bert<br />

von Marwijk hatte schlicht „keine<br />

andere Wahl“. Was ist geschehen?<br />

De Jong ist kein Kind von Traurigkeit<br />

und geht schon mal zur Sache<br />

im Mittelfeld, aber in den Statistiken<br />

des Raubeins findet sich<br />

bis dato kein einziger Platzverweis.<br />

Was zwar für ihn, aber all-<br />

FUSSBALL KOMPAKT<br />

Bochum versinkt im Chaos<br />

Mit einer Kurzschlussreaktion hat<br />

Vereinsboss Werner Altegoer<br />

seinen geliebten VfL Bochum ins<br />

Chaos gestürzt. Der 75 Jahre alte<br />

und fast allmächtige Aufsichtsratsvorsitzende<br />

trat im Anschluss an<br />

eine turbulente Mitgliederversammlung<br />

zurück – der sportlich<br />

kriselnde VfL ist nun auch noch<br />

führungslos. <strong>Die</strong> Versammlung<br />

endete mit dem Sturz eines Denkmals.<br />

„Meine persönliche Arbeit<br />

für den VfL ist beendet“, sagte<br />

Altegoer mit steinerner Miene,<br />

nachdem die Mitglieder dem<br />

Aufsichtsrat zweimal die Entlastung<br />

verweigert hatten.<br />

Magath wütend auf Neuer<br />

Trainer Felix Magath von Schalke<br />

04 hat gereizt auf die öffentlichen<br />

Abwanderungsgedanken des<br />

Nationaltorhüters Manuel Neuer<br />

reagiert. „Wer soll denn jetzt<br />

zufrieden sein? Meinen Sie, ich bin<br />

zufrieden? Es kann doch keiner<br />

jetzt mit der Situation zufrieden<br />

sein! Das hat aber doch damit<br />

nichts zu tun, dass ich gleich alles<br />

in Frage stellen muss“, sagte Magath<br />

dem Fernsehsender Servus<br />

TV. Neuer hatte erklärt, er fühle<br />

sich bei den Königsblauen derzeit<br />

„nicht wohl“.<br />

Forlán will weg<br />

Uruguays WM-Star <strong>Die</strong>go Forlán<br />

will Atlético Madrid so schnell<br />

wie möglich verlassen. „Wenn ich<br />

die Chance habe, werde ich ge-<br />

Folgen Sie<br />

Florian Wichert<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_wichert<br />

Mit diesem Tritt im WM-Finale schockierte Nigel de Jong die Fußball-<strong>Welt</strong>. Es war nicht die letzte Brutalo-Aktion<br />

mählich nicht mehr unbedingt für<br />

die Schiedsrichterzunft spricht.<br />

Im März hatte der bei Manchester<br />

City tretende, pardon arbeitende,<br />

Kicker, der sich selbst als Wasserträger<br />

bezeichnet, einem Kontrahenten<br />

aus Bolton das linke Bein<br />

gebrochen. Und am Tag nach dem<br />

WM-Finale in Johannesburg hatte<br />

hen“, sagte der als bester Spieler<br />

der <strong>Welt</strong>meisterschaft ausgezeichnete<br />

Stürmer gestern dem englischen<br />

Pay-TV-Sender „Sky<br />

Sports“. Wenig später relativierte<br />

Forlán seine Äußerungen jedoch.<br />

Er sei falsch verstanden worden,<br />

sagte er dem Madrider Sportblatt<br />

„Marca“ (Internetausgabe).<br />

„Wenn ich ein gutes Angebot<br />

erhielte, würde ich es wie immer<br />

studieren. Danach sähen wir dann<br />

weiter.“<br />

Geschäftsstelle eingeweiht<br />

Im Beisein der Witwe des ehemaligen<br />

Nationaltorhüters Robert<br />

Enke ist gestern die neue Geschäftsstelle<br />

der gleichnamigen<br />

Stiftung eingeweiht worden. Der<br />

Sitz der Geschäftsstelle befindet<br />

sich im Verwaltungsgebäude des<br />

Niedersächsischen Fußballverbandes<br />

in Barsinghausen. „Ich bin<br />

sehr froh, dass unsere Stiftung nun<br />

ein dauerhaftes Zuhause erhalten<br />

hat“, sagte Terese Enke. Ihr Ehemann<br />

hatte am 10. November 2009<br />

Selbstmord begangen.<br />

DFB kritisiert Gericht<br />

Der Deutsche Fußball-Bund<br />

(DFB) hat vor dem Prozessbeginn<br />

im Wettskandal die fehlende<br />

Kooperationsbereitschaft der<br />

Gerichte scharf kritisiert. „Wir<br />

beobachten den Prozess mit der<br />

großen Hoffnung, dass da absolute<br />

Klarheit geschaffen wird“, sagte<br />

DFB-Generalsekretär Wolfgang<br />

Niersbach gestern der Nachrichtenagentur<br />

dpa. „Denn wir als<br />

Sportverband haben darunter zu<br />

leiden, dass man uns nicht mal<br />

komplette Akteneinsicht gewährt.<br />

Da muss sich grundsätzlich etwas<br />

ändern. <strong>Die</strong> Gerichte sollten mit<br />

uns zusammenarbeiten.“<br />

es sein Kung-Fu-Tritt in die Brust<br />

von Spaniens Xabi Alonso auf die<br />

Titelseiten vieler Zeitungen geschafft.<br />

Das schöne Spiel der Niederländer<br />

bei der WM war nach<br />

dem Treterfinale jedenfalls kein<br />

Thema mehr – und de Jong hatte<br />

daran einen <strong>durch</strong>aus unrühmlichen<br />

Anteil.<br />

Nun hat er ein weiteres Kapitel<br />

in der Chronik der Schandtaten<br />

auf dem Fußballplatz geschrieben.<br />

Bereits nach sieben Minuten beendete<br />

er am Samstag den Einsatz<br />

von Newcastle Uniteds Hatem Ben<br />

Arfa – Schien- und Wadenbeinbruch.<br />

Dass es dafür in England<br />

nicht mal eine Gelbe Karte gibt,<br />

PA/DPA/BERND WEISSBROD<br />

darf uns nicht weiter verwundern.<br />

Der englische Verband hat angeblich<br />

versucht, alle Videos zu sperren,<br />

die dieses Foul zeigen – es sei<br />

dann doch zu brutal. Doch das geht<br />

nicht in unserer Medienwelt, und<br />

so kann es alle <strong>Welt</strong> sehen.<br />

<strong>Die</strong> Heimat schämt sich nun aufrichtig<br />

für ihr Problemkind. „Nigel<br />

de Jong ist ein rückfälliger Krimineller!<br />

Das hat etwas mit Intelligenz<br />

zu tun. Er ist eine Schande für<br />

den niederländischen Fußball“,<br />

wird der niederländische Kulturkritiker<br />

Hugo Bons zitiert und Jan<br />

Everse, Sparta Rotterdams Trainer,<br />

empfiehlt den Gang zum Psychiater.<br />

Nationaltrainer van Marwijk<br />

ist zumindest ein Pädagoge und<br />

kündigte bereits an, mit ihm „über<br />

seine Spielweise zu sprechen“.<br />

<strong>Die</strong> Mannschaftskollegen der<br />

„Elftal“ wissen jedenfalls Bescheid,<br />

warum de Jong diesmal<br />

nicht das orangefarbene Trikot<br />

wird tragen dürfen.<br />

http://bit.ly/bfatYA<br />

Der Treter<br />

Das brutale Foul<br />

im WM-Finale<br />

gegen Spanien.<br />

Hier das Video zu<br />

de Jongs Kung-Fu-<br />

Tritt gegen Xabi<br />

Alonso<br />

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Überraschungsteams im Prämienwahn – Hauen und Stechen beim Meister<br />

Gibt’s auch im Abo: www.sportbild.de<br />

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WELT KOMPAKT<br />

14 SPORT<br />

Warum Amerikas<br />

Eishockey-Saison<br />

in Europa beginnt<br />

VON MARCEL STEIN<br />

Berlin – Angesetzt war es als<br />

Freundschaftsspiel. Dabei stand<br />

vom ersten Tag an fest, dass es viel<br />

mehr sein würde. Ein Vergleich<br />

der Systeme, ein Kampf um die<br />

<strong>Welt</strong>herrschaft im Klubeishockey.<br />

Zumindest für die einen. Das stellte<br />

Alexander Medwedew, der Präsident<br />

der pan-russischen Eishockeyliga<br />

KHL,<br />

klar. Er ließ extra<br />

das Training von<br />

SKA St. Petersburg,<br />

wo er ebenfalls<br />

präsidiert,<br />

NHL-Commissioner<br />

Bettman<br />

PA/DPA<br />

unterbrechen und<br />

schwor die Spieler<br />

persönlich auf die<br />

Partie in der heimischen<br />

Arena<br />

gegen die Carolina Hurricanes aus<br />

der nordamerikanischen NHL ein.<br />

SKA gewann, mit 5:3 schlugen sie<br />

die Amerikaner.<br />

<strong>Die</strong> Russen können nun behaupten,<br />

dass sie mit der besten Liga<br />

der <strong>Welt</strong> auf einer Stufe stehen.<br />

Was bei den Spitzengehältern, die<br />

jeweils gezahlt werden, auch nicht<br />

ganz verkehrt ist. Sportlich aber<br />

hat die Partie eher wenig Aussagekraft,<br />

denn während die KHL seit<br />

Wochen im Spielbetrieb ist, beginnt<br />

die NHL-Saison erst morgen.<br />

<strong>Die</strong> Hurricanes haben die Partie in<br />

St. Petersburg lediglich als Vorbereitung<br />

auf die Begegnung mit<br />

Minnesota Wild in Helsinki genutzt.<br />

Zum vierten Mal in Folge eröffnet<br />

die NHL ihre Saison nun in Europa.<br />

Gleich sechs Mannschaften<br />

sind angereist und absolvieren<br />

sechs Punktspiele. „Mit diesen<br />

sechs Teams hat fast die Hälfte aller<br />

NHL-Klubs in Europa gespielt“,<br />

sagt NHL-Commissioner<br />

Gary Bettman. Dahinter steckten<br />

einst konkrete Expansionspläne,<br />

von einer eigenen NHL-Division<br />

in Europa war die Rede. Mittlerweile<br />

wird vorsichtiger formuliert.<br />

„Es zeigt unser anhaltendes Interesse,<br />

das Eishockey außerhalb<br />

von Nordamerika zu entwickeln“,<br />

sagt Mike Ouellet, der Chef der<br />

Wirtschaftsabteilung der Spielergewerkschaft<br />

NHLPA.<br />

VON SVEN FLOHR<br />

Newport – Als sein Name während<br />

der Abschlusszeremonie aufgerufen<br />

wurde, stand Martin Kaymer<br />

stolz auf. Um den Hals eine<br />

schwarz-rot-goldene Fahne, winkte<br />

er den applaudierenden Fans zu<br />

und sollte wenig später zum ersten<br />

Mal die wichtigste Golftrophäe der<br />

<strong>Welt</strong> in Händen halten: Kaymer ist<br />

nach Bernhard Langer der zweite<br />

<strong>deutsche</strong> Ryder-Cup-Sieger. In einem<br />

denkwürdigen Wettkampf<br />

hatte Europa die USA mit dem<br />

knappsten aller Ergebnisse besiegt:<br />

14,5:13,5. Trotzdem wirkte Kaymer<br />

alles andere als gelöst. „Jetzt muss<br />

ich extrem viel schlafen“, sagte er.<br />

Er werde ohnehin erst in ein oder<br />

zwei Wochen verarbeitet haben,<br />

was er erlebt habe.<br />

Christoph Sandmann, Deutschlands bester Vierspännerfahrer, an den Lenkseilen. Hinter ihm sitzen seine Beifahrer, die sogenannten Grooms<br />

VON MELANIE HAACK<br />

Berlin – Geschickt und waghalsig<br />

schlängelt sich der Fahrer mit seinem<br />

Wagen und den vier Pferden<br />

<strong>durch</strong> enge Wendungen. Er sucht<br />

den besten Weg zum nächsten Tor,<br />

fährt rasant über Brücken, Erdhügel<br />

und <strong>durch</strong> Wasser. Spektakulär<br />

ist sie, die Geländefahrt der Vierspänner.<br />

Im Mittelpunkt des Pferdesports<br />

stehen in Deutschland die Spring-,<br />

Dressur- und Vielseitigkeitsreiter,<br />

die Fahrer hingegen nur selten. Dabei<br />

haben sie bei den alle vier Jahre<br />

ausgetragenen <strong>Welt</strong>reiterspielen<br />

seit 1994 immer eine Medaille in<br />

der Mannschaft und eine in der<br />

Einzelwertung geholt. Bei den<br />

Spielen in Lexington im US-Bundesstaat<br />

Kentucky beginnen die<br />

Vierspännerfahrer morgen mit der<br />

ersten von drei Teilprüfungen, der<br />

Dressur.<br />

Über zu wenig Interesse an seinem<br />

Sport will sich Christoph<br />

Sandmann (43), der fünfmalige<br />

Deutsche Meister, nicht beschwe-<br />

Kaymer möchte auf Europas Thron<br />

Golfer hat hohe Ambitionen nach dem Ryder-Cup-Erfolg<br />

Zweieinhalb von vier möglichen<br />

Punkten hatte Kaymer zum Erfolg<br />

beigesteuert, er gehörte damit zu<br />

den besten Europäern. In den drei<br />

Doppeln agierte Kaymer solide,<br />

seine Partner waren aber stets dominierend.<br />

Und im abschließenden<br />

Einzel war Kaymer mitverantwortlich<br />

dafür, dass es noch einmal eng<br />

wurde. „Ich habe mich danach<br />

Kaymer reckt stolz den Pokal in die<br />

Höhe, doch er hat weitere Ziele<br />

AP/MATT DUNHAM<br />

ren. „Bei <strong>Welt</strong>reiterspielen haben<br />

wir immer genug Zuschauerresonanz“,<br />

sagt der Routinier.<br />

Sandmann ist der <strong>deutsche</strong> Fahrer<br />

mit den größten Chancen in<br />

Kentucky – ein Hobbysportler unter<br />

vielen Profis und Halbprofis.<br />

Mit 18 Jahren fuhr der Niedersachse<br />

seine ersten Vierspännerturniere;<br />

1992 holte er eine erste Medaille<br />

bei <strong>Welt</strong>meisterschaften, die immer<br />

zwei Jahre nach <strong>Welt</strong>reiterspielen<br />

ausgetragen werden.<br />

Sandmanns Ziel ist ein Platz unter<br />

den besten Fünf. „Es gibt drei<br />

schrecklich gefühlt, du lässt die<br />

Kollegen schließlich nicht gern<br />

hängen“, sagte er.<br />

Der Mann, der nach Angaben seines<br />

Trainers niemals einen Fehler<br />

zweimal macht, wird hart daran arbeiten,<br />

auch im Ryder Cup dominieren<br />

zu können. Im Spiel Mann<br />

gegen Mann sei er einfach nicht<br />

gut, dass müsse sich dringend ändern,<br />

sagt Kaymer: „Ich analysiere<br />

mein Spiel genau und versuche immer,<br />

herauszufinden, was ich falsch<br />

gemacht habe. <strong>Die</strong>s wird mir in den<br />

nächsten 15 bis 20 Jahren noch sehr<br />

helfen.“<br />

Auch die kurzfristigeren Pläne<br />

sind bereits gemacht. <strong>Die</strong>se Saison<br />

gibt es nur noch ein Ziel: „Ich habe<br />

extrem gute Chancen, am Jahresende<br />

Europas Nummer eins sein. Den<br />

Titel möchte ich mir holen.“<br />

absolute Favoriten.“ Gemeint sind<br />

die Medaillengewinner der WM<br />

2008. Damals holten die Deutschen<br />

im Team hinter den Niederländern<br />

Silber. Neben Sandmann<br />

war auch Ludwig Weinmayr (49)<br />

dabei, der in Kentucky ebenfalls<br />

startet. Der dritte <strong>deutsche</strong> Fahrer<br />

ist WM-Neuling Georg von Stein<br />

(38). „Eine Silbermedaille wie vor<br />

zwei Jahren ist, glaube ich, nicht<br />

realisierbar“, sagt Sandmann.<br />

Ob in Dressur, Geländeprüfung<br />

oder Hindernisfahren – das Motto<br />

„Das Pferd ist nicht gut genug fürs<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Hoch auf dem schnellen Wagen<br />

Warum Christoph Sandmann auf eine Medaille bei den <strong>Welt</strong>reiterspielen hoffen darf<br />

<strong>Die</strong> Prinzessin und der erbitterte Machtkampf<br />

■ Der Reiter-<strong>Welt</strong>verband FEI erlebt<br />

bei den <strong>Welt</strong>meisterschaften in<br />

Lexington/USA eine Zerreißprobe.<br />

Präsidentin Haya vernachlässigt für<br />

den Kampf um ihre Wiederwahl im<br />

November sogar das Tagesgeschäft:<br />

Das Vorstandstreffen für Sonntag<br />

habe sie abgesagt – „mit der Begründung,<br />

es gebe nichts mehr zu<br />

besprechen“, zürnte Hanfried Ha-<br />

ring, Ex-Generalsekretär des <strong>deutsche</strong>n<br />

Verbandes FN.<br />

■ Das Verhältnis zwischen FEI und<br />

Europa ist zerrüttet. Der Streit<br />

eskalierte 2009. Haya, Prinzessin<br />

von Jordanien, wollte eine Medikationsliste<br />

<strong>durch</strong>setzen, die den Einsatz<br />

von Entzündungshemmern bei<br />

Pferden im Wettkampf erlaubt hätte.<br />

SPORT KOMPAKT<br />

VOLLEYBALL<br />

Deutsche fast im Halbfinale<br />

Deutschlands Volleyballer dürfen<br />

weiter von der ersten WM-Medaille<br />

seit 40 Jahren träumen.<br />

Dank seiner bislang besten Turnierleistung<br />

feierte das junge<br />

Team beim 3:0 (25:23, 25:18, 25:13)<br />

gestern in Rom gegen Tschechien<br />

einen souveränen Sieg. Ein weiterer<br />

und sie stehen im Halbfinale.<br />

DOPING<br />

Indizien gegen Contador<br />

Der suspendierte Radprofi Alberto<br />

Contador gerät immer mehr in<br />

Erklärungsnot. Nach Angaben der<br />

„New York Times“ sind auch bei<br />

einer zweiten Probe des Spaniers<br />

während der diesjährigen Tour de<br />

France Kunststoffrückstände in<br />

seinem Urin gefunden worden, die<br />

Blutdoping nahelegten. Das berichtete<br />

die Zeitung gestern unter<br />

Reiten – dann wird es eben eingespannt“<br />

gilt längst nicht mehr. Für<br />

den Fahrer ist das Arbeiten mit<br />

vier Pferden gleichzeitig eine besondere<br />

Herausforderung. „Ich bin<br />

nur <strong>durch</strong> meine Leinen mit ihnen<br />

verbunden. Meine Stimme muss<br />

auf die Pferde einwirken, und ich<br />

muss ein gutes Gespür dafür haben,<br />

wie ich sie anpacke, wie alles<br />

zusammen harmoniert“, beschreibt<br />

Sandmann, der ein ganzes<br />

Team hinter sich hat – darunter<br />

zwei Beifahrer, sogenannte<br />

Grooms.<br />

Seine liebste Teilprüfung ist der<br />

Marathon, offiziell Geländeprüfung<br />

genannt. <strong>Die</strong> <strong>Welt</strong>reiterspiele<br />

nutzt Sandmann zu einem kleinen<br />

Familientrip – seine Frau und die<br />

älteren zwei von drei Kindern sind<br />

mit ihm am 3. Oktober abgeflogen.<br />

„Wir sind noch nie mit unseren<br />

Pferden geflogen und in Übersee<br />

gewesen“, sagt Sandmann. Seine<br />

15-jährige Tochter fährt bereits<br />

selbst. „Ich denke, dass sie irgendwann<br />

in meine Fußstapfen treten<br />

kann.“<br />

Berufung auf einen Informanten,<br />

der die Testergebnisse kenne.<br />

HANDBALL<br />

Füchse-Trainer verlängert<br />

Nach sechs Siegen in Serie und<br />

Tabellenplatz eins in der Bundesliga<br />

haben die Füchse Berlin den<br />

Vertrag mit Trainer Dagur Sigurdsson<br />

vorzeitig bis 2013 verlängert.<br />

„Ich bin noch nicht fertig<br />

mit meinem Anteil am Projekt“,<br />

sagte Sigurdsson gestern.<br />

TENNIS<br />

Petkovic ausgeschieden<br />

Andrea Petkovic aus Darmstadt ist<br />

bei dem mit 4,5 Millionen Dollar<br />

dotierten WTA-Turnier in Peking<br />

in der zweiten Runde ausgeschieden.<br />

<strong>Die</strong> 23-Jährige unterlag US-<br />

Open-Finalistin Wera Swonarewa<br />

aus Russland nach 83 Minuten mit<br />

4:6, 1:6.<br />

PA/SVEN SIMON


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WELT KOMPAKT<br />

16<br />

Bunte Wiesn<br />

Jung, wild und fröhlich – so feierten<br />

die Gäste des Münchner<br />

Oktoberfest auch in diesem Jahr.<br />

Nach Angaben der Organisatoren<br />

kamen insgesamt 6,4 Millionen<br />

Besucher, etwa 700.000 mehr<br />

als vor einem Jahr. Am letzten<br />

Samstag meldete die Wiesn den<br />

vollsten Tag seit zehn Jahren.<br />

Eine weitere Erkenntnis: <strong>Die</strong><br />

Gäste kommen immer zahlreicher<br />

auch aus dem Ausland,<br />

vorwiegend aus Italien, aus den<br />

USA, Japan und Australien. In<br />

den letzten Jahren setzte sich<br />

zudem der Trend zur Tracht<br />

<strong>durch</strong>, so dass immer mehr der<br />

Wiesnbesucher mit Lederhosen<br />

bzw. Dirndl dorthin gehen. Doch<br />

jetzt ist Schluss. Am Montag ging<br />

die Party zu Ende. Und endlich<br />

durfte auch das Personal ausgelassen<br />

feiern und trinken.<br />

Nächstes Jahr gehen die Feierlichkeiten<br />

feuchtfröhlich weiter.<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />

17<br />

DAPD/LUKAS BARTH


WELT KOMPAKT<br />

18 FORUM<br />

Das Ehepaar Kirchner richtet sein Land zugrunde / Von Hildegard Stausberg<br />

Der Verfall Argentiniens<br />

Niemand ist das Vaterland, wir<br />

sind es alle.“ Argentiniens<br />

größter Schriftsteller Jorge<br />

Luis Borges bekräftigte dies<br />

in einer „Ode, geschrieben 1966“, zwanzig<br />

Jahre vor seinem Tode. Und weiter:<br />

„Das Vaterland, Freunde, entsteht <strong>durch</strong><br />

einen permanenten Schaffensakt.“ Wer<br />

möchte Borges da widersprechen!<br />

Sein Vaterland, das ferne Argentinien,<br />

rückt uns nun als Schwerpunktland der<br />

Frankfurter Buchmesse näher. Man wird<br />

sich wieder einmal beschäftigen mit diesem<br />

achtgrößten Land der <strong>Welt</strong>, in dem<br />

nur 40 Millionen Menschen leben, die<br />

meisten davon in der Hauptstadt Buenos<br />

Aires und einigen Städten der wichtigsten<br />

Provinzen. Das Land selbst ist<br />

zum großen Teil menschenleer. Der<br />

Reichtum Argentiniens ist unermesslich.<br />

Das hat an der Wende vom 19. zum<br />

20. Jahrhundert Millionen meist südeuropäischer<br />

Migranten angezogen: Aus<br />

dem verschlafenen spanischen Vizekönigreich<br />

am Rio de la Plata wurde in der<br />

ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts<br />

die am kräftigsten pulsierende Wachstumsnation<br />

Lateinamerikas.<br />

Das ist Geschichte. Längst hat sich<br />

Brasilien <strong>durch</strong>gesetzt – und auch Chile<br />

und Kolumbien geht es heute besser als<br />

Argentinien. Nicht wenige Bücher argentinischer<br />

Autoren begeben sich auf<br />

die Spurensuche dieses Verfalls. Und<br />

manchmal scheint es fast, als ob die Argentinier<br />

diese Dekadenz ihres Gemeinwesens<br />

längst akzeptiert hätten, in ihr<br />

ein Markenzeichen sehen. Vielleicht<br />

könnte man dies als Lust am „Maradonismus“<br />

definieren, den Fußballabgott<br />

<strong>Die</strong>go Maradona verehren sicherlich<br />

mehr Argentinier als den Dichter Borges.<br />

So auch die argentinische Staatspräsidentin<br />

Cristina Fernández de Kirchner.<br />

Sie verkörpert das lärmende, effekthaschende<br />

Argentinien der „Porteños“,<br />

der Bewohner des ehemals eher südeuropäischen,<br />

nun aber immer südamerikanischer<br />

werdenden Schmelztiegels<br />

am Rio de la Plata.<br />

Aber all das Talmihafte, die Operettenauftritte,<br />

die Schminkorgien würde<br />

man ihr verzeihen, wenn sie sich – im<br />

Verbund mit ihrem Mann Néstor Kirchner<br />

– nicht vorgenommen hätte, aus Argentinien<br />

ein anderes Land zu machen,<br />

ein rechtloses Gebilde. Ein Land, in dem<br />

die Justiz der Exekutive gnadenlos unterworfen<br />

wird, in dem unabhängige<br />

Richter bedroht werden, in dem mit<br />

Ausnahmedekreten regiert wird, in dem<br />

die Bereicherung des Präsidentenpaares<br />

und seiner Entourage alle Vorstellungen<br />

sprengt. Ein Land, in dem kritische Journalisten<br />

um ihr Leben fürchten müssen.<br />

Um das Bereicherungsregime zu decken,<br />

werden geschickt Nebelkerzen geworfen.<br />

Dazu gehört vor allem der so<br />

unermüdliche Einsatz der Kirchners für<br />

die Menschenrechte. Als es an der Zeit<br />

war, dafür einzustehen, unter dem Militärregime<br />

von 1976 bis 1983, duckte sich<br />

das Paar weg. Der junge Anwalt Néstor<br />

Kirchner bereicherte sich an den Opfern<br />

der verfehlten Währungspolitik jener<br />

Epoche. Später profitierte er als Gouverneur<br />

der Provinz Santa Cruz von der<br />

Privatisierung des Erdölmonopols YPF<br />

– die Zentralregierung zahlte 600 Millionen<br />

Dollar, das Geld ist seitdem verschwunden.<br />

Kenntnisreich weist der<br />

Journalist Luis Majul in seinem Buch<br />

„Der Besitzer“ nach, wie Kirchner sich<br />

mit einem dichten Netzwerk das Land<br />

zu unterwerfen sucht und jeden verfolgt,<br />

der ihn daran hindern will. Auch<br />

den beiden großen Zeitungen des Landes,<br />

„Clarín“ und „La Nación“, hat das<br />

Ehepaar den Krieg erklärt: Viele Details<br />

des Bereicherungskrimis wurden dort<br />

veröffentlicht. Der argentinische Qualitätsjournalismus<br />

hat längst eine für das<br />

Überleben der Demokratie entscheidende<br />

Funktion.<br />

Und so sollten alle Gesprächspartner<br />

Frau Kirchners in diesen Tagen in Frankfurt<br />

am Main sie auch fragen, warum sie<br />

die Freiheit der Presse beschneiden will,<br />

indem sie etwa ein staatliches Monopol<br />

über die Papierproduktion und -vergabe<br />

herzustellen sucht. Sie kommt mit einer<br />

Unternehmerdelegation, will für Investitionen<br />

sorgen. Wie aber steht es mit<br />

der Rechtssicherheit in einem Lande, in<br />

dem das Ehepaar Kirchner die privaten<br />

Rentenfonds verstaatlichte, um sich das<br />

Ersparte von Millionen Argentiniern<br />

unter den Nagel zu reißen? Seitdem<br />

schaffen die Argentinier noch mehr<br />

Geld ins Ausland – 50 Milliarden sollen<br />

es in den letzten fünf Jahren gewesen<br />

sein. Außer in Immobilien investiert<br />

kein Argentinier mehr in seiner Heimat:<br />

Das Land ist paralysiert.<br />

<strong>Die</strong>ser Stillstand provoziert eine seltene<br />

Einmütigkeit der sonst so zersplitterten<br />

Opposition. Sie fürchtet, dass die<br />

Kirchners mit ihrer auf Spaltung der Gesellschaft<br />

angelegten Politik das Land<br />

zugrunde richten. Argentinien braucht<br />

mehr Borges: „Niemand ist das Vaterland,<br />

wir sind es alle.“<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

KOPFNOTEN<br />

Alles, was recht ist<br />

Von Sabine Menkens<br />

und Michael Miersch<br />

In einem Gastkommentar<br />

für<br />

die WELT hatte<br />

Walter Krämer<br />

eine Studie<br />

angezweifelt,<br />

die die Grünen<br />

in Auftrag<br />

gegeben hatten. Darin wurde<br />

behauptet, Atomkraftwerke verursachten<br />

Leukämie. „Falsch!“,<br />

widersprach der Statistikprofessor<br />

und Autor („Lexikon der<br />

populären Irrtümer“) und wies<br />

der Studie statistische Irrtümer<br />

nach. Um die Weiterverbreitung<br />

von Krämers Kommentar zu verhindern,<br />

erwirkte einer der Verfasser<br />

eine einstweilige Verfügung.<br />

<strong>Die</strong> wurde jetzt vom Gericht<br />

aufgehoben. Ein Jahr dauerte<br />

der Streit. Krämer hielt <strong>durch</strong> –<br />

und gewann.<br />

Note: 1<br />

PA/DPA/M. OSSOWSKI/S. SIMON<br />

Endlich wieder<br />

zu ihrem<br />

Recht kommen<br />

auch die<br />

Friseure in<br />

Oberammergau.<br />

Monatelang<br />

mussten sie<br />

darben, weil sich die Männer des<br />

Ortes und Teilnehmer der Passionsspiele<br />

die Haare und Bärte<br />

nicht schneiden lassen durften.<br />

Nur Römer und Chormitglieder<br />

durften zur Schur, aber die konnten<br />

das Geschäft auch nicht<br />

retten. Jetzt ist der ganz persönliche<br />

Leidensweg der Oberammergauer<br />

Friseure vorbei, die<br />

Scheren klappern wieder. Der<br />

nächste Haar- und Barterlass gilt<br />

erst wieder 2019 für die Passionsspiele<br />

2020. Genug Zeit für<br />

die wirtschaftliche Erholung.<br />

Note: 2<br />

PA/DPA/KARL-JOSEF HILDENBRAND<br />

Hat man als<br />

Mutter das<br />

Recht auf eine<br />

eigene Meinung?Keineswegs,<br />

findet<br />

R-’n’-B-Star<br />

Usher. Er ist<br />

immer noch vergrätzt, dass seine<br />

Mutter nicht zu seiner Hochzeit<br />

mit der Stylistin Tameka Foster<br />

vor drei Jahren gekommen ist,<br />

sagte er dem US-Magazin „Vibe“.<br />

Von Eltern erwarte er einfach<br />

bedingungslose Liebe für ihre<br />

Kinder. Sie sollten deren Entscheidungen<br />

akzeptieren, auch<br />

wenn sie anderer Meinung seien,<br />

meint der Sänger. Da mag er recht<br />

haben. Weitsichtiger hingegen<br />

war die Frau Mama mit ihren<br />

Unkenrufen: Ushers Ehe ist bereits<br />

zerbrochen.<br />

WELT KOMPAKT erscheint auch im Abonnement: frei Haus monatlich Euro 15,90 inkl. 7% MwSt., Zustell- und Vertriebskosten. Abonnementgebühren im Voraus zahlbar.<br />

Abbestellung nur schriftlich mindestens 7 Tage zum Monatsende (lt. Eingangsstempel). Abonnenten-Service: 01805 – 63 63 64; www.welt-kompakt.de<br />

Note: 4<br />

PA/DPA/GLOBE-ZUMA


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

WIRTSCHAFTS-ABC<br />

Zahlen muss man in Deutschland<br />

fürs Fernsehen zwar immer – GEZ<br />

sei Dank –, aber neben den bekannten<br />

öffentlich-rechtlichen<br />

Sendern und den Privaten, gibt es<br />

weitere Programmanbieter, deren<br />

Sendungen nur dann zu empfangen<br />

sind, wenn man eine Zugangsgebühr<br />

oder eine Servicepauschale<br />

bezahlt. In den USA ist<br />

das weit verbreitet, dort hatte<br />

schon vor mehr als 20 Jahren rund<br />

ein Drittel aller Haushalte Pay-TV.<br />

In Deutschland tun sich die Anbieter<br />

noch schwer, 1986 startete in<br />

der Region Hannover mit dem<br />

Teleclub erstmals Pay-TV hierzulande.<br />

Längst gibt es mehrere<br />

Sender, die dem Konzept folgen,<br />

Beiträge nur jenen zugänglich zu<br />

machen, die ein Abo kaufen oder<br />

„auf Abruf“ zahlen. Jetzt will der<br />

Musiksender MTV nur noch<br />

gegen Geld ausstrahlen. Mit wenigen<br />

Ausnahmen sind Pay-TV-<br />

Angebote heute digital verbreitet.<br />

Zur Entschlüsselung muss der<br />

Digitaldekoder ein Zugangsberechtigungssystemunterstützen.<br />

Finanzmärkte<br />

Dax-Werte<br />

Name Xetra Vortag +/-<br />

Schluss Schluss %<br />

Adidas 45,52 44,59 2,10<br />

Allianz 83,11 82,03 1,32<br />

BASF 47,24 46,46 1,69<br />

Bayer 52,60 51,22 2,69<br />

Beiersdorf 45,40 45,67 -0,60<br />

BMW 49,95 48,22 3,60<br />

Commerzbank 6,08 6,01 1,25<br />

Daimler 44,69 43,78 2,07<br />

Deutsche Bank 40,55 39,58 2,45<br />

Deutsche Börse 48,44 47,17 2,67<br />

Deutsche Post 12,96 12,94 0,19<br />

Deutsche Telekom 10,06 9,98 0,80<br />

E.ON 21,21 21,38 -0,80<br />

Fresenius Vz. 59,08 59,04 0,07<br />

Fres.Med.Care 44,95 45,33 -0,83<br />

Heidelbg.Cement 36,18 35,20 2,78<br />

Henkel Vz. 40,34 39,44 2,28<br />

Infineon 5,14 5,00 2,86<br />

K+S 44,09 43,35 1,72<br />

Linde 97,41 96,00 1,47<br />

Lufthansa 13,75 13,42 2,46<br />

MAN 79,48 79,04 0,56<br />

Merck 61,01 61,01 0,00<br />

Metro 46,90 46,13 1,68<br />

Münchener Rück 102,00 100,75 1,24<br />

RWE 49,14 49,24 -0,20<br />

SAP 36,73 36,17 1,55<br />

Siemens 76,14 75,56 0,77<br />

ThyssenKrupp 24,49 24,13 1,51<br />

VW Vz. 83,97 83,36 0,73<br />

6350<br />

6250<br />

6150<br />

6050<br />

08.09.10<br />

9000<br />

8800<br />

8600<br />

8400<br />

11050<br />

10800<br />

10550<br />

10300<br />

1,38<br />

1,34<br />

1,30<br />

1,26<br />

86<br />

83<br />

80<br />

77<br />

1340<br />

1305<br />

1270<br />

1235<br />

08.09.10<br />

08.09.10<br />

08.09.10<br />

08.09.10<br />

08.09.10<br />

DAX<br />

MDAX<br />

Dow Jones<br />

Euro in Dollar<br />

Brent-Öl<br />

Goldpreis pro Unze<br />

6215,83<br />

05.10.10<br />

8811,39<br />

05.10.10<br />

10896,96<br />

05.10.10<br />

1,3780<br />

05.10.10<br />

83,97<br />

05.10.10<br />

1337,67<br />

05.10.10<br />

Harharhar. <strong>Die</strong> Zeichentrick-Zyniker Beavis and Butthead waren ein Markenzeichen des Musiksenders MTV<br />

Erst zahlen, dann gucken<br />

Wer den Musikkanal MTV sehen will, muss ab Januar in die Tasche greifen<br />

Berlin – Der Musikkanal MTV<br />

wird ab Januar nur noch für zahlende<br />

Kunden zu sehen sein. Ab<br />

kommendem Jahr wird das Programm<br />

ausschließlich als Abosender<br />

auf digitalen Kabel-, Satellitenund<br />

Breitbandplattformen zu empfangen<br />

sein, sagte der Deutschlandchef<br />

von MTV Networks, Dan<br />

Ligtvoet, der „Financial Times<br />

Deutschland“.<br />

Der Schwestersender Viva soll<br />

im Gegenzug aufgewertet werden:<br />

Viva werde zum zentralen Musikund<br />

Entertainmentkanal umgebaut<br />

und solle künftig erfolgreiche<br />

Formate aller Sender von MTV<br />

Networks ausstrahlen. „Viva wird<br />

damit auch ein frei zugängliches<br />

Schaufenster zu unserer Programmwelt“,<br />

sagte Ligtvoet.<br />

MTV vollzieht damit einen Strategieschwenk,<br />

von dem einige Sender<br />

hierzulande träumen. Viele<br />

TV-Sender liebäugeln nämlich mit<br />

Bezahlangeboten, um sich weniger<br />

abhängig von den schwankenden<br />

Werbeeinnahmen zu machen. Zuletzt<br />

hatte die Wirtschaftskrise<br />

deutlich gezeigt, wie riskant das<br />

Zeitarbeitsunternehmen<br />

drängen auf Mindestlohn<br />

Berlin – <strong>Die</strong> Unternehmen der<br />

Zeitarbeitsbranche drängen auf eine<br />

rasche Einführung eines gesetzlichen<br />

Mindestlohns für Leiharbeiter.<br />

Spätestens im November<br />

werde die Branche die Aufnahme<br />

in das Entsendegesetz beantragen,<br />

sagte der Vize-Präsident des Bundesverbandes<br />

Zeitarbeit, Thomas<br />

Bäumer. „Im Mindestlohn-Boot<br />

fehlt nur noch die FDP“, sagte der<br />

Sprecher des Interessenverbandes<br />

Deutscher Zeitarbeitsunternehmen<br />

(iGZ), Wolfram Linke. Nur<br />

die FDP sperre sich, den Mindestlohn<br />

für Leiharbeiter für allgemeinverbindlich<br />

zu erklären.<br />

Am 1. Mai 2011 fallen die Grenzen<br />

für den Zugang von Arbeitskräften<br />

weitgehend auf Werbefinanzierung<br />

basierende Geschäftsmodell<br />

hiesiger TV-Unternehmen ist.<br />

2009 waren die Werbeeinnahmen<br />

europaweit meist zweistellig eingebrochen<br />

und hatten weiten Teilen<br />

der Branche das Geschäft verhagelt.<br />

Ohnehin gilt der <strong>deutsche</strong> Pay-<br />

TV-Markt als besonders schwierig:<br />

Anders als etwa in Großbritannien<br />

haben sich die <strong>deutsche</strong>n<br />

Fernsehzuschauer an frei zugängliche<br />

Angebote gewöhnt. Nirgendwo<br />

sonst auf der <strong>Welt</strong> gibt es so<br />

viele frei verfügbare Fernsehkanäle,<br />

so dass die Bereitschaft für kostenpflichtige<br />

Angebote naturgemäß<br />

geringer ist. Vor allem der<br />

Ich glotz’ Pay-TV<br />

■ Einige TV-Unternehmen setzen in<br />

Deutschland bereits auf PayTV.<br />

ProSiebenSat.1-Chef Thomas Ebeling<br />

kündigte vor einem Jahr den<br />

Aufbau zusätzlicher digitaler Abo-<br />

Spartensender an – mit dem Ziel,<br />

mittelfristig 30 Prozent der Umsätze<br />

aus den osteuropäischen Beitrittsstaaten.<br />

Ohne gesetzliche Regelung<br />

könnten Leiharbeiter etwa<br />

aus Polen oder Tschechien dann in<br />

Deutschland zu den Tarifbedingungen<br />

ihres Heimatlandes arbeiten.<br />

„Das würde hier einen mörderischen<br />

Konkurrenzkampf bedeuten“,<br />

so Linke.<br />

Zeitarbeitsmesse in Erfurt<br />

PA/DPA/MARTIN SCHUTT<br />

WIRTSCHAFT 19<br />

Sender Sky – der bis vor einiger<br />

Zeit noch Premiere hieß – beißt<br />

sich seit Jahren die Zähne am <strong>deutsche</strong>n<br />

Markt aus und hat bislang<br />

keine nennenswerten Gewinne<br />

vorgewiesen.<br />

Branchenbeobachter werten<br />

den MTV-Sprung ins Bezahlfernsehen<br />

denn auch weniger als rein<br />

strategische Offensive, sondern<br />

vor allem als Reaktion auf rückläufige<br />

Werbeeinnahmen. Künstner<br />

zufolge ist dies gerade für eine etablierte<br />

Marke wie MTV sinnvoll.<br />

„Pay-TV ist zwar kein boomender,<br />

aber dennoch ein wachsender<br />

Markt“, sagt er. „Dass eine stark<br />

profilierte Marke wie MTV den<br />

Schritt aus dem rein werbefinan-<br />

aus nicht werbeabhängigen Quellen<br />

zu erwirtschaften.<br />

■ Schon heute unterhält das Unternehmen<br />

den Pay-TV-Kanal Sat.1<br />

Comedy. RTL betreibt bereits drei<br />

digitale Abosender.<br />

Washington – <strong>Die</strong> weltweite Krise<br />

hat dem Finanzsystem nach Schätzung<br />

des Internationalen Währungsfonds<br />

(IWF) 2,2 Billionen<br />

Dollar (1,6 Billionen Euro) gekostet.<br />

Der Finanzsektor bleibe zugleich<br />

noch immer die „Achillesferse“<br />

der wirtschaftlichen Erholung,<br />

erklärte der IWF gestern in<br />

seinem Halbjahresbericht zur<br />

weltweiten Finanzstabilität.<br />

„Das globale Finanzsystem ist<br />

immer noch in einer Phase deutlicher<br />

Unsicherheit“, hieß es in dem<br />

Bericht. Risiken bestünden insbesondere,<br />

weil die Konjunktur derzeit<br />

„sehr schnell von einer guten<br />

Entwicklung in den Krisenmodus<br />

umspringen kann“. In Deutschland<br />

zierten Fernsehen macht, ist ein<br />

Warnsignal für all die anderen<br />

kleineren Spartenkanäle, die derzeit<br />

noch Hoffnungen auf Werbung<br />

setzen.“<br />

Bei den Werbeeinnahmen bleibe<br />

neben den Privatanbietern RTL<br />

und ProSieben sowie den öffentlich-rechtlichen<br />

Sendern nur ein<br />

kleiner Kuchen übrig, den sich alle<br />

anderen Spartensender teilen<br />

müssten, sagt Klaus Goldhammer,<br />

Geschäftsführer der Unternehmensberatung<br />

Goldmedia. Dagegen<br />

sei Bezahlfernsehen „ein relativ<br />

klar kalkulierbares Modell“.<br />

„Das ist ein wohlüberlegter strategischer<br />

Schritt“, den MTV hier<br />

vollziehe.<br />

http://bit.ly/cW8nGU<br />

Most wanted<br />

IWF: Finanzkrise kostete<br />

2,2 Billionen Dollar<br />

hat die Konjunktur 2010 spürbar<br />

angezogen.<br />

<strong>Die</strong> Staaten dürften ihre Milliardenhilfen<br />

für die Banken aus diesem<br />

Grund nur sehr vorsichtig<br />

herunterfahren und müssten sie<br />

derzeit noch aufrechterhalten, erklärte<br />

der IWF. Für besonders bedroht<br />

hält der Währungsfonds die<br />

reichen Staaten der entwickelten<br />

<strong>Welt</strong>, insbesondere die USA, Europa<br />

und Japan. <strong>Die</strong> Wirtschaften der<br />

aufstrebenden Schwellenländern<br />

hingegen seien „sehr belastbar“.<br />

<strong>Die</strong> Kostenschätzung von 2,2 Billionen<br />

Dollar liegt deutlich unter<br />

der Zahl von vor einem Jahr, als<br />

der IWF noch von Kosten von 2,8<br />

Billionen Dollar ausging.<br />

AP<br />

1994 hatte der<br />

Musiksender noch<br />

Stil: In der Show<br />

„MTV most wanted“<br />

machte Ray Cokes<br />

anarchisches<br />

Musik-TV.


WELT KOMPAKT<br />

20 WIRTSCHAFT<br />

KOMMENTAR<br />

<strong>Die</strong> Beitragszahler<br />

zahlen die Zeche<br />

VON STEFAN VON BORSTEL<br />

Eine Milliarde Euro mehr für die<br />

Ärzte? Verwundert werden sich<br />

viele Versicherte die Augen reiben.<br />

War da nicht von einem Milliardendefizit<br />

der Kassen die Rede?<br />

Steigt nicht zuletzt deshalb auch<br />

der Beitragssatz für die 70 Millionen<br />

Versicherten zum 1. Januar 2011<br />

auf 15,5 Prozent an? Irgendwie will<br />

das alles nicht zusammenpassen.<br />

Der „Sparbeitrag“ der niedergelassenen<br />

Ärzte sieht nun so aus,<br />

dass sie sich statt der geforderten<br />

zwei Milliarden Euro mit einer<br />

Milliarde begnügen müssen. <strong>Die</strong><br />

Beitragszahler werden dagegen<br />

mit sechs Milliarden Euro zur<br />

Kasse gebeten. Offenbar sind beim<br />

Sparen doch nicht alle gleich.<br />

Und beim Geldausgeben auch<br />

nicht. Ärzte in reichen Bundesländern<br />

wie Baden-Württemberg<br />

oder Bayern sollen nun mehr<br />

bekommen als die in ärmeren<br />

Ländern, weil sie bei der letzten<br />

Honorarsteigerung zu kurz gekommen<br />

seien. Heißt es.<br />

Es gibt aber auch handfeste<br />

politische Gründe für diese Ungleichbehandlung.<br />

In Baden-<br />

Württemberg wird bald gewählt.<br />

Und Bayerns CSU sitzt dem FDP-<br />

Gesundheitsminister im Nacken.<br />

Außerdem braucht Rösler für<br />

seine große Gesundheitsreform<br />

die Unterstützung der Ärzteschaft.<br />

Mit der Milliarde werden<br />

die Ärzte nun besänftigt. Zahlen<br />

dürfen dafür die Beitragszahler.<br />

Anzeige<br />

Götter in Gold<br />

Berlin – Ungeachtet des Sparzwangs<br />

im Gesundheitswesen erhalten<br />

die 150 000 niedergelassenen<br />

Ärzte 2011 deutlich mehr Honorar.<br />

Einschließlich weiterer Einnahmen<br />

etwa aus<br />

Vorsorgeuntersuchungen können<br />

die Ärzte insgesamt mit über einer<br />

Milliarde Euro zusätzlichem Honorar<br />

rechnen, erklärte der Spitzenverband<br />

der gesetzlichen<br />

Krankenversicherung (GKV) gestern<br />

nach Verhandlungen mit der<br />

Kassenärztlichen Bundesvereinigung<br />

(KBV).<br />

Der Erweiterte Bewertungsausschuss<br />

von Ärzten und Kassen beschloss<br />

den Angaben zufolge in<br />

Berlin konkret eine Anhebung der<br />

Ärztevergütung um 500 Millionen<br />

Euro, die im kommenden Jahr<br />

asymmetrisch, also unterschiedlich<br />

stark, auf die einzelnen Regionen<br />

verteilt werden sollen. Nach<br />

dem Willen der KBV sollen da<strong>durch</strong><br />

Ärzte in Bundesländern wie<br />

Bayern oder Baden-Württemberg,<br />

die von der jüngsten Honorarreform<br />

nur wenig profitiert hatten,<br />

einen Ausgleich erhalten.<br />

Ein weiteres Honorarplus von<br />

175 Millionen Euro ergibt sich nach<br />

Angaben des GKV-Spitzenverbandes<br />

<strong>durch</strong> einen entsprechenden<br />

Kabinettsbeschluss. Weitere Leistungen<br />

wie den Hörtest für Neugeborene<br />

oder die Vorsorgeuntersuchungen<br />

eingerechnet, ergibt sich<br />

nach Angaben der Kassen für die<br />

niedergelassenen Ärzte unter dem<br />

Strich ein Honorarplus von mehr<br />

als einer Milliarde Euro.<br />

Damit steige das Honorar von<br />

rund 32 Milliarden Euro in diesem<br />

Jahr auf gut 33 Milliarden Euro im<br />

nächsten Jahr. „Das ist keine Sparmaßnahme,<br />

sondern eine Ausgabensteigerung“,<br />

kritisierte GKV-<br />

Vize Johann-Magnus von Stackelberg.<br />

Bezahlen müssten dies die<br />

Beitragszahler über die Erhöhung<br />

der Krankenkassenbeiträge, die<br />

die Bundesregierung zum 1. Januar<br />

2011 beschlossen hat.<br />

Wie es aus Verhandlungskreisen<br />

hieß, fiel der Beschluss im Erweiterten<br />

Bewertungsausschuss ge-<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Deutschlands Kassenärzte bekommen 2011 eine Milliarde Euro zusätzliches Honorar<br />

Was Ärzte verdienen<br />

Honorare 2009 (vor Praxiskosten,<br />

Steuern und Abgaben) in Euro<br />

Hausärzte*<br />

davon:<br />

Kinderärzte<br />

Internisten<br />

Allgemeinmediziner<br />

Fachärzte<br />

davon:<br />

Internisten<br />

Radiologen<br />

Augenärzte<br />

Orthopäden<br />

Chirurgen<br />

Urologen<br />

Gynäkologen<br />

Nervenärzte<br />

Hautärzte<br />

HNO-Ärzte<br />

Anästhesisten<br />

Grünen zur Gesundheit<br />

■ <strong>Die</strong> Grünen setzen der Gesundheitsreform<br />

der schwarz-gelben<br />

Koalition ein eigenes Konzept ihrer<br />

Bürgerversicherung entgegen. Es<br />

sieht vor, dass Krankenkassenbeiträge<br />

nicht mehr nur auf das Arbeitseinkommen<br />

gezahlt werden, sondern<br />

auf alle Einkunftsarten. Arbeitnehmer<br />

und Arbeitgeber sollen wieder<br />

jeweils die Hälfte der Beiträge zahlen.<br />

<strong>Die</strong> private Krankenversicherung<br />

wollen die Grünen weitgehend abschaffen<br />

und nur noch auf Zusatzversicherungen<br />

beschränken.<br />

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WEITERE THEMEN:<br />

> „ Zu viel Pessimismus!“<br />

Warum der erfahrenste<br />

Fondsmanager der<br />

<strong>Welt</strong> an steigende<br />

Kurse glaubt<br />

> Zu viel Geld! Warum<br />

Unternehmen reihenweise<br />

ihre eigenen<br />

Aktien zurückkaufen<br />

> Zu niedrig bewertet!<br />

Warum die Einzelteile<br />

von ThyssenKrupp<br />

mehr wert sind als<br />

der Börsenkurs<br />

200 164 Euro<br />

213 528<br />

204 430<br />

192 591<br />

202 725 Euro<br />

450 723<br />

433 653<br />

248 715<br />

235 085<br />

233 142<br />

213 959<br />

204 860<br />

200 586<br />

192 216<br />

174 983<br />

173 362<br />

Veränderung<br />

zum Vorjahr<br />

* ohne Selektivverträge mit den Kassen<br />

+ 4 %<br />

+ 7<br />

+ 3<br />

+ 2<br />

+ 6 %<br />

+ 7<br />

+ 3<br />

+ 5<br />

- 4<br />

+ 6<br />

+ 6<br />

+ 5<br />

+ 19<br />

+ 3<br />

0<br />

- 1<br />

Hamburg<br />

Thüringen<br />

Niedersachsen<br />

Sachsen-Anhalt<br />

Sachsen<br />

Berlin<br />

Mecklenburg-Vorp.<br />

Brandenburg<br />

Saarland<br />

Nordrhein-Westf.<br />

Hessen<br />

Bremen<br />

Schleswig-Holstein<br />

Rheinland-Pfalz<br />

Baden-Württemberg<br />

Bayern<br />

WIRTSCHAFT KOMPAKT<br />

CONERGY<br />

2011 endet der Solarboom<br />

Das Solarunternehmen Conergy<br />

rechnet im kommenden Jahr mit<br />

einem Ende des Solarbooms in<br />

Deutschland. Wegen der deutlichen<br />

Kürzung der Förderung<br />

werde die neu installierte Leistung<br />

auf vier Gigawatt sinken, sagte der<br />

scheidende Conergy-Chef <strong>Die</strong>ter<br />

Ammer in der Hauptversammlung.<br />

In diesem Jahr rechnet er<br />

noch mit einem Rekordzubau von<br />

sieben Gigawatt. Frühestens 2013<br />

werde es in Deutschland, dem mit<br />

Abstand größten Photovoltaikmarkt<br />

der <strong>Welt</strong>, wieder aufwärts<br />

gehen. Trotzdem hält es der Manager<br />

für möglich, dass Conergy im<br />

kommenden Jahr Umsatz und<br />

operativen Gewinn steigern kann.<br />

ROHSTOFFHANDEL<br />

Gegen Spekulanten<br />

Deutschland und Frankreich<br />

wollen die weltweiten Spekulationsgeschäfte<br />

mit Rohstoffen<br />

eindämmen. Bundeskanzlerin<br />

Angela Merkel machte sich wie<br />

zuvor bereits Frankreichs Präsident<br />

Nicolas Sarkozy für eine<br />

stärkere Regulierung in diesem<br />

Bereich stark. <strong>Die</strong> Rohstoffpreise<br />

seien sehr volatil, sagte Merkel.<br />

„Daher würde ich es voll unterstützen,<br />

dass wir dieses Thema<br />

angehen.“ Sarkozy hatte angekündigt,<br />

sich während der französischen<br />

G8- und G20-Präsidentschaft<br />

im nächsten Jahr für eine<br />

stärkere Kontrolle einzusetzen.<br />

Politiker haben Spekulanten für<br />

stark gestiegenen Lebensmittelpreise<br />

verantwortlich gemacht.<br />

Anstieg der Honorare der niedergelassenen Ärzte für die<br />

Behandlung von gesetzlich Versicherten von '07 bis '09<br />

+ 19,0<br />

+ 18,3<br />

+ 17,7<br />

+ 14,9<br />

+ 14,2<br />

+ 13,3<br />

+ 24,1 %<br />

+ 23,6<br />

+ 20,6<br />

Einkommen<br />

je Arzt in Euro<br />

(nach Abzug<br />

der Praxiskosten,<br />

vor Steuern<br />

und Abgaben)<br />

2010<br />

+ 12,0<br />

2007 164 000<br />

+ 10,8<br />

142 000<br />

+ 9,8<br />

+ 7,7<br />

+ 7,3<br />

+ 3,5<br />

+ 2,6<br />

Quelle: dpa, KBV, GKV-Spitzenverband<br />

gen die Stimmen der Krankenkassen.<br />

Ausschlaggebend war offenbar<br />

das Votum des unabhängigen<br />

Sachverständigen Jürgen Wasem.<br />

<strong>Die</strong> Kassen hatten eine Nullrunde<br />

für die Ärzte gefordert.<br />

Das Bundesgesundheitsministerium<br />

begrüßte, dass nun eine Entscheidung<br />

gefallen sei. <strong>Die</strong> Selbstverwaltung<br />

habe damit ihre Handlungsfähigkeit<br />

unter Beweis gestellt.<br />

KBV-Chef Andreas Köhler<br />

forderte von der Politik, die Ärztevergütung<br />

um mehr als die bislang<br />

zugesagte „lineare Anpassung“ um<br />

weitere 0,75 Prozent nochmals zu<br />

erhöhen.<br />

TOYOTA<br />

Reperaturen abgeschlossen<br />

Nach einer Serie von Rückrufaktionen<br />

hat der japanische Autohersteller<br />

Toyota die Hälfte der<br />

Reparaturen an den betroffenen<br />

Autos abgeschlossen. Mehr als<br />

fünf Millionen der seit Herbst<br />

2009 zurückgerufenen Autos<br />

seien repariert, teilte Toyota mit.<br />

Jedes neue Fahrzeug werde darüber<br />

hinaus mit einem Gerät zur<br />

Datenaufzeichnung bei Unfällen<br />

und mit einem Notfall-Bremssystem<br />

ausgestattet sein. <strong>Die</strong><br />

Fahrzeuge waren unter anderem<br />

wegen klemmender Gaspedale<br />

sowie Problemen mit der Elektronischen<br />

Stabilisierung zurückgerufen<br />

worden.<br />

G20-TREFFEN<br />

Brüderle vertritt Schäuble<br />

Bundeswirtschaftsminister Rainer<br />

Brüderle (FDP) wird seinen erkrankten<br />

Kabinettskollegen Wolfgang<br />

Schäuble (CDU) beim Treffen<br />

der G20-Finanzminister in<br />

Südkorea vertreten, hieß es in<br />

Regierungskreisen. <strong>Die</strong> Finanzminister<br />

der 20 wichtigsten Wirtschaftsnationen<br />

treffen sich Ende<br />

Oktober in Südkorea.<br />

PA/DPA/EVERETT KENNEDY BROWN


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

WIRTSCHAFT 21<br />

So schlecht steht es um die USA<br />

Notenbank-Chef Ben Bernanke fürchtet um die wirtschaftliche Zukunft des Landes<br />

VON TOBIAS KAISER<br />

UND VIKTORIA UNTERREINER<br />

Berlin/New York – <strong>Die</strong> US-Notenbank<br />

Federal Reserve soll die Stabilität<br />

des Dollars, der Wirtschaft<br />

und des Finanzsektors gewährleisten.<br />

Dementsprechend treten ihre<br />

Chefs für gewöhnlich auf: ruhig,<br />

zurückhaltend und vorsichtig in<br />

der Wortwahl. Das gilt auch für<br />

Ben Bernanke, den derzeitigen Notenbankchef<br />

– normalerweise. Am<br />

Montag allerdings schlug Bernanke<br />

Alarm: Bei einer Rede im Bundesstaat<br />

Rhode Island warnte er,<br />

dass die ausufernden Staatsschulden<br />

der USA die wirtschaftliche<br />

Zukunft gefährden.<br />

Der Zeitpunkt war sorgfältig gewählt:<br />

Bernanke sandte seinen Appell<br />

an die Politik, nachdem die<br />

US-Börsen bereits geschlossen<br />

hatten. <strong>Die</strong> wirtschaftliche Zukunft<br />

der USA stünde auf dem Spiel,<br />

wenn es der Regierung nicht gelinge,<br />

das Haushaltsdefizit in den<br />

kommenden Jahren einzudämmen,<br />

warnte Bernanke in seiner ungewöhnlich<br />

dramatischen Rede.<br />

Für gesunde Staatsfinanzen seien<br />

strengere Regeln notwendig,<br />

sagte Bernanke. Er schlug vor, in<br />

den USA auf Bundesebene ebenfalls<br />

eine Schuldenbremse einzuführen.<br />

In europäischen Ländern<br />

seien solche strengen Ausgabenregeln<br />

bereits sehr erfolgreich genutzt<br />

worden, erklärte Bernanke.<br />

In Deutschland wurde im vergangenen<br />

Jahr eine Schuldenbremse<br />

verabschiedet, die ab 2011 sukzessive<br />

in Kraft tritt.<br />

Auch US-Präsident Barack Obama<br />

forderte, das Haushaltsdefizit<br />

entschieden abzubauen. Der Notruf<br />

des Notenbankchefs kommt zur<br />

Unzeit für den Präsidenten, in den<br />

viele Wähler große Hoffnungen gesetzt<br />

hatten. Viele Amerikaner<br />

sind unzufrieden mit seiner Politik.<br />

Sie bedrückt vor allem die miserable<br />

wirtschaftliche Lage. Während<br />

sich die Wall Street erstaunlich<br />

schnell von der Krise erholt hat,<br />

leidet der Rest des Landes unter<br />

anhaltend hoher Arbeitslosigkeit.<br />

Selbst überzeugte Anhänger verspüren<br />

wenig von dem Wandel,<br />

den ihnen Obama im Wahlkampf<br />

versprochen hatte.<br />

Berlin – <strong>Die</strong> Länder fordern vom<br />

Bund den Verzicht auf deutschlandweite<br />

Testfahrten mit Riesen-<br />

Lastwagen. Bundesverkehrsminister<br />

Peter Ramsauer (CSU) solle<br />

„keinen weiteren Feldversuch mit<br />

Lang-Lkw“ zulassen, heißt es in einer<br />

Beschlussvorlage für die Konferenz<br />

der Länderverkehrsminister,<br />

aus der die „Berliner Zeitung“<br />

zitierte. Zum einen lägen bereits<br />

Ergebnisse aus anderen Tests vor.<br />

Zum anderen lehnten einige Länder<br />

neue Tests mit den sogenannten<br />

Gigalinern ab.<br />

Acht der 16 Bundesländern seien<br />

gegen den bundesweiten Versuch<br />

mit den Lang-Lkw, berichtete die<br />

Zeitung. Zu den Gegnern gehörten<br />

Berlin, Nordrhein-Westfalen,<br />

Notenbank-Chef Ben Bernanke fordert die Einführung einer Schuldenbremse<br />

Kampf gegen die Rezession<br />

■ Der US-Chefökonom der Deutschen<br />

Bank in New York, Joseph<br />

LaVorgna, hält es zwar nicht für<br />

sinnvoll, die Steuererleichterungen<br />

für Vermögende fortzusetzen. Aber<br />

er würde es an Stelle von US-Präsident<br />

Obama dennoch tun, da die<br />

Konsequenz noch schlimmer wäre.<br />

„Der Rückfall in die Rezession wäre<br />

dann viel wahrscheinlicher”, sagt er.<br />

Länder rebellieren gegen Riesen-Lkw<br />

Schon bald sollen die „Gigaliner“ über <strong>deutsche</strong> Straßen rollen<br />

Gigaliner vor einer Spedition. <strong>Die</strong><br />

Länder wollen die Lang-Lkw verhindern<br />

Rheinland-Pfalz und Thüringen.<br />

Nur fünf Länder seien für die Versuche,<br />

drei noch unentschieden –<br />

Brandenburg, Hamburg und Hessen.<br />

<strong>Die</strong> Gegnerländer kritisieren,<br />

dass ihnen der Bund nicht das<br />

Recht einräumt, über die Tests zu<br />

entscheiden, sondern nur über de-<br />

PA/DPA; FRISO GENTSCH<br />

■ Denn blickt man auf die Fakten,<br />

haben die USA das Schlimmste<br />

hinter sich. Am Immobilienmarkt<br />

sind die Preise für Wohneigentum<br />

seit Ausbruch der Krise um ein<br />

Drittel gesunken und dürften den<br />

Boden mittlerweile erreicht haben.<br />

In Großstädten wie New York steigen<br />

die Mieten bereits wieder um einige<br />

Prozent.<br />

ren Ausgestaltung. „<strong>Die</strong> Verkehrsministerkonferenz<br />

nimmt mit Besorgnis<br />

zur Kenntnis, dass das<br />

Bundesverkehrsministerium den<br />

Ländern nur ein Gestaltungsrecht<br />

einräumt“, heißt es demnach in<br />

der Beschlussvorlage. Einige Bundesländer<br />

erwägten bereits eine<br />

Klage, sollte der Bund den Feldversuch<br />

im Alleingang <strong>durch</strong>setzen.<br />

Anfang 2011 will die Bundesregierung<br />

bundesweite Testfahrten<br />

starten, mit denen überprüft werden<br />

soll, ob künftig auch in<br />

Deutschland im Güterverkehr Riesen-Lkw<br />

über die Straßen rollen<br />

können. Momentan ist die Länge<br />

von Lkw in Deutschland auf 18,75<br />

Meter begrenzt. Gigaliner dagegen<br />

können 25 Meter lang sein.<br />

AFP/MARK WILSON<br />

Offiziell hat sich die US-Wirtschaft<br />

zwar im Juni vergangenen<br />

Jahres aus der Rezession befreit.<br />

Aber ein richtiger Aufschwung<br />

fühlt sich anders an. Seit Monaten<br />

verharrt die Arbeitslosenrate<br />

knapp unter zehn Prozent, und darin<br />

sind noch nicht einmal diejenigen<br />

berücksichtigt, die längst resigniert<br />

haben und sich gar nicht<br />

mehr beim Amt melden. <strong>Die</strong> bange<br />

Frage lautet daher, ob die größte<br />

Volkswirtschaft der <strong>Welt</strong> die Rezession<br />

dauerhaft abgeschüttelt<br />

hat oder ob ein Rückfall droht.<br />

„Das Risiko ist gering”, sagt Jeffrey<br />

Frankel von der Universität Harvard.<br />

Es liege unter 30 Prozent –<br />

bislang jedenfalls. Denn die größte<br />

<strong>Gefahr</strong> für die Wirtschaft geht derzeit<br />

von Washington selbst aus.<br />

Im November stehen wichtige<br />

Kongresswahlen an. Dass der amtierende<br />

Präsident bei diesen Wahlen<br />

Verluste hinnehmen muss, ist<br />

üblich. Doch die Enttäuschung<br />

über Obamas Politik ist so groß,<br />

dass sich für die Demokraten hier<br />

ein Desaster abzeichnet. <strong>Die</strong> Republikaner<br />

werden sehr wahrscheinlich<br />

ihre 2006 verloren gegangene<br />

Mehrheit im Repräsentantenhaus<br />

zurück erobern und auch im Senat<br />

einige Sitze dazu gewinnen. Innenpolitisch<br />

dürfte sich dann in Amerika<br />

gar nichts mehr bewegen.<br />

Am heftigsten streiten die beiden<br />

Parteien derzeit um Steuererleichterungen,<br />

die Obamas Vorgänger<br />

George W. Bush verabschiedet<br />

hatte und die Ende dieses<br />

Jahres auslaufen. Obama will diese<br />

Steuererleichterungen fortsetzen,<br />

aber nur für die Mittelschicht. Wer<br />

dagegen über 250 000 Dollar im<br />

Jahr verdient, soll wieder so hohe<br />

Sätze auf sein Einkommen zahlen,<br />

wie vor der Änderung. <strong>Die</strong> Republikaner<br />

lehnen dies strikt ab. Verliert<br />

Obama im November die<br />

Mehrheit im Kongress, ist er politisch<br />

so gut wie handlungsunfähig.<br />

Wenn sich dann aber keiner der<br />

politischen Gegner bewegt, wird<br />

einfach gar nichts passieren. Alle<br />

müssten dann im kommenden Jahr<br />

mehr Steuern zahlen.<br />

Der linksliberale Kolumnist und<br />

Nobelpreisträger Paul Krugman<br />

sieht sein Land jedenfalls auf dem<br />

Weg hin zur „Bananenrepublik”.<br />

Aareal<br />

Näher dran: An News<br />

und Trends aus der <strong>Welt</strong><br />

der Immobilien.<br />

Besuchen Sie uns!<br />

Bund lässt Hochtief<br />

beim Abwehrkampf<br />

gegen ACS hängen<br />

Düsseldorf – <strong>Die</strong> Hoffnungen des<br />

größten <strong>deutsche</strong>n Baukonzerns<br />

Hochtief auf politische Unterstützung<br />

im Kampf gegen eine Übernahme<br />

<strong>durch</strong> den spanischen Konkurrenten<br />

ACS haben einen weiteren<br />

Dämpfer erhalten. Nach Bundeswirtschaftsminister<br />

Rainer<br />

Brüderle (FDP) wies auch Union-<br />

Hochtief-Mitarbeiter. <strong>Die</strong> Belegschaft<br />

sperrt sich gegen eine ACS-Übernahme<br />

Fraktionsvize Michael Fuchs<br />

(CDU) das Hilfeersuchen des<br />

Hochtief-Managements zurück.<br />

„Es ist nicht Aufgabe der Politik,<br />

sich da einzumischen“, sagte<br />

Fuchs. Lediglich die nordrheinwestfälische<br />

Landesregierung signalisierte<br />

ihre Unterstützung für<br />

Hochtief. Eine Übernahme <strong>durch</strong><br />

ACS sei nicht im Interesse des<br />

Landes hieß es.<br />

Regierung kneift<br />

vor Reform<br />

der Mehrwertsteuer<br />

Berlin – Aus Angst vor politischen<br />

Protesten sind Teile der schwarzgelben<br />

Bundesregierung offenbar<br />

gegen eine baldige Reform der<br />

Mehrwertsteuer. Bundesfinanzminister<br />

Wolfgang Schäuble (CDU)<br />

will den Umbau des Mehrwertsteuerrechts<br />

mit seinen vielen<br />

Ausnahmen dem Vernehmen nach<br />

am liebsten bis in die nächste Legislaturperiode<br />

schieben. Schäuble<br />

und andere Regierungsmitglieder<br />

fürchten die Auseinandersetzungen,<br />

die mit verschiedensten<br />

Lobbygruppen auf eine Reform<br />

folgen würden – erst recht, wenn<br />

Mehrbelastungen für Wirtschaft<br />

und Bevölkerung entstünden. Seit<br />

Antritt dieser Bundesregierung<br />

streitet die Koalition über eine<br />

Mehrwertsteuer-Reform.<br />

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WELT KOMPAKT<br />

22 WIRTSCHAFT<br />

So malerisch wie in dieser Berufsfachschule für Buchbinder in München geht es in modernen Buchbindereien nicht mehr zu – dank High-Tech aus Deutschland<br />

<strong>Die</strong> Buchbinder der <strong>Welt</strong><br />

VON KAREN MERKEL<br />

Leipzig – Bücher riechen sauer. Ob<br />

Bestseller oder die Gelben Seiten –<br />

wenn aus einem Stapel bedruckter<br />

Papierbögen ein Buch entsteht,<br />

riecht es säuerlich und manchmal<br />

bitter, je nach Leimsorte. Den Geruch<br />

verströmen riesige Maschinen,<br />

beispielsweise in der Großdruckerei<br />

„Offizin Andersen Nexö“<br />

bei Leipzig. Tausende Tonnen<br />

bedrucktes Papier stapeln sich<br />

dort, bis die „Kolbus“ sie innerhalb<br />

von Sekunden zu Büchern vernäht<br />

und verklebt.<br />

<strong>Die</strong> Buchbinderei-Maschinen in<br />

Leipzig stammen von einem Familienunternehmen<br />

aus dem nordrhein-westfälischen<br />

Rahden – so<br />

wie in fast jeder Druckerei. Jedes<br />

dritte Buch auf der ganzen <strong>Welt</strong><br />

wird von einer „Kolbus“ produziert,<br />

80 Prozent aller Hardcovertitel<br />

laufen über eine Buchstraße<br />

des mittelständischen Unternehmens.<br />

<strong>Die</strong> Maschinen produzieren<br />

außerdem Taschenbücher, Kataloge,<br />

Telefonbücher und Werbebroschüren.<br />

Thilo Sarrazins<br />

„Deutschland schafft sich ab“ wurde<br />

ebenso von Kolbus-Maschinen<br />

gebunden wie die Potter-Bände.<br />

Wer bei Druckereien derart<br />

groß im Geschäft ist, hat eine sichere<br />

Position, könnte man meinen.<br />

Doch Kolbus-Geschäftsführer<br />

Kai Büntemeyer betrachtet den<br />

Markt der Spezial-Maschinenbauer<br />

zwiegespalten. „<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong>marktführerschaft<br />

ist ein zweischneidiges<br />

Schwert“, sagt er. Das Unternehmen<br />

sei darauf angewiesen, um<br />

mit Gewinn arbeiten zu können.<br />

Dennoch würde Kolbus die Jahresproduktion<br />

gerne um 30 bis 40<br />

Prozent steigern, sagt Büntemeyer.<br />

<strong>Die</strong> Frankfurter Buchmesse, die<br />

heute beginnt, lässt dieses Ziel allerdings<br />

illusorisch erscheinen.<br />

Denn ein Schwerpunkt der Messe<br />

ist die Digitalisierung: Vor allem<br />

das E-Book beschäftigt die Verlagshäuser<br />

und Buchhersteller.<br />

<strong>Die</strong> Berater von Pricewaterhouse<br />

Coopers (PWC) sehen die Zukunft<br />

der Verlage schon unabhängig<br />

vom Buch – als Anbieter von<br />

Inhalten. „Verlage müssen sich auf<br />

die digitale Wertschöpfungskette<br />

einstellen, die Veränderungen in<br />

der Produktion und in der Lagerung.<br />

Sie müssen auch ihre Mitarbeiter<br />

schulen, die sich als Anbieter<br />

von Inhalten, nicht länger als<br />

Buchhändler begreifen müssen“,<br />

sagt Christina Müller, Autorin der<br />

PWC-Studie. Obwohl das E-Book<br />

in Deutschland bisher kein Bestseller<br />

ist, steht Müller zu ihrer<br />

These. Gerade einmal 20 Millionen<br />

Euro Umsatz haben die elektronischen<br />

Bücher in Deutschland<br />

im Jahr 2009 gemacht. PWC zufolge<br />

wird der Umsatz sich bis zum<br />

Jahr 2015 allerdings auf 350 Millionen<br />

Euro pro Jahr steigern. Selbst<br />

wenn sich dieses Potenzial gegenüber<br />

den 9,7 Milliarden Euro, die<br />

mit gedruckten Büchern im Jahr<br />

2009 umgesetzt wurden, bescheiden<br />

ausnimmt, könnte der Trend<br />

den Markt grundlegend verän-<br />

dern. Für den Buchbinderei-Maschinen-Hersteller<br />

Kolbus ist es<br />

nicht die erste Revolution. Das<br />

Traditionsunternehmen wurde<br />

1775 als Hufschmiede gegründet,<br />

stellt seit dem Jahr 1900 Buchbinderei-Maschinen<br />

her und hat sich<br />

Ende der 90er-Jahre auf die speziellen<br />

Fertigungsanlagen spezialisiert.<br />

1300 Mitarbeiter beschäftigt<br />

Kolbus heute, davon 1150 in Rahden,<br />

einer Kleinstadt mit 16 000<br />

Einwohnern.<br />

<strong>Die</strong> Digitalisierung trifft den<br />

Maschinenbauer hart. Während<br />

das Unternehmen im Jahr 2007<br />

noch 195 Millionen Euro Umsatz<br />

und 10 Millionen Euro Gewinn verzeichnete,<br />

sinken seit dem Beginn<br />

der Finanzkrise die Umsatzzahlen.<br />

Im vergangenen Jahr meldete Büntemeyer<br />

fünf Millionen Euro Verlust<br />

und musste 150 Mitarbeiter betriebsbedingt<br />

entlassen. 2010 erwartet<br />

er lediglich 100 Millionen<br />

Euro Umsatz. „Wir werden in diesem<br />

Jahr sicherlich kein Geld verdienen“,<br />

sagt Büntemeyer.<br />

<strong>Die</strong> Kolbus-Kunden stehen unter<br />

enormem Kostendruck. <strong>Die</strong><br />

Herstellung eines Hardcovers kostet<br />

zwei bis drei Euro, die eines Taschenbuches<br />

rund einen Euro –<br />

Produktionskosten, die sich kaum<br />

noch senken lassen. OAN in Leipzig<br />

versucht es dennoch; im Sekundentakt<br />

läuft hier Cornelia<br />

Funkes „Tintenherz“ als siamesischer<br />

Zwilling vom Band. Um<br />

Druckplatten zu sparen, stellt die<br />

Großdruckerei Taschenbücher<br />

spiegelverkehrt in doppelter Ausführung<br />

her und trennt die Bücher<br />

erst im letzten Arbeitsschritt mit<br />

einer Säge. <strong>Die</strong>se Art der Zwillingsproduktion<br />

gibt es bisher nur<br />

wenige Male in Deutschland. Es ist<br />

einer der Wege, Bücher kostengünstiger<br />

herzustellen.<br />

Bislang sind E-Books im Verkauf<br />

nur unwesentlich günstiger als ge-<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Jedes dritte Werk entsteht auf Maschinen von Kolbus – <strong>Die</strong> Firma sucht eine Nische im digitalen Zeitalter<br />

KOLBUS<br />

Leim und Faden – Wie Buchbinder arbeiten<br />

■ Falzbogen: Ob Buch oder Werbebroschüre,<br />

am Anfang steht der<br />

Falzbogen. Ein bis zu zwei Quadratmeter<br />

großer Papierbogen wird mit<br />

den einzelnen Buchseiten bedruckt.<br />

Zum Beispiel passen 16 DIN-A4-<br />

Seiten auf einen Falzbogen.<br />

■ Der Bogen wird mit der Falzmaschine<br />

mehrfach gefaltet, die<br />

Seiten liegen dann in chronologischer<br />

Reihenfolge hintereinander.<br />

Viele Falzbögen ergeben ein Buch.<br />

■ Bindung: Ein Buch kann <strong>durch</strong><br />

verschiedene Verfahren gebunden<br />

Bücher im<br />

Sekundentakt:<br />

eine Kolbus-<br />

Maschine in<br />

Aktion<br />

werden. Üblich sind die Klebebindung,<br />

bei der Leim die Buchseiten<br />

zusammenhält, und die Fadenheftung<br />

mit reißfestem Garn.<br />

■ Buchblock: Der Buchblock – die<br />

Seiten ohne Umschlag – wird in die<br />

Buchdecke eingehängt, das heißt:<br />

mit Leim verklebt.<br />

■ Dreischneider: Zum Abschluss<br />

der Buchproduktion wird das Buch<br />

an allen drei Seiten mit einer Art<br />

Guillotine an Ober-, Unter- und<br />

Vorderseite begradigt – und fertig ist<br />

das lesebereite Buch.<br />

druckte Werke. Das werde sich<br />

künftig ändern, sagt Studien-Autorin<br />

Müller. Zwar werde das elektronische<br />

Buch das gedruckte<br />

Buch dann nicht verdrängen, aber<br />

in Teilen ersetzen, sagt sie. So werde<br />

es zum Beispiel künftig nicht<br />

mehr nötig sein, die gesamte Ausgabe<br />

eines teuren Fachbuches zu<br />

erstehen – stattdessen seien in der<br />

elektronischen Variante die Werke<br />

auch kapitelweise verfügbar.<br />

Durch das E-Book seien außerdem<br />

neue Unterhaltungsangebote bei<br />

Büchern denkbar, etwa 3D-Animationen<br />

bei Kinderbüchern.<br />

Büntemeyer sieht die Zukunft<br />

seiner Branche dennoch positiv.<br />

„Durch elektronische Bücher werden<br />

neue Wege entstehen, um Gewinn<br />

zu machen“, sagt er. Auch die<br />

Buchbinderei profitiere von den<br />

Entwicklungen auf dem digitalen<br />

Markt. „Das digitale Buch kommt“,<br />

wirbt Kolbus auf seiner Homepage,<br />

meint damit aber nicht das E-<br />

Book. „Digitale Fotobücher stellen<br />

ein Marktpotenzial dar, das sich<br />

gleichberechtigt zu Printbuch und<br />

Werbebroschüren entwickeln<br />

könnte“, sagt Büntemeyer. Jeder<br />

Bundesbürger kaufe im Durchschnitt<br />

im Jahr ein Buch. Individuelle<br />

Bildbände von Digitalfotografien<br />

würden sich die Deutschen<br />

künftig mindestens ebenso häufig<br />

kaufen. Büntemeyer geht davon<br />

aus, dass dieser Trend anhält. Behält<br />

er Recht, dann verdienen<br />

selbst die Buchbinder an der Digitalisierung<br />

des Marktes mit.<br />

http://bit.ly/dby1WH<br />

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So funktionieren<br />

moderne Buchbindemaschinen.


WELT KOMPAKT<br />

24 BÜCHER<br />

Philipp Haibach<br />

Roman Nr. 1 Andreas Maier: „Das<br />

Zimmer“ (Suhrkamp, 17,90 Euro)<br />

Maier promovierte nicht nur über<br />

den großen<br />

Grantler Thomas<br />

Bernhard,<br />

sondern arbeitete<br />

sich auch literarisch<br />

gar vatermörderisch<br />

an ihm ab. Das<br />

ist nun vorbei.<br />

Maier hat sich<br />

mit diesem Buch<br />

von seinem einstigen Vorbild befreit:<br />

Ein bitterböser, meisterhafter<br />

Heimatroman aus der tiefen<br />

hessischen Provinz und ein Sittenbild<br />

der alten Bundesrepublik.<br />

Roman Nr. 2 Thomas Pynchon:<br />

„Natürliche Mängel“ (Rowohlt,<br />

24,95 Euro) – Was ist denn da passiert?<br />

Jemand hat Raymond<br />

Chandler, T.C.<br />

Boyle, Jörg Fauser,<br />

Ross Thomas<br />

und Hunter<br />

S. Thompson<br />

zu einem<br />

großen Kiffer-<br />

Hippie-Krimi<br />

gerollt und sich<br />

angesteckt.<br />

Und das war<br />

ausgerechnet der bei literarischen<br />

Nerds so beliebte 73-jährige<br />

Pynchon. Ein „unendlicher<br />

Spaß“ – diesmal wirklich ernst gemeint!<br />

Roman Nr. 3 Philip K. Dick: „Stimmen<br />

der Straße“ (Liebeskind, 22<br />

Euro) – Bevor sich US-Science-<br />

Fiction-Autor Philip. K. Dick in<br />

fernen Parallelweltenherumtrieb<br />

und etwa<br />

für spätere Verfilmungenseiner<br />

Bücher wie<br />

„Blade Runner“<br />

oder „Minority<br />

Report“ sorgte,<br />

hielt er sich mit<br />

grandiosen Dramen über die Mittelschicht<br />

der 50ern auf. Wer mit<br />

Richard Yates („Zeiten des Aufruhrs“)<br />

<strong>durch</strong> ist, dem sei dieses<br />

Frühwerk empfohlen.<br />

Sachbuch Siegfried Unseld: „Chronik<br />

1970“ (Suhrkamp, 39,90 Euro)<br />

– Nein, dieses Tagebuch des größten<br />

<strong>deutsche</strong>n Verlegers des vergangenenJahrhunderts<br />

darf<br />

nicht bloß Germanisten-Seminaren<br />

zum Opfer<br />

fallen. Das<br />

wäre zu schade,<br />

denn das hier ist<br />

erlebte Kulturgeschichte.Bewegend<br />

und<br />

lehrreich. Es geht um Autoren,<br />

Reisen, Saufgelage, Visionen und<br />

Alltag, beginnend mit der Buchmesse<br />

1967. Weitere Bände sind in<br />

Arbeit. Welch Glück.<br />

Zeit fürs Geschichtenerzählen<br />

Frankfurter Buchmesse eröffnet: Fünf Tage<br />

lang geht es um das Gastland Argentinien<br />

und die Verbreitung von E-Books<br />

VON MICHAEL PROBST<br />

Bestseller-Autorin Cornelia Funke<br />

(51) schwört auf das gute alte Buch.<br />

„Ich bin ein Buchfresser. Ich will<br />

meine Fingerabdrücke und meine<br />

Notizen auf dem Papier sehen“, sagte<br />

die „Tintenherz“-Autorin gestern<br />

zur Eröffnung der 62. Frankfurter<br />

Buchmesse. Sie erwäge aber, bei der<br />

Recherche für ihre Bücher auf E-<br />

Books umzusteigen. „Pro Buch, das<br />

ich schreibe, kaufe ich<br />

mir jeweils 60 Bücher<br />

zum Recherchieren.<br />

In meinen Regalen ist<br />

kein Platz mehr.“<br />

Bange ist Funke vor<br />

den neuen Verbreitungswegen<br />

nicht.<br />

Fasziniert verfolge sie<br />

etwa, wie ihr 15-jähriger<br />

Sohn in dem<br />

Freundschaftsnetzwerk<br />

Facebook regelrecht<br />

versinke. Dort<br />

gehe es schließlich<br />

auch um den Umgang mit Wörtern.<br />

„Wir leben in einer sehr interessanten<br />

Zeit fürs Geschichtenerzählen.“<br />

Funke stellt bei der weltgrößten Bücherschau,<br />

die bis Sonntag läuft, ihren<br />

neuen Roman „Reckless. Steinernes<br />

Fleisch“ vor.<br />

Aufgrund vieler Anmeldungen in<br />

letzter Minute übertrifft die Frankfurter<br />

Buchmesse die Ausstellerzahl<br />

vom Vorjahr. Insgesamt werden auf<br />

der weltgrößten Bücherschau 7533<br />

Aussteller aus 111 Ländern erwartet,<br />

gut 200 Anbieter mehr als 2009.<br />

Noch im September hatten die Veranstalter<br />

mit weniger Ständen und<br />

deutlich weniger Titeln gerechnet.<br />

<strong>Die</strong> fünftägige Messe öffnet am heutigen<br />

Mittwoch zunächst nur für<br />

Fachbesucher.<br />

Wie viele Titel die Aussteller zeigen<br />

werden, konnte Buchmessen-<br />

Direktor Juergen Boos gestern noch<br />

nicht sagen. Bis vor vier Wochen<br />

hatte es so ausgesehen, als würden<br />

nur 310 000 statt wie im Vorjahr<br />

400 000 Exponate gezeigt. Neben<br />

Deutschland, das mit 3315 Ausstellern<br />

vertreten ist, bestücken Großbritannien<br />

und die USA die meisten<br />

Fallende Blätter: <strong>Die</strong> WELT-KOMPAKT-Redaktion ist schon mal <strong>durch</strong> den Literatur-<br />

Frank Schmiechen<br />

Roman Nr. 1 Markus<br />

Berges: „Ein<br />

langer Brief an<br />

September Nowak“<br />

(Rowohlt,<br />

18,95) – Er spielt in<br />

einer der besten<br />

<strong>deutsche</strong>n Bands<br />

und ist für die tollen<br />

Songtexte verantwortlich.<br />

Jetzt<br />

■ „Ich bin ein<br />

Buchfresser. Ich<br />

will meine<br />

Fingerabdrücke<br />

und meine<br />

Notizen auf dem<br />

Papier sehen“<br />

Cornelia Funke<br />

Stände der 172 000 Quadratmeter<br />

großen Ausstellungsfläche.<br />

Positives konnte der Börsenverein<br />

des Deutschen Buchhandels von der<br />

wirtschaftlichen Entwicklung berichten:<br />

Der Umsatz der Buchbranche<br />

sei in den ersten neun Monaten<br />

2010 um 0,8 Prozent gestiegen, berichtete<br />

der Vorsteher der Vereinigung,<br />

Gottfried Honnefelder, bei der<br />

Eröffnungspressekonferenz. „Damit<br />

kann man zufrieden sein.“ Er rechnet<br />

damit, das Ergeb-<br />

nis bis zum Jahresende<br />

zu halten. 2009 lag der<br />

Gesamtumsatz bei 9,7<br />

Milliarden Euro.<br />

Wichtiges Thema<br />

der 62. Frankfurter<br />

Buchmesse sind digitale<br />

Medien wie E-<br />

Books. Aktuell haben<br />

sie haben laut Börsenverein<br />

zwar weniger<br />

als ein Prozent Marktanteil,<br />

doch wird bereits<br />

ein Drittel aller<br />

Neuerscheinungen auch elektronisch<br />

angeboten. „Mittelfristig wird<br />

der Anteil von E-Books am <strong>deutsche</strong>n<br />

Buchmarkt um die zehn Prozent<br />

betragen“, sagte Honnefelder.<br />

Deutschland liege in diesem Bereich<br />

aber noch deutlich hinter dem<br />

Markt in den USA zurück. Umso<br />

wichtiger sei es, dass die Bundesregierung<br />

dem Beispiel Frankreichs<br />

und Spaniens folge und auch für<br />

elektronische Bücher den ermäßigten<br />

Mehrwertsteuersatz von sieben<br />

Prozent erlaube.<br />

Buchmesse-Direktor Juergen<br />

Boos sagte, er erhoffe sich von der<br />

62. Frankfurter Buchmesse Anregungen<br />

für neue Produktions- und<br />

Vertriebsformen: „Wir müssen gespannt<br />

sein und uns überraschen<br />

lassen, welche neuen Formate entstehen.“<br />

<strong>Die</strong> zunehmende Digitalisierung<br />

von Büchern sei nach Johannes<br />

Gutenbergs Erfindung des beweglichen<br />

Bleisatzes die zweite große<br />

Umwälzung in der Literatur. <strong>Die</strong><br />

neue Technik erlaube, dass Geschichten<br />

zum Beispiel in Teams geschrieben<br />

würden. Andererseits sei<br />

Technik ohne Inhalt aber nutzlos.<br />

schreibt er auch noch gelungene Bücher.<br />

Markus Berges findet in seinem<br />

Debutroman die gleiche Lässigkeit<br />

und Leichtigkeit wie in seiner<br />

Musik. Also: Ab auf das Sofa, die<br />

neue Erdmöbel-CD „Krokus“ hören<br />

– und dabei das wunderbare Buch lesen.<br />

Roman Nr. 2 Haruki<br />

Murakami: „1Q84“<br />

(DuMont, 32 Euro)<br />

– Ich gebe es zu, ich<br />

bin süchtig nach<br />

den Büchern von<br />

Murakami. <strong>Die</strong> seltsame,<br />

rätselhafte<br />

Atmosphäre fesselt<br />

mich bis in die frühen<br />

Morgenstunden. Seine Hauptdarsteller<br />

sind freundliche Melancholiker<br />

auf der Suche nach Sinn<br />

Ohne Literatur wäre man nur ein halber Mensch: Wenn die letzten Aufbauarbeiten<br />

erledigt sind, kann sie endlich losgehen, die 62. Frankfurter Buchmesse<br />

„<strong>Die</strong> Buchmesse bleibt daher der<br />

Ort, wo Geschichten und Inhalte gehandelt<br />

werden“, betonte Boos. Zu<br />

Lesungen und Gesprächen werden<br />

Autoren wie Cornelia Funke, Katharina<br />

Hacker, Ingrid Noll, Günter<br />

Grass, Bret Easton Ellis und Antonio<br />

und Glück. „1Q84“ ist noch versponnener<br />

als seine Vorgänger. Und die<br />

1021 Seiten reichen für mehrere<br />

<strong>durch</strong>wachte Nächte.<br />

Roman Nr. 3 Tom<br />

Rachman: „<strong>Die</strong> Unperfekten“<br />

(DTV,<br />

14,90 Euro) – Irgendwie<br />

erinnert<br />

dieser Roman über<br />

den Niedergang einer<br />

internationalen<br />

Tageszeitung an<br />

US-Fernsehserien wie Mad Men<br />

oder Sopranos. Aus wechselnden<br />

Perspektiven der Beteiligten konstruiert<br />

Rachman ein virtuoses und<br />

unterhaltsames Romandebut.<br />

Fotoband Thorsten Klapsch: „Palast<br />

der Republik“ (Edition Panorama, 48<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Skármeta erwartet. Aus Argentinien,<br />

dem diesjährigen Gastland, reisen<br />

70 Schriftsteller an, unter ihnen<br />

Osvaldo Bayer, Laura Alcoba und<br />

Félix Bruzzone.<br />

Angesichts der Digitalisierung hat<br />

die Buchmesse sechs neue Plattfor-<br />

Euro) – Drei Jahre nach der endgültigen<br />

Schließung, im Januar 1993, fotografierte<br />

Thorsten Klapsch den ungenutzten<br />

aber komplett möblierten<br />

Palast der Republik. Er sollte in der<br />

DDR eigentlich ein Symbol für Wirtschaftskraft,<br />

Volksnähe und Modernität<br />

darstellen. Geblieben sind nur<br />

eine Baugrube und diese gespenstischen<br />

Fotos, die ganz viel über die<br />

Kälte und Brutalität des DDR-Systems<br />

verraten.


men für den Austausch zwischen<br />

verschiedenen Branchen unter dem<br />

Namen „Frankfurt Hot Spots“ geschaffen.<br />

Dort erhalten Hersteller<br />

für elektronische Lesegeräte, das<br />

mobile Internet, Softwareanbieter,<br />

Internetportale, Bildungsverlage<br />

und weitere <strong>Die</strong>nstleister Raum für<br />

Präsentationen. Eine zweitägige<br />

Herbst spaziert<br />

Jan Küveler<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />

BÜCHER 25<br />

Roman Nr. 1 Roberto Bolaño, „Lumpenroman“<br />

(Hanser, 14,90 Euro) –<br />

Das Herz der Finsternis<br />

ist weit: Immerhin<br />

reicht es<br />

vom mexikanischen<br />

Ciudad Juárez bis<br />

nach Rom. Im filigranenSchauermonstrum<br />

„2666“ –<br />

der Sensation des<br />

Konferenz und ein Handelsplatz für<br />

crossmediale Rechte unter dem Titel<br />

„Frankfurt StoryDrive“ soll Vertreter<br />

der Branchen Print, Film, Musik,<br />

Spiele, Telekommunikation und Internet<br />

an einem Tisch zusammenbringen.<br />

Mit der Kultur und Politik des Ehrengasts<br />

Argentinien beschäftigen<br />

vergangenen Literaturherbstes – verhackstückte<br />

der 2003 verstorbene<br />

Chilene Bolaño Frauen und Literaturwissenschaftler.<br />

In seinem letzten<br />

Romänchen (nur knapp über 100<br />

Seiten) massiert er traumatisierte<br />

Teenager und lässt blinde Bodybuilder<br />

sehr scharf sehen: eben ins düstere<br />

Herz der Menschen. Das ist ein<br />

Pendel zwischen Leiden und Hoffen.<br />

Roman Nr. 2 Vladimir Nabokov, Ada<br />

(Rowohlt, 38 Euro) – <strong>Die</strong> beste<br />

Selbstbefriedigungsszene der <strong>Welt</strong>literatur<br />

hat doch bestimmt Truman<br />

Capote in „Erhörte Gebete“ geschrieben,<br />

denkt man. Falsch! Den<br />

Vogel hat – wenn man so sagen darf –<br />

ein greiser Russe abgeschossen. Dazu<br />

muss man gar nicht weit hinabsteigen<br />

in die furios verkleidete Privathölle<br />

der hochbegabten und in<br />

sich rund 300 Veranstaltungen. Auch<br />

der Fußball kommt nicht zu kurz:<br />

Am 9. Oktober werden die beiden<br />

<strong>Welt</strong>meister-Trainer Franz Beckenbauer<br />

und César Luis Menotti miteinander<br />

diskutieren. Das Rahmenprogramm<br />

zur Buchmesse umfasst<br />

bis zum Abschluss am Sonntag insgesamt<br />

rund 2500 Veranstaltungen.<br />

unmöglicher Liebe<br />

entflammten Halbgeschwister<br />

Ada<br />

und Van. <strong>Die</strong> hohle<br />

Hand des Bruders<br />

begrüßt uns nach<br />

wenigen Seiten.<br />

Insgesamt sind es<br />

1152 in der neubearbeitetenÜbersetzung<br />

von <strong>Die</strong>ter E. Zimmer und Uwe<br />

Friesel, dem elften Band der seinem<br />

Inhalt entsprechend fantastisch gestalteten<br />

Werkausgabe.<br />

Roman Nr. 3 Szilárd Rubin, „Eine beinahe<br />

alltägliche Geschichte“ (Rowohlt<br />

Berlin, 16,95 Euro) – Rowohlt<br />

Berlin legt uns unermüdlich tote Ungarn<br />

aufs Kopfkissen. <strong>Die</strong> haben sich<br />

aber prächtig gehalten! Vor ein paar<br />

Jahren ließ uns der vortreffliche Ele-<br />

DAPD/TORSTEN SILZ<br />

Lesungen, Gespräche, Partys<br />

■ <strong>Die</strong> 62. Frankfurter Buchmesse<br />

widmet sich Argentinien. Am Sonntag<br />

erhält David Grossmann den Friedenspreis<br />

des Deutschen Buchhandels in<br />

der Paulskirche.<br />

■ Für Privatbesucher ist die Buchmesse<br />

am 9.10. (9 bis 18.30 Uhr:)<br />

und am 10.10. (9 bis 17.30 Uhr:)<br />

geöffnet. Eine Tageskarte (inkl. Nahverkehrs-Ticket)<br />

kostet 14 Euro.<br />

■ Schon während der Fachbesuchertage<br />

müssen Literaturhungrige<br />

aber nicht darben: Eine Vielzahl von<br />

Veranstaltungen lässt es seltsam<br />

erscheinen, dass<br />

offiziell nirgends<br />

von einem Literaturfestival<br />

die<br />

Rede ist. Wohl um<br />

Köln und Leipzig<br />

nicht zu vergrätzen,<br />

wo die kom-<br />

merziellelit.colognebeziehungsweise in Leipzig<br />

die immer schon auf die Leser zugeschnittene<br />

Messe stattfindet. In<br />

Frankfurt ist alles kostenlos, dafür ist<br />

das Angebot umso größer. Im folgenden<br />

eine kleine Auswahl.<br />

■ Heute und morgen lädt das städtische<br />

Kulturamt zu „Literatur im Römer“<br />

in die traditionellen Römerhallen<br />

und bietet eine Orientierung über die<br />

literarischen Herbstprogramme. Vorgestellt<br />

werden anspruchsvolle, in<br />

manchen Fällen kontrovers diskutierte<br />

literarische Neuerscheinungen der<br />

<strong>deutsche</strong>n Gegenwartsliteratur. An<br />

den beiden Abenden werden insgesamt<br />

16 Autorinnen und Autoren zu<br />

Gast sein. Befragt werden sie heute<br />

von Gerwig Epkes<br />

(SWR2) und Sigrid<br />

Löffler, sowie<br />

morgen von Alf<br />

Mentzer und Kathrin<br />

Fischer (beide<br />

hr2-kultur). Der<br />

Frankfurter DJ<br />

Pedo Knopp legt<br />

Platten auf. Los<br />

geht es jeweils um<br />

Alina Bronsky<br />

Thomas Lehr<br />

20 Uhr. Das komplette Programm gibt<br />

es unter http://bit.ly/bCtko3. Im folgenden<br />

einige Highlights:<br />

■ Heute: 20.15 Uhr: Joachim Zelter,<br />

Der Ministerpräsident; 20.30 Uhr:<br />

Hansjörg Schertenleib, Cowboysommer;<br />

20.45 Uhr: Péter Esterházy, Ein<br />

Produktionsroman; 21.15 Uhr: Alina<br />

Bronsky, <strong>Die</strong> schärfsten Gerichte der<br />

tatarischen Küche.<br />

gant Dezsö Kosztolányi vor lauter<br />

Leseglück nicht einschlafen. Wer<br />

„Ein Held seiner Zeit. <strong>Die</strong> Bekenntnisse<br />

des Kornél Esti“ noch nicht<br />

kennt, sollte das schleunigst nachholen!<br />

Es ist jedenfalls traurig, dass die<br />

Wiederentdeckung von Kosztolányis<br />

Landsmann Szilárd Rubin im<br />

Frühling dieses Jahres mit seinem<br />

Tod zusammenfiel. Doch wer weiß.<br />

Der „geistreiche Melancholiker“<br />

(Rowohlt) hätte die Pointe womöglich<br />

zu schätzen gewusst. Nach „Eine<br />

kurze Geschichte der<br />

ewigen Liebe“<br />

kommt jetzt jedenfalls<br />

der Roman „Eine<br />

beinahe alltägliche<br />

Geschichte“. Der Titel<br />

ist, gelinde gesagt,<br />

eine schamlose Untertreibung!<br />

PA/DPA/ARNO BURGI<br />

DAPD/THOMAS LOHNES<br />

■ Morgen: 20 Uhr, Thomas Hettche,<br />

<strong>Die</strong> Liebe der Väter; 20.15 Uhr, Martin<br />

Mosebach, Was davor geschah; 20.30<br />

Uhr, Thomas Lehr,<br />

September. Fata<br />

Morgana; 20.45<br />

Uhr, Alexander<br />

Osang, Königstorkinder;<br />

21.45<br />

Uhr, Peter Wawerzi-<br />

nek, Rabenliebe;<br />

22 Uhr, Christoph<br />

Peters, Sven<br />

Hofestedt sucht<br />

Geld für Erleuchtung; 22.15 Uhr, Harald<br />

Martenstein, Gefühlte Nähe.<br />

■ „Open Books“, das Begleitprogramm<br />

zur Buchmesse mit 160 Veranstaltungen,<br />

gibt es in diesem Jahr zum zweiten Mal.<br />

Zentrum der „Open Books“ bleibt der<br />

Frankfurter Kunstverein. 2010 sind aber<br />

weitere Spielorte hinzugekommen: Rund<br />

um den Römerberg werden auch das<br />

Haus am Dom – mit dem Sachbuchprogramm<br />

– die Evangelische Stadtakademie<br />

(Römer 9) sowie die Heussenstamm-Galerie<br />

zur Lesebühne. Hinzu<br />

kommen das Literaturhaus Frankfurt,<br />

das Hessische Literaturforum und als<br />

einmaliger Gastspielort das MA* (ehemalige<br />

Frankfurter Diamantenbörse,<br />

Stephanstraße<br />

1–3). Roger Willemsen,<br />

Andreas<br />

Maier, Jutta Ditfurth,<br />

Gerhard<br />

Stadelmaier, Nike<br />

Wagner und Sibyl<br />

Gräfin Schönfeldt,<br />

aber auch Petra<br />

Gerster und Tom<br />

Buhrow gehören<br />

Roger Willemsen<br />

Tom Buhrow<br />

zu den über 170 teilnehmenden Autoren.<br />

Das komplette Programm findet<br />

sich unter:<br />

http://www.openbooks-frankfurt.de.<br />

■ Am Samstag, 9. Oktober, ist im<br />

Literaturhaus Frankfurt die „Open Party“<br />

unter dem Motto „Literatur legt auf“.<br />

Am DJ-Pult stehen Protagonisten des<br />

Literaturbetriebs. Der Eintritt zu sämtlichen<br />

Veranstaltungen der „Open Books“<br />

– mit Ausnahme der Party – ist frei. In<br />

allen Häusern gibt es Büchertische mit<br />

den dort präsentierten Werken.<br />

■ Der Frankfurter Kunstverein zeigt im<br />

Rahmenprogramm von „Open Books“<br />

außerdem die Ausstellung über das<br />

Gastland „Tales of Resistance and<br />

Change. Artists from Argentina“. <strong>Die</strong><br />

Heussenstamm-Galerie zeigt die Ausstellung:<br />

„Kirsten Hammerström +<br />

Gabrielle Hattesen: THERE IS NOTHING<br />

LIKE PAPER“.<br />

Sachbuch Moritz von<br />

Uslar, „Deutschboden“<br />

(Kiepenheuer &<br />

Witsch, 19,95 Euro) –<br />

Der Schnelldenker<br />

Moritz von Uslar, der<br />

mit „100 Fragen“ das<br />

Interview auf eine<br />

neue Erkenntnisebene<br />

schoss, hat rübergemacht.<br />

Nach Brandenburg, Stätte totaler<br />

Stagnation. Nach „Hardrock-<br />

Schweinigel-Assi-Abschaum-<br />

Hartz-Höllen-Hausen“ bzw. Oberhavel.<br />

Drei Monate hängt der Reporter-Dandy<br />

am Tresen der Gaststätte<br />

Schröder. Wo er in Biergläser<br />

und Köpfe guckt. <strong>Die</strong> Rückkehr<br />

der literarischen Reportage? Solange<br />

es solche Bücher gibt, ist weder<br />

der Journalismus noch der Osten<br />

verloren.<br />

PA/DPA/ROLF VENNENBERND<br />

DPA / STEPHANIE PILICK


WELT KOMPAKT<br />

26 INTERNET<br />

UPLOAD – DIE SOCIAL MEDIA KOLUMNE<br />

Führungswechsel bei Twitter<br />

■ Der überraschende Führungswechsel<br />

beim Kurznachrichtendienst<br />

Twitter beschäftigte gestern<br />

die Blogosphäre. Der Twitter-<br />

Mitgründer und bisherige CEO<br />

Evan Williams hatte die Leitung<br />

des rasant wachsenden Unternehmens<br />

an den bisherigen Geschäftsführer<br />

(COO) Dick Costolo<br />

abgegeben. Costolo war vor einem<br />

Jahr vom Internetkonzern Google<br />

zu Twitter gekommen. Zuvor hatte<br />

er die Plattform FeedBurner erfunden,<br />

die 2007 von dem Suchmaschinenkonzern<br />

für 100 Millionen<br />

Dollar gekauft worden war.<br />

Williams will sich künftig verstärkt<br />

um Produktstrategie kümmern,<br />

wie er in einem Blogbeitrag<br />

schrieb. Im zahlreichen Foren<br />

wurde spekuliert, wie Costolo das<br />

Unternehmen ausrichten wird.<br />

In seinem Blogbeitrag hob Williams<br />

die besonderen Anstrengungen<br />

Costolos bei der Entwicklung<br />

und Verbesserung der Einnahmestrategie<br />

hervor. In der Vergangenheit<br />

war der Kurznachrichtendienst,<br />

der seit seiner Gründung<br />

im März 2006 auf inzwischen 165<br />

Millionen Nutzer weltweit gewachsen<br />

ist und täglich um<br />

370 000 weiter wächst, oft wegen<br />

seines nicht erkennbaren Geschäftsmodells<br />

kritisiert worden.<br />

Investoren steckten seit der Grün-<br />

dung rund 160 Millionen US-<br />

Dollar (115 Millionen Euro) in das<br />

Unternehmen und hoffen darauf,<br />

ihr Geld irgendwann auch zurück<br />

zu bekommen. Inzwischen hat<br />

Twitter 300 Beschäftigte.<br />

„Als Evan die Führung übernahm,<br />

hatten wir eine Million Tweets pro<br />

Tag. Jetzt sind wir bei 90 Millionen<br />

Tweets pro Tag und haben<br />

damit eine Ertragsmaschine“,<br />

sagte Costolo dem Technologieblog<br />

Techcrunch. Ein erster<br />

Schritt dazu könnten die „Promoted<br />

Accounts“ sein, deren Start<br />

gestern bekannt gegeben wurde.<br />

Das Konzept dieser personalisierter<br />

Werbeform ist, interessierten<br />

Nutzern das Folgen von Markenaccounts<br />

zu empfehlen.<br />

Während es mit Twitter steil<br />

bergauf geht, strich ein artverwandtes<br />

Start-up die Segel: der<br />

Kurznachrichten-Videodienst<br />

„12seconds“ wird im Laufe des<br />

Monats eingestellt. Es sei nicht<br />

gelungen, eine kritische Masse zu<br />

entwickeln, heißt es beim Technik-Blog<br />

Mashable. Jürgen Stüber<br />

FACEBOOK-POSTINGS UND LESERBRIEFE<br />

Facebook<br />

Michael Bartels Supermacht Facebook?<br />

Das ist eher eine<br />

Bewegungstherapie für<br />

gelangweilte Büroangestellte,<br />

die ständig<br />

Farmville spielen.<br />

Leserbriefe<br />

Zu: Stuttgart 21<br />

Als ich am 30. September die<br />

Fernsehberichte über Stuttgart 21<br />

gesehen habe, trieb es mir Tränen<br />

in die Augen. Tränen der Fassungslosigkeit,<br />

Tränen über die Brutalität,<br />

mit der von der Polizei gegen<br />

Kinder, Jugendliche und Rentner<br />

vorgegangen wurde, Tränen der<br />

Ohnmacht gegenüber den arroganten,<br />

machtgeilen und überheblichen<br />

Politikern. In keinem Bericht<br />

war zu sehen, dass Demonstranten<br />

gewalttätig waren.<br />

Clemens Jaeckel<br />

<strong>Die</strong> Eskalation bei den Demonstrationen<br />

gegen das umstrittene<br />

Bahnprojekt Stuttgart 21 kommt<br />

nicht von ungefähr. <strong>Die</strong> Wut ist in<br />

der Mitte der Gesellschaft angekommen.<br />

Längst sind die Auseinandersetzungen<br />

keine Sache von<br />

autonomen Linken mehr.<br />

Thomas Henschke<br />

Zu: Euro-Scheine werden im Ausland<br />

gedruckt<br />

500- und 200-Euro-Scheine werden<br />

fast nirgendwo mehr angenommen,<br />

trotzdem aber fleißig<br />

weitergedruckt. Nun sollen die<br />

Euro-Scheine ab 2012 im Ausland<br />

gedruckt werden können. Damit<br />

stehen 400 Arbeitsplätze in<br />

Deutschland auf der Kippe, und<br />

die Bundeshoheit und die absolute<br />

Kontrolle über das Drucken unseres<br />

Geldes entfallen. Ich schlage<br />

vor, die Euro-Scheine künftig in<br />

Schurkenstaaten drucken zu lassen.<br />

Dann wird der Euro eines<br />

Tages die <strong>Welt</strong> überschwemmen<br />

und zu einer Crash-Währung<br />

verkommen, weil mit den überlassenen<br />

Druckplatten und dem<br />

Papier statt Blüten einwandfreie<br />

Euro in Umlauf kommen können.<br />

Roland Klose<br />

SO FUNKTIONIEREN DIE CODES<br />

■ Sie brauchen ein internetfähiges<br />

Handy, eine Datenflatrate und<br />

einen QR-Code-Reader. Das ist<br />

eine Software, die Sie von der<br />

Seite mobil.welt.de/reader herunterladen<br />

können. Es gibt auch<br />

kostenfreie Apps für iPhone und<br />

Android-Handys – etwa von Lynkee.<br />

■ Starten Sie den installierten<br />

Reader und fotografieren Sie mit<br />

ihm den QR-Code. Ein Klick genügt.<br />

Und schon öffnet sich die im<br />

QR-Code hinterlegte Website automatisch<br />

auf dem Handy-Display.<br />

Folgen Sie<br />

Jürgen Stüber<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_stueber<br />

Und wo bist Du<br />

gerade?<br />

Facebook startet den <strong>Die</strong>nst „Orte“<br />

nun auch in Deutschland – <strong>Die</strong> Angst<br />

vor Überwachung ist groß, aber<br />

unbegründet<br />

VON JÜRGEN STÜBER<br />

Nico ist am Morgen von Hamburg<br />

nach Frankfurt geflogen. Hendrik verbringt<br />

seine Mittagspause in einer Bar<br />

im Hamburger Schanzenviertel. Frank,<br />

Oliver und André sitzen in ihren Berliner<br />

Büros. Klas ist in seiner Agentur.<br />

Ein schneller Blick auf das Handy<br />

zeigt, wo die Freunde sind und wie sie<br />

sich die Zeit vertreiben. Sie alle haben<br />

bei Facebook „eingecheckt“, wie die<br />

Mitteilung des eigenen Standortes im<br />

Plattform-Jargon heißt.<br />

Seit gestern können Facebook-Nutzer<br />

ihren Freunden nicht nur mitteilen,<br />

was sie gerade machen oder was ihnen<br />

im Augenblick gefällt. Sie haben jetzt<br />

auch in Deutschland die Gelegenheit,<br />

ihre Community mit einem Klick darüber<br />

zu informieren, wo sie sich gerade<br />

aufhalten und was sie dort tun. Bislang<br />

war „Places“ nur in den USA, Japan,<br />

Australien, Frankreich und Großbritannien<br />

verfügbar.<br />

Um auf „Facebook Orte“, wie der<br />

<strong>Die</strong>nst in Deutschland heißt, zugreifen<br />

zu können, genügt ein internetfähiges<br />

Mobiltelefon, das die Website touch.facebook.com<br />

abbilden kann. Wer ein<br />

iPhone verwendet, benötigt die aktuellste<br />

Version der Facebook-App. Mit<br />

ihr können Anwender an Orten „einchecken“<br />

und damit Freunden in Echtzeit<br />

mitteilen, wo sie sind. Nutzer haben<br />

auch die Möglichkeit zu erfahren,<br />

welche ihrer Freunde gerade in der Nähe<br />

sind. Zudem besteht die Möglichkeit,<br />

auch neue Orte kennenzulernen,<br />

die Freunde entdeckt haben.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeit, Freunden, Bekannten<br />

und Kollegen mitzuteilen, wo man<br />

sich aufhält, hat dem Mobiltelefon<br />

schon vor Jahrzehnten mit zum Durchbruch<br />

verholfen. Doch bislang war das<br />

entweder teuer oder umständlich.<br />

Denn es bedurfte eines Anrufs, einer<br />

fingerakrobatischen SMS-Kurznachricht<br />

oder einer Mail.<br />

Ortsbasierte Internetdienste haben<br />

das vereinfacht. Sie verwenden Informationen<br />

aus drei Quellen. Zum Ersten<br />

erkennen sie über Satelliten-Daten<br />

(GPS-<strong>Die</strong>nste), WLAN-Netze oder Koordinaten<br />

von Mobilfunkstationen den<br />

exakten Standort des Nutzers. Aus einer<br />

Datenbank beziehen sie dann Informationen<br />

über Lokalitäten in der<br />

Nähe, die angeklickt werden können.<br />

Und zum Dritten erfahren sie aus dem<br />

eigenen Netzwerk, welche anderen<br />

Nutzer sich ebenfalls dort aufhalten.<br />

<strong>Die</strong>se drei Quellen werden verknüpft,<br />

und fertig ist der Geolocation-<strong>Die</strong>nst.<br />

Am erfolgreichsten ist mit einem<br />

solchen ortsbasierten <strong>Die</strong>nst bislang<br />

die Plattform Foursquare, auf der nach<br />

eigenen Angaben etwas mehr als drei<br />

Millionen Internetnutzer einchecken.<br />

Foursquare nutzt einen spielerischen<br />

Ansatz: Nutzer erwerben Orden („Badges“)<br />

für ihre Aktivitäten. Und wer am<br />

häufigsten an einem Ort eingecheckt<br />

hat, erhält den Titel des „Mayor“ (Bürgermeister).<br />

Ähnlich, aber weniger spielerisch<br />

funktioniert der <strong>Die</strong>nst „Latitude“ des<br />

Internetkonzerns<br />

Google. Dort erfährt<br />

der Nutzer nicht nur,<br />

welche Freunde sich gerade<br />

in der Nähe aufhalten<br />

und was sie dazu mitteilen.<br />

Er kann auch sein eigenes Bewegungsprofil<br />

freigeben und für<br />

die Community sichtbar ins Netz<br />

stellen.<br />

<strong>Die</strong> Geolocation-Plattform „Gowalla“<br />

hat einen anderen Ansatz gewählt<br />

und bedient die Leidenschaft Reisender,<br />

Stempel fremder Grenzbehörden<br />

in ihrem Reisepass zu sammeln. Nutzer<br />

dieses <strong>Die</strong>nstes können <strong>durch</strong><br />

Check-ins solche Stempel erwerben<br />

und da<strong>durch</strong> Ansehen in der Community<br />

gewinnen.<br />

Nutzer erhalten aber auch den Anreiz,<br />

Entdeckungen ihrer Freunde<br />

selbst zu erkunden. Gowalla bietet zusätzlich<br />

Exkursionen an, die beispielsweise<br />

von Organisationen wie National<br />

Geographic oder dem Nachrichtensender<br />

CNN angeboten werden.<br />

Wie bei Foursquare werden auch bei<br />

Gowalla soziale Netzwerke wie Facebook<br />

oder Nachrichtendienste wie<br />

Twitter zum Verbreiten der eigenen<br />

Status-Updates genutzt.<br />

Warum machen Internetnutzer das?<br />

Neben der Freude am Social Networking<br />

und dem Drang, beiläufig die eigene<br />

<strong>Welt</strong>läufigkeit zu unterstreichen (@<br />

Hyatt Regency Crown Center oder @<br />

Frankfurt International Airport (FRA)<br />

w/ 12 others) dürfte es wohl vor allem<br />

die Lust am Spiel sein, die Internetnutzer<br />

dazu zu bringen, immerzu mitzuteilen,<br />

wo sie gerade sind.<br />

Geolocation-<strong>Die</strong>nste sind aber auch<br />

Plattformen für Schnäppchenjäger, die<br />

Vergünstigungen ergattern wollen:<br />

Freigetränke oder Gratistickets in Locations,<br />

in denen sie Mayor-Titel erworben<br />

haben. Vor allem in den USA<br />

* MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Kanzleramt<br />

Straße des 17. Juni Yitzhak-Rabin-Straße<br />

ist das ein verbreitetesGeschäftsmodell.<br />

<strong>Die</strong>ses Konzept hat sich der<br />

<strong>deutsche</strong> Foursquare-Klon „Friendticker“<br />

zu Eigen gemacht. <strong>Die</strong>se Plattform<br />

setzt gezielt auf materielle Güter<br />

als Belohnung für häufige Check-ins.<br />

Nutzer können dort beispielsweise<br />

Gratis-Übernachtungen in Hotels, kostenfreie<br />

Cocktails, Wellness-Behandlungen<br />

oder Gutscheine erwerben.<br />

Für die Anbieter der Plattformen ist<br />

Der Nutzer erfährt mit einem Blick<br />

aufs Handy, wo die Freunde sind<br />

St<br />

Tie


Scheidemannstraße<br />

rgarten<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

INTERNET 27<br />

Platz der Republik<br />

Reichstag<br />

Ebertstraße<br />

Dorotheenstraße<br />

Spree<br />

raße des 17. Juni Unter den Linden<br />

die Spielleidenschaft ihrer Kunden ein<br />

lukratives Geschäft. <strong>Die</strong> Nutzer liefern<br />

mit ihren Empfehlungen, Tipps und<br />

Entdeckungen den Geolocation-<br />

<strong>Die</strong>nsten in Eigenleistung kostenfrei<br />

gigantische und veritable Datenbanken<br />

mit Lokalitäten, die anders nie hät-<br />

Auf Nummer sicher gehen<br />

■ Standorte sind nicht für alle Facebook-Nutzer<br />

sichtbar: Beim Einchecken<br />

erscheint der eigene Standort standardmäßig<br />

nur in den Neuigkeiten der<br />

eigenen Freunde. Bedenken, dass man<br />

über Facebook Orte der ganzen <strong>Welt</strong><br />

mitteilt, wenn man nicht zu Hause ist,<br />

sind deshalb unbegründet.<br />

■ Minderjährige können ihre Standort-<br />

Daten nicht ganz öffentlich machen.<br />

Sie sind grundsätzlich nur für deren<br />

Freunde sichtbar. Das Gleiche gilt für<br />

Beiträge, in denen ein Minderjähriger<br />

markiert wurde – zum Beispiel wenn<br />

Vater und Sohn ins Kino gehen und der<br />

Ebertstraße<br />

Wilhelmstraße<br />

„Wo bist<br />

Du?“ Und<br />

„Was machst Du“<br />

fragt der neue Facebook-<br />

<strong>Die</strong>nst<br />

ten recherchiert werden können. Das<br />

ist Crowdsourcing wie aus dem Social-<br />

Media-Lehrbuch: andere die Arbeit<br />

machen lassen, die man eigentlich<br />

selbst erledigen müsste.<br />

<strong>Die</strong> Nutzer bieten mit ihren Checkins<br />

der Werbewirtschaft aber auch ei-<br />

Vater veröffentlicht dies mit Facebook-<br />

Orte und markiert seinen Sohn.<br />

■ Das Markieren von Personen (Tagging)<br />

ist auch bei „Orte“ möglich.<br />

Freunde können einen Nutzer aber nur<br />

dann markieren und einchecken, wenn<br />

dieser der Nutzung von „Orte“ zuvor<br />

zugestimmt hat. <strong>Die</strong> Markier-Funktion<br />

lässt sich auch ganz abstellen.<br />

■ Eine weitere Hürde gegen Markierungen<br />

– etwa an kompromittierenden<br />

Orten – ist, dass sich der Freund dort<br />

selbst erst einchecken muss, bevor er<br />

einen anderen einchecken könnte.<br />

ne Breitseite,<br />

um sie künftig<br />

nicht nur mit personalisierter,sondern<br />

auch mit ortsbasierter<br />

Werbung anzusprechen.<br />

Was dem<br />

Nutzer „gefällt“, wissen Facebook<br />

und Google schon lange.<br />

Neu ist der geradezu unbezahlbare<br />

Gute-Laune-Faktor – die<br />

Echtzeit-Information, was dem Nutzer<br />

wann und wo gefällt.<br />

Geolocation-<strong>Die</strong>nste wie Facebook<br />

„Places“ schlagen aber auch ein neues<br />

Kapitel der Internet-Datenschutzdebatte<br />

auf. Bereits zum Start des <strong>Die</strong>nstes<br />

in den USA titelte das Technologieblog<br />

Techcruch: „Sind wir ein Stück<br />

näher an 1984?“<br />

Facebook hat aber anscheinend aus<br />

früheren Lektionen und dem Datenschutzfiasko<br />

des Internetkonzerns<br />

Google nach der Bekanntgabe des<br />

„Street View“-Starts in Deutschland<br />

gelernt und bemüht sich vorab, ein Big-<br />

Brother-Image gar nicht erst aufkommen<br />

zu lassen. „Facebook-Orte ist in<br />

der Grundeinstellung deaktiviert. Wer<br />

den <strong>Die</strong>nst nutzen möchte, muss aktiv<br />

zustimmen“, schreibt das Unternehmen.<br />

Liegt diese Freigabe vor, so erscheinen<br />

die Check-ins in den eigenen<br />

Neuigkeiten und abhängig von den Privatsphäre-Einstellungen<br />

auch in den<br />

Neuigkeiten der Freunde. Nur, wenn<br />

man es ausdrücklich so eingestellt hat,<br />

sind sie sichtbar für alle Webnutzer.<br />

Außerdem werden auf der Facebook-Seite<br />

des jeweiligen Ortes in dem<br />

Feld „Personen, die jetzt hier sind“ die<br />

Namen der Nutzer aufgelistet, die dort<br />

sind. <strong>Die</strong>se Standortangaben werden<br />

überschrieben, sobald man an einem<br />

neuen Ort eincheckt. „Facebook erstellt<br />

keine Bewegungsprofile“, betont<br />

das Unternehmen.<br />

AP PHOTO/FACEBOOK<br />

INTERNET KOMPAKT<br />

DATENSCHUTZ<br />

Panne bei Unicef<br />

Sensible Daten von Unicef-Spendern<br />

wie Kontonummern von 147<br />

Unternehmen sind für einen<br />

kurzen Zeitraum unverschlüsselt<br />

im Internet zugänglich gewesen.<br />

Das Problem sei bereits behoben,<br />

sagte Rudi Tarneden, Sprecher<br />

von Unicef Deutschland. Während<br />

eines Serverumzugs der Unicef-<br />

Internetseite habe ein <strong>Die</strong>nstleister<br />

die Schutzeinstellungen<br />

fehlerhaft vorgenommen.<br />

PATENTRECHT<br />

Apple droht eine Strafe<br />

Apple wehrt sich gegen eine drohende<br />

gigantische Patent-Strafzahlung<br />

bis zu 625,5 Millionen<br />

Dollar. Der Mac- und iPhone-<br />

Anbieter will einen entsprechenden<br />

Gerichtsbeschluss mit einem<br />

Eilantrag stoppen. <strong>Die</strong> kleine<br />

DER MOBILE VIDEO-TIPP<br />

Google hat für seinen geplanten<br />

<strong>Die</strong>nst Google TV erste Partner als<br />

Inhalte-Lieferanten bekannt gegeben.<br />

Von den führenden drei US-<br />

Fernsehsendern ABC, NBC und<br />

CBS ist allerdings keiner dabei. In<br />

dieser Woche will Logitech eine<br />

erste Settopbox für Googles Internet-Fernsehdienst<br />

in den USA auf<br />

den Markt bringen. Und ebenfalls<br />

für den Herbst hatte zuletzt auch<br />

Sony einen ersten Fernseher „Sony<br />

Internet-TV powered by Google“<br />

zunächst für den US-Markt ange-<br />

Firma Mirror Worlds wirft dem<br />

Technologiekonzern vor, drei<br />

Patente zu verletzen. Der Vorwurf<br />

richtet sich gegen drei Apple-<br />

Funktionen. Es geht um die Ansicht<br />

„Cover Flow“, sowie um die<br />

Mac-Suche „Spotlight“ und das<br />

ebenfalls im Mac-Betriebssystem<br />

integrierte Backup-Werkzeug<br />

„Time Machine“.<br />

NETZNEUTRALITÄT<br />

Regulierung ist nicht nötig<br />

Innenminister Thomas de Maizière<br />

lehnt Forderungen nach<br />

einer weitreichenden Regulierung<br />

des Internets ab. Selbst für die<br />

umstrittene Internet-Plattform<br />

Wikileaks, gebe es ausreichend<br />

gesetzliche Regelungen, sagte der<br />

CDU-Politiker gestern auf dem<br />

„Handelsblatt“-Sicherheitsforum<br />

in Berlin. Denn Geheimnisverrat<br />

sei „offline wie online“ strafbar.<br />

Ein Smartphone, ein Mikroskop,<br />

50 winzige Puppen: <strong>Die</strong> Filmemacher<br />

von<br />

Aardman<br />

erzählen,<br />

wie der<br />

Trickfilm<br />

mit der<br />

kleinsten<br />

Figur der<br />

<strong>Welt</strong> entstanden<br />

ist. http://bit.ly/9WNf8H<br />

Google TV am Start –<br />

CNN unter Partnern<br />

Auch Nutzer von Android-Handys<br />

können seit gestern kostenlos über<br />

das Internet telefonieren. Der Internettelefonie-Anbieter<br />

Skype<br />

hat dafür eine App veröffentlicht,<br />

die auf Googles Handy-Betriebssystem<br />

läuft. Skype-Apps waren<br />

bislang für Apples iPhones und<br />

Handys mit Nokias Symbian verfügbar.<br />

Damit könne Skype nun auf<br />

den drei am meisten verbreiteten<br />

Smartphone-Betriebssystemen genutzt<br />

werden, betonte Produkt-<br />

Manager Mark Douglas.<br />

<strong>Die</strong> neue Skype-App läuft auf<br />

Android ab der Version 2.1 und<br />

lässt sich kostenlos unter der Adresse<br />

www.skype.com/m herunterladen.<br />

Nach der Installation<br />

können Anwender sowohl über<br />

ein Datennetz (Wifi) als auch über<br />

kündigt. Unter anderem werden<br />

CNN, TNT, TBS und Cartoon Network<br />

ihre Angebote für den neuen<br />

Fernsehdienst des Internet-Unternehmens<br />

anpassen, teilte Google<br />

mit. Mit Google TV will der Suchmaschinenspezialist<br />

Fernsehen<br />

und Internet verschmelzen. Der<br />

Zuschauer soll via Googles Browser<br />

Chrome direkt am Fernseher<br />

sowohl auf das Internet als auch<br />

auf Hunderte von Fernsehkanälen<br />

zugreifen und sie <strong>durch</strong>suchen<br />

können.<br />

Skype-App auch für<br />

Android-Smartphones<br />

das Mobilfunknetz (GPRS, EDGE<br />

und 3G) mit anderen Skype-Nutzern<br />

weltweit kostenlos telefonieren.<br />

Für Telefonate zu anderen<br />

Teilnehmern berechnet Skype eine<br />

geringe Gebühr. <strong>Die</strong> Software<br />

gleicht automatisch die Kontakte<br />

mit dem eigenen Adressbuch ab.<br />

<strong>Die</strong> App zeigt zudem an, wer von<br />

den Kontakten gerade online und<br />

per Anruf oder Chat erreichbar ist.<br />

Den Mobilfunkbetreibern ist<br />

Skype mit seinem kostenlosen Angebot<br />

ein Dorn im Auge. In<br />

Deutschland hatte die Telekom die<br />

Skype-Software auf iPhones in ihren<br />

Mobilfunknetzen teilweise<br />

blockiert. Es gebe inzwischen aber<br />

einige Tarife, die kostenlose Internet-Gespräche<br />

über UMTS erlauben,<br />

sagte Douglas.


WELT KOMPAKT<br />

28 WISSENSCHAFT<br />

GESUNDHEIT<br />

Ängstliche schlafen schlecht<br />

Wer ängstlich oder nervös ist,<br />

entwickelt nach einer Studie der<br />

Berliner Charité eher als zielstrebige<br />

und ausdauernde Menschen<br />

eine Schlafstörung. Zudem<br />

seien insbesondere Frauen betroffen,<br />

sagte Schlafforscherin<br />

Anita Peter im Vorfeld eines<br />

dreitägigen Fachkongresses mit<br />

1800 Experten, der morgen in<br />

Bremen beginnt. Das Schlaflabor<br />

im Zentrum für Neurologie,<br />

Neurochirurgie und Psychiatrie<br />

der Charité hatte etwa 400 Menschen<br />

zwischen 18 und 81 Jahren<br />

aus zehn Dörfern zu Schlafqualität<br />

und persönlichen Eigenschaften<br />

befragt. Peter: „Ängstliche<br />

Menschen geben eine schlechtere<br />

Schlafqualität an.“ Das zeige,<br />

dass Schlafstörungen eng mit<br />

Angststörungen und mit depressiven<br />

Erkrankungen verbunden<br />

seien.<br />

UMWELT<br />

Warnung vor Laubsaugern<br />

Der Naturschutzbund Deutschland<br />

(Nabu) appelliert an Gartenbesitzer<br />

und Stadtgärtnereien,<br />

auf Laubbläser und Laubsauger<br />

zu verzichten. Laub solle auf<br />

Büschen und Beeten liegen bleiben,<br />

da es einen wichtigen Lebensraum<br />

für Tiere darstelle und<br />

gleichzeitig dünge, hieß es. Lediglich<br />

auf Gehwegen und Straßen<br />

sollte es<br />

entfernt werden<br />

– möglichst<br />

mit<br />

Besen und<br />

Rechen. Laubbläser<br />

und<br />

Laubsauger<br />

entziehen<br />

Spinnen, Käfern<br />

und Amphibien<br />

ihre<br />

Lebensgrundlage,zerstückeln<br />

oder verletzen sie und<br />

stoßen gesundheitsschädliche<br />

Abgase aus. Auch Igel würden<br />

<strong>durch</strong> sie gefährdet.<br />

PA/GMS<br />

WISSEN KOMPAKT<br />

UMWELT<br />

Arktis bald eisfrei<br />

Das Eis in der Arktis wird nach<br />

Schätzung von US-Forschern in<br />

20 bis 30 Jahren während der<br />

Sommermonate komplett wegschmelzen.<br />

Das lasse sich auch<br />

aus aktuellen Beobachtungen in<br />

diesem Sommer rund um den<br />

geografischen Nordpol wieder<br />

schließen. Demnach ist das<br />

dickste Eis, das älter als fünf<br />

Jahre ist, fast vollständig verschwunden.<br />

GÜRTLERS<br />

GESAMMELTE GRÜTZE<br />

■ <strong>Die</strong> erste Papstwahl <strong>durch</strong> ein<br />

Konklave fand im Jahr 1241 statt.<br />

Nach 64 Tagen Beratung wählten<br />

die Kardinäle den neuen Papst<br />

Coelestin IV. Durch die Teilnahme<br />

am anstrengenden Konklave geschwächt,<br />

starb Coelestin allerdings<br />

schon 17 Tage später.<br />

MEHR GRÜTZE: WWW.WELT.DE/GRUETZE<br />

Folgen Sie<br />

Luise Schlächter<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_schlaechter<br />

Computeranimation eines Graphen-Moleküls: Es besteht ausschließlich aus Kohlenstoffatomen, die regelmäßige Sechsecke bilden<br />

VON NORBERT LOSSAU<br />

Der Werkstoff, den die beiden Physiker<br />

Andre Geim und Konstantin<br />

Novoselov in ihrem Labor der Universität<br />

Manchester entwickelt haben,<br />

klingt eher nach Science-<br />

Fiction denn Wirklichkeit.<br />

<strong>Die</strong>ses fantastische Material ist<br />

rund 100 Mal belastbarer als der<br />

stärkste Stahl und dabei doch fast<br />

nur ein Hauch von Nichts –<br />

schlicht Kohlenstoffatome, vernetzt<br />

in nur einer Ebene zu einem<br />

perfekten Bienenwabenmuster.<br />

Ein Quadratmeter dieses flächigen<br />

Moleküls wiegt weniger als ein<br />

Milligramm. Und es ist dabei eine<br />

Million Mal dünner als ein Blatt<br />

Papier. Für die Herstellung und<br />

Analyse des Graphen genannten<br />

Wunderstoffs werden die Forscher<br />

mit dem Physiknobelpreis 2010 geehrt.<br />

Am 10. Dezember nehmen sie<br />

ihn aus der Hand des schwedischen<br />

Königs in Stockholm entgegen.<br />

Das Preisgeld von rund einer<br />

Million Euro geht je zur Hälfte an<br />

die beiden Wissenschaftler. Für<br />

den heutigen Niederländer Geim<br />

fällt dabei die monetäre Anerkennung<br />

geringer aus als bei der Verleihung<br />

des Körber-Preises im vergangenen<br />

Jahr in Hamburg.<br />

Dort erhielt er für die Arbeiten<br />

zum Graphen 750 000 Euro Preisgeld<br />

– und zwar allein. Andre Geim<br />

wurde 1958 im russischen Sotschi<br />

geboren, studierte Physik in Moskau<br />

und promovierte 1987 am Insti-<br />

tut für Festkörperphysik<br />

in Tschernogolowka.<br />

Nach Stationen in England<br />

und Dänemark ging<br />

er an die Universität Nijmegen.<br />

Dort begann die<br />

Zusammenarbeit mit<br />

dem 15 Jahre jüngeren<br />

Konstantin Novoselov.<br />

<strong>Die</strong>ser folgte Geim 2001<br />

nach Manchester. Dort<br />

glückte 2004 der nobelpreiswürdigeDurchbruch.<br />

Der in „Science“<br />

veröffentlichte Bericht<br />

überraschte die Fachwelt.<br />

Theoretisch wurden<br />

zweidimensionale Moleküle<br />

ja bereits seit 1947<br />

diskutiert und sogar deren<br />

hypothetische Eigenschaften<br />

berechnet. Doch dass die Herstellung<br />

jemals gelingen könnte, daran<br />

hatte niemand so recht geglaubt.<br />

Dabei hat schon jeder von uns<br />

Graphen hergestellt, freilich ohne<br />

dies zu ahnen.<br />

Der in Bleistiften enthaltene<br />

Graphit ist gleichsam der dreidimensionale<br />

Bruder des zweidi-<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Nobelpreis für einen Hauch von Nichts<br />

Zwei Physiker werden für die Entdeckung des Materials Graphen ausgezeichnet<br />

Auf einer Party kommt man mit einem<br />

Gast ins Gespräch, der sich<br />

besonders gewählt ausdrückt.<br />

Innerhalb weniger Minuten<br />

passt man sich an, sucht ebenfalls<br />

nach eloquenten Ausdrücken.<br />

Vielleicht bewusst,<br />

aber auf jeden Fall unbewusst.<br />

Das zumindest fanden<br />

Psychologen der University<br />

of Texas heraus, die<br />

das Kommunikationsverhalten<br />

untersuchten. Wenn wir<br />

mit anderen Menschen sprechen,<br />

dann nähern sich innerhalb<br />

kürzester Zeit unse-<br />

re Sprachstile an.<br />

Der eine flucht viel, der<br />

andere tut es ihm gleich.<br />

<strong>Die</strong> Möglichkeiten<br />

■ Graphen leitet elektrischen Strom<br />

fast so gut wie Kupfer. Wärme kann<br />

es gar zehn Mal besser leiten als<br />

dieses Metall. Graphen ist nahezu<br />

völlig transparent.<br />

■ Das Wundermaterial ist härter<br />

als Diamant, extrem reißfest und<br />

dabei als hauchdünnes „Atom-Gaze“<br />

mechanisch überaus flexibel.<br />

■ Graphen eignet sich als Kandidat<br />

für unzählige technische Anwendungen<br />

– von der Computer- und Handytechnik<br />

über Solarzellen bis hin zu<br />

Frischhaltefolien.<br />

Im Gespräch kopieren wir den Sprachstil<br />

Vor allem Frauen und gute Studenten passen sich an<br />

„Language style matching“ nennen<br />

die Forscher das Phänomen, auf<br />

Deutsch könnte es mit „Übereinstimmung<br />

der Sprachstile“ übersetzt<br />

werden. Um das Verhalten zu<br />

Nach wenigen Minuten reden wir im gleichen Stil<br />

wie unser Gegenüber<br />

verstehen, untersuchten die Psychologen<br />

verschiedene Formen<br />

der Kommunikation. So stellten<br />

sie Studenten eine schriftliche<br />

Aufgabe. Je förmlicher die Frage<br />

formuliert war, desto trockener<br />

fiel ihre Antwort aus.<br />

War die Aufgabe umgangssprachlich<br />

geschrieben, fiel<br />

auch die Antwort locker aus.<br />

Vor allem Frauen und Studenten<br />

mit guten Noten passten<br />

sich dem Stil der Aufgabenstellung<br />

an. Am Ende aller<br />

Untersuchungen stellten<br />

PA/JAVIER PIERINI<br />

Konstantin<br />

Novoselov (36)<br />

die Forscher fest: Je harmonischer<br />

die Dialoge verlaufen,<br />

desto glücklicher sind die<br />

Menschen, die sie führen.<br />

Der Physiker<br />

Andre Geim (51)<br />

AP<br />

DPA/KÖRBER-STIFTUNG<br />

mensionalen Graphen.<br />

Beim Schreiben mit Graphit<br />

auf Papier entstehen<br />

Schichten aus mehreren<br />

Lagen Graphen. Bisweilen<br />

lösen sich dabei einzelne<br />

Graphen-Moleküle<br />

ab, die dann – für das Auge<br />

unsichtbar – irgendwo<br />

auf dem Blatt Papier liegen<br />

bleiben. Geim und<br />

Novoselov hatten eine, im<br />

Nachhinein betrachtet,<br />

simple Idee.<br />

Sie drückten ein Klebeband<br />

gegen einen Graphit-Kristall<br />

und transferierten<br />

die daran hängen<br />

gebliebenen Graphen-<br />

Moleküle auf eine Ober-<br />

fläche aus Siliziumoxid. Dort begannen<br />

die Forscher mit der Analyse<br />

der physikalischen Eigenschaften<br />

der Graphenflöckchen.<br />

<strong>Die</strong> optischen Eigenschaften von<br />

Graphen machen es zu einem aussichtsreichen<br />

Material für den Bau<br />

von Solarzellen und Touchscreens.<br />

Kratzfest, <strong>durch</strong>sichtig<br />

und elektrisch leitend.<br />

Stammzellen im<br />

Visier der<br />

Krebsforscher<br />

Im Kampf gegen den Krebs nehmen<br />

Forscher verstärkt die<br />

Stammzellen unter die Lupe. Es<br />

mehrten sich die Hinweise, dass<br />

die meisten Krebserkrankungen<br />

aus Stammzellen entstünden, erklärte<br />

der Vorstandsvorsitzende<br />

des Deutschen Krebsforschungszentrums<br />

(DKFZ), Prof. Otmar<br />

Wiestler, zum Abschluss eines Internationalen<br />

Symposiums. Er<br />

wies darauf hin, dass Stammzellen<br />

und Krebszellen Gemeinsamkeiten<br />

haben. Beide seien wandelbar<br />

und könnten sich in unterschiedliche<br />

Richtungen entwickeln. Zudem<br />

seien Gene, die Stammzellen<br />

regulieren, häufig auch an der Entstehung<br />

von Tumoren beteiligt.<br />

JANNIK MEYER/SCIENCE


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 WELT KOMPAKT<br />

RÄTSEL 29<br />

HOROSKOP SUDOKU VON STEFAN HEINE<br />

Machen Sie heute etwas aus Ihrer guten<br />

Laune. Lassen Sie andere daran<br />

teil haben und inspirieren Sie sie mit<br />

Ihrer Energie. Sie haben es in der Hand,<br />

wie gut Sie sich fühlen. Es steht auf<br />

der Kippe. Sie sollten nicht über die<br />

Stränge schlagen!<br />

Sie blühen richtig auf. In nächster Zeit<br />

könnte eine neue leidenschaftliche Beziehung<br />

Sie auf Hochtouren bringen.<br />

Ihre Energie steigert sich. <strong>Die</strong> Stimmung<br />

ist prächtig und die körperliche<br />

Verfassung ausgezeichnet. Sport nach<br />

Feierabend?<br />

Ein unverhofftes Glück richtig zu genießen,<br />

ist eine hohe Kunst. Üben Sie sich<br />

in der Kunst. Sie bekommen die Gelegenheiten.<br />

Fit und dynamisch, die alten<br />

Belastungsgrenzen liegen weit<br />

hin ter dem Horizont. Tolle Ergebnisse<br />

wecken Lust auf Sport.<br />

Venus heißt Ihre Verbündete. In dieser<br />

Atmosphäre der neu erwachten Leidenschaft<br />

lässt sich so manches leichter<br />

regeln. Worauf warten Sie? Sie sind<br />

in keiner Weise angeschlagen. Am heutigen<br />

Tage können Sie alles erreichen,<br />

wenn Sie nur wollen.<br />

<strong>Die</strong> Scheuklappen versperren Ihnen<br />

nicht nur die Sicht auf die netten Personen,<br />

sie verhindern die wichtigen Augenblicke.<br />

Kümmern Sie sich bewusst<br />

um Fitness und Gesundheit. Ihr Körper<br />

fordert vermehrt zusätzliche Pfl ege<br />

und Aufmerksamkeit.<br />

Sie sprühen nur so vor positiver Energie.<br />

Hindernisse räumen Sie heute<br />

auch ohne viel Vorbereitung aus dem<br />

Weg! Weiter so! Singles haben jetzt<br />

gu te Chancen, dass sich ein vielversprechender<br />

Flirt vertieft. Es eröffnen<br />

sich neue Perspektiven.<br />

Mit tatkräftiger Marsunterstützung haben<br />

Sie das Gefühl, als könnten Sie<br />

Bäu me ausreißen. Aber übertreiben<br />

Sie nicht. Venus hat für Sie ein offenes<br />

Herz parat. Wenn Sie nun zu lange warten,<br />

verschenkt sie es an jemand anderen.<br />

Zugreifen!<br />

Entspannung und Erholung sollten keine<br />

Fremdwörter für Sie sein. Schaffen<br />

Sie sich Freiräume – erfüllen Sie sich<br />

Wünsche! Sie haben den Willen zu einer<br />

tief greifenden Veränderung – aber<br />

auch die nötige Einsicht? Mut zur Ehrlichkeit<br />

zu sich selbst!<br />

Sie belasten Ihren Körper bis aufs Äußerste.<br />

Gut, dass Sie so schnell regenerieren.<br />

Trotzdem: Ruhephasen einlegen.<br />

Vor lauter Begeisterung nach<br />

einer besonderen Begebenheit neigen<br />

Sie zur Unbesonnenheit. Vermeiden<br />

Sie Fehlinterpretationen.<br />

An diesem Tage stehen Ihnen alle Wege<br />

offen, wenn Sie sich mutig und entschlossen<br />

für Ihre Ziele und Träume<br />

einsetzen. Venus ist die beste Krankenschwester!<br />

Das Liebesglück vertreibt<br />

alle Zipperlein und lässt Ihre Form<br />

deut lich ansteigen.<br />

Eine Portion Sternenpower verleiht Ihnen<br />

Flügel. Da können Sie anpacken,<br />

was Sie wollen – und vielleicht noch<br />

mehr. Fantasie beschert Ihnen heute<br />

frischen Aufschwung in eine eingefahrene<br />

Situation. Freuen Sie sich über<br />

den positiven Ausgang!<br />

Einfl üsse von vielerlei Planeten schaffen<br />

in Ihnen das Gefühl, gegen Widerstände<br />

arbeiten zu müssen. Das macht<br />

sehr müde. Sie sind ziemlich überheblich<br />

und neigen dazu, Ihre Gefühle nur<br />

spärlich zu verteilen. Ihre Umwelt übernimmt<br />

diesen Sparkurs.


WELT KOMPAKT<br />

30 TV-PROGRAMM<br />

ARD ZDF RTL SAT.1 PRO 7 VOX<br />

5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00<br />

heute 9.05 Rote Rosen. Telenovela<br />

9.55 Wetterschau 10.00 heute<br />

10.03 ¥ Brisant 10.25 ¥ Weissensee<br />

(Wh.) 11.15 ¥ In aller Freundschaft<br />

(Wh.) 12.00 heute 12.15 g<br />

ARD-Buffet. Zuschauerfragen zum<br />

Thema: Schnarchen; Vincent Klink<br />

bereitet heute ein Gericht aus den<br />

Deutschen Koch-Charts zu (Platz<br />

18) 13.00 ZDF-Mittagsmagazin<br />

14.00 Tagesschau<br />

14.10 Rote Rosen<br />

15.00 Tagesschau<br />

15.10 Sturm der Liebe<br />

16.00 ¥ Tagesschau<br />

16.10 Papageien, Palmen & Co.<br />

17.00 ¥ Tagesschau<br />

17.15 ¥ Brisant<br />

18.00 Verbotene Liebe<br />

18.25 Marienhof<br />

18.50 Das Duell im Ersten<br />

19.20 Das Duell im Ersten<br />

19.45 ¥ Wissen vor 8<br />

Wie entsteht Popcorn?<br />

19.50 Wetter<br />

19.55 Börse im Ersten<br />

20.00 ¥ Tagesschau<br />

20.15 H¥gIm Dschungel<br />

TV-Drama, D 2010<br />

Mit Ronald Zehrfeld,<br />

Heino Ferch, Ina Weisse<br />

Regie: Elmar Fischer<br />

21.45 ¥ Hart aber fair Talk<br />

Thema: Bürger gegen Politiker<br />

– Wie viel Aufstand<br />

verträgt die Demokratie<br />

Moderator: Frank Plasberg<br />

23.00 Tagesthemen<br />

Moderation: Susanne Holst<br />

23.28 Wetter<br />

23.30 ¥ Schmutzige Schokolade<br />

0.15 Nachtmagazin<br />

0.35 Hõ¥Long Hello and<br />

Short Goodbye<br />

Thriller, D 1999<br />

Mit Nicolette Krebitz,<br />

Marc Hosemann, <strong>Die</strong>trich<br />

Hollinderbäumer<br />

Regie: Rainer Kaufmann<br />

2.05 ¥ Tagesschau<br />

2.10 ¥gPferdesport:<br />

<strong>Welt</strong>reiterspiele<br />

Springreiten, Nationenpreis<br />

4.00 Deutschlandbilder<br />

4.10 ¥ Tagesschau<br />

5.30 ZDF-Morgenmagazin 9.00<br />

heute 9.05 Volle Kanne – Service<br />

täglich. Top-Thema: Mieterpflichten<br />

– Vermieterpflichten; Einfach lecker:<br />

Tafelspitz mit Speckwirsing<br />

und legiertem Meerrettich 10.30 ¥<br />

g Lena – Liebe meines Lebens. Telenovela<br />

11.15 Reich und schön<br />

11.35 Reich und schön 12.00 heute<br />

12.15 drehscheibe Deutschland<br />

13.00 ZDF-Mittagsmagazin<br />

14.00 heute – in Deutschland<br />

14.15 <strong>Die</strong> Küchenschlacht<br />

15.00 heute<br />

15.05 Topfgeldjäger<br />

16.00 heute – in Europa<br />

16.15 ¥gLena<br />

17.00 ¥ heute – Wetter<br />

17.15 hallo deutschland<br />

17.45 ¥ Leute heute<br />

18.00 g SOKO Wismar<br />

Drunter und drüber<br />

18.50 Lotto am Mittwoch<br />

19.00 ¥ heute<br />

19.20 ¥ Wetter<br />

19.25 Küstenwache Entscheidung<br />

aus Verzweiflung<br />

20.15 ¥ Aktenzeichen XY...<br />

ungelöst<br />

Dresden: Sex-Täter auf der<br />

Lauer – Kripo fahndet nach<br />

brutalem Serienvergewaltiger;<br />

Frankfurt am Main:<br />

Auf offener Straße niedergeschossen<br />

– Terror gegen<br />

Top-Anwalt; Gelsenkirchen:<br />

Rambo-Messer am Hals –<br />

Angriff auf Geschäftsmann;<br />

Frankfurt am Main: Überfall<br />

auf Swinger-Club-Chef;<br />

Große Preisverleihung –<br />

XY präsentiert drei ausgezeichnete<br />

Kandidaten<br />

21.45 ¥ heute-journal<br />

22.15 Abenteuer Forschung<br />

Spurlos: Gibt es das<br />

perfekte Verbrechen?<br />

22.45 auslandsjournal XXL<br />

Thema: Küche, Kommerz,<br />

Kartelle – wie globalisiert<br />

ist unser Essen?<br />

23.30 Markus Lanz Talk<br />

0.35 heute nacht<br />

0.50 Da wird mir übel<br />

1.35 ¥ Aktenzeichen XY...<br />

ungelöst (Wh.)<br />

KABEL 1 TIPPS DES TAGES<br />

14.35 Eine schrecklich nette Familie<br />

15.05 King of Queens 15.30<br />

King of Queens 16.00 kabel eins<br />

news 16.10 What’s up, Dad?<br />

16.35 What’s up, Dad? 17.00 Two<br />

and a Half Men 17.30 Two and a<br />

Half Men 18.00 Abenteuer Leben<br />

– täglich Wissen 19.00 Achtung<br />

Kontrolle! 20.15 H Daredevil.<br />

Fantasyaction, USA 2002 22.15 H<br />

Dogma. Satire, USA 1998. Mit<br />

Ben Affleck, Matt Damon, Linda<br />

Fiorentino 0.35 H Daredevil. Fantasyaction,<br />

USA 2002 (Wh.) 2.20<br />

Der kabel eins Kinotipp 2.35<br />

Challenge 3.05 Star Trek – Das<br />

nächste Jahrhundert. SF-Serie.<br />

Ronin 3.50 Ein Käfig voller Helden<br />

5.55 Smallville 6.50 Allein gegen<br />

die Zukunft 7.55 Homeshopping<br />

8.55 Missionswerk Karlsruhe 9.00<br />

Joyce Meyer 9.30 Homeshopping<br />

12.40 Babylon 5 13.35 Stargate<br />

14.40 Yu-Gi-Oh! 15.05 Yu-Gi-Oh!<br />

15.25 One Piece 15.45 One Piece<br />

16.10 Smallville 17.10 Allein gegen<br />

die Zukunft 18.10 Babylon 5<br />

19.10 Stargate 20.15 H Der Duft<br />

von Lavendel. Melodram, GB 2004.<br />

Mit Judi Dench, Maggie Smithl<br />

22.25 H Narc. Thriller, USA/CDN<br />

2002 0.30 H Spitfire. Action, USA<br />

1994 2.30 H Street Fighter – <strong>Die</strong><br />

entscheidende Schlacht. Action,<br />

USA 1994 (Wh.) 4.30 Countdown X<br />

WDR<br />

14.15 ¥ markt 15.00 Planet Wissen<br />

16.00 ¥ WDR aktuell 16.15<br />

daheim & unterwegs 18.00 Lokalzeit<br />

18.05 ¥ Hier und heute 18.20<br />

¥ Servicezeit: Familie 18.50 ¥ Aktuelle<br />

Stunde 19.30 Lokalzeit aus<br />

Köln 20.00 ¥ Tagesschau 20.15 ¥<br />

Das NRW Duell. Thema: Schlager<br />

21.00 ¥ Land und lecker 21.45 ¥<br />

WDR aktuell 21.55 ¥ Bericht aus<br />

Brüssel 22.10 ¥ Um Himmels Willen.<br />

Serie. Urlaub mit Folgen 23.00<br />

H¥Tatort: Gebrochene Blüten. TV-<br />

Krimi, D 1988. Mit Götz George,<br />

Eberhard Feik 0.30 Jagd auf<br />

Schmuggler. Großeinsatz im Hamburger<br />

Hafen 1.00 Domian. Talk<br />

Im Dschungel<br />

Frank Sperber (Ronald Zehrfeld)<br />

kämpft als Betriebsratsmitglied um<br />

den Erhalt der Arbeitsplätze. Als er<br />

sich in die Managerin Marie Sandberg<br />

(Ina Weisse) verliebt, gerät er<br />

zwischen die Fronten. ARD 20.15<br />

6.00 CNBC – Capital Connection<br />

7.00 CNBC – Squawk Box Europe<br />

10.00 Teleshopping 10.30 Living<br />

Gospel 11.00 Das Vierte Lebensberatung<br />

13.00 Teleshopping<br />

17.30 Neues aus der Medizin.<br />

Mundhöhlenkrebs 18.00 Teleshopping<br />

18.30 Cybill. Rufmord 18.55<br />

Cybill. Geld regiert die <strong>Welt</strong> 19.20<br />

Ein Haus voller Töchter. Lehrer unter<br />

sich 19.45 Teleshopping 20.15<br />

H Der gezähmte Widerspenstige.<br />

Komödie, I 1980 22.35 Teleshopping<br />

23.20 ® Twilight Zone – Unwahrscheinliche<br />

Geschichten. <strong>Die</strong><br />

Farbe des Todes 23.55 Heiße Girls<br />

0.55 Das Vierte Girls 2.00 Girls<br />

14.15 ¥ Bilderbuch Deutschland<br />

15.00 ¥ aktuell 15.15 Leben im<br />

Verborgenen: Fuchs, Kauz und<br />

Specht 16.00 ¥ aktuell 16.10 Mein<br />

Nachmittag 17.10 Eisbär, Affe &<br />

Co. 17.35 Das Quiz mit Jörg Pilawa<br />

18.00 Ländermagazine 18.15 <strong>Die</strong><br />

Inselsheriffs von Sylt 18.45 DAS!<br />

19.30 Ländermagazine 20.00 ¥<br />

Tagesschau 20.15 Expeditionen ins<br />

Tierreich. Im Reich des Seeadlers<br />

21.00 Menschen und Schlagzeilen<br />

21.45 Großstadtrevier. Krimiserie.<br />

Kaltes Kind 22.35 Panorama – die<br />

Reporter 23.05 Zapp 23.35 ¥ Zimmer<br />

frei! – Prominente suchen ein<br />

Zuhause 0.35 ¥ <strong>Welt</strong>bilder (Wh.)<br />

6.00 Punkt 6. Magazin. Moderation:<br />

Miriam Lange, Bernd Fuchs<br />

7.30 Alles was zählt. Soap 8.00<br />

Unter uns. Soap 8.30 Gute Zeiten,<br />

schlechte Zeiten 9.00 Punkt 9. Magazin<br />

9.30 Mitten im Leben! Dokusoap<br />

10.30 Mitten im Leben! Dokusoap<br />

11.30 Unsere erste gemeinsame<br />

Wohnung. Dokusoap 12.00<br />

Punkt 12 – Das RTL-Mittagsjournal.<br />

Moderation: Roberta Bieling<br />

14.00 Mitten im Leben!<br />

Dokusoap<br />

15.00 Verdachtsfälle<br />

Dokusoap<br />

16.00 Familien im Brennpunkt<br />

Dokureihe<br />

17.00 <strong>Die</strong> Schulermittler<br />

17.30 Unter uns<br />

18.00 Explosiv – Das Magazin<br />

18.30 Exclusiv –<br />

Das Star-Magazin<br />

18.45 RTL Aktuell<br />

19.03 RTL Aktuell – Das Wetter<br />

19.05 Alles was zählt Soap<br />

19.40 Gute Zeiten,<br />

schlechte Zeiten Serie<br />

20.15 <strong>Die</strong> Super Nanny<br />

Recap Familien W. und C.<br />

aus Darmstadt<br />

21.15 Raus aus den Schulden<br />

Hans-Joachim K.<br />

aus Aichstetten<br />

22.15 stern TV Magazin<br />

Stuttgart 21: Wenn Bürger<br />

auf die Barrikaden gehen;<br />

Joey Kellys Tortur: Das große<br />

Finale?; Robert Enke:<br />

Ein allzu kurzes Leben;<br />

<strong>Die</strong> Tricks der Autodiebe:<br />

Wie leicht lassen sich<br />

moderne Autos knacken?<br />

0.00 RTL Nachtjournal<br />

0.32 Das Wetter<br />

0.35 Extra – Das RTL Magazin<br />

U.a.: Neues von den Reimanns:<br />

Wie Konny sich<br />

als Comic-Held macht und<br />

warum die Texas-Auswanderer<br />

Zuwachs kriegen<br />

1.40 Raus aus den Schulden<br />

Dokusoap (Wh.)<br />

2.30 CSI: Miami Krimiserie<br />

3.20 RTL Nachtjournal (Wh.)<br />

3.47 Das Wetter (Wh.)<br />

3.50 Das Strafgericht<br />

Schmutzige Schokolade<br />

Schokolade essen ist nicht so<br />

harmlos wie wir glauben – Hilfsorganisationen<br />

verdächtigen die<br />

Schokoladen-Industrie, von Kinderhandel<br />

und Kinderarbeit in<br />

Afrika zu profitieren. ARD 23.30<br />

14.15 Pfeffersäcke, <strong>Die</strong>be und<br />

Abenteurer 15.00 Der Weg der<br />

Diamanten 15.45 Der Weg der Diamanten<br />

16.30 Der Weg der Diamanten<br />

17.15 <strong>Die</strong> Löwen vom Krokodil-Fluss<br />

18.00 Bilder aus<br />

Deutschland 18.30 nano 19.00 ¥<br />

heute 19.20 Kulturzeit 20.00 ¥ Tagesschau<br />

20.15 Willkommen in der<br />

Nanowelt. Von Mikro zu Nano 21.15<br />

Wilder <strong>deutsche</strong>r Wald 21.30 Bauerfeind<br />

22.00 ZIB 2 22.25 Tonspur<br />

– der Soundtrack meines Lebens.<br />

Eine musikalische Spurensuche<br />

22.55 ¥ <strong>Die</strong> Anwälte. Serie. Leben<br />

und Tod 23.40 ¥ <strong>Die</strong> Anwälte. Serie.<br />

Glauben 0.25 10 vor 10<br />

14.15 Planet Wissen 15.15 Der<br />

Wettlauf der bockigen Viecher<br />

16.00 rbb aktuell 16.05 Heute im<br />

Parlament 17.00 rbb aktuell 17.05<br />

Elefant, Tiger & Co. 17.55 Unser<br />

Sandmännchen 18.00 rbb um<br />

sechs – Das Ländermagazin 18.25<br />

rbb wetter 18.30 zibb 19.25 rbb<br />

wetter 19.30 Abendschau 20.00 ¥<br />

Tagesschau 20.15 ¥ quivive 21.00<br />

<strong>Die</strong> 30 legendärsten Fernsehshows<br />

21.45 rbb aktuell 22.15 <strong>Die</strong> rbb<br />

Reporter. Figaros Umzug – <strong>Die</strong><br />

Staatsoper zu Gast im Schillertheater<br />

22.40 H Der Richter und der<br />

Mörder. Psychokrimi, F 1975 0.40<br />

Thadeusz (Wh.) 1.10 Abendschau<br />

5.30 Sat.1-Frühstücksfernsehen.<br />

Magazin. Moderation: Jan Hahn,<br />

Karen Heinrichs, Matthias Killing<br />

10.00 Zwei bei Kallwass. Lebensberatung<br />

11.00 Richterin Barbara<br />

Salesch. Gerichtsshow 12.00 Richter<br />

Alexander Hold. Gerichtsshow<br />

13.00 Britt<br />

Britt deckt auf: Schamlose<br />

Lügengeschichten<br />

Moderation: Britt Hagedorn<br />

14.00 Zwei bei Kallwass<br />

Lebensberatung<br />

15.00 Richterin Barbara Salesch<br />

Gerichtsshow<br />

16.00 Richter Alexander Hold<br />

Gerichtsshow<br />

17.00 Niedrig und Kuhnt<br />

Reihe. Zauberhaft<br />

17.30 Das Sat.1-Magazin<br />

18.00 Hand aufs Herz<br />

18.30 Anna und die Liebe<br />

19.00 Schicksale – und plötzlich<br />

ist alles anders Show<br />

19.30 K 11 – Kommissare<br />

im Einsatz<br />

Reihe. Mordslügen<br />

20.00 Sat.1 Nachrichten<br />

20.15 Deutschland gegen Türkei –<br />

Das Duell<br />

Länder-Spielshow<br />

Gäste: Til Schweiger,<br />

Matthias Steiner, Jürgen<br />

Vogel, Andrea Sawatzki,<br />

Ulla Kock am Brink,<br />

Mike Krüger, Kaya Yanar,<br />

Gülcan Kamps, Bülent<br />

Ceylan, Sila Sahin, Eko<br />

Fresh, Erdogan Atalay,<br />

Tim Seyfi, Ilknur Boyraz<br />

23.30 Mensch Markus<br />

Comedy von 2002<br />

0.00 Mensch Markus<br />

0.30 Hausmeister Krause –<br />

Ordnung muss sein<br />

Schell bei Michelle<br />

1.05 Hausmeister Krause –<br />

Ordnung muss sein<br />

<strong>Die</strong> Sexmaschine<br />

1.30 Joe Cocker: Das SAT.1<br />

Music Special<br />

1.55 Quiz Night<br />

3.25 Zwei bei Kallwass (Wh.)<br />

4.15 Richterin Barbara Salesch<br />

Gerichtsshow (Wh.)<br />

5.05 Niedrig und Kuhnt (Wh.)<br />

Abenteuer Forschung<br />

Der Wettlauf zwischen Jägern und<br />

Gejagten, zwischen Ermittlern und<br />

Straftätern, vollzieht sich in immer<br />

höherem Tempo. Harald Lesch stellt<br />

die Frage, ob es das perfekte Verbrechen<br />

gibt. ZDF 22.15<br />

14.45 H <strong>Die</strong> Elsässer: 1927 – 1940<br />

(3/4). Familienchronik, F 1996<br />

16.10 Palettes 16.50 g Bauen und<br />

Leben mit Lehm 17.35 X:enius<br />

18.05 g 360° – Geo Reportage<br />

19.00 Journal 19.30 Im Farbrausch<br />

der Tiefe. Aus der Sicht der Fische<br />

20.15 g Schlaflos im Krieg. <strong>Die</strong><br />

pharmazeutische Waffe 21.05 <strong>Die</strong><br />

Unbeugsamen. Reportage. Flucht<br />

aus Hitlers Elitengefängnis 22.00<br />

g Erectionman 22.55 H gSuely<br />

im Himmel. Drama, F/D 2006 0.15<br />

Im Hause Chanel 0.40 g Mit offenen<br />

Karten. Magazin 0.55 H Zimt<br />

und Koriander. Tragikomödie,<br />

GR/TR 2003 2.45 Vorschau<br />

13.30 H ¥Der Sonnenhof. TV-Komödie,<br />

D 2007 15.00 ¥ Dahoam is<br />

Dahoam 15.30 Wir in Bayern 16.45<br />

Rundschau 17.00 Münchner Hinterhofgeschichten<br />

17.30 Schwaben<br />

& Altbayern aktuell 18.00 Abendschau<br />

18.45 ¥ Rundschau 19.00 ¥<br />

Stationen.Dokumentation 19.45 ¥<br />

Dahoam is Dahoam 20.15 Jetzt red<br />

i 21.00 Rundschau-Magazin 21.15<br />

¥ Kontrovers – Das Politikmagazin<br />

21.45 H ¥ Pizza und Marmelade.<br />

Tragikomödie, D 2008 23.15 Kino<br />

Kino 23.30 Rundschau-Nacht<br />

23.39 H ¥Meine Mutter, mein Bruder<br />

und ich. Familiendrama, D 2008<br />

1.15 on3-südwild. Jugendmagazin<br />

11.40 Das Zauberkarussell 11.55<br />

Classic Cartoon 12.05 õ In einem<br />

Land vor unserer Zeit 12.30 Coco,<br />

der neugierige Affe 12.55 Pearlie<br />

13.20 õ Rocket & Ich 13.40 Hier<br />

ist Ian 14.05 Mini Ah! 14.08 logo!<br />

14.10 Schloss Einstein 15.00 Endlich<br />

Samstag! 15.50 <strong>Die</strong> Hauptstadtpraktikanten<br />

16.18 logo!<br />

16.20 Bernard 16.25 Enyo 17.15<br />

Caspers Gruselschule 17.40 õ Jibber<br />

Jabber 18.00 Roary 18.20 Das<br />

Zauberkarussell 18.40 Elefantastisch!<br />

18.50 Sandmännchen 19.00<br />

õ In einem Land vor unserer Zeit<br />

19.25 pur+ 19.50 logo! 20.00 KI.<br />

KA Live 20.15 õ Dance Academy<br />

13.30 H¥Hengstparade. TV-Krimikomödie,<br />

D 2005 15.00 Planet<br />

Wissen 16.00 Aktuell 16.05 Kaffee<br />

oder Tee? 17.00 Aktuell 17.05 Kaffee<br />

oder Tee? 18.00 Aktuell 18.09<br />

Börse 18.15 ¥ Koch-Kunst mit<br />

Vincent Klink 18.45 Landesschau<br />

19.45 Aktuell 20.00 ¥ Tagesschau<br />

20.15 betrifft: Das Geheimnis der<br />

Heilung 21.00 Reisewege: Leben<br />

wie Gott in Frankreich 21.45 Aktuell<br />

22.00 Der Hundeversteher<br />

22.30 Neues vom König aus Burladingen<br />

23.00 An vordersten Fronten<br />

– Kriegsalltag in Afghanistan<br />

23.45 H¥Tödliche Entscheidung.<br />

Thriller, USA 2007 1.35 Leben live<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

TELE 5 DAS VIERTE 3SAT ARTE KI.KA PHOENIX<br />

NDR RBB BR SWR HR<br />

H Spielfilm õ Dolby-Surroundsound Stereoton † Zweikanalton ¥ Videotext-Untertitel auf Tafel 150 ® Schwarzweiß<br />

6.05 How I Met Your Mother 6.50<br />

Kyle XY 7.45 Alle hassen Chris 8.35<br />

How I Met Your Mother 9.35 Malcolm<br />

mittendrin 10.30 Scrubs<br />

11.25 H <strong>Die</strong> Highschool-Trickser.<br />

Komödie, USA 2001. Mit Trevor<br />

Fehrman, Elden Henson, Matthew<br />

Lawrence 13.05 Malcolm mittendrin<br />

13.35 Malcolm mittendrin.<br />

Schweigen ist ungesund<br />

14.05 Scrubs – <strong>Die</strong> Anfänger<br />

Mein Spitzname<br />

14.30 Scrubs – <strong>Die</strong> Anfänger<br />

Mein Weihnachtswunder<br />

15.00 We are Family!<br />

So lebt Deutschland <strong>Die</strong><br />

Campingplatz-Familie (3)<br />

17.00 taff Magazin<br />

U. a.: Endlich stotterfrei<br />

18.00 Newstime<br />

18.10 <strong>Die</strong> Simpsons<br />

Und der Mörder ist…<br />

18.40 <strong>Die</strong> Simpsons<br />

Lehrerin des Jahres<br />

19.10 Galileo U. a.: Mission<br />

Wissen <strong>Welt</strong>weit – Jobs an<br />

ungewöhnlichen Orten<br />

20.15 Grey’s Anatomy –<br />

<strong>Die</strong> jungen Ärzte<br />

Arztserie. Der Tod und<br />

seine Freunde. Mit Ellen<br />

Pompeo, Katherine Heigl<br />

22.15 Good Wife<br />

Dramaserie. Fluchtversuche<br />

Mit Julianna Margulies, Matt<br />

Czuchry, Archie Panjabi<br />

23.15 TV total<br />

Comedy-Show. Gäste:<br />

Sarah Connor, Konny Reimann,<br />

Kai Magnus Sting<br />

Moderation: Stefan Raab<br />

0.10 Galileo: Das Fake-Check<br />

Spezial<br />

1.15 ProSieben Reportage<br />

<strong>Die</strong> Edel-Anstalt – Prüfungsstress<br />

im Eliteinternat<br />

2.00 ProSieben Night-Loft<br />

3.00 Spätnachrichten<br />

3.05 Grey’s Anatomy –<br />

<strong>Die</strong> jungen Ärzte<br />

Arztserie (Wh.)<br />

4.25 TV total (Wh.)<br />

5.10 ProSieben Reportage<br />

<strong>Die</strong> Edel-Anstalt – Prüfungsstress<br />

im Eliteinternat<br />

5.50 CineTipp<br />

Daredevil<br />

Der blinde Anwalt Matt Murdock (Ben<br />

Affleck) vertritt tagsüber die Unterdrückten,<br />

nachts jedoch wird er zu<br />

Daredevil, einem maskierten Rächer<br />

der mit seinen Fähigkeiten für Gerechtigkeit<br />

kämpft. Kabel1 20.15<br />

6.25 McLeods Töchter 8.15 <strong>Die</strong><br />

Nanny 8.45 <strong>Die</strong> Nanny 9.15 Gilmore<br />

Girls 10.15 ’Til Death. Des Bruders<br />

Hüter / Mr. T und die Männer<br />

10.45 ’Til Death. Durchgebrannt<br />

11.10 vox nachrichten 11.15 <strong>Die</strong><br />

Nanny. Yettas Briefe 11.45 <strong>Die</strong><br />

Nanny. Woman in love 12.15 The<br />

Guardian – Retter mit Herz. Eine<br />

rettende Spende 13.15 McLeods<br />

Töchter. Serie. <strong>Die</strong> Rückkehr<br />

14.10 McLeods Töchter<br />

Serie. Wo das Herz schlägt<br />

15.05 Law & Order<br />

Krimiserie. Bei aller Liebe<br />

16.00 Law & Order<br />

Schall und Rauch<br />

16.55 Menschen, Tiere<br />

& Doktoren<br />

Dokusoap über Tierärzte<br />

18.00 mieten, kaufen, wohnen<br />

Dokusoap über<br />

Traumimmobilien<br />

19.00 Das perfekte Dinner<br />

Tag 3: Sabine aus München<br />

19.50 Prominent! Magazin<br />

Moderation: Constanze Rick<br />

20.15 Criminal Intent<br />

Krimiserie. Pokerface<br />

21.15 Lie to Me<br />

Krimiserie. Pokerface<br />

22.15 Leverage<br />

Krimiserie<br />

Ein Team für alle Fälle<br />

23.10 Crossing Jordan –<br />

Pathologin mit Profil<br />

Krimiserie. Rattengift<br />

0.05 Criminal Intent –<br />

Verbrechen im Visier<br />

Krimiserie. Pokerface (Wh.)<br />

1.00 vox nachrichten<br />

1.20 Lie to Me<br />

Krimiserie. Pokerface (Wh.)<br />

2.05 Leverage<br />

Krimiserie. Ein Team<br />

für alle Fälle (Wh.)<br />

2.45 Crossing Jordan (Wh.)<br />

3.30 The District –<br />

Einsatz in Washington<br />

Krimiserie. Totgeglaubt<br />

4.10 Law & Order<br />

Krimiserie. Bei aller Liebe<br />

4.50 Law & Order<br />

Schall und Rauch (Wh.)<br />

5.35 mieten, kaufen, wohnen<br />

Dokusoap<br />

RTL 2<br />

14.50 Yu-Gi-Oh! 5D’s 15.20 Naruto<br />

Shippuden 15.45 Naruto<br />

Shippuden 16.05 Immer wieder<br />

Jim 16.35 Immer wieder Jim<br />

17.05 Hinterm Sofa an der Front.<br />

Ich bin nicht schwul! 17.30 Hinterm<br />

Sofa an der Front. Große<br />

Dinger 18.00 <strong>Die</strong> Schnäppchenhäuser<br />

19.00 X-Diaries – love,<br />

sun & fun. Soap 20.00 News<br />

20.15 H Sunshine. Science-Fiction,<br />

GB/USA 2007 22.25 Paradox.<br />

Bestimmung 23.30 Heroes. Tabula<br />

Rasa 0.30 Stargate. Metamorphosis<br />

1.20 Battlestar Galactica.<br />

Heimat 2.10 H Das Verfluchte<br />

Grab. TV-Action, USA 2007 3.55<br />

Paradox (Wh.) 4.45 Heroes (Wh.)<br />

13.00 Sitzung des Deutschen Bundestages<br />

13.30 Krokodile im<br />

Wohnzimmer 14.00 Profit statt<br />

Heilung? 14.45 Vor Ort 15.35 Sitzung<br />

des Deutschen Bundestages,<br />

Aktuelle Stunde 18.00 Krokodile im<br />

Wohnzimmer 18.30 Hitlers geheime<br />

Waffe. <strong>Die</strong> tödliche Fracht der<br />

Hydro 19.15 Hitlers letzte Waffe.<br />

<strong>Die</strong> Raketen von Peenemünde<br />

20.00 ¥ Tagesschau 20.15 Ins heiße<br />

Herz Afrikas. Wassermusik 21.00<br />

Ins heiße Herz Afrikas. Jenseits von<br />

Timbuktu 21.45 heute-journal<br />

22.15 Phoenix-Runde. Diskussion<br />

23.00 Der Tag 0.00 Phoenix-Runde<br />

0.45 Im Bann der Pferde. Dokureihe<br />

14.45 Invasion aus dem Meer<br />

15.30 Bergauf-Bergab 16.00 <strong>Die</strong><br />

Franche-Comté 16.45 hessenschau<br />

kompakt 17.00 Das Quiz mit Jörg<br />

Pilawa 17.50 hessenschau kompakt<br />

18.00 maintower 18.20 ¥ Brisant<br />

18.50 service: trends 19.15 wetter<br />

19.30 hessenschau 19.58 wetter<br />

20.00 Tagesschau 20.15 mex. das<br />

marktmagazin 21.00 Alles Wissen.<br />

Schwerpunkta: Medizin 21.45 ¥ Um<br />

Himmels Willen 22.30 hessenschau<br />

kompakt 22.45 Faszination Berge<br />

23.40 <strong>Die</strong> Herren der Lüfte 0.10 H<br />

¥ <strong>Die</strong> Schreckensfahrt der Orion<br />

Star. TV-Actiondrama, USA/D<br />

1998 1.40 Alles Wissen. Magazin


MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />

MENSCHEN & MEDIEN 31<br />

ZIPPERT ZAPPT<br />

<strong>Die</strong> katholische Kirche hat die<br />

Verleihung des Nobelpreises für<br />

Medizin an Robert Edwards, den<br />

Erfinder der künstlichen Befruchtung,<br />

kritisiert. Seit 1978 sind über<br />

vier Millionen Kinder nach der<br />

Methode von Edwards gezeugt<br />

worden. Das gefällt der Kirche<br />

nicht, obwohl damit die Kinderherstellung<br />

endlich ohne den<br />

höchst störungsanfälligen Beischlaf<br />

bewerkstelligt werden kann.<br />

Trotz Edwards’ Erfindung sind<br />

Kinder immer noch die häufigste<br />

Nebenwirkung von Sex, verbunden<br />

mit Juwelierbesuch, Kreditaufnahme,<br />

Häuserkauf, Eheschließung<br />

und Scheidung. Kinder, die<br />

im Reagenzglas entstanden sind,<br />

können aber genau die gleichen<br />

Nebenwirkungen hervorrufen. Sie<br />

sind mit bloßem Auge nicht von<br />

herkömmlich erzeugten Kindern<br />

zu unterscheiden, sie wünschen<br />

sich nicht über<strong>durch</strong>schnittlich oft<br />

einen Chemiebaukasten zu Weihnachten<br />

und bevorzugen auch<br />

keineswegs Berufe mit Laboraufenthalten<br />

oder Nahrungsmittel mit<br />

künstlichen Aromastoffen. Jetzt<br />

sucht die Wissenschaft noch nach<br />

einem Verhütungsmittel gegen<br />

künstliche Befruchtung. <strong>Die</strong> Kirche<br />

ist trotzdem gegen künstliche<br />

Befruchtung, denn auf ein ähnliches<br />

Verfahren hält sie seit 2010<br />

Jahren das Patent.<br />

LEUTE VON WELT<br />

■ Katy Perry (25),<br />

Popsängerin, und<br />

Russell Brand (35),<br />

britischer Schauspieler(„Männertrip“),<br />

wollen<br />

keine Hochzeitsgeschenke.<br />

Laut<br />

einem Bericht des „Daily Mirror“<br />

hat das Paar in ihren Einladungen<br />

die Gäste gebeten, auf Präsente zu<br />

verzichten und stattdessen Geld<br />

für wohltätige Zwecke zu spenden.<br />

<strong>Die</strong> Trauung soll Ende des Monats<br />

in Indien stattfinden.<br />

DPA /PA/ JOERG KOCH<br />

■ Regisseur Roman Polanski (76) hat<br />

sich zum zweiten Mal seit seiner<br />

Entlassung aus dem Hausarrest in<br />

der Öffentlichkeit gezeigt. Er<br />

besuchte am Montagabend die<br />

Eröffnung einer Ausstellung über<br />

Frauenhaare in Paris. „Ich bin<br />

glücklich, in Paris<br />

zu sein und meine<br />

Freunde wieder<br />

zu treffen“, sagte<br />

Polanski. <strong>Die</strong><br />

Schweiz hatte<br />

Mitte Juli den<br />

Hausarrest für<br />

Polanski aufgehoben.<br />

<strong>Die</strong> US-Justiz wirft dem<br />

Filmemacher vor, 1977 eine 13-<br />

Jährige sexuell missbraucht zu<br />

haben.<br />

DPA/PA/ HUBERT BOESL<br />

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Kristina Ellwanger<br />

auf Twitter<br />

twitter.com/wk_ellwanger<br />

Das Büro in der New Yorker Madison Avenue von Werbe-Profi Donald Draper (Jon Hamm, Mitte) ist das Zentrum der Serie „Mad Men“<br />

<strong>Die</strong> Mad Men aus Mainz<br />

Heute startet die derzeit beste Serie im ZDF – nicht im Hauptkanal, sondern auf ZDFneo<br />

VON RICHARD KÄMMERLINGS<br />

UND PETER PRASCHL<br />

Berlin – Eine Gruppe junger, ehrgeiziger,<br />

brillanter Kreativer sitzt in der<br />

Chefetage zusammen, schon vor<br />

dem Meeting genehmigt man sich einen<br />

Hochprozentigen, es wird geraucht,<br />

gedacht, gelacht. Jeder will<br />

den Nebenmann mit seinen Geistesblitzen<br />

ausstechen, die Bedenken der<br />

Marktforschung werden schon vorher<br />

lässig in den Papierkorb geworfen,<br />

denn das Budget spielt hier, bei<br />

den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,<br />

sowieso keine Rolle.<br />

Plötzlich hat einer die Idee, die alle<br />

umhaut, sogar den Programmdirektor:<br />

„Leute, wir machen eine Fernsehserie<br />

über eine Werbeagentur in<br />

der Adenauer-Ära, total stylish, bis<br />

ins letzte Ausstattungsdetail historisch<br />

authentisch, setzen die witzigsten<br />

Dialogschreiber dran, casten die<br />

besten Schauspieler und erzählen<br />

nebenbei die Mentalitätsgeschichte<br />

der frühen Bundesrepublik, so tiefgründig<br />

wie in einem Frühwerk von<br />

Martin Walser. Geld spielt keine Rolle,<br />

wir sind ja nicht bei den Privaten,<br />

und dann bringen wir das sonntags<br />

zur Prime Time als Konkurrenz zum<br />

Tatort!“<br />

So will man sich gern eine Programmkonferenz<br />

auf dem Mainzer<br />

Lerchenberg vorstellen. <strong>Die</strong> klügsten<br />

Fernsehköpfe der Republik, mutige<br />

Chefs, Geld satt, Quoten egal und am<br />

Ende entsteht eine Serie, die es in der<br />

Qualität und Zeitgemäßheit mit den<br />

besten amerikanischen Formaten<br />

aufnehmen kann. <strong>Die</strong> Serie über die<br />

frühen Sechziger gibt es bekanntlich<br />

schon. Sie heißt „Mad Men“, läuft<br />

seit Sommer 2007 auf dem amerikanischen<br />

Kabelsender AMG und hat<br />

in den letzten drei Jahren Emmys<br />

und Golden Globes abgeräumt. Neben<br />

HBO-Serien wie „Sopranos“<br />

oder „The Wire“ gilt „Mad Men“ als<br />

Paradebeispiel einer neuen Fernsehspitzenqualität.<br />

Wenn das ZDF jetzt<br />

mit dem Slogan „Hinter jeder erfolgreichen<br />

Frau steht ein Mann, der ihr<br />

auf den Arsch glotzt” für „Mad Men“<br />

plakatiert, dann ist das nicht mehr als<br />

ein schlechter Witz: Mit riesiger Verspätung<br />

läuft nun die erste Staffel an<br />

– im Spartenkanal ZDFneo.<br />

Der wurde 2009 von den Mainzern<br />

gegründet, um Sendungen auslagern<br />

zu können, die auf ein Publikum<br />

unterhalb des Kukident-Alters<br />

und oberhalb eines provinziellen<br />

Geschmacks abzielen. Bei neo laufen<br />

Klassisch: Donald’s Ehefrau Betty (January Jones),<br />

hat gekocht, die Männer genießen das Essen<br />

<strong>Die</strong> Serie<br />

■ <strong>Die</strong> vielfach ausgezeichnete Serie<br />

„Mad Men“, unter anderem mit den<br />

US-Fernsehpreisen „Golden Globe“<br />

und „Emmy“ dekoriert, ist eine<br />

Studie einer heilen Männer-<strong>Welt</strong>, ein<br />

paar Jahre bevor die Revoluzzer der<br />

68er-Generation das Establishment<br />

infrage stellten. Im Mittelpunkt steht<br />

Don Draper, der aufstrebende Star<br />

einer Werbeagentur an der New<br />

Yorker Madison Avenue. Er ist die<br />

Verkörperung des amerikanischen<br />

Traums, lebt mir Ehefrau Betty und<br />

seinen Kindern in der Vorstadt. In<br />

viele Programme, auf die das ZDF<br />

stolz sein dürfte – im Hauptsender<br />

währenddessen verschnarchte Klassiker<br />

wie „Wetten, dass“, die den Altersschnitt<br />

des ZDF-Publikums verlässlich<br />

bei 61 Jahren halten. Bislang<br />

ist die Strategie nicht aufgegangen:<br />

Ein Jahr nach seiner Gründung hat<br />

der Spartenkanal einen Marktanteil<br />

von 0,3 Prozent. Was möglicherweise<br />

auch daran liegt, dass ZDFneo oft<br />

nicht in die Kabelnetze eingespeist<br />

wird und im digitalen terrestrischen<br />

Fernsehen empfangen werden muss,<br />

wo es sich einen Kanal mit dem Kindersender<br />

kika teilt. Wahrscheinlich<br />

haben die meisten Menschen<br />

in Deutschland<br />

noch immer nicht die geringste<br />

Ahnung, dass es<br />

ZDFneo gibt. Deswegen ist<br />

die Entscheidung, einer so<br />

epochalen Serie wie „Mad<br />

Men“ einen Nischenplatz<br />

statt den ganz großen Auftritt<br />

zu geben, Programmplatz<br />

gewordene Gering-<br />

schätzung. Schließlich<br />

wissen die Verantwortlichen:<br />

Wenn man will, dass<br />

etwas nicht gesehen wird,<br />

der City hält er sich Geliebte. Ihn<br />

plagt eine dunkle Vergangenheit, die<br />

er um jeden Preis verbergen will. In<br />

den Büros wird geraucht und getrunken,<br />

die Kerle sind sexistisch,<br />

rassistisch und antisemitisch. Frauen<br />

werden in zwei Kategorien eingeteilt:<br />

<strong>Die</strong> Vorzeigegattin, als Heimchen<br />

am Herd und die Sekretärin im<br />

Büro, die für Affären gerade gut<br />

genug ist.<br />

■ Ab heute immer mittwochs um<br />

22.30 Uhr auf ZDFneo<br />

schiebt man es in ZDFneo ab. Oder<br />

umgekehrt: Das ZDF missbraucht<br />

den Nimbus, den die Serie hat, als<br />

Promo-Hebel für eine Totgeburt –<br />

anstatt sie der Allgemeinheit auf direktem<br />

Wege zugänglich zu machen,<br />

wie es eigentlich seine Pflicht wäre.<br />

Das ist einerseits kreuzdämlich.<br />

Andererseits könnte man es auch für<br />

skandalös halten. Das ZDF ein Sender<br />

mit staatsvertraglich festgeschriebenem<br />

Bildungs- und Qualitätsauftrag<br />

und dem Privileg, sein<br />

Programm aus Gebührenmitteln bestreiten<br />

zu können. Es könnte sich also<br />

<strong>durch</strong>aus den Ehrgeiz leisten, ohne<br />

Quotendruck intelligentes und innovatives<br />

Fernsehen zu machen.<br />

Stattdessen versucht es, so erfolgreich<br />

wie die Privaten zu sein, ohne<br />

deren Geschäftsrisiken einzugehen.<br />

Und vertreibt das Publikum mit<br />

Traumschiffen, Markus-Lanz-Gesülze,<br />

Hitlers Helfern und Hitlers Hunden.<br />

Doch wann immer jemand daran<br />

zweifelt, ob die Mainzer ihren<br />

Job richtig machen, verweisen sie auf<br />

ihre ambitionierten Spartenkanäle.<br />

Als würde sich ein Arztroman-Tycoon<br />

damit rechtfertigen, dass er in<br />

einer Sonderreihe auch experimentelle<br />

Poesie verlegt. <strong>Die</strong> Folgen fürs<br />

<strong>deutsche</strong> Fernsehen sind fatal. Denn<br />

natürlich kosten die verschnarchten<br />

Programme das Geld, das man<br />

bräuchte, um brillante Drehbuchautoren<br />

aufzubauen und riskante Formate<br />

zu entwickeln. Und natürlich<br />

würde ein Publikum, das von den Öffentlich-Rechtlichen<br />

nur Talk-Marathons<br />

und Schnabeltassen-Gönnerhaftigkeit<br />

gewohnt ist, von einer Serie<br />

etwa über eine Werbeagentur aus<br />

der Adenauer-Ära erst einmal so<br />

überfordert werden wie von „Mad<br />

Men“.Vielleicht sollte man das ZDF<br />

einfach abschaffen. Und das gute<br />

Fernsehen nur noch im DVD-Fachhandel<br />

suchen.<br />

Verleger: Axel Springer (1985 †) Herausgeber: Thomas Schmid<br />

Chefredakteur: Jan-Eric Peters Stellv. Chefredakteure: Ulf Poschardt; Oliver Michalsky, Frank Schmiechen, Andrea Seibel, Cornelius Tittel Leitender Redakteur: Matthias Leonhard (v.i.S.d.P.) Verantwortliche Redakteurin: Barbara Brandstetter<br />

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WELT KOMPAKT erscheint in Kooperation mit der Axel Springer Akademie. Leitung: Marc Thomas Spahl (www.axel-springer-akademie.de)<br />

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ZDF/LIONS GATE TV INC<br />

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WELT KOMPAKT<br />

32 AUS ALLER WELT<br />

WELT KOMPAKT<br />

DEUTSCHLAND<br />

Amokläufer schoss wahllos<br />

Der Amokläufer von Winnenden<br />

hat einem Gutachten zufolge nicht<br />

gezielt auf Mädchen geschossen.<br />

„Er hat nicht selektiv geschossen“,<br />

sagte Rechtsmediziner Heinz-<br />

<strong>Die</strong>ter Wehner gestern vor dem<br />

Landgericht Stuttgart. Der 17-<br />

Jährige habe mehreren seiner<br />

Opfer beim Amoklauf am 11. März<br />

2009 in der Albertville Realschule<br />

gezielt in den Oberkörper geschossen,<br />

dabei aber nicht zwischen<br />

Mädchen und Jungen unterschieden.<br />

Wehner bestätigte die<br />

Ergebnisse der Polizei, dass der<br />

Amokläufer mit einem Stirnschuss<br />

Selbstmord beging. Sein Vater<br />

steht wegen des Verstoßes gegen<br />

das Waffengesetz vor Gericht.<br />

GROSSBRITANNIEN<br />

Feuer zerstört Brücke<br />

Ein Feuer hat den 138 Jahre alten<br />

historischen Pier im britischen<br />

Badeort Hastings im Südosten<br />

Englands zerstört. <strong>Die</strong> seit dem<br />

Jahr 2006 für Besucher gesperrte<br />

Seebrücke aus Holz und Eisen in<br />

der Grafschaft East Sussex sei bei<br />

dem Brand zu 95 Prozent vernichtet<br />

worden. „Wir versuchen<br />

vorrangig, so viel wie möglich von<br />

der Substanz zu erhalten, um dann<br />

zu schauen, was in der Zukunft<br />

noch möglich ist“, sagte ein Feuerwehr-Sprecher.<br />

PHILIPPINEN<br />

Strafe für falsche Hymne<br />

Wer die Nationalhymne nicht<br />

richtig singt, muss auf den Philippinen<br />

künftig mit Strafen rechnen.<br />

Das Repräsentantenhaus hat ein<br />

Gesetz verabschiedet, nach dem<br />

„Lupang Hinirang“ (auserkorenes<br />

Land) im Tempo eines Marsches<br />

zu singen ist. Wer schief singt oder<br />

nicht genügend engagiert, dem<br />

drohen Strafen von 100 000 Pesos<br />

(1700 Euro) oder zwei Jahre Gefängnis.<br />

Anzeige<br />

Menschen fliehen in dem Dorf Devescer aus ihren Häusern. Der rote, giftige Schlamm bedeckt die Straßen<br />

Giftkatastrophe in Ungarn<br />

Unfall in Aluminiumfabrik – Vier Tote, viele Verletzte<br />

VON THOMAS ROSER<br />

Budapest – <strong>Die</strong> Luftaufnahmen<br />

des ungarischen Fernsehens zeigten<br />

gestern das ganze Ausmaß der<br />

offensichtlich von Ungarns Behörden<br />

zunächst völlig unterschätzten<br />

Katastrophe. Über 40 Quadratkilometer<br />

sind im Nordwesten Ungarns<br />

schon von den hochgiftigen<br />

Schlamm-Massen bedeckt. Sie hatten<br />

sich nach einem Deichbruch<br />

im seegroßen Rückhaltebecken<br />

des Aluminiumwerks von Ajka zunächst<br />

über die Dörfer Kolonotar<br />

und Devecser ergossen. Verzweifelt<br />

versuchte das Militär, mit dem<br />

Abwurf von Zementsäcken aus<br />

Hubschraubern die weitere Ausbreitung<br />

der Schlammwelle zu<br />

stoppen. Wenn der Schlamm in<br />

den Fluss Raba und damit auch in<br />

die Donau gelangen sollte, „sollte<br />

jeder auf die Knie sinken – und beginnen<br />

zu beten“, sagte der erschütterte<br />

Staatssekretär Illes Zol-<br />

tan nach einem Ortstermin. Er<br />

sprach von einer „ökologischen<br />

Katastrophe“.<br />

Tagelanger Regen hatte den<br />

schwachen Erddeich des<br />

Schlammbeckens offenbar aufgeweicht.<br />

<strong>Die</strong> gerade beim Mittagessen<br />

sitzenden Einwohner der angrenzenden<br />

Ortschaften rund 30<br />

Kilometer nördlich des Balaton-<br />

Sees wurden völlig unvorbereitet<br />

von der über einen Meter hohen<br />

Schlammwelle überrascht, die<br />

über 400 Häuser überflutete und<br />

zum Teil zerstörte. Den Helfern<br />

bot sich ein Bild der Verwüstung -<br />

der rote natronlaugehaltige Bauxitschlamm<br />

stand vielerorts meterhoch.<br />

Bislang sprechen die ungarischen<br />

Rettungskräfte von mindestens<br />

vier Todesopfern, darunter<br />

ein drei Monate altes Baby. Vier<br />

Einwohner werden noch vermisst,<br />

Dutzende Menschen mussten mit<br />

schweren Verletzungen, meist<br />

Verätzungen, in Kliniken eingeliefert<br />

werden. <strong>Die</strong> genaue Zusammensetzung<br />

der rötlichen Giftbrühe<br />

ist noch unbekannt. Das staatliche<br />

Umweltamt spricht von<br />

„schwach radioaktiven und krebserregenden<br />

Stoffen“. Der Betreiber<br />

des Aluminium-Werks, die Magyar<br />

Aluminium Termel Rt (MA),<br />

hatte sich gestern nicht öffentlich<br />

geäußert, um über die in dem ausgelaufenen<br />

Giftsee eingelagerten<br />

Abfallstoffe zu informieren.<br />

MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010<br />

Familiendrama:<br />

Leiche im See und<br />

ICE-Unglück<br />

München – Grausamer Zusammenhang<br />

zwischen dem Selbstmord auf<br />

einer Bahnstrecke und dem Fund<br />

von Leichenteilen in einem Badesee<br />

nahe Würzburg: Bei dem <strong>durch</strong> einen<br />

ICE getöteten 30-jährigen Mann<br />

und der zerstückelten 29-jährigen<br />

Frau handelte es sich um ein Ehepaar,<br />

wie das Polizeipräsidium Unterfranken<br />

gestern mitteilte. <strong>Die</strong> Ermittler<br />

prüfen nun, ob der Ehemann<br />

Ende vergangener Woche seine<br />

Frau ermordete, dann zerstückelte<br />

und in den See warf, bevor er sich<br />

am Montag nahe des Sees das Leben<br />

nahm, indem er sich von einem ICE<br />

überrollen ließ. Keine Angaben<br />

wollte die Polizei zu Medienberichten<br />

machen, wonach es sich bei dem<br />

Ehemann um einen Bundeswehrsoldaten<br />

gehandelt haben und die Frau<br />

seit Jahren im Rotlichtmilieu gearbeitet<br />

haben soll. Den Berichten zufolge<br />

soll die Frau ihrem Mann dies<br />

verschwiegen haben.<br />

11<br />

DEUTSCHLAND HEUTE<br />

Reykjavik<br />

DAS WELTWETTER<br />

13<br />

5<br />

St. St. Petersburg<br />

Petersburg<br />

5<br />

Kiel<br />

Vielerorts aufheiternd<br />

10 Amsterdam 18° Regen<br />

19<br />

Rostock<br />

13<br />

11 H<br />

13<br />

19<br />

Südlich der Mittelgebirge startet der Tag neblig, auch im<br />

Oslo<br />

Helsinki<br />

Helsinki<br />

Barcelona 25° heiter<br />

Bremen<br />

Hamburg<br />

Stockholm<br />

Stockholm<br />

11<br />

Moskau<br />

Moskau<br />

Buenos Aires24°<br />

einz. Schauer<br />

Emden<br />

20<br />

Nordosten ist es wolkig. Später heitert es verbreitet auf, nur in<br />

Kopenhagen<br />

Kopenhagen<br />

18<br />

Djerba<br />

13<br />

13<br />

10<br />

33° sonnig<br />

Bayern können sich Nebelfelder länger halten. Gleichzeitig<br />

Dublin<br />

13<br />

15<br />

Genf 21° bewölkt<br />

19<br />

Hannover<br />

nähert sich von Westen her ein Tiefausläufer, der an der<br />

Berlin 10<br />

15 London<br />

Hongkong 29° zeitw. Regen<br />

21<br />

19<br />

Nordsee etwas Regen bringen kann. Maximal 17 bis 22 Grad.<br />

Berlin<br />

17<br />

Innsbruck 22° wolkig<br />

12 Leipzig<br />

11 Münster<br />

19<br />

Paris<br />

Paris<br />

Brüssel<br />

Brüssel<br />

Warschau<br />

Warschau<br />

Kiew<br />

Kapstadt 29° zeitw. heiter<br />

Düsseldorf Kassel<br />

Dresden<br />

13<br />

Köln 20<br />

19<br />

20 MORGEN<br />

19<br />

Kairo 30° sonnig<br />

12<br />

10<br />

11<br />

19<br />

Wien<br />

Wien 15<br />

8<br />

21<br />

18 Von Nordrhein-Westfalen bis zur Ostsee etwas Regen,<br />

Kreta<br />

Bern<br />

Bern<br />

25° zeitw. sonnig<br />

13<br />

Hof 10<br />

H<br />

Frankfurt<br />

in den übrigen Gebieten nach zögernder Nebelauflösung<br />

Los Angeles<br />

17<br />

18 Bordeaux<br />

Bordeaux<br />

Budapest<br />

Budapest<br />

20° bewölkt<br />

19<br />

Mailand<br />

21<br />

7<br />

sonnig. 13 Grad auf Rügen, 23 Grad am Oberrhein.<br />

22<br />

Zagreb<br />

24° Schauer<br />

16<br />

Saarbrücken 11<br />

Nizza<br />

Nizza<br />

Nürnberg<br />

Malta 27° wenig Wolken<br />

21<br />

19 FREITAG<br />

Madrid<br />

16<br />

Lissabon Madrid<br />

Miami 28° etwas Sonne<br />

9<br />

9<br />

25<br />

23<br />

Stuttgart<br />

Teils sonnig, teils zähe Wolkenfelder, an den Flüssen im 21 24<br />

20<br />

Istanbul<br />

New York<br />

Barcelona<br />

Barcelona<br />

19° einz. Schauer<br />

22<br />

Süden anfangs neblig. Temperaturanstieg auf 16 bis 21<br />

Rom<br />

Rom T 22<br />

9<br />

München<br />

T<br />

Palma<br />

Palma<br />

Palermo 26° heiter<br />

2<br />

20<br />

Grad, nordöstlich der Elbe nur noch 12 bis 16 Grad.<br />

Malaga<br />

Malaga<br />

23 28 22 25<br />

Peking 28° heiter<br />

19<br />

Friedrichshafen 20<br />

2<br />

11<br />

8<br />

26<br />

Athen<br />

Prag 16° stark bewölkt<br />

SAMSTAG<br />

26 23<br />

Algier Tunis<br />

Tunis<br />

T Salzburg 20° Nebel<br />

Las Palmas<br />

31<br />

33<br />

25<br />

-9 bis -5 -4 bis 0 1 bis 5 6 bis 10 11 bis 15 Nach örtlichem Frühnebel bei lebhaftem Ostwind vielfach<br />

24 H<br />

Sydney 23° wolkig<br />

sonnig, im Norden und Osten teils zähe Hochnebelfelder.<br />

Tel Aviv 30° heiter<br />

16 bis 20 21 bis 25 26 bis 30 31 bis 35 über 35 H T<br />

Höchsttemperaturen 12 bis 17, im Rheinland bis 19 Grad.<br />

Hoch/Tief Warmfront Kaltfront Okklusion Warmluft Kaltluft Kaltluft in der Höhe<br />

Tokio 26° wolkig<br />

50 km<br />

Vier Tote nach<br />

Chemieunfall Budapest<br />

Devecser<br />

Ajka<br />

Kolontar<br />

UNGARN<br />

Balaton<br />

UNGARN<br />

Donau<br />

SERBIEN<br />

Quelle: dpa<br />

+ +<br />

+<br />

+<br />

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REUTERS/BERNADETT SZABO<br />

Meilen sammeln<br />

Lesbische Frau<br />

erwartet Fünflinge<br />

von Samenspende<br />

Sydney – Eine lesbische Frau in<br />

Australien erwartet Fünflinge – ohne<br />

vorherige Behandlung wegen<br />

Unfruchtbarkeit. Das berichtete die<br />

27-jährige Melissa Keevers der Zeitschrift<br />

„Woman’s Day“. Der Vater<br />

sei ein Samenspender aus den USA,<br />

sagte sie. Eine solche Fünflingsschwangerschaft<br />

gebe es nur einmal<br />

unter 60 Millionen Fällen, rechnete<br />

die Zeitschrift gestern vor. „Es hat<br />

lange gedauert, bis ich das glauben<br />

konnte, aber jetzt, da ich mich an<br />

den Gedanken gewöhnt habe, bin<br />

ich aufgeregt“, meinte Keevers. Ihre<br />

Freundin Rosemary Nolan sagte:<br />

„Es ist ein Wunder und wir könnten<br />

nicht glücklicher sein.“ Keevers<br />

und Nolan haben bereits eine einjährige<br />

Tochter die mit Sperma des<br />

selben Spenders gezeugt wurde.<br />

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