Gefahr durch deutsche Islamisten - Die Welt
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MITTWOCH, 6. OKTOBER 2010 * WELT KOMPAKT<br />
MENSCHEN & MEDIEN 31<br />
ZIPPERT ZAPPT<br />
<strong>Die</strong> katholische Kirche hat die<br />
Verleihung des Nobelpreises für<br />
Medizin an Robert Edwards, den<br />
Erfinder der künstlichen Befruchtung,<br />
kritisiert. Seit 1978 sind über<br />
vier Millionen Kinder nach der<br />
Methode von Edwards gezeugt<br />
worden. Das gefällt der Kirche<br />
nicht, obwohl damit die Kinderherstellung<br />
endlich ohne den<br />
höchst störungsanfälligen Beischlaf<br />
bewerkstelligt werden kann.<br />
Trotz Edwards’ Erfindung sind<br />
Kinder immer noch die häufigste<br />
Nebenwirkung von Sex, verbunden<br />
mit Juwelierbesuch, Kreditaufnahme,<br />
Häuserkauf, Eheschließung<br />
und Scheidung. Kinder, die<br />
im Reagenzglas entstanden sind,<br />
können aber genau die gleichen<br />
Nebenwirkungen hervorrufen. Sie<br />
sind mit bloßem Auge nicht von<br />
herkömmlich erzeugten Kindern<br />
zu unterscheiden, sie wünschen<br />
sich nicht über<strong>durch</strong>schnittlich oft<br />
einen Chemiebaukasten zu Weihnachten<br />
und bevorzugen auch<br />
keineswegs Berufe mit Laboraufenthalten<br />
oder Nahrungsmittel mit<br />
künstlichen Aromastoffen. Jetzt<br />
sucht die Wissenschaft noch nach<br />
einem Verhütungsmittel gegen<br />
künstliche Befruchtung. <strong>Die</strong> Kirche<br />
ist trotzdem gegen künstliche<br />
Befruchtung, denn auf ein ähnliches<br />
Verfahren hält sie seit 2010<br />
Jahren das Patent.<br />
LEUTE VON WELT<br />
■ Katy Perry (25),<br />
Popsängerin, und<br />
Russell Brand (35),<br />
britischer Schauspieler(„Männertrip“),<br />
wollen<br />
keine Hochzeitsgeschenke.<br />
Laut<br />
einem Bericht des „Daily Mirror“<br />
hat das Paar in ihren Einladungen<br />
die Gäste gebeten, auf Präsente zu<br />
verzichten und stattdessen Geld<br />
für wohltätige Zwecke zu spenden.<br />
<strong>Die</strong> Trauung soll Ende des Monats<br />
in Indien stattfinden.<br />
DPA /PA/ JOERG KOCH<br />
■ Regisseur Roman Polanski (76) hat<br />
sich zum zweiten Mal seit seiner<br />
Entlassung aus dem Hausarrest in<br />
der Öffentlichkeit gezeigt. Er<br />
besuchte am Montagabend die<br />
Eröffnung einer Ausstellung über<br />
Frauenhaare in Paris. „Ich bin<br />
glücklich, in Paris<br />
zu sein und meine<br />
Freunde wieder<br />
zu treffen“, sagte<br />
Polanski. <strong>Die</strong><br />
Schweiz hatte<br />
Mitte Juli den<br />
Hausarrest für<br />
Polanski aufgehoben.<br />
<strong>Die</strong> US-Justiz wirft dem<br />
Filmemacher vor, 1977 eine 13-<br />
Jährige sexuell missbraucht zu<br />
haben.<br />
DPA/PA/ HUBERT BOESL<br />
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Kristina Ellwanger<br />
auf Twitter<br />
twitter.com/wk_ellwanger<br />
Das Büro in der New Yorker Madison Avenue von Werbe-Profi Donald Draper (Jon Hamm, Mitte) ist das Zentrum der Serie „Mad Men“<br />
<strong>Die</strong> Mad Men aus Mainz<br />
Heute startet die derzeit beste Serie im ZDF – nicht im Hauptkanal, sondern auf ZDFneo<br />
VON RICHARD KÄMMERLINGS<br />
UND PETER PRASCHL<br />
Berlin – Eine Gruppe junger, ehrgeiziger,<br />
brillanter Kreativer sitzt in der<br />
Chefetage zusammen, schon vor<br />
dem Meeting genehmigt man sich einen<br />
Hochprozentigen, es wird geraucht,<br />
gedacht, gelacht. Jeder will<br />
den Nebenmann mit seinen Geistesblitzen<br />
ausstechen, die Bedenken der<br />
Marktforschung werden schon vorher<br />
lässig in den Papierkorb geworfen,<br />
denn das Budget spielt hier, bei<br />
den öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten,<br />
sowieso keine Rolle.<br />
Plötzlich hat einer die Idee, die alle<br />
umhaut, sogar den Programmdirektor:<br />
„Leute, wir machen eine Fernsehserie<br />
über eine Werbeagentur in<br />
der Adenauer-Ära, total stylish, bis<br />
ins letzte Ausstattungsdetail historisch<br />
authentisch, setzen die witzigsten<br />
Dialogschreiber dran, casten die<br />
besten Schauspieler und erzählen<br />
nebenbei die Mentalitätsgeschichte<br />
der frühen Bundesrepublik, so tiefgründig<br />
wie in einem Frühwerk von<br />
Martin Walser. Geld spielt keine Rolle,<br />
wir sind ja nicht bei den Privaten,<br />
und dann bringen wir das sonntags<br />
zur Prime Time als Konkurrenz zum<br />
Tatort!“<br />
So will man sich gern eine Programmkonferenz<br />
auf dem Mainzer<br />
Lerchenberg vorstellen. <strong>Die</strong> klügsten<br />
Fernsehköpfe der Republik, mutige<br />
Chefs, Geld satt, Quoten egal und am<br />
Ende entsteht eine Serie, die es in der<br />
Qualität und Zeitgemäßheit mit den<br />
besten amerikanischen Formaten<br />
aufnehmen kann. <strong>Die</strong> Serie über die<br />
frühen Sechziger gibt es bekanntlich<br />
schon. Sie heißt „Mad Men“, läuft<br />
seit Sommer 2007 auf dem amerikanischen<br />
Kabelsender AMG und hat<br />
in den letzten drei Jahren Emmys<br />
und Golden Globes abgeräumt. Neben<br />
HBO-Serien wie „Sopranos“<br />
oder „The Wire“ gilt „Mad Men“ als<br />
Paradebeispiel einer neuen Fernsehspitzenqualität.<br />
Wenn das ZDF jetzt<br />
mit dem Slogan „Hinter jeder erfolgreichen<br />
Frau steht ein Mann, der ihr<br />
auf den Arsch glotzt” für „Mad Men“<br />
plakatiert, dann ist das nicht mehr als<br />
ein schlechter Witz: Mit riesiger Verspätung<br />
läuft nun die erste Staffel an<br />
– im Spartenkanal ZDFneo.<br />
Der wurde 2009 von den Mainzern<br />
gegründet, um Sendungen auslagern<br />
zu können, die auf ein Publikum<br />
unterhalb des Kukident-Alters<br />
und oberhalb eines provinziellen<br />
Geschmacks abzielen. Bei neo laufen<br />
Klassisch: Donald’s Ehefrau Betty (January Jones),<br />
hat gekocht, die Männer genießen das Essen<br />
<strong>Die</strong> Serie<br />
■ <strong>Die</strong> vielfach ausgezeichnete Serie<br />
„Mad Men“, unter anderem mit den<br />
US-Fernsehpreisen „Golden Globe“<br />
und „Emmy“ dekoriert, ist eine<br />
Studie einer heilen Männer-<strong>Welt</strong>, ein<br />
paar Jahre bevor die Revoluzzer der<br />
68er-Generation das Establishment<br />
infrage stellten. Im Mittelpunkt steht<br />
Don Draper, der aufstrebende Star<br />
einer Werbeagentur an der New<br />
Yorker Madison Avenue. Er ist die<br />
Verkörperung des amerikanischen<br />
Traums, lebt mir Ehefrau Betty und<br />
seinen Kindern in der Vorstadt. In<br />
viele Programme, auf die das ZDF<br />
stolz sein dürfte – im Hauptsender<br />
währenddessen verschnarchte Klassiker<br />
wie „Wetten, dass“, die den Altersschnitt<br />
des ZDF-Publikums verlässlich<br />
bei 61 Jahren halten. Bislang<br />
ist die Strategie nicht aufgegangen:<br />
Ein Jahr nach seiner Gründung hat<br />
der Spartenkanal einen Marktanteil<br />
von 0,3 Prozent. Was möglicherweise<br />
auch daran liegt, dass ZDFneo oft<br />
nicht in die Kabelnetze eingespeist<br />
wird und im digitalen terrestrischen<br />
Fernsehen empfangen werden muss,<br />
wo es sich einen Kanal mit dem Kindersender<br />
kika teilt. Wahrscheinlich<br />
haben die meisten Menschen<br />
in Deutschland<br />
noch immer nicht die geringste<br />
Ahnung, dass es<br />
ZDFneo gibt. Deswegen ist<br />
die Entscheidung, einer so<br />
epochalen Serie wie „Mad<br />
Men“ einen Nischenplatz<br />
statt den ganz großen Auftritt<br />
zu geben, Programmplatz<br />
gewordene Gering-<br />
schätzung. Schließlich<br />
wissen die Verantwortlichen:<br />
Wenn man will, dass<br />
etwas nicht gesehen wird,<br />
der City hält er sich Geliebte. Ihn<br />
plagt eine dunkle Vergangenheit, die<br />
er um jeden Preis verbergen will. In<br />
den Büros wird geraucht und getrunken,<br />
die Kerle sind sexistisch,<br />
rassistisch und antisemitisch. Frauen<br />
werden in zwei Kategorien eingeteilt:<br />
<strong>Die</strong> Vorzeigegattin, als Heimchen<br />
am Herd und die Sekretärin im<br />
Büro, die für Affären gerade gut<br />
genug ist.<br />
■ Ab heute immer mittwochs um<br />
22.30 Uhr auf ZDFneo<br />
schiebt man es in ZDFneo ab. Oder<br />
umgekehrt: Das ZDF missbraucht<br />
den Nimbus, den die Serie hat, als<br />
Promo-Hebel für eine Totgeburt –<br />
anstatt sie der Allgemeinheit auf direktem<br />
Wege zugänglich zu machen,<br />
wie es eigentlich seine Pflicht wäre.<br />
Das ist einerseits kreuzdämlich.<br />
Andererseits könnte man es auch für<br />
skandalös halten. Das ZDF ein Sender<br />
mit staatsvertraglich festgeschriebenem<br />
Bildungs- und Qualitätsauftrag<br />
und dem Privileg, sein<br />
Programm aus Gebührenmitteln bestreiten<br />
zu können. Es könnte sich also<br />
<strong>durch</strong>aus den Ehrgeiz leisten, ohne<br />
Quotendruck intelligentes und innovatives<br />
Fernsehen zu machen.<br />
Stattdessen versucht es, so erfolgreich<br />
wie die Privaten zu sein, ohne<br />
deren Geschäftsrisiken einzugehen.<br />
Und vertreibt das Publikum mit<br />
Traumschiffen, Markus-Lanz-Gesülze,<br />
Hitlers Helfern und Hitlers Hunden.<br />
Doch wann immer jemand daran<br />
zweifelt, ob die Mainzer ihren<br />
Job richtig machen, verweisen sie auf<br />
ihre ambitionierten Spartenkanäle.<br />
Als würde sich ein Arztroman-Tycoon<br />
damit rechtfertigen, dass er in<br />
einer Sonderreihe auch experimentelle<br />
Poesie verlegt. <strong>Die</strong> Folgen fürs<br />
<strong>deutsche</strong> Fernsehen sind fatal. Denn<br />
natürlich kosten die verschnarchten<br />
Programme das Geld, das man<br />
bräuchte, um brillante Drehbuchautoren<br />
aufzubauen und riskante Formate<br />
zu entwickeln. Und natürlich<br />
würde ein Publikum, das von den Öffentlich-Rechtlichen<br />
nur Talk-Marathons<br />
und Schnabeltassen-Gönnerhaftigkeit<br />
gewohnt ist, von einer Serie<br />
etwa über eine Werbeagentur aus<br />
der Adenauer-Ära erst einmal so<br />
überfordert werden wie von „Mad<br />
Men“.Vielleicht sollte man das ZDF<br />
einfach abschaffen. Und das gute<br />
Fernsehen nur noch im DVD-Fachhandel<br />
suchen.<br />
Verleger: Axel Springer (1985 †) Herausgeber: Thomas Schmid<br />
Chefredakteur: Jan-Eric Peters Stellv. Chefredakteure: Ulf Poschardt; Oliver Michalsky, Frank Schmiechen, Andrea Seibel, Cornelius Tittel Leitender Redakteur: Matthias Leonhard (v.i.S.d.P.) Verantwortliche Redakteurin: Barbara Brandstetter<br />
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Foto: Stefan A. Runne; Layout und Produktion: Ronny Wahliß, Gesa Vollborn, Holger Bade; Berater der Chefredaktion: Brian O’Connor.<br />
WELT KOMPAKT erscheint in Kooperation mit der Axel Springer Akademie. Leitung: Marc Thomas Spahl (www.axel-springer-akademie.de)<br />
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ZDF/LIONS GATE TV INC<br />
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