23.10.2012 Aufrufe

1998, 24. Jahrgang (pdf) - Studienkreis Rundfunk und Geschichte

1998, 24. Jahrgang (pdf) - Studienkreis Rundfunk und Geschichte

1998, 24. Jahrgang (pdf) - Studienkreis Rundfunk und Geschichte

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

26 <strong>R<strong>und</strong>funk</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong> 24 (<strong>1998</strong>)<br />

öffentliche Kampagne zugunsten eines Senders<br />

in Kassel angeführt hatte - nunmehr auch Kasseler<br />

Künstler zu Wort.<br />

Im Gegensatz zu anderen Regionen des Reiches<br />

gab es in derjenigen mit dem Hauptsender<br />

Berlin, d.h. dem Sendegebiet der Berliner Funkst<strong>und</strong>e,<br />

keine Diskussion um den Standort. Der<br />

Standort Berlin für den Sitz einer <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>gesellschaft<br />

war nie strittig, <strong>und</strong> was hatte beispielsweise<br />

auch Potsdam, selbst wenn der<br />

Wille dazu vorhanden gewesen wäre, gegenüber<br />

dem übermächtigen Berlin als Sitz der Reichsregierung<br />

<strong>und</strong> der preußischen Regierung sowie<br />

eigenständiger Regierungsbezirk ausrichten<br />

können? Eine Rivale für Berlin war also weit <strong>und</strong><br />

breit nicht in Sicht. Und der erste Nebensender<br />

des norddeutschen Sendebezirks, wie der Sendebereich<br />

der Berliner Funkst<strong>und</strong>e in der offiziellen<br />

Diktion der Deutschen Reichspost hieß,20<br />

der Sender Stettin ging erst 1926 in Betrieb.<br />

Die nicht immer feinen Methoden<br />

Wenn schon Berlin <strong>und</strong> seiri weiterer Umkreis für<br />

das Thema unergiebig ist, soll der Blick auf andere<br />

Sendegebiete des Reiches uns etwas weiterbringen.<br />

Es zeigt sich dabei, daß einzelne<br />

Städte nicht immer mit den feinsten Methoden<br />

gegeneinander kämpften. Zum Paradefall sollte<br />

das westdeutsche Sendegebiet werden mit seinen<br />

- von der Einwohnerzahl her gesehen - annähernd<br />

gleich großen rheinischen Metropolen<br />

Köln <strong>und</strong> Düsseldorf <strong>und</strong> etwa einem halben<br />

Dutzend Städten des Ruhrgebiets, etwa Dortm<strong>und</strong>,<br />

Essen, Gelsenkirchen, Oberhausen, Bochum,<br />

abgesehen von etlichen Kleinstädten <strong>und</strong><br />

Landkreisen, die die Chancen witterten, beim<br />

Bau eines Senders berücksichtigt zu werden.<br />

Außerdem hatte dieser Bezirk noch mit einem<br />

besonderen Handikap zurecht zu kommen: der<br />

bis 1926 bzw. 1930 anhaltenden Besetzung<br />

durch alliierte Truppen <strong>und</strong> dem anfangliehen<br />

Verbot der Errichtung von <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>sendeanlagen<br />

<strong>und</strong> der Bereitstellung von Empfängern, die<br />

die Sache zusatzlieh komplizierte: So mußte die<br />

Post notgedrungen statt des ursprünglich vorgesehenen<br />

Köln Münster als Auftstellungsort des<br />

ersten Senders in diesem Bezirk <strong>und</strong> Sitz der<br />

regionalen <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>gesellschaft, der Westdeutschen<br />

Funkst<strong>und</strong>e, vorsehen. Sofort nach Sendebeginn<br />

Münsters im Oktober 1924 <strong>und</strong> der<br />

Räumung der Besatzungszone östlich des<br />

Rheins, womit auch die Sende- <strong>und</strong> Empfangsrestriktionen<br />

der Besatzer aufgehoben wurden ,<br />

gingen fordernde Briefe nach einem Sender im<br />

rheinisch-westfälischen Industriegebiet beim<br />

Reichspostministerium ein. So argumentierte die<br />

Stadtverwaltung Dortm<strong>und</strong>, nicht nur die Rücksicht<br />

auf die Wünsche der Bevölkerung der bis<br />

vor wenigen Tagen besetzten Dortm<strong>und</strong>er Zone<br />

gebiete »den Bau eines Zwischensenders in<br />

Dortm<strong>und</strong>, sondern auch das finanzielle Interesse<br />

des <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>s selbst.«2 1 Und der Verein der<br />

Funkfre<strong>und</strong>e lserlohn sek<strong>und</strong>ierte: Der Zwischensender<br />

solle nach Dortm<strong>und</strong>, da nur dadurch<br />

Detektorempfang im Ruhrgebiet möglich<br />

sei, aber natürlich im Süden der Stadt aufgestellt<br />

werden , damit auch der Landkreis lserlohn versorgt<br />

werde.22 Die Stadt Bochum hingegen<br />

brachte sich als »Mittelpunkt des Ruhrgebiets«<br />

ins Spiel, da ein hier errichteter Sender im Umkreis<br />

von 30 km die meisten potentiellen Hörer<br />

erreichen könne <strong>und</strong> es keine Überschneidung<br />

mit dem 30-km-Kreis um Münster gebe.23<br />

Nachdem die Post die Öffentlichkeit hatte<br />

wissen lassen, sie wolle künftige neue Senderbauten<br />

nicht mehr in den Zentren der Städte,<br />

sondern in weniger störanfälligen Gegenden errichten<br />

, bekamen auch kleinere Städte Oberwasser,<br />

lobten ihre Kommune in den höchsten<br />

Tönen, boten Vorleistungen an <strong>und</strong> versuchten -<br />

natürlich - die Nachteile potentieller Konkurrenten<br />

in ein möglichst ungünstiges Licht zu rücken.<br />

Ein Paradebeispiel dafür ist das Gerücht, das im<br />

Februar 1925 durch eine Zeitungsmeldung aufkam<br />

<strong>und</strong> das besagte, der zweite Sender für den<br />

westdeutschen Sendebezirk solle in Monheim,<br />

etwa auf halbem Weg zwischen Köln <strong>und</strong> Düsseldorf,<br />

errichtet werden. Der Bürgermeister der<br />

Nachbargemeinde Langenfeld nahm dies zum<br />

Anlaß an das Reichspostministerium zu schreiben:<br />

»Die Gemeinde Monheim liegt etwa 1 St<strong>und</strong>e von der<br />

Bahnstrecke Köln - Düsseldorf entfernt, ist nur mit der<br />

Kleinbahn, die höchstens alle St<strong>und</strong>en (sie!) fährt, zu<br />

erreichen, liegt also denkbar abgelegen <strong>und</strong> ungünstig<br />

. Das Postamt selbst ist über 1 St<strong>und</strong>e von Monheim<br />

entfernt. Dagegen liegt die Gemeinde Langenfeld<br />

unweit der Bahnstrecke <strong>und</strong> der Provinzial­<br />

Landstraße Köln-Düsseldorf. Um der Reichspostverwaltung<br />

entgegen zu kommen, würde ich für das beabsichtigte<br />

Unternehmen ein durchaus geeignetes<br />

Gr<strong>und</strong>stück in Größe von 2 Morgen, nicht weit gelegen<br />

von Bahnhof <strong>und</strong> vom Postamt Langenfeld , unentgeltlich<br />

zur Verfügung stellen. Bauplätze für Beamtenwohnungen<br />

sind in günstigster Lage vorhanden.«24<br />

Auch die Stadt Opladen reihte sich in die Bewerberschar<br />

mit dem Angebot ein, Gelände auf einem<br />

Berg innerhalb der Stadt oder in Richtung<br />

des nördlich · gelegenen Nachbarortes Bergisch­<br />

Kirchen zur Verfügung zu stellen,25 wahrend der<br />

Bürgemeister von Monheim schlicht <strong>und</strong> einfach<br />

die Zeitungsmeldung über den (angeblichen)<br />

neuen Senderstandort aufgriff <strong>und</strong> es begrüßte,<br />

daß die Station in seiner Stadt errichtet werden

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!