1998, 24. Jahrgang (pdf) - Studienkreis Rundfunk und Geschichte
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40 <strong>R<strong>und</strong>funk</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong> 24 (<strong>1998</strong>)<br />
schließlich mit der ideologischen Offensive gegen<br />
den Kommunismus beschaftigte. Als Sitz<br />
des als »privat« bezeichneten Komitees wurde<br />
New York gewahlt, das schon wahrend des<br />
Zweiten Weltkrieges ein wesentliches Zentrum<br />
des politischen Exils aus Europa gewesen war.<br />
ln der Satzung verpflichtete sich das NCFE vor<br />
allem, den Osteuropaischen Emigrationsführern<br />
in den USA zu helfen, ihre bisherige Arbeit fortzusetzen<br />
<strong>und</strong> jene Einrichtungen bereitzustellen,<br />
mit denen sie den Freiheitsgedanken in ihren<br />
Heimatlandern wachhalten könnten. Bereits vier<br />
Monate spater, bezeichnenderweise am Vorabend<br />
des zehnten Jahrestages des Beginns<br />
des Zweiten Weltkrieges, konnte Dulles - zu diesem<br />
Zeitpunkt Senator des Staates New York -<br />
im US-Kongreß einen ausführlichen Bericht über<br />
die Tatigkeit des NCFE geben. Hier machte er<br />
unter anderem unmißverstandlich deutlich, daß<br />
diese Organisation so lange bestehen bleiben<br />
würde, bis Osteuropa befreit sei. Dann würden<br />
diese Emigranten die Gewahr dafür bieten, daß<br />
ihre Heimatlander demokratisch umgestaltet<br />
würden. »And some day, when the iron curtain<br />
goes, and the East European peoples can again<br />
make their own Jives in their own way, these<br />
exiled Ieaders whom we have befriended, will<br />
return more convinced than ever that the free<br />
and democratic way is best.«6<br />
Im Rückblick ist deutlich, daß viele der harten<br />
Attacken der Republikaner gegen die Containment-Politik<br />
im Kalten Krieg der Wahlkampfsituation<br />
geschuldet waren. Nicht nur die Prasidentschaftswahlen<br />
1948 <strong>und</strong> 1952, auch die<br />
Kongreßwahlen 1946 <strong>und</strong> 1950 nahmen beide<br />
Seiten zum Anlaß, medienwirksam die eigene<br />
Position darzustellen. Unzweifelhaft ist zudem,<br />
daß die für die Republikaner höchst unbefriedigend<br />
verlaufenden Kongreßwahlen ebenso wie<br />
die eskalierende außenpolitische Situation in der<br />
Berlin-Krise 1948/49 <strong>und</strong> im Korea-Krieg 1950/<br />
53 zur Versehartung der Rhetorik gegen die Eindammungspolitik<br />
beitrugen. Nüchtern betrachtet<br />
jedoch waren Befreiungspolitik <strong>und</strong> die »offensive<br />
Variante« der Containment-Politik, wie sie in<br />
der Berlin-Krise, dann aber vor allem im Korea<br />
Krieg sichtbar wurde, eng miteinander verwandt.<br />
Seide zielten auf die Verhinderung einer weiteren<br />
kommunistischen Expansion <strong>und</strong> langfristig<br />
auf die Ablösung der kommunistischen Regimes.<br />
Der zentrale Streitpunkt bestand in den nachsten<br />
Jahren dann auch vor allem darin, wie offensiv<br />
man diese Ablösung öffentlich, vor allem gegenüber<br />
den betroffenen Völkern, vertreten dürfe. Im<br />
Klartext beinhaltete das insbesondere die Frage,<br />
ob man die Bevölkerung in den kommunistisch<br />
beherrschten Staaten zum Aufstand ermuntern<br />
dürfe <strong>und</strong> welche Optionen dem Westen in einem<br />
solchen Fall überhaupt offenstünden. Wich-<br />
tigste Protagonisten dieser Diskussion waren auf<br />
der Seite der Befreiungspolitik John Fester Dulles,<br />
ab 1953 dann Außenminister der Eisenhower-Regierung,<br />
auf der anderen Seite der<br />
»Erfinder« der Containment-Politik, George F.<br />
Kennan, unter der Truman-Administration bis<br />
Ende 1949 Chef der Policy Planning Staff (PPS)<br />
im State Department.<br />
Organisation der Sender<br />
Die Unterschiede zwischen »Eindammungspolitik«<br />
<strong>und</strong> »Befreiungspolitik« verwischen sich<br />
noch mehr, wenn man berücksichtigt, daß viele<br />
jener Organisationen, die die Forderung nach<br />
Befreiung vom Kommunismus praktisch umsetzen<br />
sollten, unter der Truman-Administration gegründet<br />
wurden. Wenn die » Truman-Doktrin«<br />
1947 schon Unterstützung gegen kommunistische<br />
Infiltration angeboten hatte, so ging die<br />
Gründung eines neuen Radiosenders 1949, der<br />
dann schließlich in München etabliert wurde, einen<br />
ganz erheblichen Schritt weiter. »Radio<br />
Freies Europa« (RFE), wie der Sender programmatisch<br />
genannt wurde, war weithin sichtbar<br />
auf das neue Konzept der »Befreiung« zugeschnitten;<br />
die Sendungen wurden vor allem<br />
von Emigranten aus den Osteuropaischen Staaten,<br />
zum Teil aber auch von deutschen Vertriebenen<br />
gestaltet. Daß Charles Douglas Jackson,<br />
einer der konsequentesten Vertreter des »getting<br />
tough with Russia«, als erster Prasident des<br />
NCFE berufen wurde, war daher kein Zufall. Er<br />
selbst erklarte zur Funktion der Radiostation<br />
dann auch völlig unverblümt, der Sinn des Senders<br />
sei in erster Linie, »to create conditions of<br />
turmeil in the countries our broadcasts reached«.7<br />
Formal war RFE der privatrechtliehen Organisation<br />
NCFE unterstellt, »officially unofficial«, 8<br />
wie eine spatere treffende Umschreibung lautete.<br />
Das bedeutete, daß sich der Sender zwar auf<br />
der Gr<strong>und</strong>linie der amerikanischen Regierungspolitik<br />
bewegte, aber von offizieller Seite jede direkte<br />
politische Verantwortung abgelehnt werden<br />
konnte. Dies hatte zur Folge, daß sich RFE <strong>und</strong><br />
auch die 1953 gegründete Schwesterstation,<br />
»Radio Liberation« (RL), weit über die Grenzen<br />
dessen wagen konnten, was offiziell als Propaganda<br />
möglich war, ohne diplomatische Verwicklungen<br />
<strong>und</strong> wirkliche Konsequenzen fürchten zu<br />
müssen. Faktisch waren sowohl RFE als auch<br />
RL wie natürlich auch bereits anlaßlieh der<br />
Grandung der Sender gemutmaßt wurde, auf<br />
das engste mit der offiziellen Regierungspolitik<br />
der Truman- <strong>und</strong> Eisenhower-Administration verwoben.