1998, 24. Jahrgang (pdf) - Studienkreis Rundfunk und Geschichte
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28 <strong>R<strong>und</strong>funk</strong> <strong>und</strong> <strong>Geschichte</strong> 24 (<strong>1998</strong>)<br />
Erfolg winkte. Das war in der Regel der Fall bei<br />
den Sendern. die zur außenpolitischen lnstrumentalisierung<br />
zumeist in dünn besiedelten<br />
Grenzregionen gebaut werden sollten, <strong>und</strong> zwar<br />
gegen die innere Überzeugung der Post, die<br />
damit eine unheilvolle Entwicklung heraufziehen<br />
sah, wie sie sich zwar nicht sofort, aber im Laufe<br />
der Zeit auch tatsachlich einstellte. So formulierte<br />
der Reichspostminister in einem Brief an das<br />
Preußische Staatsministerium:<br />
»Ich würde es auch aus allgemeinpolitischen Gründen<br />
für untunlich halten, einen internationalen Wettstreit<br />
dahingehend zu entfachen, daß an wichtigen<br />
Grenzpunkten, wie z.B. Gleiwitz, Königsberg (Pr.),<br />
Flensburg, Aachen, Trier, Kaiserslautern, Freiburg<br />
(Breisgau) <strong>und</strong> dergl[eichen] mehr Sender mit einer<br />
Leistung aufgestellt werden, die die Leistung des<br />
nächstgelegenen ausländischen Senders auf jeden<br />
Fall übertrifft. Es würde dies zur Folge haben, daß<br />
das Ausland ebenfalls Sender mit großer Leistung<br />
möglichst nahe der deutschen Grenze aufstellen<br />
würde.«38<br />
Damit hatte der Reichspostminister alle außenpolitisch<br />
neuralgischen Punkte angesprochen,<br />
um die zum Zeitpunkt seines Schreibens - September<br />
1927 - bereits Sender mit außenpolitischer<br />
Zielsetzung errichtet worden waren bzw. in<br />
den Folgejahren noch gebaut werden sollten.<br />
Das Feilschen begann im April 1925 mit dem<br />
Ringen um den Sender Freiburg. Als er zunachst<br />
bei der Reichspost nicht weiterkam, wandte sich<br />
der Freiburger Oberbürgermeister an den<br />
Reichstagsabgeordneten Rudolf Breitscheid, um<br />
ihn für seine Idee zu gewinnen. Als Vorwand<br />
diente der Sender Basel <strong>und</strong> seine angeblich<br />
französische Unterwanderung<br />
»Der Baseler Sender wird bei der heutigen, stark<br />
französisch betonten Kulturstellung Basels zweifelsohne<br />
eine recht unliebsame Beeinflussung der<br />
Oberrheinischen Grenzbevölkerung bringen, der unter<br />
allen Umständen durch rasche Errichtung eines<br />
Zwischensenders in Freiburg entgegengearbeitet<br />
werden muß. Dies ist um so notwendiger, als das<br />
Bedürfnis der elsässischen Bevölkerung nach deutschen<br />
Kunst- <strong>und</strong> Literaturdarbietungen in ständig<br />
steigendem Maße zum Ausdruck kommt.«<br />
Der Sender sei nicht so sehr von örtlichem Belang,<br />
sondern »als kulturpolitischer Grenzposten<br />
in der Südwestecke des Reiches.«39 Von diesem<br />
Hinweis, daß es nicht so sehr um eigene<br />
egoistische Interessen der Stadt gehe als vielmehr<br />
um eine gesamtstaatliche Aufgabe, versprach<br />
sich der Freiburger Oberbürgermeister<br />
offenbar eine nachhaltige Wirkung, was sie - die<br />
Stadt - aber wenig spater nicht davon abhielt,<br />
sich mit mehr als 12 500 RM an den Instandsetzungskosten<br />
für die vorgesehenen Raumlichkeiten<br />
des Sendebetriebs zu beteiligen <strong>und</strong> zweieinhalb<br />
Jahre auf Mieteinnahmen in gleicher Hö-<br />
he zu verzichten. Die Stadtvater rechtfertigten<br />
den Griff in den Stadtsackel mit Ersparnissen für<br />
die <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>teilnehmer in einer geschatzten<br />
Höhe von 100 000 RM, da sie statt teurer Röhrenempfanger<br />
nur einfache Detektorapparate<br />
sich anschaffen müßten. Zudem stehe der Stadt<br />
künftig ein außergewöhnliches Werbemittel zur<br />
Verfügung, um »ihre kulturelle <strong>und</strong> wirtschaftliche<br />
Vormachtstellung im badischen Oberland<br />
<strong>und</strong> spater wohl auch wieder in den Grenzgebieten<br />
zu festigen <strong>und</strong> weiter auszubauen.«40 Im<br />
übrigen sollte die erstmals in Freiburg praktizierte<br />
finanzielle Beteiligung einer Stadt an einem<br />
Senderbau reichsweit Schule machen, konnte<br />
damit einerseits die jeweilige Stadt ihr nachdrückliches<br />
Interesse unterstreichen <strong>und</strong> andererseits<br />
Reichspost <strong>und</strong> regionale <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>gesellschaft<br />
außerdem ihr eigenes finanzielles Engagement<br />
entsprechend reduzieren .<br />
Der grenznahe Senderbau setzte sich fort in<br />
Flensburg <strong>und</strong> Gleiwitz. Für Flensburg hatte<br />
schon im Februar 1925 der Verein der Funkfre<strong>und</strong>e<br />
sowie der Verein für Handel <strong>und</strong> Industrie<br />
die Errichtung eines Senders verlangt, 41 die<br />
Post sich jedoch zu einer ökonomischen <strong>und</strong><br />
nicht politischen Lösung entschieden <strong>und</strong> im<br />
Marz 1926 einen Sender am Sitz des schleswigholsteinischen<br />
Oberpräsidenten <strong>und</strong> in Kiel in<br />
Dienst gestellt. Erst in einem zweiten Anlauf kam<br />
auch die Grenzstadt Flensburg zum Zug. Aber<br />
nicht der Magistrat in Flensburg, sondern derjenige<br />
von Schleswig hatte eine neue Kampagne<br />
zugunsten eines Senders in der Nordmark entfacht,<br />
<strong>und</strong> zwar mit dem Hinweis, Danemark plane<br />
in Kai<strong>und</strong>borg seinerseits eine Sendestation,<br />
die im deutsch gebliebenen Teil von Schleswig<br />
gut gehört werden könne. Mit einem Sender auf<br />
deutschem Boden könne hingegen »die Verbindung<br />
mit dem übrigen deutschen Vaterlande wesentlich<br />
enger geknüpft <strong>und</strong> das Deutschtum im<br />
Kampfgebiet gekraftigt werden«, begründete die<br />
Stadt Schleswig ihr Anliegen. 4 2 Ihr sek<strong>und</strong>ierte<br />
der in Flensburg beheimatete Landesvorstand<br />
des Schleswig-Holsteiner-B<strong>und</strong>es, der sich auf<br />
beunruhigende Stimmen aus der Bevölkerung<br />
berief, die sich von den »deutschen Behörden in<br />
dem schweren Kampf um die Erhaltung des<br />
Deutschtums in Nordschleswig«, also nördlich<br />
der deutsch-danischen Grenze, vernachlassigt<br />
fühlte. Der Sender in Kiel sei viel zu schwach,<br />
um eine diesbezügliche Rolle spielen zu können.43<br />
ln seiner Stellungnahme zu einem neuen<br />
Sender in Schleswig-Holstein wies <strong>R<strong>und</strong>funk</strong>kommissar<br />
Bredow auf die Wellenknappheit <strong>und</strong><br />
die ungünstige wirtschaftliche Lage von Post <strong>und</strong><br />
<strong>R<strong>und</strong>funk</strong> hin, die geböten, nur rentable Sender<br />
zu bauen. Er regte aber wegen der »allgemein<br />
anerkannten politischen Notwendigkeit« an, den