bauchtänzerInnen In ägyPten - Norient
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So, 15.1.12, 21.15 uhr, turNhAllE progr<br />
WanloV the kubolor –<br />
der trIckster aus accra<br />
WANlov thE kubolor, ghANAiSch-ruMÄ-<br />
NiSchEr hErkuNft, lÄuft bArfuSS durch<br />
diE StrASSEN AccrAS Mit rAStAMÄhNE uNd<br />
rock, Eckt iN tv-SENduNgEN AN uNd SchockiErt<br />
durch SpiElEriSch-dErbES vokAbulAr.<br />
Er iSt dAS ENfANt tErriblE voN<br />
ghANAS hiplifE, jENEr MAl SüSSlich-koM-<br />
MErziEllEN, MAl progrESSivEN MiSchuNg<br />
AuS highlifE uNd rAp.<br />
schWErpunkt<br />
20<br />
megafon nr. 363, Januar 2012<br />
Er ist das, was wir in unseren Breiten<br />
einen Paradiesvogel nennen<br />
würden. Barfüssig läuft er durch die<br />
Strassen Accras mit Rastamähne<br />
und Rock, eckt in TV-Sendungen an,<br />
schockiert durch spielerisch-derbes<br />
Vokabular. <strong>In</strong> Ghanas Hiplife, jener<br />
mal süsslich-kommerziellen, mal<br />
progressiven Mischung aus Highlife<br />
und Rap nimmt er die Position des<br />
enfant terrible ein. Wanlov The Kubolor<br />
ist ein witziger Sonderling, ein<br />
temporeicher Trickster, der vagabundierend<br />
zwischen rasantem Pidgin-Rap<br />
und urwüchsigem Gypsy-<br />
Sound seine ganz eigene Musikwelt<br />
kreiert hat.<br />
Eigentlich heisst der in Rumänien<br />
geborene und seit früher Kindheit<br />
in Ghana aufgewachsene Musiker<br />
Emmanuel Owusu-Bonsu. Sein<br />
Künstlername bildete sich in Etappen<br />
heraus: «Auf der Highschool<br />
hatte ich den Spitznamen Spooky,<br />
aber als ich dann mit der Musik anfing,<br />
sagte man mir, Spooky sei ein<br />
negatives, abfälliges Wort», erinnert<br />
er sich. «Ich begann also, den Namen<br />
Wanlov zu verwenden, denn<br />
ich hatte damals schon Dreadlocks,<br />
war ein Rasta. Kubolor kam später<br />
dazu. Nach einem Konzert kamen<br />
ein paar Ghanaer zu mir und sagten:<br />
‹Von deinen Texten her bist du ein<br />
richtiger Kubolor.› <strong>In</strong> Ghana runzelt<br />
man zwar eher die Stirn über dieses<br />
Wort, denn es heisst Vagabund. Für<br />
mich aber ist das positiv: Kubolor<br />
ist für mich ein Entdecker, er hat<br />
jugendliche Energie, wie Peter Pan.<br />
Der Name erinnert mich an meine<br />
Kindheit, als ich soviel gelernt habe,<br />
auf meinen Streifzügen durch den<br />
Busch, in den Kletterbäumen, am<br />
Fluss.»<br />
green card<br />
Wanlovs Freiheitsdrang äussert<br />
sich unter anderem darin, dass er<br />
schon kurz vor seinem Schulabschluss<br />
aus dem Unterricht ausbüxt,<br />
um ausserhalb des Klassenzimmers<br />
frühe Gehversuche im Pidgin-<br />
Rap zu unternehmen. Sein Partner<br />
ist dabei der fast gleichaltrige M3nsa,<br />
Sohn von Tumi Ebo Ansah, einst<br />
Gitarrenlegende der Afrorocker von<br />
Osibisa. Eine Partnerschaft, die noch<br />
viele Früchte tragen wird. Doch zunächst<br />
verlieren sich die beiden aus<br />
den Augen, denn Wanlov geht nach<br />
dem Abschluss in die USA, wo er<br />
mehrere Jahre lebt. Seine Erfahrungen<br />
als ghanaischer Rumäne in<br />
der Neuen Welt giesst er schliesslich<br />
in die Scheibe «Green Card».<br />
Das ungeheuer vielfältige Debüt, vor<br />
originellem Sampling strotzend, erscheint<br />
auf Pidgin Music, das Label<br />
des progressiven ghanaischen Produzenten<br />
Panji Anoff.<br />
«Ich habe sieben Jahre in den<br />
Staaten gelebt und nach meiner<br />
Rückkehr verarbeitete ich diese<br />
ganze Emigrantenthematik auf dem<br />
Album», sagt Wanlov. Sein Aufbegehren<br />
gegen die Einteilung von<br />
Menschen in Hautfarben formuliert<br />
er in Songs wie «My Skin», wohingegen<br />
es bei «Human Being», ein Song,<br />
den er für die UNICEF schreibt,<br />
um den Handel mit Kindern geht.<br />
Doch auch die Ghanaer_innen und<br />
ihr Alltag sind Thema auf diesem<br />
Album mit den Zügen eines turbulenten<br />
Hörspiels, sei es das Essen in<br />
«Chop Time» oder das berüchtigte<br />
ghanaische Lauffeuer der Gerüchte<br />
in «Kokonsa», das auf einem Fela<br />
Kuti-Loop aufbaut.<br />
yelloW card<br />
Nach diesem fulminanten Albumstart<br />
zeigt Wanlov den Ghanaern<br />
2010 in CD-Form passend zur<br />
Fussball-WM augenzwinkernd die<br />
«Yellow Card», das allerdings nur<br />
ein Randthema seines Hauptprojektes<br />
ist. Denn er hat wieder das<br />
Teamwork mit seinem alten Schulfreund<br />
M3nsa aufgenommen. Die<br />
beiden nennen sich fortan FOKN<br />
Bois – was angeblich «Fear Of Knowing<br />
Nothing» heisst: «Das haben<br />
wir für die konservativen Leute erfunden»,<br />
grinst Wanlov schelmisch.<br />
«Aber wir können es in jede beliebige<br />
Abkürzung ändern, zum Beispiel:<br />
‹Fast Orange Karate Ninjas›. Dabei<br />
ist ‹fokn› im Ghanaischen kein sexuelles<br />
Verb, sondern ein Adjektiv, wie<br />
töricht oder dumm. Wenn du etwas<br />
machst, was die anderen aufregt,<br />
dann kann sogar deine Grossmutter<br />
dich in aller Öffentlichkeit ‹fokn boy›<br />
nennen. Es ist nicht vulgär.»<br />
Erstes Resultat seiner Zusammenarbeit<br />
mit M3nsa wird der<br />
30-minütige Film ‹Coz Ov Moni› –<br />
das erste Pidgin-Musical der Musikgeschichte:<br />
«Die Idee war, ein Konzeptalbum<br />
zu machen, auf dem wir<br />
zeigen, was zwei Typen einen Tag<br />
lang in Accra passiert. Während wir<br />
daran arbeiteten, wurde es zu einem<br />
Film und jetzt ist es ein langes Musical.<br />
Wir zeigen die durchschnittliche<br />
Realität in Ghana, ohne Hochglanz.<br />
Der Film hat über Ghana hinweg<br />
Aufsehen erregt: Wo auch immer<br />
die Jugendlichen uns sehen, fangen<br />
sie an zu rappen. Für mich schliesst<br />
sich da ein Kreis: Als wir in dem Alter<br />
waren, haben wir amerikanische<br />
Rapper imitiert, jetzt kopieren die<br />
amerikanischen Kinder die afrikanischen<br />
Jungs.»<br />
broWn card<br />
Nach dem Erfolgsfilm verschlug<br />
es die Fokn Bois von der Strassenrealität<br />
Accras mitten ins Herz<br />
von Ungarn – zusammen mit der<br />
Budapester Band Irie Maffia war<br />
nach wenigen Tagen ein grandioses<br />
Album mit hitverdächtigem Afro-<br />
Technodub im Kasten. Das Treffen<br />
kam auf Vermittlung der ghanaischungarischen<br />
Rapperin Sena Daga-<br />
du zustande, die die beiden noch<br />
aus Jugendtagen kennen und die<br />
mittlerweile den ungarischen Produzenten<br />
Élu Márton von der Irie<br />
Maffia geheiratet hat. «Wir waren<br />
fünf Tage in Budapest», rekapituliert<br />
Wanlov. «Jede Nacht haben wir<br />
auf der Bühne gestanden und tagsüber<br />
Aufnahmen gemacht. Am Ende<br />
hatten wir acht Songs. Sie beherbergten<br />
uns, nahmen uns auf, fütterten<br />
uns, weckten uns, hielten uns<br />
wie Sklaven! Der Titel, ‹The FOKN<br />
Duna Quest in Budapest› bedeutet<br />
übrigens, dass wir während unseres<br />
Aufenthalts nach Frauen mit grossen<br />
Hintern gesucht haben.»<br />
›<br />
schWErpunkt<br />
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