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bauchtänzerInnen In ägyPten - Norient

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EitSchulE – StAdt, WiE WEitEr?<br />

reboot reItschule statt neVerend<strong>In</strong>g<br />

leIstungsVertrags-story<br />

Ab 2012 iSt dAS AutoNoME kultur- uNd<br />

bEgEgNuNgSzENtruM rEitSchulE NAch Acht<br />

jAhrEN WiEdEr ohNE kultur-lEiStuNgSvErtrAg.<br />

MAcht Nix – diES gibt dEr rEit-<br />

SchulE WiE Auch dEr StAdt diE chANcE<br />

Auf EiNEN NEuANfANg. dENN dEr kulturpolitSoziAlE<br />

friEdE iN dEr StAdt bErN<br />

StEht uNd fÄllt Mit dEN frEirÄuMEN<br />

jENSEitS voN club-chic, uNiforMEN uNd<br />

bürokrAtiSchEN WürgEgriffEN.<br />

aus gutEM hausE<br />

24<br />

megafon nr. 363, Januar 2012<br />

Dass der von der Mitte-Rechts-<br />

Stadtratsmehrheit durchgeboxte, auf<br />

die Dauer von einem Jahr reduzierte<br />

Leistungsvertrag innerhalb der Reitschule<br />

derart stark auf Ablehnung<br />

stiess, war selbst für hartgesottene<br />

Leistungsvertrags-Gegner_innen<br />

eine Überraschung.<br />

<strong>In</strong> den Monaten zuvor hatten die<br />

Reitschüler_innen an verschiedenen<br />

Vollversammlungen zum 4-Jahres-<br />

Leistungsvertrag 2012-2015 1 noch<br />

Ja gesagt – wenn auch zähneknirschend<br />

angesichts der absurden<br />

Forderungen aus dem Stadtrat. Der<br />

Konsens war: Ja zu Leistungsverträgen,<br />

aber nicht zu jedem Preis.<br />

Nicht bestanden haben diesen<br />

«Preisvergleich» die sturen Ränkespielchen<br />

von GFL und BDP, welche<br />

die Motion Mozsa plus weitere schikanöse<br />

Forderungen im Leistungsvertrag<br />

unterbringen und damit auf<br />

dem Buckel der Reitschule eigentlich<br />

den Gemeinderat abstrafen<br />

wollten.<br />

Nun wird sich die Reitschule<br />

im Jubiläumsjahr 2012 – 25 Jahre<br />

Wiederbesetzung und 30 Jahre<br />

AJZ-Räumung – Zeit nehmen,<br />

um über neue (Vertrags-)Formen<br />

und die Zusammenarbeit mit der<br />

Stadt nachzudenken. Dies notabene<br />

in einer Situation, wo auch die<br />

Stadt nicht so recht weiss, wie sie<br />

sich verhalten soll. Im städtischen<br />

Wahlkampfjahr eigentlich ein Paradies<br />

für Scharfmacher_innen. Diese<br />

täten jedoch besser daran, endlich<br />

die brennenden politischen Baustellen<br />

in der Stadtberner Ausgangs-,<br />

Nachtleben-, Jugend-, Drogen- und<br />

Polizei-Politik anzugehen…<br />

geranIuM-ch<strong>In</strong>dlIFrässer<br />

ruhen <strong>In</strong> Wüsten der<br />

ordnung<br />

War die Reitschule 1981/82 und<br />

bei der Wiederbesetzung 1987 der<br />

(fast) einzige Kulturort in der Wüste<br />

der bernischen (Geranium-)Ordnung,<br />

so ist sie heute inmitten von<br />

vielen kommerzielle(re)n Clubs und<br />

Kulturlokalen (die zum Teil aus dem<br />

Umfeld der Reitschule entstanden,<br />

aber nicht für alle offen oder attraktiv<br />

sind) ein gefragter Freiraum und<br />

wichtiger Treffpunkt in der Wüste<br />

der bernischen (Regierungsstatthalter-)Ordnung<br />

geworden. Und diese<br />

ist so öde wie eh und je: Viele<br />

Quartier- und Gassenbeizen wurden<br />

in den letzten Jahren geschlossen,<br />

Ausgangsorte wie Formbar, Wasserwerk<br />

und Sous-Soul sind bereits<br />

Geschichte, das neu aufgeschlagene<br />

Kapitel Bollwerk erst ab 23<br />

Jahren und mit Freundschaftskarte<br />

zugänglich, der Rest ebenfalls<br />

meist altersbeschränkt, teuer oder<br />

dumpfbackig, das Casa Marcello<br />

den einen zu gassig, das Dead End<br />

den anderen zu unheimlich und der<br />

öffentliche Raum gepflastert mit Polizei,<br />

Pinto, Securitas und sonstigen<br />

unfreundlichen Zurechtweiser_innen:<br />

Wer, ob jugendlich, erwachsen,<br />

unternehmungslustig und/<br />

oder reitschule-müde, sein Glück<br />

im Berner Nachtleben sucht, landet<br />

schnell (wieder) in der Reitschule<br />

und vor allem auf deren Vorplatz –<br />

dem Anfang und Ende der urbanen<br />

Stadtberner Ausgangs-Meile, der Piazza<br />

für Gestrandete, wo neben Tausenden<br />

anderen auch einige Kinder<br />

von GFL- und BDP-Politiker_innen<br />

mithelfen, an den Reitschule- und<br />

Piratenbars Umsatz und «Kapital<br />

dem Kampf» zu erwirtschaften.<br />

drogen, PolIzeI<br />

und PolItIk<br />

Der Vorplatz war schon immer<br />

Pufferzone und Brachland, eine unsichtbare<br />

Grenze zwischen drinnen<br />

und draussen, Prellbock der Verdammten.<br />

Nach der polizeilichen<br />

Räumung von Vorplatz-Wagenburg<br />

und –Bar Mitte der 1990er-Jahre<br />

und der massiven <strong>In</strong>nenstadt-Repressionswelle<br />

gegen Drogenszene<br />

und –dealende ab 1998 verlagerten<br />

sich phasenweise diese Szenen auch<br />

auf die Schützenmatte und in das<br />

Benutzungs-Vakuum auf dem Vorplatz.<br />

Damit nahmen auch die Polizeieinsätze<br />

zu – allen voran diejenigen<br />

der Grenadiereinheit «Krokus».<br />

Zuvor hatte lange Jahre die Weisung<br />

des früheren Polizeidirektors Albisetti<br />

gegolten: keine Einsätze bei der<br />

Reitschule. Die von der damaligen<br />

Stadtpolizei-Führung gedeckten und<br />

zum Teil rassistischen und brutalen<br />

Einsätze von Krokus führten schnell<br />

zu Auseinandersetzungen zwischen<br />

Reitschüler_innen und einzelnen<br />

Polizist_innen. Diese gipfelten 2003<br />

– im Jahr der Verhandlungen für den<br />

1. Leistungsvertrag 2004-2007 – in<br />

heftige Strassenschlachten. 2 Daraufhin<br />

wurde der Reitschule in<br />

den Verhandlungen eine zusätzliche<br />

Sicherheitsvereinbarung aufgezwungen<br />

(heute: Vereinbarung<br />

über Abläufe und Kommunikation)<br />

und die Polizeiführung konnte sich<br />

ein Plätzchen an den regelmässigen<br />

Stadtgesprächen sichern und seither<br />

Krokodilstränen über «regelmässige<br />

Behinderungen» der Polizeiarbeit<br />

und Übergriffe gegen Polizeipatrouillen<br />

vergiessen.<br />

Dass «Krokus» und neu ebenfalls<br />

die zivile Fahndung bei ihren<br />

so genannten <strong>In</strong>terventionen gegen<br />

«mutmassliche Dealer» auch<br />

2011 vor und in der Reitschule oft<br />

mit Übergriffen, Beleidigungen und<br />

Schikaneanzeigen glänzten und die<br />

Atmosphäre zwischen Reitschule<br />

zusätzlich vergifteten, wird von der<br />

Polizeiführung konsequent negiert<br />

und ignoriert.<br />

Es gibt aber auch «Fortschritte»<br />

zu vermelden: Vor gut zehn Jahren<br />

führte der damalige Chef des Waisenhauspolizeipostens<br />

nach einem<br />

brutalen Polizeiübergriff gegen einen<br />

«schwarzen mutmasslichen Dealer»<br />

im Reitschule-<strong>In</strong>nenhof noch die<br />

(ernstgemeinte…) Erklärung an, es<br />

sei halt immer das gleiche mit diesen<br />

Afrikanern, die wollten immer<br />

«dervo däsälä», darum müsse man<br />

mit ihnen «schwingen». 2011 schafft<br />

es der kantonale Polizeidirektor in<br />

seiner Antwort auf die Aufsichtsbeschwerde<br />

wegen der Vorfälle vom 22.<br />

September 2011 («Zivi-Affäre») immerhin,<br />

staatskundliche Ansichten<br />

von Sinn und Zweck der Polizeiarbeit<br />

niederzuschreiben: «Eine Festnahme<br />

bedeutet eine hoheitliche Handlung,<br />

welche gesetzlich vorgesehen<br />

und legitimiert ist. Diese muss die<br />

betroffene Person hinnehmen. <strong>In</strong><br />

einem Rechtsstaat steht jedem Betroffenen<br />

die Möglichkeit der nachträglichen<br />

Überprüfung der Polizeiarbeit<br />

durch die Justiz offen…»<br />

Die Polizei und die Reitschule<br />

vertragen sich nicht nur deswegen<br />

kaum, und das Fazit nach acht<br />

Jahren «Zusammenarbeit» ist bedenklich:<br />

Die Damen und Herren<br />

in Blau sind keine brauchbaren<br />

«Sicherheitspartner_innen» für die<br />

Reitschule, sondern in der subjektiven<br />

Wahrnehmung meist nur eine<br />

zusätzliche Belastung, Bedrohung,<br />

ein Unsicherheits- und Unruhefaktor<br />

– ein Problem.<br />

unIForMen, bürokratIe<br />

und FraktIonszWängereIen<br />

– ne<strong>In</strong>, danke<br />

Neben dem fast alltäglichen Ärger<br />

über und mit der Polizei – seit<br />

der «Zivi-Affäre» ist es übrigens<br />

verdächtig ruhig – sorgte auch die<br />

zur sichErhEitsdiEnst/-konzEpt-dEbattE uM diE rEitschulE<br />

Ein permanenter Sicherheitsdienst in der<br />

Reitschule - was heisst das für uns?<br />

die reitschule war und ist über all die Jahre<br />

ihres bestehens immer wieder mit so gennannten<br />

sicherheits-problemen konfrontiert worden<br />

- drogenkonsum und -handel, repression und<br />

ihre auswirkungen, die üblichen tätlichkeiten an<br />

freitag- und samstagabenden. immer wieder<br />

hat die reitschule auf diese problemstellungen<br />

reagiert, die situationen oder gründe hinterfragt,<br />

lösungen gesucht und auch gefunden.<br />

dabei folgt die reitschule aber anderen<br />

grundsätzen als herkömmliche betriebe. Mit<br />

dem Manifest wurde 1993 ein fundament für<br />

das gemeinsame Miteinander von betreiber_innen<br />

und gästen gelegt - letztmals überarbeitet<br />

wurde dieses Manifest im Jahr 2006.<br />

im alltag bedeutet dies: - wir versuchen konflikte<br />

gewaltfrei zu lösen;<br />

- alle Mitarbeiter_innen und gäste sind teil<br />

dieses konzepts zur gewaltfreien konfliktlösung;<br />

- wir reflektieren erlebte situationen und die<br />

reaktionsweise in diesen;<br />

- wir entwickeln unsere lösungsansätze immer<br />

weiter und passen sie den gegebenen umständen<br />

an;<br />

- nicht alle tages- und nachtzeiten erfordern<br />

das gleiche Mass an präsenz von explizit für die<br />

sicherheit zuständigen reitschüler_innen.<br />

auf die offene drogenszene auf dem Vorplatz<br />

haben wir im sommer 2008 mit der Vorplatzbar<br />

und einem reichhaltigen kulturprogramm<br />

reagiert.<br />

gegen den immer noch stark vertretenen<br />

drogenhandel haben wir im Jahr 2010 die<br />

«Vorplatz-präsenz» ins leben gerufen. Während<br />

der abendlichen öffnungszeiten ist ein team,<br />

zusammengesetzt aus den Mitarbeiter_innen<br />

der unterschiedlichen reitschule-gruppen, dafür<br />

besorgt, dass auf dem reitschule-areal kein<br />

deal stattfindet.<br />

bereits 2009 wurde das dem dachstock angegliederte<br />

«Wellness»-team gebildet. dieses team<br />

wird jedem anlass entsprechend eingesetzt. Es<br />

kontrolliert stempel, bewacht die notausgänge,<br />

ist ebenfalls auf dem Vorplatz präsent, vermittelt<br />

in konfliktsituationen und greift wo nötig<br />

ein, fungiert als ansprechperson, kümmert sich<br />

Bürokratie für Unmut: Mit dem Leistungsvertrag<br />

2008-2011 und dem<br />

Amtsantritt des Regierungsstatthalters<br />

Christoph Lerch nahmen<br />

die obrigkeitlichen Druckversuche<br />

massiv zu: Gewerbepolizei und Regierungsstatthalteramt<br />

versuchten<br />

in ihrer fragwürdigen Rolle als «Bürokratoren»<br />

mit ihrem Paragraphenhammer<br />

auch bei der Reitschule<br />

um betrunkene, sammelt leergut und bringt den<br />

Müll raus. «Wellness» - weil zum Wohlbefinden<br />

zwar auch, aber nicht nur, die sicherheit der<br />

gäste gehört!<br />

diese aktivitäten werden bis zum heutigen tag<br />

weitergeführt und haben sich so von ad-hocgruppen<br />

zu permantenten strukturen entwickelt.<br />

Wir schulen unser personal und bieten<br />

entsprechende kurse an.<br />

Mit all diesem Engagement haben wir es geschafft,<br />

trotz all der widrigen umstände, welche<br />

das leben, die Welt und die stadt uns immer<br />

wieder vor das haus treiben, auf dem Vorplatz<br />

und in der reitschule ein klima zu schaffen,<br />

indem sich unsere besucher_innen offensichtlich<br />

wohl fühlen, denn sonst wäre die reitschule<br />

nicht der beliebte treffpunkt, der sie mittlerweilen<br />

geworden ist.<br />

dass es trotz allem ab und an zu auseinandersetzungen<br />

zwischen gästen oder auch mit der<br />

polizei kommt, unterliegt den mathematischen<br />

gesetzen der Wahrscheinlichkeit - wo sich viele<br />

leute aufhalten, kommt es auch zu zwischenfällen.<br />

in solchen situationen ist die reitschule<br />

stets darum bemüht, so zu reagieren, dass die<br />

sicherheit der gäste und der betreiber_innen<br />

in jedem zeitpunkt im höchst möglichen Mass<br />

gewährleistet ist. Wie diese sicherheit gewährleistet<br />

werden kann, muss jeweils von fall zu<br />

fall entschieden werden.<br />

die reitschule kann nicht mit anderen lokalen<br />

verglichen werden. Wir wollen keine uniformierte<br />

prügel-security, welche probleme<br />

im besten fall verschiebt, teilweise sogar<br />

provoziert, aber sicher nicht löst. uns fehlt kein<br />

sicherheitsdienst im herkömmlichen sinne, denn<br />

wir können uns auf das besonnene und verantwortungsbewusste<br />

Verhalten der besucher_innen<br />

verlassen. dies ermöglicht uns so manche<br />

situation zu entschärfen und zu meistern.<br />

uns fehlt keine engere zusammenarbeit mit<br />

den behörden, denn diese ist im leistungsvertrag<br />

und in der Vereinbarung über abläufe und<br />

kommunikation genügend geregelt.<br />

die reitschule ist anders, auch in der beantwortung<br />

von sicherheitstechnischen fragen. unsere<br />

strukturen bieten «permanenten sicherheitsdienst»<br />

genug.<br />

jegwelche Spur von Leben im Keim<br />

zu ersticken, beziehungsweise mit<br />

Anzeigen zu büssen – eine Taktik,<br />

mit der zur Zeit leider erfolgreich<br />

das ganze Kultur- und Ausgangsleben<br />

in der Stadt Bern in Grund und<br />

›<br />

aus gutEM hausE<br />

megafon nr. 363, Januar 2012 25

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