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Lane und ihr revolutionärer Kämpfer

Eine junge lesbische Frau und ein alter Mann. Höchstens gute Freundschaft würde sich da entwickeln können. Dass es auch zum größten Glück und massivsten Problemen führen kann, wissen Lane und Thomas zu erzählen.

Eine junge lesbische Frau und ein alter Mann.
Höchstens gute Freundschaft
würde sich da entwickeln können.
Dass es auch zum größten Glück
und massivsten Problemen führen kann,
wissen Lane und Thomas zu erzählen.

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Das Ende<br />

Das Ende stand für mich fest, die Frage war nur, wann <strong>und</strong> wie es sich wohl<br />

entwickeln würde. Lymphknoten, Knochen <strong>und</strong> Lunge würden als erstes von<br />

Metastasen befallen. Wenn es sowieso feststand, wollte ich die damit zusammenhängenden<br />

Folterungen <strong>und</strong> Therapien nicht mehr. Einfach umfallen <strong>und</strong><br />

nicht mehr wach werden, wie meine Schwester, welch einfacher <strong>und</strong> qualfreier<br />

Abschied. Aber das Bild konnte ich nicht ertragen, <strong>Lane</strong> weinend an meinem<br />

Grab stehen zu sehen. Man müsste direkt völlig ohne eine Spur aus dieser Welt<br />

verschwinden können. In einen Hochofen springen, wenn das ginge, da bliebe<br />

nichts mehr übrig, oder die Mafia verwendete doch auch so Laugebäder, in denen<br />

sich <strong>ihr</strong>e Opfer ohne irgendwelche Residuen substanzlos auflösten. An so<br />

einen Mist dachte ich. Abgesehen davon wäre es für <strong>Lane</strong> sicher schwerer zu<br />

ertragen, nichts über meinen Verbleib zu wissen, als klare Bedingungen zur<br />

Trauer zu haben. Was es für <strong>Lane</strong> bedeuten <strong>und</strong> wie es sie treffen würde, bedrückte<br />

<strong>und</strong> quälte mich mehr als mein eigenes Schicksal. Ich hatte <strong>ihr</strong> nichts<br />

gesagt, hatte erklärt, es sei etwas mit der Blase, aber erklären könne ich es<br />

nicht richtig. Durch die Biopsie waren wohl Entzündungen entstanden. Ich<br />

konnte die Blase gar nicht mehr entleeren. Mein Bauch wurde dick wie bei einer<br />

Schwangerschaft, dann musste ich darauf drücken <strong>und</strong> konnte Urin ablassen.<br />

Dass funktionierte aber auch nur einige Tage, jetzt ging nichts mehr. Sofort<br />

zur Klink, die Blase wurde entleert, fast sechs Liter hatten sich in meinem<br />

hochschwangeren Bauch angesammelt. Ich sollte stationär bleiben <strong>und</strong> würde<br />

morgen früh operiert.<br />

Das hatte ich nie gewollt<br />

Die Geschichten mit meiner Blase glaubte <strong>Lane</strong> nicht mehr, sie kam nach der<br />

Operation <strong>und</strong> insistierte. Ich konnte es aber nicht sagen. Sie musste zur Toilette.<br />

Als sie zurückkam, setzte sie sich zu mir auf's Bett <strong>und</strong> durchbohrte mich<br />

mit <strong>ihr</strong>em Blick, lange. „Thomas“ sagte sie, machte eine Pause, schüttelte den<br />

Kopf <strong>und</strong> fragte: „Thomas, warum hast du das denn nicht gesagt?“ Ihre Mimik<br />

zeigte fragende, gequälte Züge. <strong>Lane</strong> betrachte mich noch kurz, schob mein<br />

Klinikhemdchen zur Seite <strong>und</strong> legte <strong>ihr</strong>en Kopf auf meine Brust. Bald spürte ich<br />

<strong>ihr</strong>e warme Tränenflüssigkeit auf meiner Haut. Sie hatte es wohl in einem Gespräch<br />

mit einem Arzt herausbekommen, dass ich wegen eines Prostatakarzinoms<br />

operiert worden war.<br />

Genau das alles hatte ich nie gewollt. Zu Beginn unserer Beziehung, war es mir<br />

immer gegenwärtig gewesen, dass derartige Entwicklungen für mich anstehen<br />

könnten, <strong>und</strong> mehr als ein fre<strong>und</strong>schaftliches Verhältnis zu <strong>Lane</strong> sich nicht entwickeln<br />

dürfe. Ich wollte <strong>ihr</strong> junges Leben nicht zur Tröstung meiner Alterseiden<br />

missbrauchen. Das wollte ich jetzt genauso wenig, hatte es nur aus den<br />

Augen verloren. Als wir das hohe Lied unserer Liebe sangen, hatten sich die<br />

Gedanken ans Älterwerden zurückgezogen. Ich wollte entweder allein meine<br />

Qualen ertragen oder vorher selbst bestimmen, wann ich den Zeitpunkt für gekommen<br />

hielt. Dass <strong>Lane</strong> mich sterben sähe, konnte ich mir gar nicht ausmalen,<br />

die Vorstellung zerriss mir jetzt schon das Herz. Ich hatte mit <strong>Lane</strong> leben,<br />

<strong>Lane</strong> <strong>und</strong> <strong>ihr</strong> <strong>revolutionärer</strong> <strong>Kämpfer</strong> – Seite 19 von 23

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