Der Mann mit dem goldenen Arm - Deutscher Fechter-Bund eV
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14<br />
WM IN TURIN<br />
Bei Martin Sch<strong>mit</strong>t war das Ausscheiden<br />
im 32er Feld aus zwei Gründen weniger<br />
ärgerlich: Erstens musste er 2005 in<br />
Leipzig schon in der Runde der letzten 128<br />
raus und verbesserte sich so<strong>mit</strong> in diesem<br />
Jahr. Zweitens war sein Bezwinger kein Geringerer<br />
als der Weltranglistenerste Gabor<br />
Boczko. „Ich habe mich im letzten Jahr taktisch<br />
verbessert“, sah der Schweinfurter in<br />
Diensten des FC Tauberbischofsheim das<br />
Positive an seinem 22. Platz.<br />
Wenn Walter Steegmüller doch Pädagoge<br />
gewesen wäre, dann hätte er seinen<br />
Jungs als Gesamtnote sicher nicht mehr<br />
als eine Vier gegeben. Und wenn der<br />
Heidenheimer zu diesem Zeitpunkt schon<br />
das <strong>Mann</strong>schaftsergebnis erahnt hätte,<br />
wäre die Schulnote nicht besser als 5-6<br />
ausgefallen, wenngleich Steegmüller<br />
zugab: „Ich kann gar nicht<br />
schockiert sein. In den letzten Wochen<br />
war das alles ein bisschen viel.“ Mit dieser<br />
Aussage spielte er auf die allgemeine<br />
Situation der Fachgruppe Herrendegen<br />
an. Gipfel eines äußerst schlechten Jahres<br />
war der öffentlich ausgetragene Streit<br />
zwischen DFB und Steegmüller auf der<br />
einen sowie <strong>dem</strong> kurz vor der WM ausgebooteten<br />
Wolfgang Reich auf der anderen<br />
Seite.<br />
A<br />
uch ohne Medaille hatte<br />
Alexandra Bujdoso allen Grund<br />
zu strahlen. Als 16-Jährige das<br />
Finale einer Aktiven-WM zu erreichen und<br />
dort erst an der Olympiasiegerin zu scheitern,<br />
das rief die versammelte deutsche<br />
Journalistenschar auf den Plan. Als sich<br />
die Koblenzerin der zahlenmäßigen Übermacht<br />
gegenübersah, sagte sie spontan:<br />
„Ich glaube, ich gehe wieder“, und grinste<br />
sich eins. Schüchtern ist die Neuntklässlerin<br />
jedoch keinesfalls, schon gar<br />
nicht auf der Planche. Das „Küken“ der<br />
deutschen Equipe hinterließ einen glänzenden<br />
Eindruck. Nach Siegen gegen die<br />
Olympiazweite Xan Tue aus China und<br />
Dem Heidenheimer wurden gesundheitliche<br />
Probleme und Trainingsrückstand<br />
nachgesagt, weshalb Reich eine Woche vor<br />
<strong>dem</strong> WM-Start aus der <strong>Mann</strong>schaft flog.<br />
<strong>Der</strong> Degenfechter drohte <strong>mit</strong> Schadensersatzklagen,<br />
die Ruhe war spätestens zu<br />
diesem<br />
„<br />
Zeitpunkt verflogen.<br />
„So etwas wie gegen Rumänien kann,<br />
darf aber nicht passieren.“ Jörg Fiedler<br />
Da<strong>mit</strong> aber nicht genug: Reich verschickte<br />
eine E-Mail an Zeitungen, <strong>Mann</strong>schaftskollegen,<br />
Trainer und den Verband, in denen<br />
er öffentlich den Rücktritt von Walter Steegmüller<br />
forderte. „Ich kann hier auch nicht<br />
befreit arbeiten, wenn ich daran denke, dass<br />
zu Hause auf meinem Schreibtisch noch<br />
jede Menge ungeöffnete Post liegt“,<br />
gestand der Degenbundestrainer ein. Die<br />
Niederlage gegen Rumänien ist in kleinen<br />
Teilen zu erklären: <strong>Der</strong> Verband aus <strong>dem</strong><br />
ehemaligen Ostblockstaat hat nicht genügend<br />
Geld, um sein Team auf Weltcups zu<br />
schicken, wenngleich die rumänischen<br />
die vorjährige WM-Dritte Ilaria Bianco<br />
war erst Olympiasiegerin Mariel Zagunis<br />
(USA) beim 10:15 zu stark für die<br />
Juniorenvizeweltmeisterin, die Achte<br />
wurde. „Sie ist noch zu schwer für mich.<br />
Vielleicht hatte ich innerlich auch zu viel<br />
Respekt“, sagte Bujdoso, die jüngste<br />
deutsche WM-Teilnehmerin überhaupt.<br />
<strong>Mann</strong>schaft fehlte der Spaß<br />
„Das war schon eine Superleistung. Sie<br />
ist das größte Talent, das wir je in<br />
Deutschland hatten. Aber das darf über<br />
das Ergebnis der anderen nicht hinwegtäuschen“,<br />
sagte Säbelbundestrainer<br />
Einzelfechter allesamt top sind. Deshalb<br />
wird Rumänien auf der Weltrangliste <strong>mit</strong><br />
null Punkten geführt. Deutschland war als<br />
Weltranglistenzweiter gesetzt und bekam<br />
so<strong>mit</strong> einen vermeintlich leichten Gegner<br />
zugelost. Aber eben nur vermeintlich. „So<br />
etwas wie gegen Rumänien kann, darf aber<br />
nicht passieren“, gestand <strong>Mann</strong>schaftskapitän<br />
Jörg Fiedler ein und redete danach<br />
Klartext: „Wir haben seit 2003 Stress in der<br />
Fachgruppe. Bis heute sind Probleme nicht<br />
gelöst.“<br />
Die Sorgen, die sich anhäuften, seien<br />
immer wieder beiseite geschoben worden,<br />
weil die Erfolge da waren, zielt Fiedler auf<br />
Silber in Havanna, Bronze bei Olympia in<br />
Athen und wiederum Silber bei der Heim-<br />
WM in Leipzig ab. „Wir müssen endlich alle<br />
an einem Strang ziehen und offen <strong>mit</strong>einander<br />
umgehen“, fordert der 28-Jährige.<br />
Es bringe nur etwas, wenn man sich <strong>mit</strong><br />
seinen Trainingspartnern auch verstehe. Es<br />
nütze nichts, wenn man genau weiß, dass<br />
der <strong>Fechter</strong> gegenüber noch vor wenigen<br />
Tagen über dich gelästert hat oder du <strong>mit</strong>bekommen<br />
hast, dass er sich freut, wenn<br />
du auf einem Weltcup schlecht abschneidest.<br />
„Wir benötigen eine große Lösung“,<br />
forderte er vom DFB.<br />
Michael Fürst<br />
WM-Damensäbel<br />
„Juwel“ Alexandra Bujdoso glänzte<br />
Eero Lehmann. Zwei deutsche <strong>Fechter</strong>innen<br />
standen bereits in der ersten<br />
Runde vor schweren Aufgaben: Sybille<br />
Klemm (Eislingen) verlor gegen <strong>Mann</strong>schaftsweltmeisterin<br />
Sada Jacobsen<br />
(USA) <strong>mit</strong> 9:15. Amelie Zerfass (Tauberbischofsheim)<br />
unterlag Zagunis 9:15. Die<br />
Dormagenerin Stefanie Kubissa enttäuschte<br />
beim 11:15 gegen Seira<br />
Nakayama aus Japan. Für Bujdosos Vater<br />
und Trainer Imre hat der Achtungserfolg<br />
seiner Tochter un<strong>mit</strong>telbare Folgen: <strong>Der</strong><br />
Olympiasieger <strong>mit</strong> der ungarischen<br />
Säbelmannschaft von 1988 musste sich,<br />
nach einer verlorenen Wette, eine Glatze<br />
scheren lassen.