Dokumentation herunterladen | PDF 4,84 MB - Evangelische Kirche ...
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KIRCHE ALS AKTEUR FÜR INKLUSION<br />
IN DER GESELLSCHAFT<br />
Sehr geehrte Sportbegeisterte,<br />
sehr geehrte Herren und Damen,<br />
unsere beiden <strong>Kirche</strong>n haben eine lange und komplexe<br />
Geschichte wenn es um die Wahrnehmung und den<br />
Umgang mit der Lebensrealität Behinderung geht. Über<br />
weite Strecken dieser Geschichte war die Erfahrung<br />
von Exklusion für Menschen mit Behinderung sowohl<br />
in den <strong>Kirche</strong>n wie in der Gesellschaft dominant.<br />
Meiner eigenen Geschichte und Profession als katholischer<br />
Theologin ist geschuldet, dass ich im Rahmen<br />
meines Beitrages stärker die katholischen Gegebenheiten<br />
in den Blick nehme und auch diese stärker kritisiere<br />
als die der heute gastgebenden <strong>Kirche</strong>.<br />
Es gibt einen wunderbaren Begriff in <strong>Kirche</strong> und Theologie,<br />
der durchaus als Kontrastbegriff zu Begriffen<br />
wie „exklusiv“ und „ausgeschlossen-sein“ betrachtet<br />
werden kann. Dieser Begriff heißt „communio“. Die<br />
(Abend-) Mahlgemeinschaft in Christus, die wir mit<br />
diesem Begriff bezeichnen, fragt nicht nach Behinderung<br />
oder Einkommen oder Geschlecht. Zu ihr sind wir<br />
qua Taufe berufen und nichts und niemand kann uns<br />
von ihr ausschließen – es sei denn wir begehen eine<br />
so schwere Sünde, dass wir uns nach katholischem<br />
Verständnis im Extremfall exkommunizieren würden.<br />
Nun möchte ich Sie einmal fragen, wer denn in Ihrer<br />
Gemeinde alles zur Communio gehört? Oder gibt es<br />
da extra Gottesdienste für die Obdachlosen und für die<br />
kfd und für die Kleinstkinder und für die Motorradfahrer-<br />
Innen und für die Kranken und die Behinderten haben<br />
dann noch einen in ihrer Einrichtung?<br />
Keine Sorge, ich will jetzt nicht die Errungenschaften<br />
einer zielgruppenspezifischen Pastoral verdammen<br />
64<br />
Dr. Simone Bell-D’Avis<br />
oder karikieren. Diese ist in beiden großen <strong>Kirche</strong>n eine<br />
Errungenschaft und insbesondere in der katholischen<br />
<strong>Kirche</strong> gilt es achtzugeben, dass diese Errungenschaft<br />
nicht der Forderung nach dem Kerngeschäft geopfert<br />
wird.<br />
Falsch wird diese Zielgruppenorientierung aber immer<br />
dann, wenn aus ihr eine Separierung resultiert, die dazu<br />
führt, dass man aus dem Blick verliert, dass man eine<br />
Gemeinschaft bildet und wenn man nicht nur aus dem<br />
Blick, sondern völlig aus seinem Handlungsrepertoire<br />
verliert, dass man einen wirklichen Gottesdienst eigentlich<br />
nur dann feiert, wenn Menschen in ihrer unendlichen<br />
Verschiedenheit eins sind in Christus – und<br />
nicht eins in ihrem Aussehen, ihrem Einkommen, ihren<br />
besonderen Bedürfnissen, ihrer Vereinszugehörigkeit<br />
oder ihrem kleinkindlichen Lebensalter.<br />
Nun haben wir aber in unserer <strong>Kirche</strong> nicht nur die<br />
Mahlfeiern häufig zielgruppenspezifisch aufgeteilt,<br />
sondern – so zumindest auf katholischer Seite – ganze<br />
Bistumsverwaltungen und ich vermute mal in den<br />
Landeskirchen ist das nicht viel anders.<br />
Wer ist nun zuständig, wenn ein Messdiener mit Behinderung<br />
an einer Jugendwallfahrt teilnehmen will<br />
oder wenn eine Frau mit Querschnittslähmung an Exerzitien<br />
im Alltag teilnehmen möchte? Die Behindertenseelsorge?<br />
Oder im ersten Fall nicht vielmehr die<br />
Jugendseelsorge und im zweiten Fall schlichtweg das<br />
Exerzitienreferat.<br />
Natürlich, ich weiß, ich vergleiche gerade Äpfel mit<br />
Birnen – das eine war die Mahlgemeinschaft und das<br />
andere ist einfach so das Leben aus dem Glauben.<br />
Aber sollte nicht das Leben aus dem Glauben dergestalt<br />
angelegt sein, dass die Idee einer Gemeinschaft<br />
sich in den Strukturen wiederfindet. Gerade Menschen<br />
mit Behinderung erleben aber in der <strong>Kirche</strong> häufig,<br />
dass sie nur über das Merkmal „behindert“ definiert<br />
und wahrgenommen werden. Nicht als Jugendlicher,<br />
mit seinen vielschichtigen Interessen und seinem<br />
ersten Verliebtsein, sondern als Rollifahrer, nicht als<br />
fromme Frau, mit dem Bedürfnis über Exerzitien einen<br />
Faden für den Alltag im Strudel von Beruf und Familie<br />
zu finden, sondern als Querschnittsgelähmte, um die<br />
man sich kümmern muss. Hoffentlich haben wir für die<br />
überhaupt die passenden Exerzitien oder haben da<br />
nicht die Caritas und die Diakonie was ganz exklusiv<br />
für Querschnittsgelähmte?