Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
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„Schulaufsicht von oben und von unten“ im Königreich Hannover<br />
teil: Eben auf der Wahrnehmung der Differenz zwischen Kodifizierungen und<br />
rekonstruierbaren Konfliktverläufen um Schulaufsichtskompetenzen zwischen<br />
Staat und Städten beruht der bildungshistorische Erkenntnisgewinn.<br />
Ich werde im Folgenden mit der normativen Perspektive auf die historische<br />
Schulaufsichtsentwicklung beginnen. In einem zweiten Teil werde ich Rekonstruktionsbefunde<br />
von schulpolitischen Konflikten zwischen dem städtischen Schulträger<br />
der Stadt Stade und staatlichen Unterrichtsbehörden im Königreich Hannover<br />
präsentieren, die auf Archivalien beruhen, welche vor allem im Niedersächsischen<br />
Hauptstaatsarchiv in Hannover (NHStA) verwahrt werden. Abschließend analy<strong>sie</strong>re<br />
ich die Rekonstruktionsbefunde mit Hilfe von steuerungs- und systemtheoretischen<br />
Überlegungen.<br />
Die normative Perspektive<br />
Das Jahr 1830 bildete – auf der normativen Ebene wohlbemerkt – eine einschneidende<br />
Zäsur in der hannoverschen Bildungsgeschichte, da in diesem Jahr fast<br />
gleichzeitig mit der Einführung der Maturitätsprüfung das Oberschulkollegium<br />
(OSK) gegründet wurde. Um in Zukunft eine ausreichende Schulaufsicht gewährleisten<br />
zu können, wollte die Regierung für die obere Verwaltung des höheren<br />
Schulwesens eine eigene Behörde einrichten. Zum übergeordneten Aufgabenprofil<br />
dieser neuen Institution gehörten zwei Dimensionen, eine kurzfristige und eine<br />
langfristige:<br />
Die kurzfristige Dimension umfasste die Klassifikation der höheren Schulen des<br />
Königreichs in zwei Abteilungen: in vollständige Gymna<strong>sie</strong>n, die das Recht der<br />
Entlassung ihrer Schüler zur Universität haben sollten, und Progymna<strong>sie</strong>n, die ihre<br />
Schüler zum Eintritt in die oberen Klassenstufen eines Gymnasiums vorbereiteten,<br />
darüber hinaus aber auch die Funktion von „Realschulen“ erfüllen sollten.<br />
Um die Klassifikation vorantreiben zu können, mussten zum einen die Berichte<br />
derjenigen Behörden studiert werden, die zuvor partiell Aufsichtsrechte über die<br />
Gelehrtenschulen wahrnahmen (Konsistorien, Landdrosteien, Magistrate), zum<br />
anderen waren kurzfristige Reisen des Generalinspektors Kohlrausch notwendig, um<br />
sich vor Ort ein Bild über den Zustand der Schulen zu machen (vgl. Kohlrausch<br />
1855, 6).<br />
Dem neu eingerichteten OSK wurden durch das Ministerium insgesamt 29<br />
Anstalten zur Aufsicht zugewiesen. Unmittelbar vor den Maturitätsprüfungsgesetzen<br />
und vor der Implementierung des OSK bereiteten bis zu 22 höhere Anstalten<br />
ihre Schüler in größerer oder geringerer Anzahl auf die Universität vor. In den<br />
Jahrzehnten davor galten noch mehr Schulen als studienvorbereitend. Im ersten<br />
Jahr nach der Neuorganisation des höheren Schulwesens wurden lediglich 13<br />
Schulen als Gymna<strong>sie</strong>n anerkannt. Nach sechs Jahren stieg die Zahl auf 17 an und<br />
stagnierte bis 1866.<br />
Im Hinblick auf die Klassifizierung der höheren Anstalten sind die ersten organisatorischen<br />
Tätigkeiten des hannoverschen Oberschulkollegiums mit denen<br />
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