Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Schulaufsicht von oben und von unten“ im Königreich Hannover<br />
tätig zu sein. Aber auch den Vertretern des OSK fehlten Vorstellungen zur zukünftigen<br />
Konfliktbewältigung.<br />
Zu Beginn des Jahres 1833 verlagerte sich der bisherige Konflikt auf die kurzfristig<br />
zu entscheidende Frage nach der Besetzung der ersten Lehrerstellen am<br />
Stader Gymnasium. Während das OSK den bisherigen Konrektor (Sattler) in das<br />
höchste Amt am Stader Gymnasium aufrücken lassen wollte, lehnte der Magistrat<br />
aus verschiedenen Gründen diese Person ab. Ergebnis der Kommunikationsbemühungen<br />
des OSK war, dass der Magistrat der Schulaufsichtsbehörde in diesem<br />
einen Fall einen Kompromissvorschlag offerierte. Trotz der Bedenken weigerte<br />
sich der Magistrat nicht mehr, den Konrektor in das begehrte Amt aufrücken zu<br />
lassen. Allerdings verknüpfte der Magistrat seine Zustimmung mit weitreichenden<br />
Bedingungen: Die Stadtoberen vertraten die Auffassung, dass „die Aufrückung<br />
des Conrectors Sattler nur provisorisch seyn [müsse], um freie Hand zu behalten,<br />
wenn es sich ferner zeigen sollte, daß Nachtheil davon für die Schulanstalt zu<br />
befürchten sey“ (NHStA Hann.130, Nr. 688). Eine derartige Regelung minderte<br />
die Zugriffsmöglichkeiten des Magistrats auf die erste Lehrerstelle der Stadt kaum,<br />
die jetzt mit dem OSK getroffene Personalentscheidung konnte später durch den<br />
Magistrat wieder revidiert werden. Tatsächlich akzeptierte der Minister den Vorschlag<br />
des Magistrats, der ihm durch das OSK übermittelt wurde. Am 13. März<br />
1833 bewertete von Stralenheim die derzeitige Lage so, dass ein Punkt erreicht<br />
wurde, von dem aus eine Verbesserung der Anstalt bewirkt werden könnte (vgl.<br />
NHStA Hann.130, Nr. 688). Während der Magistrat es für unwahrscheinlich hielt,<br />
dass eine zukünftige Kooperation mit den staatlichen Behörden entstünde, geht<br />
aus der Korrespondenz zwischen OSK und Ministerium hervor, dass die staatliche<br />
Schuladministration sich in der Gewissheit wähnte, einen ersten Schritt zu<br />
einem „ungestörten Einfluß“ auf das Gymnasium getan zu haben (vgl. NHStA<br />
Hann. 130, Nr. 688).<br />
Die scheinbar zwischenzeitliche Verbesserung der Kommunikation zwischen<br />
Magistrat und OSK erwies sich als schulpolitisches „Strohfeuer“, der Magistrat<br />
wollte sich nicht das Recht nehmen lassen, die höchsten Lehrerstellen der städtischen<br />
Schule zu besetzen – auch nicht sechs Jahre nach Errichtung des OSK:<br />
Wenn nun der löbl. Magistrat in dem vorliegenden Falle, ohne vorherige Communication<br />
mit Uns, eine öffentliche Auffordrung zur Probelection der Competenten zu der eröffneten<br />
Rectorstelle erließ, so war dieses Verfahren dem Zwecke, welches das königl. Patent bei<br />
einer solchen Communication zwischen den Behörden im Auge hat, entgegen; denn wenn<br />
Wir auch das Recht des löbl. Mag. zu einer öffentlichen Aufforderung nicht in Abrede<br />
stellen, so würde eine vorherige Communication mit Uns den löbl. Mag. von der Unzweckmäßigkeit<br />
desselben überzeugt haben“ (vgl. NHStA Hann.130, Nr. 688).<br />
Das OSK versuchte in einer ausführlichen Darstellung dem Magistrat zu erklären,<br />
welche negativen Konsequenzen dieser Alleingang für das gesamte Beförderungswesen<br />
des Königreichs habe. Nur gering qualifizierte Lehrer könnten versuchen,<br />
unter Umgehung des OSK, an diese Stelle zu gelangen. Aber auch diese<br />
Argumentation, die die landesweite Bedeutung des personalpolitischen Handelns<br />
11