Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
„Schulaufsicht von oben und von unten“ im Königreich Hannover<br />
timation des OSK im Gegensatz zu den lokalen Schulaufsichtsinstanzen gar nicht<br />
vorlag. Eine bildungshistorisch wertende – und zugleich demokratietheoretische –<br />
Perspektive könnte lauten, dass Schulaufsicht und schulpolitische Steuerung erst<br />
dann demokratisch wäre, wenn <strong>sie</strong> direkt oder zumindest indirekt legitimiert wäre.<br />
Dies wäre z.B. der Fall gewesen, wenn eine durch das Volk gewählte Person durch<br />
Berufung die Vertreter des OSK indirekt legitimierte. Aus der Perspektive einer<br />
Theorie der direkten Demokratie ließen sich die Anforderungen an eine demokratische<br />
Schulaufsicht und schulpolitische Steuerung sogar noch erhöhen: Besonders demokratisch<br />
qualifiziert wäre Schulaufsicht und schulpolitische Steuerung, wenn <strong>sie</strong><br />
von unten von der mitbestimmenden Öffentlichkeit ausginge (vgl. <strong>Hoffmann</strong><br />
2004b). Interessanterweise wäre unten dann nicht die einzelne Schule, sondern das<br />
Insgesamt von wahl- und stimmberechtigten Bürgern einer Stadt (vgl. Criblez 1998,<br />
203). Und dies wäre zu verzeichnen gewesen, wenn z.B. die Schulaufsicht ausschließlich<br />
vom Magistrat ausginge – im Prinzip dergestalt, wie es vor Einrichtung<br />
der OSK im Jahre 1830 in vielen Städten auch praktiziert wurde.<br />
Städtische schulpolitische Steuerung durch Recht<br />
In der Regel war in absolutistischen Herrschaftsformen – wie im Königreich<br />
Hannover – der Gebrauch politischer Macht auf die Differenz von überlegen/unterlegen<br />
angewiesen (vgl. Luhmann 1987, 163). Entweder ebnete die Weisheit<br />
des Königs und seiner Administration entstehende Konflikte und Zweifelsfälle<br />
ein oder es wurde ein Kampf ausgetragen, der im Absolutismus normalerweise<br />
mit der Reasymmetrierung der Macht endete. Spätestens als im Zuge des modernen<br />
Staatsbildungsprozesses sich die Städte im Königreich Hannover eigene Verfassungen<br />
gaben, wurden die Möglichkeiten des willkürlichen Machtgebrauchs eingeschränkt.<br />
Auch das spätabsolutistische Königreich Hannover war an die Verfassungen<br />
gebunden – sobald die königlichen Landdrosteien <strong>sie</strong> genehmigten und in<br />
Kraft treten ließen. In dieser neuen Lage konnten die Städte auf dem Feld der<br />
Schulpolitik versuchen, das Stadtverfassungrecht zu benutzen, um die politischstaatliche<br />
Gewalt zu zwingen, ihm beizustehen. Im Rahmen der vertikalen Gewaltenteilung<br />
(Staat – Stadt bzw. Kommune) musste wirksame staatliche Macht jetzt<br />
rechtmäßige Macht sein (vgl. Luhmann 1987, 164). Insbesondere Stade nutzte die<br />
Zweitcodierung der Macht durch das Recht, indem es während der Konflikte mit<br />
der staatlichen Schulaufsicht sein in die Verfassung gegossenes Patronatsrecht ins<br />
Spiel brachten.<br />
Städtische schulpolitische Steuerung durch Geld<br />
Das filigrane und sensible Steuerungsmedium Geld bot keine Gewähr für einen<br />
staatlichen schulpolitischen Steuerungserfolg. Dadurch, dass die Magistrate in<br />
einem hohen Maß selbst zur finanziellen Unterhaltung ihrer städtischen höheren<br />
Anstalt aufkommen mussten, konnten <strong>sie</strong> bei Steuerungsabsichten des OSK gegensteuern.<br />
19