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Andreas Hoffmann-Ocon, Katja Koch, Kirsten Ricker (Hg.) „Und sie ...

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„Schulaufsicht von oben und von unten“ im Königreich Hannover<br />

tischen Institutionen – in Lehrte bei Hannover reformorientierte Gymnasiallehrer,<br />

die an einer Petition an die Regierung und die Allgemeine Ständeversammlung<br />

arbeiteten. Themati<strong>sie</strong>rt wurde das schulpolitische Verhältnis von Städten und<br />

staatlicher Schulaufsicht. Bemerkenswert an der Bewertung einer Einflussnahme<br />

von Magistrat und OSK auf hannoversche Einzelschulen durch die versammelten<br />

Lehrer ist, dass der Einfluss der städtischen Patronate landesweit – und nicht nur<br />

für den Fall Stade – größer eingeschätzt wurde als der der staatlichen Schulaufsicht<br />

(vgl. Schuster 1849, 162). Obwohl auf dieser Versammlung viele auf die<br />

mögliche Gefahr der mangelnden Nachvollziehbarkeit von Entscheidungsprozessen<br />

hingewiesen hatten, sprach aus der Perspektive der Lehrer für eine Verstaatlichung<br />

der Gymna<strong>sie</strong>n, dass damit die durch die „Doppelregierung“ von OSK und<br />

Magistraten verursachte schwebende Stellung der Gymna<strong>sie</strong>n ein Ende gefunden hätte.<br />

Der für die anwesenden Lehrer wahrscheinlich gewichtigere Grund für die<br />

Verstaatlichung war die durchgängig schlechte Besoldung der Gymnasiallehrkräfte<br />

an Schulen städtischen Patronats. Diese schlechte Besoldung, „schon immer ein<br />

Gegenstand gerechter Klage, erschien als eine der nachtheiligen Folgen, welche<br />

aus den Patronatsverhältnissen der höheren Lehranstalten hervorgiengen“ (vgl.<br />

Schuster 1849, 162).<br />

In Stade – und auch andernorts – blieben die städtischen Patronatsrechte nach<br />

1848 allerdings formal erhalten, wenn auch de facto mehr und mehr ausgehöhlt<br />

aufgrund der Finanzierung von einigen Lehrerstellen durch Landesmittel.<br />

Steuerungstheoretische Reflexionen<br />

Schulpolitische Steuerung<br />

Schon hinsichtlich der Anfänge staatlicher Schulaufsicht ist ein triviales Steuerungsverständnis<br />

- das Oelkers als seemännisch oder automobilistisch bezeichnet –<br />

unpassend (vgl. Oelkers 2002, 2). Das heißt, dass Steuerungsdefizite gegenüber<br />

einzelnen Schulträgern oder Einzelschulen ein grundsätzliches Problem staatlicher<br />

Schulaufsichtsbehörden waren und sind. Die noch immer teilweise vorhandene<br />

Grundannahme eines handlungsfähigen Staates, der mit Hilfe von Gesetzen und<br />

Erlassen sowie einer <strong>sie</strong> ausführenden Bildungsadministration schulpolitische<br />

Entwicklungen im Sinne linear-kausaler Prozesse steuert, bildete weder die Praxis<br />

im 19. noch die des 20. und 21. Jahrhunderts ab (vgl. Lange 2003, 142). Gerade<br />

weil man bei diesen scheinbaren Gemeinsamkeiten von schuladministrativen<br />

Steuerungsproblemen des Obrigkeitsstaates und des heutigen Staates dazu neigt,<br />

funktionale Erklärungszusammenhänge mit Grundsatzcharakter zu konstruieren,<br />

ist eine weitere Auseinandersetzung mit Steuerungsauffassungen aus der Schulentwicklungs-,<br />

Schulautonomie- und Schulprogrammdiskussion in Abgrenzung zu<br />

bildungshistorischen Forschungszusammenhängen notwendig. Es kann jedoch<br />

schon an dieser Stelle festgehalten werden, dass eine rein zentralistisch-etatistische<br />

Ausdeutung von schulpolitischer Steuerung im Verbund mit einem bürokratisch-<br />

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