Ist die Entstempelung von Kraftfahrzeugen durch Private ... - BDSW

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22 Herausgabe eines Führerscheins um eine vertretbare Handlung und damit um Ersatzvornahme handelt. 3 Zur Abgrenzung der Maßnahme zum unmittelbaren Zwang ist festzustellen, dass selbst die Einwirkung auf eine Sache - nicht einer Person - die mit der Ersatzvornahme verbunden ist, in der Regel nicht als Anwendung unmittelbaren Zwanges gilt. 4 Unmittelbarer Zwang käme nur dann zur Anwendung, wenn der Betroffene Widerstand leistet und dieser mit Gewalt gebrochen werden müsste. Im Ergebnis ist also davon auszugehen, dass die Auslieferung des Fahrzeugscheins und des Kennzeichens rechtlich eine Ersatzvornahme darstellen. In § 49 Abs.1 des Hessischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (HSOG) heißt es zur Ersatzvornahme: „Wird die Verpflichtung, eine Handlung vorzunehmen, deren Vornahme durch eine andere Person möglich ist (vertretbare Handlung), nicht erfüllt, so können die Ordnungs- oder die Polizeibehörden auf Kosten der betroffenen Person die Handlung selbst oder durch eine beauftragte dritte Person ausführen. ....“ (Bundesweit gelten zur Beauftragung Dritter im Rahmen der Ersatzvornahme ähnliche Bestimmungen.) Die zwangsweise Entstempelung und deren sofortige Vollziehung gem. § 80 Abs. 2 Nr. 4 Verwaltungsgerichtsordnung werden von der Kfz-Zulassungsstelle schriftlich angeordnet. Die Behörde kann die Entstempelung sodann selbst durchführen oder, wie in § 49 Abs. 1 HSOG für Hessen geregelt, eine dritte Person mit der Durchführung beauftragen. Setzt sie einen Beauftragten ein, geschieht dies in den Formen eines bürgerlichrechtlichen Vertrages (zum Beispiel Werk- oder Dienstleistungsvertrag). 5 Hieraus resultiert die Möglichkeit, als beauftragte Dritte auch einen privaten Sicherheitsdienst zu nehmen. Diese Variante der Durchsetzung hoheitlicher Maßnahmen mag im ersten Moment befremdlich erscheinen. An einem allseits bekannten Beispiel lässt sich die Einschal- tung Privater vielleicht eher erklären. Wird nämlich ein privater Abschleppdienst mit dem Abschleppen eines verkehrswidrig abgestellten Fahrzeugs beauftragt, so handelt es sich hier ebenfalls um die zwangsweise Durchsetzung eines belastenden Verwaltungsaktes im Rahmen der Ersatzvornahme durch Private, die schon immer als unproblematisch empfunden wurde. Fragen der Haftung und der rechtlichen Einordnung als „Verwaltungshelfer“ oder als „Privater aufgrund bürgerlichrechtlicher Verträge“ waren immer wieder Gegenstand teilweise unterschiedlicher Bewertungen in Literatur und Rechtsprechung, ohne dass gegen diese Form der Ersatzvornahme rechtliche Bedenken erhoben worden wären. Ohne diese spezielle Thematik zu vertiefen dürfte aus der Rechtsprechung des BGH abzuleiten sein, dass Private nach behördlicher Anordnung zur Entstempelung hoheitlich handeln und die Behörde der Amtshaftung unterliegt. 6 Im Zuge der in Hessen anfangs sehr kritischen Betrachtung der Entstempelungen durch Private hat das Hessische Innenministerium den Sachverhalt geprüft und kam in seinem Erlass vom 8. Mai 1998 unter anderem zu dem Ergebnis, dass „bei Entstempelungen das Zwangsmittel der Ersatzvornahme Anwendung finden kann, weil die Herausgabe des Kfz-Scheines sowie des Kfz-Kennzeichens vertretbare Handlungen sind. Die Behörde kann daher die Kfz-Entstempelung selbst oder durch eine beauftragte dritte Person ausführen“. Befugnisse privater Bediensteter Ersatzvornahme durch Dritte beinhaltet lediglich, dass ein von der Behörde Beauftragter an Stelle des Pflichtigen eine Maßnahme ausführt. Das können verschiedenste Tätigkeiten wie zum Beispiel Räumen und Streuen bei Glatteis, Zurückschneiden verkehrsbehindernden Bewuchses, Beseitigen von Abfall, Versetzen oder Abschleppen eines Fahrzeugs, Maßnahmen bei Windbruchgefahr, Sicherung von Gefahrenstellen, Abgabe des Führerscheins oder eben das Abliefern von Fahrzeugschein und Kfz-Kennzeichen sein. Außer der Befugnis zur Erledigung des jeweiligen Auftrages - auch gegen den Willen des Pflichtigen - erwachsen aus der Ersatzvornahme keine zusätzlichen Eingriffs- oder Zwangsbefugnisse (selbstverständlich stehen den privaten Kräften die Jedermanns- und Selbsthilferechte, insbesondere Notwehr und Nothilfe zu). Demgegenüber haben Polizei- und Ordnungsbehörden Kraft Gesetzes weitere Befugnisse wie zum Beispiel DSD 4/2001
Betretungs- oder Durchsuchungsrechte, sie können Gegenstände sicherstellen, Personalien feststellen usw. Die Polizei kann zudem unter anderem Personen in Verwahrung nehmen und unmittelbaren Zwang anwenden. Im Ergebnis bedeutet das für private Kfz- Entstempler, dass sie zwar Fahrzeugschein und Kfz-Kennzeichen beim Halter abholen, bzw. den Zulassungsstempel entfernen dürfen, bei Widerstand müssen sie ihre Maßnahmen aber beenden. In der Folge wird dann die Polizei tätig werden. Seitherige Erfahrungen in mehreren hessischen Landkreisen und Städten, dabei auch an sozialen Brennpunkten, zeigen, dass für die Entstempelungen keine über die Ersatzvornahme hinausgehenden Befugnisse erforderlich sind. So hatten Erhebungen anlässlich der Verlagerung von Entstempelungen von der Polizei auf die Zulassungsstellen vor 1998 in Hessen ergeben, dass zum Beispiel in einer Großstadt mit jährlich 3000 Entstempelungsersuchen, die von Angestellten durchgeführt wurden, im Kontrollzeitraum von vier Jahren kein einziger Fall des Widerstandes anfiel, und diese Erfahrungen haben sich für die privaten Kräfte nicht verändert. Personalauswahl, Ausbildung, seitherige Erfahrungen Es liegt im Interesse beider Vertragspartner, der Behörde und des beauftragten Unternehmens, nur sorgfältig ausgewähltes und ausgebildetes Personal einzusetzen. Bei dem zuerst mit Entstempelungen in Hessen befassten Sicherheitsdienst 7 wurden, soweit verfügbar, praxiserfahrene, zu Hilfspolizeibeamten bestellte Kräfte ausgesucht, die zuvor eine zusätzliche Ausbildung für das Entstempeln (Rechtskunde, Psychologie, Dienstkunde und praktische Einweisung) durchlaufen mussten. Ständige Erfolgskontrollen gewährleisten einen hohen Qualitätsstandard. Die Übernahme einer Vielzahl dieser Kräfte in das Angestelltenverhältnis bei den Behörden waren für den Sicherheitsdienst einerseits ein unerfreulicher Aderlass, andererseits aber ein Beweis für die richtige Personalauswahl und -ausbildung. Der Einsatz der Kräfte erfolgte entweder im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung als Leiharbeitnehmer bei der Behörde oder durch externe Erledigung. Die Rückmeldungen seitens der Behörden waren überaus positiv. Es wurden höhere Erfolgsquoten, schnellere und effektivere Erledigung bei reduzierten Personalkosten bestätigt. Die Kontakte zur Polizei gewährleisten schnellen Informationsaustausch. Durch Formalisierung von Verfahrensabläufen sind unter anderem die Ausschreibung zur Fahndung und die Vorbereitung von Anzeigenerstattungen (zum Beispiel bei Fahren ohne Versicherungsschutz) ohne Mehraufwand zügig möglich. Fazit Zusammenfassend möchte ich feststellen, dass die Bedenken gegen den Einsatz Privater bei Kfz-Entstempelungen unbegründet sind. Die Rechtsgrundlage der Ersatz- Wirtschaft und Politik vornahme beinhaltet die Beauftragung Dritter bei hoheitlichen Maßnahmen. Die Herausgabe von Fahrzeugpapieren und Kfz- Kennzeichen zur Entstempelung sind „vertretbare Handlungen“ im Sinne einer Ersatzvornahme. Somit wird das Gewaltmonopol des Staates nicht angetastet und es werden keine hoheitlichen Befugnisse in Anspruch genommen, die über die Ersatzvornahme hinausgehen und Privaten nicht zustünden. Die auftraggebenden Behörden und die Erfahrungen der privaten Sicherheitsdienste bestätigen, dass die Aufgabenerledigung wirksam, glaubwürdig und dabei kostengünstiger wahrgenommen werden kann. Wahrscheinlich sehen Kritiker des Verfahrens in den Zwangsentstempelungen eine staatliche Maßnahme, die regelmäßig die Anwendung unmittelbaren Zwanges oder sonstiger Eingriffsbefugnisse erforderlich macht. Diese Annahme ist aus der Praxis nicht nur unbegründet, aus Äußerungen Betroffener geht sogar hervor, dass man diese „zivile“ Art der Durchsetzung staatlicher Entscheidungen als angenehmer empfindet. ■ 1 DER SICHERHEITSDIENST (DSD) 4/2000, S. 3 2 Merkblatt über die Fahndung nach Kraftfahrzeugen und Anhängern, die nicht oder nicht ausreichend haftpflichtversichert sind (BMV vom 10.2.1981 - VKBl. S. 78). 3 VGH Kassel, Beschl. v. 30. 7. 1993, NVwZ-RR 1994, 89 4 Meixner, Hess. Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung, 9. Auflage, Rdnr. 6 zu § 49. 5 Meixner, a.a.O., Rdnr. 5 zu § 49. 6 OLG Hamm, Urt. v. 25.10.2000 - 11 U 65/00, NJW 2001 S. 375; BGH, Urt. v. 21.1.1993 - III ZR 189/91, NJW 1993 S. 1258; OVG Münster, Urt. v. 21.2.1980 - 4 A 2654/79, NJW 1980. S. 1974; Prof. Dr. Stober, Zur Abtretbarkeit öffentlichrechtlicher Forderungen an Private in JuS 1982, S. 740. 7 HBI Sicherheitsdienste Offenbach, die inzwischen von SECURITAS Frankfurt a. M. übernommen worden sind.
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