Magazin Theatertreffen 2013 - Berliner Festspiele
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stückemarkt teil III<br />
Freitag, 10. Mai <strong>2013</strong> , 12:00 Uhr bis 15:00 Uhr<br />
und 19:00 Uhr bis 22:00 Uhr<br />
Regie christoph Mehler, Philipp Preuss<br />
Oliver Bukowski: Tuba<br />
In dieser Farce wirft Oliver Bukowski einen Blick auf<br />
die Abgründe und Untiefen des Kulturbetriebs. Eine<br />
interpretationswütige junge Journalistin wird mit<br />
einem Tuba-Spieler konfrontiert, der jede Analyse<br />
unterläuft und verweigert. Ihre Kunstvorstellung<br />
und schließlich ihre ganze Persönlichkeit und Weltsicht<br />
wird dadurch gefordert. So entsteht nicht nur<br />
das Porträt einer jungen Frau und eines älteren<br />
Mannes, sondern auch das Zerrbild einer oberflächlichen<br />
und sich ausschließlich über Deutungshoheit<br />
definierenden Medienwelt.<br />
Anne Habermehl: Mücken im Licht<br />
Anne Habermehl verbindet zwei Figuren unterschiedlicher<br />
Zeiten über den Akt des Schreibens miteinander:<br />
Eine junge politische Gefangene schreibt<br />
1918 Botschaften für die Nachwelt an die Wände<br />
ihrer Gefängniszelle. Ebenso politisch aber persönlicher<br />
sind die Briefe eines Mannes aus Ost-Berlin, der<br />
1987 an seine Frau schreibt, die in den Westen geflohen<br />
ist. Zwei Figuren, zwei Unfreie prallen aufeinander<br />
und versuchen, den Untergang einer Weltordnung<br />
schreibend zu erfassen.<br />
Elfriede Jelinek (Österreich): Prolog?<br />
(siehe Stückemarkt Teil I)<br />
Dirk Laucke: Zwanzig Mohammed-Witze in<br />
zwei Minuten<br />
Dieser Monolog stellt die Frage nach dem Preis von<br />
Toleranz in unserer konkreten Umgebung. Ein „kritischer“<br />
Künstler sitzt mit seinem Kumpel Murat im<br />
Hühnerhaus-Imbiss und polemisiert gegen „dieses-<br />
Dreckloch-an-Welt“. Seine Sprache schwankt zwischen<br />
Soziolekt und Bildungsslang und verleiht der<br />
Frage nach dem Gelingen von politischer Kunst Dringlichkeit,<br />
ganz ohne Pathos. Ein komischer und intelligenter<br />
Text, dessen Problematik sich nicht in der Frage<br />
nach Mohammed-Witzen erschöpft.<br />
36<br />
Anne Lepper: oh ist das Morrissey<br />
(Hörtheater)<br />
Kurze Szenen verknüpft die Autorin in außergewöhnlicher<br />
sprachlicher Knappheit zu einem eindringlichen<br />
Kriegs- und Lagerpanorama. Trotz des Reichtums<br />
an Zitaten – von Ernst Toller, Georg Trakl und<br />
Georg Heym bis zu Morrissey, Sammy Cahn und<br />
Blondie – bleiben Ort und Zeit der Handlung unbestimmt,<br />
die Figuren einfache Jedermänner. Mehr<br />
gefangen noch als in ihrem Kriegsgeschehen sind sie<br />
in der eigenen Sprachlosigkeit, die sich von einer<br />
anfangs losen und lakonischen Form immer mehr<br />
verdichtet, um schließlich in einem inneren Monolog<br />
zu gipfeln, der die existentielle Bedeutung des äußeren<br />
Geschehens erahnbar macht.<br />
Philipp Löhle: Afrokalypse<br />
Ein Präsident hat sich mit seiner schwerverletzten<br />
Frau und seinem Adjutanten in den Wald zurückgezogen,<br />
nachdem das Land von Feinden aus Afrika<br />
überfallen wurde. Das zentrale Thema: die Mechanismen<br />
von Macht und Herrschaft, die sich im Festhalten<br />
an der Illusion eines hierarchisch geordneten<br />
Staates spiegeln. Über diese konkrete Illusion hinaus<br />
zeigt „Afrokalypse“ die Ambivalenzen, die sich für<br />
Modelle von Freiheit, Autonomie und Selbstverantwortung<br />
in der Konfrontation mit dem Anderen<br />
ergeben.<br />
Wolfram Lotz: Mama<br />
Selbstironisch setzt sich Wolfram Lotz hier mit seiner<br />
Herkunft und seinen künstlerischen Emanzipationsversuchen<br />
auseinander. Der Autor betritt die Bühne,<br />
dort sitzt schon „Mama“, die unaufhörlich spricht,<br />
über ihn, über seinen Erfolg als Autor, über seine<br />
defizitäre Kindheit. Ob diese mütterliche Egozentrik<br />
das seltsame Verhalten des Sohnes auf der Bühne<br />
erklärt? Vielleicht porträtiert Lotz hier nicht nur die<br />
Beziehung zu seiner eigenen Mutter, sondern zeigt<br />
auch einen Generationenkonflikt auf, durch den<br />
Kindern der eigene Raum, die eigene Bühne verwehrt<br />
bleibt.