RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
RdT 1/2010 - Bund gegen Missbrauch der Tiere
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Nr. Nr 2 Juni <strong>2010</strong><br />
DAS RECHT DER TIERE<br />
ZEBRA DAISY,<br />
EINES VON 164<br />
GNADENBROTTIEREN DES bmt<br />
ZOOTIERE IN<br />
DEUTSCHLAND<br />
HALTUNG OHNE<br />
KONKRETE REGELN<br />
INTERVIEW<br />
NIERENSCHWÄCHE<br />
BEI KATZEN<br />
NEUE THERAPIE<br />
MIT HUNDEN<br />
bmt-PROJEKT IM<br />
TH ELISABETHENHOF<br />
TH KÖLN<br />
WER HAT EIN HERZ<br />
FÜR STAFF & CO?<br />
BUND GEGEN MISSBRAUCH DER TIERE E.V.
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
2<br />
I NHALT<br />
INHALT<br />
EDITORIAL 3<br />
DIE TITELTIERSTORY 4<br />
Wie Zebra Daisy zum bmt kam …<br />
TITEL: ZOOTIERE IN DEUTSCHLAND 6<br />
Überfällig: Das Säugetiergutachten soll überarbeitet werden<br />
TIERSCHUTZPOLITIK<br />
bmt bei Anhörung des neuen Tierschutzgesetz-Entwurfs<br />
Strengere Anfor<strong>der</strong>ungen beim Schlachten?<br />
Neuregelung <strong>der</strong> EU-Tierversuchsrichtlinie:<br />
Der Tierschutz bleibt auf <strong>der</strong> Strecke!<br />
INTERVIEW mit Dr. Uwe Wagner 14<br />
Nierenerkrankungen bei Katzen rechtzeitig erkennen<br />
STIERKAMPF 18<br />
Stierkämpfe in Katalonien vor dem endgültigen Aus?<br />
HAPPY END FÜR FRANJA 19<br />
Was aus dem Titelhund <strong>RdT</strong> 1/<strong>2010</strong> wurde<br />
AUSLANDSTIERSCHUTZ Dringen<strong>der</strong> denn je: 20<br />
Die Straßenhunde in Brasov brauchen unsere Hilfe!<br />
bmt-GESCHÄFTSSTELLEN<br />
TH Köln-Dellbrück Immer mehr "Listenhunde" im TH 22<br />
TH Hage Erfolg: Weniger Katzennachwuchs 25<br />
TH Elisabethenhof Neues tiergestütztes Projekt gestartet 26<br />
Katzenhaus Neuigkeiten aus Lutterthal 28<br />
TH Arche Noah Freiheit für die Wilden 30<br />
Franziskus-TH Illegaler Hundhandel in Greifswald 31<br />
TH Wau-Mau-Insel Neu: Eigene Hundetrainerin im TH 32<br />
LV Bayern Wechsel in <strong>der</strong> Leitung 35<br />
Tierschutzzentrum Kessy schwer misshandelt 36<br />
ANZEIGEN / Neuer Service 37<br />
ANSCHRIFTEN / Internetadressen <strong>der</strong> Geschäftsstellen 38<br />
ZU GUTER LETZT 39<br />
Beitrittserklärung 40<br />
Impressum<br />
DAS RECHT DER TIERE Nr. 2/<strong>2010</strong> Mitglie<strong>der</strong>zeitschrift des<br />
„<strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e. V.“<br />
Redaktion: Claudia Lotz, Dr. Jörg Styrie, Mike Ruckelshaus, Elvira<br />
Schiöberg, Torsten Schmidt; Gestaltung: Stefan Lotz, Andrea Sturm<br />
Druck: L.N. Schaffrath DruckMedien, Gel<strong>der</strong>n;<br />
Titelbild: “Daisy” aus dem Landesverband Bayern (Seite 4-5)<br />
10<br />
12<br />
13<br />
Seite 6<br />
Zootiere<br />
Keine rechtsverbindlichen<br />
Haltungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
Seite 14<br />
Medizin<br />
Nierenerkrankungen bei Katzen<br />
Seite 22<br />
TH Köln-Dellbrück<br />
Wer hat ein Herz für<br />
"Listenhunde"?<br />
Seite 26<br />
Therapie mit Hunden<br />
Neues Projekt<br />
im TH Elisabethenhof<br />
Übernahme von Artikeln, auch auszugsweise, nur mit Quellenangabe<br />
gestattet. Gedruckt auf chlorfrei gebleichtem Papier.<br />
Auflage: 45.000 Exemplare<br />
Anzeigen: Anzeigen-Büro Udo Kraushaar<br />
Tel. 0 28 45 / 53 86, Fax 0 28 45 / 80 69 49<br />
E-Mail: bmt@anzeigen-buero.de
AUF EIN WORT…<br />
Liebe Mitglie<strong>der</strong>, liebe Tierfreunde!<br />
HILFE, DIE BEI DEN TIEREN ANKOMMT<br />
Erinnern Sie sich noch an "Franja", den Hund auf dem Titelblatt des letzten RDT`s? Wir hatten<br />
Ihnen die zauberhafte Hündin, die schon so viele Höhen und Tiefen in ihrem kurzen Leben hat<br />
durchmachen müssen, in <strong>der</strong> Titelgeschichte vorgestellt und ein gutes neues Zuhause für sie<br />
gesucht. Mit ihren treuen Augen, ihrem offenen Charakter und ihrer Lebensfreude hat sie nicht nur<br />
uns begeistert, son<strong>der</strong>n auch viele Leser unserer Mitglie<strong>der</strong>zeitschrift in ihren Bann gezogen.<br />
Zahlreiche Tierfreunde boten sofort ihre Hilfe an und waren bereit, Franja ein neues Zuhause zu<br />
schenken. Nun ist Franja von Bayern nach Hessen umgezogen. Wie es ihr dort geht, wie die<br />
Vermittlung zustande kam und wie aus einem Notfall ein glücklicher Familienhund wurde, lesen<br />
Sie auf <strong>der</strong> Seite 19.<br />
In Erinnerung ist ihnen sicher auch noch <strong>der</strong> Kettenhund aus dem Spreewald, über den wir u.a. im<br />
vergangenen Magazin berichtet haben. Auch diesem jungen Husky, <strong>der</strong> den Großteil seines<br />
Lebens angebunden an einer schweren Eisenkette verbringen musste, konnten wir helfen. Auf<br />
unser Drängen hin gestattete uns <strong>der</strong> Besitzer, den Hund von <strong>der</strong> Kette zu nehmen und über unsere<br />
Tierheime in gute Hände zu vermitteln. Mehr über die gelungene Vermittlung im <strong>RdT</strong> 3/<strong>2010</strong>.<br />
Es sind diese Glücksmomente, in denen wir <strong>Tiere</strong>n gleichsam zu einem neuen Leben verhelfen<br />
konnten, die uns die Kraft geben, unsere Arbeit weiter zu führen - trotz aller Wi<strong>der</strong>stände,<br />
Anfeindungen und Rückschläge, die wir im Tierschutz lei<strong>der</strong> auch immer wie<strong>der</strong> erleben.<br />
Neben <strong>der</strong> praktischen Tierschutzarbeit setzt sich <strong>der</strong> bmt beson<strong>der</strong>s auch auf politischer Ebene für<br />
die <strong>Tiere</strong> ein. Ein <strong>der</strong>zeitiger Schwerpunkt unserer Arbeit gilt <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong><br />
Lebensbedingungen <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> in Zoos. Wenn <strong>Tiere</strong> schon von den Menschen eingesperrt und zur<br />
Schau gestellt werden, müssen die Haltungsbedingungen so sein, dass die <strong>Tiere</strong> ihre arteigenen<br />
Verhaltensweisen ausleben können. Die <strong>der</strong>zeitigen Regelungen, die zudem keinen rechtlich<br />
bindenden Charakter haben, können dies nicht gewährleisten. Hier setzen wir an und for<strong>der</strong>n<br />
rechtsverbindliche Vorschriften, bei denen das Wohl <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> im Vor<strong>der</strong>grund steht. Auf erhebliche<br />
Gegenwehr <strong>der</strong> Tiernutzer stellen wir uns bereits jetzt ein.<br />
Bei unserer täglichen Tierschutzarbeit sind wir auf Ihre praktische und finanzielle Mithilfe<br />
angewiesen. Ohne Ihre Unterstützung ist unsere Arbeit nicht möglich. Wir freuen uns, dass Sie uns<br />
Ihr Vertrauen schenken und bitten Sie, uns auch in Zukunft die Treue zu halten.<br />
In tierschützerischer Verbundenheit,<br />
Ihr<br />
Dr. Jörg Styrie<br />
E DITORIAL<br />
bmt-Vorsitzen<strong>der</strong> Dr. Jörg Styrie<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
3
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
4<br />
D IE T ITELTIER-STORY<br />
Er habe<br />
selten so gut aussehende Zebras<br />
gesehen, stellte <strong>der</strong> Experte<br />
überrascht fest und erklärte<br />
Margarethe Zerle,<br />
dass die Beschaffenheit des<br />
Bodens im Auslauf erheblichen<br />
Anteil am Wohlbefinden<br />
<strong>der</strong> in Deutschland nicht beheimateten<br />
<strong>Tiere</strong> habe.<br />
Doch nicht alle Besucher, die staunend<br />
vor den Wildtieren stehen bleiben, sind so erfreulich:<br />
"Da fragte mich vor Jahren eine Frau", erinnert sich die Hofbesitzerin,<br />
"warum ich die Zebras und Lamas nicht in einen<br />
Zoo o<strong>der</strong> Zirkus gäbe, was ich mit ihnen vorhabe, ob ich sie<br />
reiten, scheren o<strong>der</strong> essen wolle."<br />
Letztere Bemerkung nahm die heute 82jährige beson<strong>der</strong>s<br />
übel. "In den Anden, <strong>der</strong> Heimat <strong>der</strong> Lamas", antwortete sie<br />
scharf, "wird ab und zu ein Tier zu Feierlichkeiten geschlachtet<br />
- wir fressen die <strong>Tiere</strong> zwischendurch!"<br />
Und so hat sie sich angewöhnt, ungebetene Gäste kurzerhand<br />
stehen zu lassen. Ohnehin hat die agile Dame mit <strong>der</strong><br />
Versorgung von Daisy und ihren kamelartigen Freunden, <strong>der</strong><br />
Säuberung <strong>der</strong> Offenställe und ihrer Zufütterung im Winter<br />
genügend zu tun. Außer ihr leben noch mehrere Hunde und<br />
Katzen auf dem idyllisch gelegenen Anwesen zwischen Simbach<br />
am Inn und Eggstetten an <strong>der</strong> Grenze zu Österreich.<br />
1992 erwarb sie den Hof samt Gelände. Ställe waren ebenfalls<br />
vorhanden - <strong>der</strong> Besitzer hatte Milchkühe gehalten - so<br />
dass einer Aufnahme von <strong>Tiere</strong>n im Prinzip nichts im Wege<br />
stand. Fand jedenfalls ihre tierschutzaktive Tochter Simonet-<br />
Der bmt und seine 164<br />
"WENN DIE ZEBRALINE MIT DEM<br />
…dann wird Margarethe Zerle unruhig. Obwohl es in den vergangenen<br />
14 Jahren, in denen sie die Zebras und Lamas für den bmt betreut, nur<br />
einmal vorgekommen ist, dass Zebrastute Daisy Magenschmerzen hatte<br />
und sich ihr Unwohlsein im erregt peitschendem Schweif nie<strong>der</strong>schlug,<br />
achtet die Hofbesitzerin aus dem bayerischen Simbach am Inn<br />
aufmerksam auf jede Verän<strong>der</strong>ung im Verhalten <strong>der</strong> Wildtiere.<br />
Seit 1996 leben das Zebra und die drei Lamas in <strong>der</strong> Obhut <strong>der</strong> ehemaligen<br />
Säuglingsschwester, die zur Betreuung <strong>der</strong> Wildtiere die<br />
Paragraph 11-Genehmigung einholen musste. Und sie leben so<br />
gut, dass eines Tages ein Ehepaar an ihrer Weide hielt und Margarethe<br />
Zerle einen Glückwunsch zur körperlichen Verfassung<br />
von Daisy und ihrem damals noch lebenden<br />
Sohn Lucky aussprach. Der<br />
Mann, ein Weggefährte des Sohnes<br />
von Professor Grizmek, hatte in <strong>der</strong><br />
Serengeti Lebensraum und Gewohnheiten<br />
von Zebras erforscht.<br />
ta, die Alfred Mutzl, den früheren Leiter<br />
des Landesverbandes Bayern,<br />
überredet hatte, die beschlagnahmten<br />
Zirkustiere vor 14 Jahren einfach in<br />
den Transporter zu verfrachten und ihrer<br />
Mutter vor die Haustür zu fahren.<br />
Die frühere Säuglingsschwester mag<br />
da mehr als überrascht gewesen sein,<br />
konnte sich jedoch eines Lächelns angesichts<br />
<strong>der</strong> gestreiften "Pferde" und<br />
<strong>der</strong> Lamas nicht erwehren. "Also abgemacht",<br />
sagte ihre Tochter glücklich<br />
und Alfred Mutzl war ebenfalls froh,<br />
dass die Odyssee <strong>der</strong> Wildtiere ein Ende<br />
hatte.<br />
Gut, dass ich die Ställe hier habe, sagte<br />
sich Margarethe Zerle, doch Daisy,<br />
Sohn Lucky und die Lamas bearbeiteten<br />
Türen und Riegel so intensiv, bis sie die<br />
Tierfreundin von ihrem Freiheitswillen überzeugt hatten. Also<br />
Offenställe auf den großen Weiden, entschied sie, und<br />
bestimmte den Platz so, dass sie aus ihrem Küchenfester in<br />
die Ställe schauen konnte. Eine Sicherheitsmaßnahme, die<br />
sich im Fall von Daisys Magenverstimmung nach dem Genuss<br />
von zuviel frischem Gras vor Jahren tatsächlich bewährt<br />
hatte.<br />
"Füttere Stroh, kein Heu bei Magenschmerzen", riet ihr die<br />
Tochter damals und ihre Mutter legte <strong>der</strong> Zebrastute das auf<br />
den Magen beruhigend wirkende Stroh in die Raufe und wartete,<br />
bis es dem Tier wie<strong>der</strong> besser ging. Die Wildtiere lieben<br />
das morgen- und nachtfeuchte Gras, bekommen in <strong>der</strong><br />
Daisy ist ein Grant-Zebra. Natürlicher Verbreitungsraum: Süd-Ostafrika und Südwestafrika.
Gnadenbrottiere<br />
SCHWEIF SCHLÄGT ..."<br />
Übergangszeit zum Winter Heu, gelbe Rüben, Äpfel, Gartenkräuter,<br />
Kohlrabiblätter und im Winter zusätzlich Pferdefutter.<br />
Tagsüber und an beson<strong>der</strong>s heißen Tagen halten sie<br />
"Siesta" auf <strong>der</strong> Weide, eine <strong>der</strong> Lieblingsgepflogenheiten<br />
<strong>der</strong> Wildtiere, mit <strong>der</strong>en natürlichen Bedürfnissen sich Margarethe<br />
Zerle im Laufe <strong>der</strong> Zeit intensiv beschäftigt hat.<br />
Die fünf Wildtiere wurden 1995 vom Veterinäramt Recklinghausen<br />
aus einem finanzschwachen Zirkus beschlagnahmt.<br />
Daisy, Lucky und die Lamas, abgemagert und in äußerst<br />
schlechtem Gesundheitszustand, sollten getötet werden, weil<br />
die Stadt für eine Unterbringung in einem Tierpark nicht aufkommen<br />
wollte. Der bmt-Landesverband Baden-Württemberg<br />
schaltete sich ein und fand für die fünf<br />
Wildtiere in Pfullingen eine Übergangsbleibe<br />
bei einem Landwirt, später halfen<br />
die bmt-Kollegen in Bayern bei <strong>der</strong> Suche<br />
nach einer dauerhaften Lösung.<br />
Seit <strong>der</strong> Zebrahengst Lucky 2009 in <strong>der</strong><br />
Nacht friedlich einschlief, versorgt <strong>der</strong><br />
bmt "nur noch" 164 Gnadenbrottiere.<br />
Die Betreuung in Tierparks, auf Bauerno<strong>der</strong><br />
Pferdehöfen und in privaten Pflegestellen<br />
kostet den Gesamtverein jeden<br />
Monat ca. 19.000 Euro. Viele Tierfreunde<br />
unterstützen den bmt durch<br />
eine regelmäßige, monatliche Patenschaft<br />
hierbei - doch noch deckt die Hilfe<br />
nicht den tatsächlichen Aufwand.<br />
"Der bmt ist die weitgehend einzige<br />
Tierschutzorganisation", sagt bmt-Vorsitzen<strong>der</strong><br />
Dr. Jörg Styrie, "die neben<br />
Tierheimen, <strong>der</strong> aktiven und politischen<br />
Tierschutzarbeit auch noch Gnadenbrottiere<br />
betreut - diese Leistung, so<br />
gerne wir sie natürlich für die <strong>Tiere</strong> erbringen,<br />
ist eine ungeheure<br />
zusätzliche finanzielle Belas-<br />
tung für den Gesamtverein."<br />
"Alle <strong>Tiere</strong>", so <strong>der</strong> 51jährige Familienvater weiter,<br />
"haben eine schreckliche Vergangenheit hinter<br />
sich. Es sind misshandelte Pferde darunter,<br />
aufgrund <strong>der</strong> katastrophalen Haltungsbedingungen<br />
beschlagnahmte Zirkustiere, vernachlässigte<br />
Exoten aus Privathand, Heimtiere und landwirtschaftlich<br />
genutzte <strong>Tiere</strong> wie Schweine o<strong>der</strong> Rin<strong>der</strong>.<br />
Diese <strong>Tiere</strong>, die so viel Schlechtes erfahren<br />
haben, sollen bei uns friedlich - und vor allem unter<br />
artgerechten Bedingungen - bis an ihr natürliches<br />
Lebensende leben dürfen. Doch dazu brauchen<br />
wir ganz dringend Ihre Hilfe!"<br />
U NSER T ITELTIER<br />
Mehrere Geschäftsstellen des bmt tragen den Unterhalt für<br />
Gnadenbrottiere und bieten für die geretteten Vierbeiner Patenschaften<br />
ab 15 Euro monatlich an. So finanziert zum Beispiel<br />
allein <strong>der</strong> bmt-Landesverband Bayern, neben Daisy und<br />
ihren drei Freunden, den Unterhalt von weiteren 63 <strong>Tiere</strong>n,<br />
Affen, Pferden, Eseln, Schweinen, Rin<strong>der</strong>n, Hunden und Katzen.<br />
Kostenrahmen pro Monat: 9122,86 Euro, dazu kommen<br />
Ausgaben wie Tierarztrechnungen o<strong>der</strong> die Beteiligung<br />
an notwendigen Bau- o<strong>der</strong> Erweiterungsmaßnahmen für<br />
Ställe, Weiden o<strong>der</strong> artgerecht strukturierte Gehege.<br />
Auch Margarethe Zerle musste für ihre "wilden Gäste" die<br />
Weiden auf die gesetzlich vorgeschriebene Zaunhöhe für Lamas<br />
aufstocken, spezielles Holz für die Umfriedung und die<br />
Ställe kaufen und aufpassen, dass sich <strong>der</strong> eingeschworenen<br />
Gemeinschaft kein Eindringling nähert. Sie erinnert sich noch<br />
gut an ein Ereignis vor Jahren, als es einem Pony durch Zufall<br />
gelang, das Areal <strong>der</strong> Zebras und Lamas zu betreten. Eine<br />
wütende Gemeinschaftsjagd auf das immer erschöpfter<br />
werdende Pony war die Folge - bis die Tierfreundin das kleine<br />
Pferdchen mit viel Glück Richtung Ausgang dirigieren<br />
konnte.<br />
Im Januar ist die Zebraline, wie Margarethe Zerle liebevoll<br />
sagt, 28 Jahre alt geworden. Sie selbst wird im Oktober 83<br />
Jahre und hofft, dass <strong>der</strong> kommende Winter nicht ganz so<br />
schwer wie <strong>der</strong> vergangene wird. Weil das Wasser mehrfach<br />
täglich in den Offenställen zufror, trug die bewun<strong>der</strong>nswert<br />
tatkräftige Frau die Eimer zu ihren <strong>Tiere</strong>n und schlug die sich<br />
immer wie<strong>der</strong> bildende Eisschicht mit einem Besenstil ein.<br />
Diese Aktion hat ihr Arthrose in den Fingern beschert - und<br />
die Bemerkung ihrer Ärztin: "Müssen Sie denn noch so viel arbeiten?"<br />
Darauf antwortete die alte Dame: "Es ist Pflicht und Hobby<br />
zur selben Zeit. Ich mag für Menschen nichts mehr tun, aber<br />
die <strong>Tiere</strong> brauchen uns immer!"<br />
So helfen Sie!<br />
Wenn Sie den LV Bayern o<strong>der</strong> eine an<strong>der</strong>e<br />
Geschäftsstelle bei <strong>der</strong> Versorgung<br />
<strong>der</strong> Gnadenbrottiere mit einer<br />
Patenschaft unterstützen möchten,<br />
freuen wir uns sehr. Bitte schauen Sie<br />
auf unsere homepage, welche <strong>Tiere</strong> wo<br />
betreut werden: www.bmt-tierschutz.de<br />
Spendenkonto für Daisy und ihre<br />
Freunde:<br />
Landesverband Bayern<br />
Konto 14220802<br />
Postbank München<br />
BLZ 700 100 80<br />
Text: Claudia Lotz, Fotos: Ewa Gara<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
5
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
6<br />
T ITELTHEMA<br />
Zootiere<br />
in Deutschland<br />
Überfällig:<br />
Das Säugetiergutachten<br />
soll überarbeitet<br />
werden!<br />
Mit geschätzten 800 zoologischen<br />
Einrichtungen wie Zoos, Tierparks,<br />
Aquarien, Vogelparks, Schmetterlingsparks<br />
etc. ist Deutschland eines<br />
<strong>der</strong> zooreichsten Län<strong>der</strong> Europas.<br />
Umso unverständlicher, dass<br />
es für die gehaltenen Tierarten<br />
keine konkreten rechtsverbindlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen gibt.<br />
Um zumindest die allgemeinen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen des Tierschutzgesetzes<br />
hinsichtlich einer artgerechten<br />
Haltung von <strong>Tiere</strong>n näher zu<br />
bestimmen, gibt es Sachverständigengutachten<br />
für verschiedene<br />
Tiergruppen. Diese Gutachten, im<br />
Auftrag des <strong>Bund</strong>esministeriums<br />
für Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Verbraucherschutz (BMELV) erarbeitet,<br />
stellen für die zuständigen<br />
Genehmigungs- und Kontrollbehörden<br />
die wesentliche Orientierung<br />
dar.<br />
SÄUGETIERGUTACHTEN 1977:<br />
Die Zoobranche diktiert die<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für die Zootierhaltung<br />
in Deutschland ist seit nunmehr<br />
über 33 Jahren das "Gutachten<br />
Standart 1977: 24 m 2 für Tiger<br />
über Mindestanfor<strong>der</strong>ungen an die<br />
Haltung von Säugetieren" (kurz Säugetiergutachten).<br />
Hier werden die grundlegenden<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen an die Haltung<br />
<strong>der</strong> "Publikumslieblinge" <strong>der</strong> Zoos,<br />
wie Elefant, Giraffe, Nashorn, Löwe<br />
o<strong>der</strong> Affe, näher umrissen.<br />
Das Säugetiergutachten wurde 1977<br />
erarbeitet. In <strong>der</strong> Gutachtergruppe befanden<br />
sich seinerzeit 7 Zoodirektoren,<br />
Tierschutzverbände waren nicht beteiligt.<br />
Erklärtes Ziel <strong>der</strong> Gutachter war<br />
es, Anfor<strong>der</strong>ungen an eine "tiergerechte<br />
Haltung" zu konkretisieren. Das Resultat<br />
sah jedoch ganz an<strong>der</strong>s aus.<br />
Geradezu beschämend winzig fielen<br />
Letzte Meldungen<br />
sterben +++<br />
Geflügelgrippe<br />
12 Wölfe o<strong>der</strong> ++<br />
Geflügelgrippe<br />
40 biGeflügelgrip<br />
Geflügelgrippe200<br />
40m 2 FÜR EI<br />
die im Gremium festgesetzten Mindestmaße<br />
<strong>der</strong> Tiergehege aus, die weit entfernt<br />
von den biologischen Grundbedürfnissen<br />
<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> waren. So durfte<br />
das Außengehege für Braunbären seinerzeit<br />
60 m 2 , für Löwe und Tiger mit<br />
24 m 2 gerade einmal Wohnzimmergröße<br />
betragen.<br />
SÄUGETIERGUTACHTEN 1996:<br />
Feilschen um jeden<br />
Quadratmeter<br />
Es dauerte fast 20 Jahre, bis man sich<br />
entschließen konnte, dieses Gutachten<br />
fachlich zu überarbeiten. Erstmals wurde<br />
auch ein Tierschutzvertreter im Gre-
+<br />
lügelgrippe<br />
pe<strong>der</strong> +++<br />
Chin ++++++<br />
NEN LÖWEN<br />
mium zugelassen. Von einer paritätischen<br />
Besetzung war dieses Gremium<br />
jedoch noch weit entfernt, standen<br />
doch auf <strong>der</strong> "Gegenseite" drei Zoodirektoren.<br />
Die Hoffnung <strong>der</strong> Tierschutzverbände,<br />
dass das Gutachten nun grundlegend<br />
fachlich korrigiert würde, erfüllte sich<br />
nicht, obwohl es das erklärte Ziel war,<br />
biologisch relevante Mindestanfor<strong>der</strong>ungen<br />
für Säugetiere "nach dem heutigen<br />
Wissens- und Erfahrungsstand"<br />
darzustellen. Vielleicht aus Furcht <strong>der</strong><br />
Zoobranche vor finanziellen Investitionen<br />
in den Umbau von maroden o<strong>der</strong><br />
zu kleinen Tiergehegen o<strong>der</strong> aus Unvermögen<br />
wurde das Gutachten nur<br />
wenig in den Anfor<strong>der</strong>ungen angehoben.<br />
So erhielt bspw. <strong>der</strong> Braunbär nun für<br />
das Außengehege 90 m 2 , <strong>der</strong> Tiger 16<br />
m 2 mehr als 1977 zugestanden. Den<br />
an<strong>der</strong>en Tierarten erging es nicht besser.<br />
Das Säugetiergutachten spiegelte<br />
somit nicht nur eine verpasste Chance<br />
wie<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n zementierte auch über<br />
viele Jahre inakzeptable Tiergehege in<br />
zoologischen Einrichtungen.<br />
EXPERTISE FÜR TIERPARKS 1995:<br />
Viel höhere Haltungsanfor<strong>der</strong>ungen<br />
als für Zootiere<br />
durchgesetzt<br />
T ITELTHEMA<br />
Im Jahre 1995, also fast zeitgleich zum<br />
Säugetiergutachten, wurde eine weitere<br />
Haltungsempfehlung für Wildtiere<br />
im Auftrag des BMELV veröffentlicht:<br />
die "Leitlinien für eine tierschutzgerechte<br />
Haltung von Wild in Gehegen". Diese<br />
Expertise wurde speziell für Tierparks<br />
zugeschnitten, die sich überwiegend<br />
auf heimische Wildtierarten spezialisiert<br />
haben.<br />
Bemerkenswert ist die Bewertung <strong>der</strong><br />
Gutachter, wie groß Innen- und Außengehege<br />
von Säugetieren zu sein hatten.<br />
So werden den (heimischen) Säugetierarten<br />
in den Wildgehegeleitlinien bis<br />
zu 60-fach größere Flächen als im Säu-<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
7
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
8<br />
T ITELTHEMA<br />
Giraffen in <strong>der</strong> Masai Mara, Kenia<br />
getiergutachten zugebilligt. An<strong>der</strong>s<br />
ausgedrückt: Für einen europäischen<br />
Luchs o<strong>der</strong> Bär kann es für sein weiteres<br />
Schicksal entscheidend sein, ob er<br />
in einem deutschen Tierpark o<strong>der</strong> einem<br />
deutschen Zoo gehalten wird.<br />
Einen wissenschaftlichen Grund für<br />
diese unterschiedliche Sichtweise gibt<br />
es nicht. Sicher ist jedoch, dass die Gutachter<br />
<strong>der</strong> Wildgehegeleitlinien keineswegs<br />
unnötigen Luxus für die <strong>Tiere</strong> im<br />
Auge gehabt haben. Im Gegenteil: Die<br />
Leitlinien sind als Mindeststandards zu<br />
verstehen. Die Gutachter bitten sogar<br />
um Verständnis, dass bspw. aufgrund<br />
von Maßnahmen des Landschaftsschutzes<br />
die Tierhaltung gewissen Beeinträchtigungen<br />
unterworfen sei und<br />
die Gehegehaltung teilweise beschränkt<br />
werden müsse.<br />
EU-ZOORICHTLINIE 1999:<br />
Licht am Ende des Tunnels<br />
Dass das Säugetiergutachten fachlich<br />
nicht überzeugen kann, wird auch<br />
beim Vergleich mit Regelungen unseres<br />
Nachbarlands deutlich. Die Vorgaben<br />
<strong>der</strong> Tierhaltungsverordnung aus Österreich<br />
liegen durchweg z.T. erheblich<br />
über den deutschen Empfehlungen und<br />
haben zudem den klaren Vorteil, dass<br />
sie im Gegensatz zum Säugetiergutachten<br />
rechtsverbindlich sind.<br />
Seit Jahren for<strong>der</strong>t <strong>der</strong> bmt eine Überarbeitung<br />
des Gutachtens nach fachlich<br />
nachvollziehbaren Kriterien. Lange<br />
Zeit wurde diese For<strong>der</strong>ung vom BMELV<br />
ignoriert.<br />
Bewegung in die Diskussion kam erst,<br />
als die Europäische Kommission 1999<br />
erstmals eine Richtlinie für die Haltung<br />
von Zootieren veröffentlichte. Damit<br />
soll, so <strong>der</strong> Grundgedanke, die Artenvielfalt<br />
besser geschützt werden, wobei<br />
insbeson<strong>der</strong>e die Zoos einen konkreten<br />
Anteil im Bereich des Artenschutzes und<br />
<strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit leisten müssen.<br />
Zoos, die den Verpflichtungen nicht<br />
nachkommen, können notfalls sogar<br />
geschlossen werden. Deutschland verzögerte<br />
die Umsetzung <strong>der</strong> Richtlinie in<br />
nationales Recht, sodass sie erst 2006<br />
in allen <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n richtig greifen<br />
ANFORDERUNGEN IM VERGLEICH:<br />
GRÖSSEN DER AUßENGEHEGE<br />
IN m 2<br />
SÄUGETIER-<br />
GUTACHTEN<br />
WILDGEHEGE-<br />
LEITLINIEN<br />
ÖSTERREICH<br />
1996 1995 2004<br />
Braunbär 150 1.500 300<br />
pro Paar pro Paar pro Paar<br />
Wolf 100 2.100 800<br />
pro Paar pro Paar pro Paar<br />
Luchs 20 1.200 200<br />
pro Paar pro Paar p.P. mit Jungen<br />
Tiger 40 - 500<br />
p.P. mit Jungen<br />
Gepard 80 - 800<br />
für 2 Pärchen für 2 Pärchen<br />
Elefant 500 - 3.000<br />
bis 3 Kühe bis 3 Kühe<br />
Gorilla 25 - 50<br />
bis 2 <strong>Tiere</strong> max. 5 <strong>Tiere</strong><br />
konnte. Die Umsetzung in Deutschland<br />
führte dazu, dass jedes <strong>Bund</strong>esland<br />
prüfen musste, ob die bei ihm ansässigen<br />
Zoos die <strong>Tiere</strong> ihren biologischen<br />
Bedürfnissen gerecht halten - auch eine<br />
For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> EU-Kommission.<br />
Im Rahmen dieser Prüfung wurden<br />
innerhalb <strong>der</strong> <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong> immer<br />
wie<strong>der</strong> Zweifel erkennbar, ob das Säugetiergutachten<br />
eine geeignete Grundlage<br />
sei. So gingen einige <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong><br />
dazu über, statt des Säugetiergutachtens<br />
eine Empfehlung zur<br />
Haltung bestimmter Säugetierarten <strong>der</strong><br />
Län<strong>der</strong>arbeitsgemeinschaft Natur-<br />
schutz, Landschaftspflege und Erholung<br />
(LANA) - ein Gremium, in dem die<br />
Vertreter <strong>der</strong> obersten Naturschutzbehörden<br />
<strong>der</strong> <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong> und <strong>der</strong><br />
<strong>Bund</strong> über die Schwerpunktthemen des<br />
Naturschutzes beraten - zu verwenden.<br />
Dieses LANA-Gutachten geht etwas<br />
über die Anfor<strong>der</strong>ungen des Säugetiergutachtens<br />
hinaus.<br />
Das geschlossene Vorgehen<br />
<strong>der</strong> Tierschutzverbände<br />
zeigt Erfolg<br />
In den letzten Jahren haben <strong>der</strong> bmt<br />
und an<strong>der</strong>e Tierschutzorganisationen<br />
ihre Bemühungen, das Säugetiergutachten<br />
endlich an die Erfor<strong>der</strong>nisse einer<br />
mo<strong>der</strong>nen und fachlich begründeten<br />
Tiergartenbiologie anzupassen,<br />
deutlich verstärkt.<br />
Verschiedene Treffen <strong>der</strong> Tierschutzverbände<br />
und Gespräche, insbeson<strong>der</strong>e<br />
mit <strong>Bund</strong>estagsabgeordneten, trugen
entscheidend dazu bei, dass sich die<br />
SPD (im September 2008) in <strong>der</strong> Arbeitsgruppe<br />
für Ernährung, Landwirtschaft<br />
und Verbraucherschutz für eine<br />
Überarbeitung stark machte und die<br />
<strong>Bund</strong>esregierung im Haushaltsplan<br />
2009 die Gel<strong>der</strong> bereitstellte.<br />
Damit es nicht bei bloßen Absichtsbekundungen<br />
bleibt, wandte sich im Februar<br />
2009 <strong>der</strong> bmt fe<strong>der</strong>führend im<br />
Namen von 14 Tier-, Natur- und Artenschutzorganisationen<br />
in einem<br />
Schreiben an alle Mitglie<strong>der</strong> des Agrarausschusses,<br />
um den Prozess zu beschleunigen.<br />
Im März <strong>2010</strong> gab das<br />
BMELV endlich grünes Licht.<br />
Daraufhin machte <strong>der</strong> bmt zusammen<br />
mit 11 an<strong>der</strong>en Tier- und Naturschutzverbänden<br />
in einer schriftlichen Stellungnahme<br />
an die Adresse des<br />
<strong>Bund</strong>esministeriums unter an<strong>der</strong>em auf<br />
zwei Kernfor<strong>der</strong>ungen aufmerksam:<br />
eine regelmäßige fachliche Überprüfung<br />
des Gutachtens, spätestens alle<br />
5 Jahre<br />
eine paritätische Besetzung des<br />
Sachverständigengremiums, d.h. dass<br />
Vertreter von Zooverbänden, Tierschutzverbänden<br />
und unabhängige<br />
wissenschaftliche Experten mit gleicher<br />
Anzahl von Personen vertreten sind.<br />
Elefantenfamilie in ihrem natürlichen Lebensraum, rechts im Zoo<br />
Wann ist <strong>der</strong> Zoo ein Zoo?<br />
Gleichzeitig - und von <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
fast unbemerkt - än<strong>der</strong>te <strong>der</strong> deutsche<br />
Gesetzgeber die Definition, was<br />
ein Zoo zu sein habe. Nach dem neuen<br />
<strong>Bund</strong>esnaturschutzgesetz von März<br />
<strong>2010</strong> ist ein Zoo eine Einrichtung, in<br />
<strong>der</strong> mehr als 20 <strong>Tiere</strong> wild leben<strong>der</strong> Arten<br />
gehalten und <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />
präsentiert werden, ausgenommen<br />
Schalenwildarten wie Wildschweine<br />
und Rehe und Hirsche. Einrichtungen,<br />
die weniger Wildtiere halten, sind definitionsgemäß<br />
Tiergehege.<br />
Was so lapidar und unbedeutend<br />
klingt, offenbart sich erst bei näherer<br />
Betrachtung. So entfallen z.B. für Tiergehege<br />
zentrale For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> EU-<br />
Zoorichtlinie, gleichfalls muss die Öffentlichkeit<br />
nicht über den Schutz <strong>der</strong><br />
Artenvielfalt informiert werden.<br />
Auch Hinweisschil<strong>der</strong> o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Formen<br />
<strong>der</strong> Informationen über die zur<br />
Schau gestellten Arten und ihre natürlichen<br />
Biotope sind nicht notwendig.<br />
Zudem brauchen diese Zoos auch keine<br />
Anstrengungen im Artenschutz nachzuweisen,<br />
sie müssen sich nicht an Forschungen<br />
beteiligen, die zur Erhaltung<br />
<strong>der</strong> Arten beitragen und müssen auch<br />
nicht Informationen über die Arterhaltung<br />
o<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>ansiedlung von Arten<br />
in ihren Biotopen mit an<strong>der</strong>en Einrichtungen<br />
austauschen.<br />
Die beson<strong>der</strong>e Brisanz erhält die Ausnahmereglung<br />
dadurch, dass <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
vom Aussterben bedrohte<br />
Tierarten, die in <strong>der</strong> Regel unter beson<strong>der</strong>em<br />
rechtlichen internationalen<br />
Schutz stehen, nicht explizit von dieser<br />
Ausnahme ausnimmt. So würde eine<br />
Einrichtung noch als Tiergehege gelten,<br />
die zwei Elefanten, vier Delfine,<br />
vier Schimpansen, zwei Nashörner,<br />
zwei Pandas, vier Schneeleoparden<br />
und zwei Geparden hält.<br />
Eigentlich muss<br />
die <strong>Bund</strong>esrepublikDeutschland<br />
dafür<br />
Sorge tragen,<br />
dass beide<br />
Grundziele <strong>der</strong><br />
Richtlinie, "<strong>der</strong><br />
Schutz wild leben<strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>" und "die Erhaltung<br />
<strong>der</strong> biologischen Vielfalt",<br />
durch die Ausnahme nicht gefährdet<br />
werden. Da nach Ansicht des bmt <strong>der</strong><br />
Gesetzgeber durch diese pauschale<br />
Ausnahmeregelung <strong>gegen</strong> europäisches<br />
Gemeinschaftsrecht verstößt, hat<br />
sich <strong>der</strong> bmt schriftlich an den EU-Umweltkommissar<br />
gewandt. Eine Antwort<br />
steht noch aus.<br />
Ausblick<br />
Anfang Juli wird im Rahmen einer Verbändeanhörung<br />
in Bonn das BMELV<br />
darüber entscheiden, wie das weitere<br />
Proze<strong>der</strong>e hinsichtlich <strong>der</strong> Überarbeitung<br />
des Säugetiergutachtens ist.<br />
Es ist zu hoffen, dass die Tierschutzverbände<br />
diesmal die Chance erhalten,<br />
daran tatsächlich mitzuwirken, um den<br />
Tierhaltungsstandard in Zoos auf eine<br />
ethisch verantwortbare und fachlich<br />
fundierte Ebene zu heben. Hilfreich für<br />
alle Seiten wäre es, wenn Zooverbände<br />
und Tierschutzverbände aufeinan<strong>der</strong><br />
zugehen würden, um eine möglichst<br />
vertrauensvolle Arbeit in dem zu<br />
bildenden Sachverständigengremium<br />
zu schaffen.<br />
Hilfreich nicht nur für die Verbände,<br />
son<strong>der</strong>n in erster Linie für die Zootiere.<br />
Mittelfristig sollte sich <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
jedoch Gedanken darüber machen, ob<br />
es für den Tierschutzvollzug nicht effektiver<br />
ist, indem man dem Beispiel<br />
Österreichs folgt und die Zootierhaltung<br />
in einer verbindlichen Tierhaltungsverordnung<br />
regelt.<br />
Text: Torsten Schmidt<br />
Fotos: Petra Zipp, Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
9
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
10<br />
T IERSCHUTZPOLITIK<br />
... UNTERLAUFEN DER bmt DEN BEI TIERSCHUTZ ANHÖRUNG ZUM GESETZESENTWURF<br />
Am 16.04. fand im <strong>Bund</strong>estag<br />
die Anhörung zum Entwurf eines<br />
neuen Tierschutzgesetzes<br />
statt, zu <strong>der</strong> <strong>der</strong> bmt als Fachverband<br />
eingeladen war.<br />
Unter dem Titel "Tierschutz neu<br />
denken" stellte die grüne <strong>Bund</strong>estagsfraktion<br />
nach zweijähriger<br />
Vorarbeit ihren umfassendenNeuregelungsentwurf<br />
vor. Der bmt war bereits<br />
in <strong>der</strong> Vorbereitungsphase<br />
bei mehreren Fachgesprächrunden<br />
an den Beratungen<br />
beteiligt.<br />
Dr. Christoph Maisack, Autor des aktuellen<br />
Tierschutzgesetz-Kommentars,<br />
übernahm die juristische Ausarbeitung.<br />
Viele Vorschläge des bmt finden sich<br />
hier wie<strong>der</strong>. In manchen Passagen liest<br />
er sich fast wie die in Gesetzesform umgesetzte<br />
Wunschliste jahrelanger tierschutzpolitischer<br />
For<strong>der</strong>ungen. Abschließend<br />
hatten wir nun im <strong>Bund</strong>estag<br />
Gelegenheit, zu dem Entwurf<br />
Stellung zu nehmen und ergänzende<br />
Verbesserungsvorschläge einzubringen.<br />
Mehr als 60 Vertreter von Tier- und Artenschutzorganisationen,<br />
<strong>der</strong> <strong>Bund</strong>estierärztekammer,<br />
<strong>der</strong> TVT (Tierärztliche<br />
Vereinigung Tierschutz), des BbT<br />
(<strong>Bund</strong>esverband beamtete Tierärzte),<br />
<strong>der</strong> bpT (<strong>Bund</strong>esverband praktizieren<strong>der</strong><br />
Tierärzte), <strong>der</strong> Amtsveterinäre, <strong>der</strong><br />
ZEBET, des vfa (Verband forschen<strong>der</strong><br />
Pharmaunternehmen, dem DBV sowie<br />
Die Anerkennung <strong>der</strong> Würde <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>,<br />
von Angst als Form des Leidens, eine<br />
generelle Leidensbegrenzung sowie die<br />
För<strong>der</strong>ung des Tierschutzes als gesamtgesellschaftliche<br />
Aufgabe und po-<br />
ZEIT FÜR EIN NEUES TIERSCH<br />
Deutliche Verbesserungen im Bereich <strong>der</strong> landwirtschaftlichen "Nutztierhaltung".<br />
Wissenschaftler und Experten einschlägiger<br />
Fachrichtungen nahmen an <strong>der</strong><br />
ganztägigen Fachanhörung teil.<br />
Bündnis 90/Die Grünen for<strong>der</strong>n das<br />
Verbot von Wildtieren im Zirkus.<br />
Der Entwurf könnte - so er denn eine<br />
Chance auf Umsetzung hat - Tierschutz<br />
in Deutschland maßgeblich voranbringen.<br />
Er zieht die überfälligen Konse-<br />
VERBESSERUNGEN IN VIELEN BEREICHEN ...<br />
Der Gesetzentwurf stärkt die Würde <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong><br />
litischer Auftrag an <strong>Bund</strong> und Län<strong>der</strong><br />
sind richtungweisende Ansätze. Mit <strong>der</strong><br />
Einführung des Verbandsklagerechts,<br />
eines <strong>Bund</strong>stierschutzbeauftragten<br />
sowie <strong>der</strong> Verschärfung <strong>der</strong> Strafbe-<br />
quenzen aus <strong>der</strong> Staatszielbestimmung<br />
Tierschutz. Denn obwohl Tierschutz<br />
2002 in Artikel 20a Grundgesetz aufgenommen<br />
wurde, ist <strong>der</strong> Gesetzgeber<br />
acht Jahre untätig geblieben.<br />
Die Bestimmungen des Tierschutzgesetzes<br />
stammen zum überwiegenden<br />
Teil aus <strong>der</strong> Zeit vor <strong>der</strong> Verfassungsän<strong>der</strong>ung.<br />
Und so erleben wir jeden<br />
Tag, dass <strong>der</strong> rechtliche Schutz von <strong>Tiere</strong>n<br />
in vielen Bereichen nach wie vor<br />
völlig ungenügend ist.<br />
Die Bündnisgrünen vollziehen nun einen<br />
Paradigmenwechsel mit konsequenter<br />
Orientierung am ethischen<br />
Tierschutz, <strong>der</strong> Stärkung <strong>der</strong> Rechte <strong>der</strong><br />
<strong>Tiere</strong> und mit klaren rechtlichen Vorgaben,<br />
die einen verantwortbaren Ausgleich<br />
zwischen den Nutzungsansprüchen<br />
des Menschen und den<br />
berechtigten Interessen <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> definieren. <br />
stimmungen werden weitere Maßstäbe<br />
gesetzt.<br />
Die eindeutigen rechtlichen Bestimmungen<br />
im Bereich <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />
"Nutztierhaltung" mit einer kla-
UTZGESETZ IN DEUTSCHLAND!<br />
DER FRAKTION B90/DIE GRÜNEN IM BUNDESTAG<br />
ren Absage an Käfige, Engaufstallungen<br />
und Anbindehaltung, dem Verbot<br />
<strong>der</strong> Akkordschlachtung und einem umfassenden<br />
Tierschutz -TÜV für serienmäßig<br />
hergestellte Stalleinrichtungen,<br />
für Betäubungsgeräte und Heimtierunterkünfte<br />
sind ebenso wesentliche<br />
Verbesserungen wie im Bereich <strong>der</strong><br />
Versuchstiere das grundsätzliche Verbot<br />
von Tierversuchen, die Einführung<br />
eines Belastungs- und Nutzenkatalogs<br />
bei Genehmigung von Tierversuchen,<br />
einer Datenbank zur Vermeidung von<br />
Doppelversuchen sowie die konsequente<br />
Anwendung des 3R-Prinzips.<br />
Das grundsätzliche Verbot <strong>der</strong> Haltung<br />
von Wildtieren in Zirkussen, die Einschränkung<br />
<strong>der</strong> Haltung von Wildtieren<br />
in Privathaushalten und die Kennzeichnung<br />
und Registrierung von Heimtieren<br />
setzen in diesen Bereichen ebenfalls<br />
wichtige Akzente.<br />
T IERSCHUTZPOLITIK<br />
... DOCH DIE FORDERUNGEN DES bmt GEHEN NOCH WEITER<br />
Verbesserungen u.a. bei Tiertransporten und Tierversuchen notwendig!<br />
Die Unberührtheitsklausel im<br />
Jagdrecht fehlt dem bmt noch im<br />
Gesetzesentwurf.<br />
Dieser Gesetzesentwurf entspricht zweifellos<br />
den Anfor<strong>der</strong>ungen eines mo<strong>der</strong>nen<br />
Tierschutzkonzepts. Da es aber<br />
bekanntlich nicht Gutes gibt, das man<br />
nicht noch besser machen könnte, hat<br />
<strong>der</strong> bmt Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet,<br />
die Dr. Styrie erläuterte. Wir<br />
for<strong>der</strong>n, um einige wesentliche Punkte<br />
herauszugreifen, Tiertransporte innerhalb<br />
Deutschlands auf maximal vier<br />
Stunden zu begrenzen und die verbindliche<br />
Elektrokurzzeitbetäubung<br />
beim Schlachten ohne Betäubung -<br />
restriktivere Regelungen allein halten<br />
wir für unzureichend.<br />
Angesichts <strong>der</strong> anhaltenden Missstände<br />
bei Schlachtungen sind strengere<br />
Vorgaben bei <strong>der</strong> Betäubung von <strong>Tiere</strong>n<br />
unabdingbar. Ein beson<strong>der</strong>s wun<strong>der</strong><br />
Punkt im wahrsten Sinn des Wortes<br />
sind Eingriffe an <strong>Tiere</strong>n in <strong>der</strong> "Nutztierhaltung".<br />
Dabei sind Betäubungsvorschriften<br />
zweifellos ein Fortschritt,<br />
aber sicher keine Lösung. Es ist ethisch<br />
nicht zu rechtfertigen, dass <strong>Tiere</strong> mit<br />
operativen Eingriffen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Manipulationen an tierschutzwidrige<br />
Haltungssysteme angepasst werden.<br />
Tierschutzgerecht und dringend erfor<strong>der</strong>lich<br />
ist es hin<strong>gegen</strong>, Haltungssysteme<br />
an die Bedürfnisse <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> anzupassen.<br />
Die Streichung <strong>der</strong> Unberührtheitsklausel<br />
für das Jagdrecht gehört ebenfalls<br />
zu einem mo<strong>der</strong>nen Tierschutzgesetz,<br />
um klare Regelungen für ein Verbot des<br />
Abschusses von Hunden und Katzen<br />
und <strong>der</strong> Fallenjagd durchzusetzen.<br />
Bei den Voraussetzungen zu Tierversuchen<br />
sollten die restriktiven Regelungen,<br />
die <strong>der</strong> Gesetzesentwurf für nichtmenschliche<br />
Primaten vorsieht, auch<br />
bei an<strong>der</strong>en Wirbeltieren wie Hunde,<br />
Katzen, Ratten, Mäuse gelten, da sie<br />
über ein vergleichbares Schmerzempfinden<br />
verfügen. Die Kennzeichnung<br />
von Heimtieren sollte nicht nur für den<br />
gewerblichen Bereich, son<strong>der</strong>n - soweit<br />
durchführbar - für alle Halter verpflichtend<br />
gelten.<br />
Die überwiegende Mehrheit des Auditoriums<br />
zog eine äußerst positive Gesamtbilanz<br />
- mit unterschiedlicher Akzentsetzung.<br />
Aus den Reihen <strong>der</strong><br />
Veterinäre kam <strong>der</strong> Vorschlag, das Ge-<br />
Das Verbandsklagerecht käme<br />
auch den tierschutzwidrig gehaltenen<br />
Pelztieren zugute.<br />
setz zu straffen und vieles über Verordnungen<br />
und Verwaltungsvorschriften zu<br />
regeln - eine ambivalente Empfehlung,<br />
da Verordnungen nicht <strong>der</strong> Kontrolle<br />
eines parlamentarischen Verfahrens<br />
unter Einbeziehung <strong>der</strong> Fachöffentlichkeit<br />
unterliegen. Dass von den Vertretern<br />
des DBV und <strong>der</strong> Pharmaindustrie<br />
die Gegenargumente <strong>der</strong> Überregulierung,<br />
des Wettbewerbsnachteils und<br />
<strong>der</strong> Forschungsbeschränkung kamen,<br />
ist keine eigentliche Überraschung.<br />
Bärbel Höhn, Stellvertretende Fraktionsvorsitzende<br />
und Undine Kurth,<br />
Tierschutzpolitische Sprecherin <strong>der</strong><br />
<strong>Bund</strong>estagsfraktion, kündigten abschließend<br />
an, dass <strong>der</strong> Entwurf nach<br />
dieser gründlichen Debatte überarbeitet<br />
und im Herbst in den <strong>Bund</strong>estag eingebracht<br />
werden soll. Welche Chancen<br />
er - da von <strong>der</strong> Opposition vorgelegt -<br />
überhaupt hat, ist fraglich. Die weiteren<br />
Beratungen in den <strong>Bund</strong>estagsausschüssen<br />
werden außerdem davon beeinflusst,<br />
wie die Entwicklung auf EU-<br />
Ebene verläuft (siehe Seite 13).<br />
Wir werden dies sowohl auf nationaler<br />
als auch auf europäischer Ebene kritisch<br />
begleiten. Letztendlich gilt aber<br />
auch für diesen zukunftsweisenden Entwurf:<br />
Jedes Gesetz ist nur so gut o<strong>der</strong><br />
schlecht wie die Schlupflöcher, die es<br />
lässt. Und: Alles steht und fällt mit dem<br />
konsequenten Vollzug.<br />
Text: Elvira Schiöberg<br />
Fotos: www.soylent-network.com<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
11
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
12<br />
T IERSCHUTZPOLITIK<br />
IM SCHLACHTHAUS HÖRT DER TIERSCHUTZ AUF<br />
UNVORSTELLBARES LEID FÜR MILLIONEN TIERE!<br />
Wer <strong>Tiere</strong> aus Gründen <strong>der</strong> Nahrungsgewinnung tötet, muss<br />
sie zumindest ihren Bedürfnissen gerecht halten und ihnen<br />
einen möglichst stress- und angstfreien Tod garantieren, so<br />
die rechtliche und ethische Verpflichtung.<br />
Doch die Realität ist weit von diesem Anspruch entfernt. Die<br />
letzte Station <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>, <strong>der</strong> Tod im Schlachthaus, ist ein unbequemes<br />
und darum in Gesellschaft und Politik verdrängtes<br />
Thema. Dabei ist gerade dieser Bereich des "Produktionsprozesses"<br />
mit den größten Tierschutzdefiziten behaftet.<br />
Zuletzt sorgte ein Fernsehbericht des<br />
SWR Mitte Dezember 2009 für kurzzeitige<br />
öffentliche Aufregung und Diskussion<br />
in den Medien, als Missstände eines<br />
baden-württembergischen Schlachthauses<br />
offenbar wurden. Nach Ansicht<br />
des <strong>Bund</strong>es <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong><br />
e.V. dürfen diese Einzelmeldungen<br />
nicht darüber hinwegtäuschen, dass sie<br />
nur die Spitze des Eisberges zeigen.<br />
So geht selbst <strong>der</strong> renommierte<br />
Schlachtexperte Prof. Dr. Klaus Troeger,<br />
Leiter des Max-Rubner-Instituts für Sicherheit<br />
und Qualität bei Fleisch, von<br />
einer inakzeptabel hohen Fehlbetäubungsrate<br />
von Schweinen in bundesdeutschen<br />
Schlachthöfen aus. Ein<br />
Grund hierfür sind die teilweise extrem<br />
hohen Schlachtraten mit bis zu 1500<br />
<strong>Tiere</strong>n pro Stunde in einer Schlachtlinie.<br />
Dem Personal bleibt keine Zeit sicherzustellen,<br />
dass tatsächlich alle <strong>Tiere</strong><br />
ausreichend betäubt sind, bevor sie in<br />
den nächsten Verarbeitungsprozess geraten.<br />
So schätzt Troeger aus seiner<br />
praktischen Erfahrung, dass rund 1<br />
Prozent <strong>der</strong> Schweine erst im Brühkessel<br />
qualvoll stirbt.<br />
Ein Schwein blutet aus. Seine noch lebenden<br />
Artgenossen daneben müssen zuschauen.<br />
Bei Rin<strong>der</strong>n sieht es nicht<br />
besser aus: Sie werden<br />
üblicherweise mit einem<br />
Bolzenschussapparat betäubt. Doch<br />
die Fehlbetäubungsrate wird bundesweit<br />
auf 7 Prozent geschätzt, weil in vielen<br />
Schlachthöfen Fixationseinrichtungen<br />
fehlen, die einen genauen<br />
Schusspunkt zulassen würden. Hinzu<br />
kommen handwerkliche Fehler des Personals<br />
o<strong>der</strong> technische Mängel am Bolzenschussapparat.<br />
Rein rechnerisch sind dies in Deutschland<br />
rund 250.000 <strong>Tiere</strong> im Jahr<br />
(200.000 Rin<strong>der</strong>, 500.00 Schweine),<br />
die unter teilweise entsetzlichen Leiden<br />
ihren eigenen Tod erleben müssen. Ein<br />
Skandal, <strong>der</strong> seit Jahren bekannt und<br />
mit dem Tierschutzrecht unvereinbar<br />
ist. So müssten bspw. nach <strong>der</strong> Tierschutzschlacht-Verordnung<br />
<strong>Tiere</strong> so getötet<br />
werden, "dass bei ihnen nicht<br />
mehr als unvermeidbare Aufregung,<br />
Schmerzen, Leiden o<strong>der</strong> Schäden verursacht<br />
werden."<br />
Aus Sicht des bmt sind deshalb rechtliche<br />
Än<strong>der</strong>ungen beim Schlachten<br />
zwingend notwendig, damit zumindest<br />
<strong>der</strong> Schlachtvorgang für die <strong>Tiere</strong> so<br />
angst- und schmerzfrei wie irgend<br />
möglich abläuft. Dazu gehören u.a. ein<br />
klares Verbot <strong>der</strong> Akkordschlachtung<br />
und Verbesserungen <strong>der</strong> Kontrollmöglichkeiten<br />
in den Schlachtbetrieben<br />
(z.B. Videoaufzeichnungen, regelmäßige<br />
Untersuchungen <strong>der</strong> Schlachtkörper).<br />
So gibt es technische Sicherungssysteme,<br />
die verhin<strong>der</strong>n könnten, dass unbetäubte<br />
<strong>Tiere</strong> in den nächsten<br />
Schlachtprozess (z.B. Brühkessel bei<br />
Schweinen) geraten. Vorgeschrieben<br />
sind sie bislang nicht. Zudem wäre es<br />
erfor<strong>der</strong>lich, mehr amtliche Tierärzte in<br />
Schlachtbetrieben einzubinden. Denn<br />
seit Jahren ist die Anzahl amtlicher Tierärzte<br />
nicht in ausreichendem Maße an<br />
die Betriebsentwicklung <strong>der</strong> Schlachthöfe<br />
angepasst worden, obwohl die<br />
tierschutzrelevanten Aufgaben <strong>der</strong> Tierärzte<br />
in den großen Schlachthöfen immer<br />
vielfältiger geworden sind.<br />
Diesen Missstand bestätigt auch die<br />
<strong>Bund</strong>estierärztekammer. Selbst wenn<br />
all diese erhöhten Auflagen an die<br />
Schlachtbetriebe das Schnitzel um einige<br />
Cent teurer machen sollten, ist es<br />
das Mindeste, was <strong>der</strong> Mensch den <strong>Tiere</strong>n<br />
schuldig ist.<br />
Unser Buchtipp zum Thema:<br />
TOTENTANZ DER TIERE<br />
Schonungslose Bemerkungen<br />
zu <strong>Tiere</strong>lend,<br />
Jagd und Kirche<br />
Dr. Gunter Bleibohm/<br />
Harald Hoos<br />
Geistkirch-Verlag<br />
2009, ISBN 978-3-<br />
938889-81-7<br />
Broschiert, 174 Seiten, 14,80 Euro<br />
(Gesamter Erlös für den Tierschutz! )<br />
“Ich höre den Motor des Lkw's... Gras<br />
haben meine Füße nie gespürt, nur Kot,<br />
nur Dreck. Vielleicht habe ich einmal<br />
im Leben das große Glück, auf dem<br />
Transport das richtige Licht zu sehen,<br />
richtige Luft zu atmen. Es soll ja eine<br />
Sonne geben, Sterne, Wind und Regen.<br />
...” (Gedanken eines Schweines)<br />
Text: Torsten Schmidt<br />
Fotos: www.soylent-network.com
VERSPIELTE CHANCE FÜR DEN TIERSCHUTZ<br />
NEUREGELUNG DER EU- TIERVERSUCHSRICHTLINIE<br />
Vielleicht gab es anfangs tatsächlich die Chance auf eine Wende<br />
im europäischen Tierversuchsrecht. Zumindest war da ein Hoffnungsschimmer,<br />
als die Europäische Union verkündete, die veraltete<br />
Tierversuchslinie (EU-Richtlinie 86/609/EWG) von 1986 zu<br />
überarbeiten, um endlich EU-weit einheitliche und verbindliche<br />
Standards bei <strong>der</strong> Durchführung von Tierversuchen festzuschreiben.<br />
Und tatsächlich, <strong>der</strong> im November 2008 vorgelegte Kommissionsentwurf<br />
enthielt wichtige Regelungen, um Tierversuche effektiv<br />
zu reduzieren.<br />
So sollten Tierversuche im Genehmigungsverfahren<br />
vorab verpflichtend<br />
auf ethische Notwendigkeit und Unerlässlichkeit<br />
überprüft und bewertet werden.<br />
Ebenso sollte das 3R- Prinzip, dessen<br />
Ziel es ist, die Verwendung von<br />
<strong>Tiere</strong>n zu vermeiden, zu reduzieren o<strong>der</strong><br />
zu verbessern, strikt angewandt sowie<br />
Alternativverfahren gestärkt werden.<br />
Kein Fortschritt in den Köpfen<br />
Doch sehr schnell wurden die Hoffnungen<br />
von <strong>der</strong> Realität ein-, besser überholt.<br />
Beim Tauziehen zwischen Kommission,<br />
Parlament und EU-Ministerrat<br />
wurden die wesentlichen Elemente des<br />
ursprünglichen Entwurfs trotz intensivster<br />
Bemühungen <strong>der</strong> Tierschutzverbände<br />
gestrichen o<strong>der</strong> massiv abgeschwächt<br />
- <strong>der</strong> Tierschutz blieb auf <strong>der</strong><br />
Strecke. Die einseitige Einflussnahme<br />
<strong>der</strong> Tierversuchslobby von Forschung<br />
und Pharmaindustrie hatte sich durchgesetzt:<br />
Ethische Bewertung von Tierversuchen?<br />
- praktisch gecancelt, <strong>der</strong><br />
Einsatz tierversuchsfreier Methoden? -<br />
nicht mehr vorgeschrieben, eine Obergrenze<br />
für Leiden und Schmerzen? -<br />
nicht mehr vorgesehen.<br />
Klägliche Rolle Deutschlands<br />
Die <strong>Bund</strong>esregierung spielte in dem<br />
Trauerspiel wahrlich eine unrühmliche<br />
Rolle. Denn ausgerechnet Deutschland<br />
hat hinter den Kulissen die Verschlechterungen<br />
mitgetragen. Zwar ist Tierschutz<br />
seit 2002 Staatsziel, zwar verpflichtet<br />
<strong>der</strong> Koalitionsvertrag die<br />
<strong>Bund</strong>esregierung, sich auf EU-Ebene<br />
und in Deutschland für besseren Tierschutz<br />
einzusetzen. Aber Papier ist be-<br />
kanntlich geduldig - vor allem im<br />
Tierschutz. Als die grüne <strong>Bund</strong>estagsfraktion<br />
am 24. März im<br />
<strong>Bund</strong>estag einen letzten Versuch startete<br />
und Nachbesserungen einfor<strong>der</strong>te,<br />
lehnte dies die schwarz-gelbe Koalition<br />
ebenfalls ab. Der bmt protestierte gemeinsam<br />
mit an<strong>der</strong>en Tierschutzorganisationen<br />
vor dem <strong>Bund</strong>estag <strong>gegen</strong><br />
dieses Vorgehen.<br />
Rückschritt statt Fortschritt<br />
Beson<strong>der</strong>s gravierende Folgen hat ein<br />
zentraler Punkt <strong>der</strong> vorgesehenen Neuregelung.<br />
Wenn die Richtlinie erst einmal<br />
verabschiedet ist, soll kein EU-Mitgliedsstaat<br />
mehr strengere<br />
Maßgaben erlassen dürfen. Dies macht<br />
es einzelnen Län<strong>der</strong>n quasi unmöglich,<br />
eine Vorreiterrolle im Tierschutz zu<br />
übernehmen. Im Klartext: Die Weiterentwicklung<br />
des Tierschutzes wird<br />
durch die Deckelung auf dem status<br />
quo <strong>der</strong> bestehenden Regelungen geblockt.<br />
Auch dem deutschen Parlament<br />
sind damit auf lange Zeit die Hände<br />
gebunden und das Subsidiaritätsprinzip<br />
wird unterlaufen. Ein absolutes Novum,<br />
denn bisher galt für EU-Richtlinien:<br />
Die EU setzt Mindeststandards<br />
fest, die nationale Umsetzung kann<br />
darüber hinausgehen. Die geplante<br />
Bestimmung ist für uns inakzeptabel -<br />
und überdies wi<strong>der</strong>sprüchlich. Denn<br />
während tierschutzfreundlichere Regelungen<br />
verboten sind, erlaubt <strong>der</strong> Kompromisstext<br />
durchaus ein Abweichen<br />
"nach unten" zu Lasten <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> und<br />
des Tierschutzes. So sollen die Mitgliedstaaten<br />
die Anwendung einzelner<br />
Alternativmethoden verbieten können;<br />
T IERSCHUTZPOLITIK<br />
Foto: www.aerzte-<strong>gegen</strong>-tierversuche.de<br />
die Pflege- und Unterbringungsstandards<br />
dürfen unterschritten, Genehmigungsverfahren<br />
vereinfacht werden.<br />
DAS MACHEN WIR NICHT MIT!<br />
Der bmt wendet sich an den Petitionsausschuss<br />
Der bmt hat deshalb beim Petitionsausschuss<br />
des europäischen Parlaments eine<br />
Petition eingereicht. Wir for<strong>der</strong>n das<br />
europäische Parlament auf, in <strong>der</strong> Endfassung<br />
<strong>der</strong> Richtlinie eindeutig klarzustellen,<br />
dass Mitgliedstaaten auch in Zukunft<br />
zur Aufnahme tierfreundlicherer<br />
Regelungen in ihr nationales Tierschutzgesetz<br />
berechtigt bleiben, dass<br />
die behördliche Prüfung jedes Projektes<br />
auf seine ethische Vertretbarkeit verbindlich<br />
vorgeschrieben wird und dass<br />
im Sinne des 3R-Prinzips alternativen<br />
Methoden Vorrang gegeben werden.<br />
Hinterm Horizont geht's weiter….<br />
Der Termin für die Behandlung unserer<br />
Petition ist noch offen. Unabhängig davon<br />
befindet sich die Überarbeitung<br />
<strong>der</strong> EU-Tierversuchsrichtlinie nun in <strong>der</strong><br />
Endphase. Vermutlich im Juli <strong>2010</strong><br />
stimmt <strong>der</strong> Agrarausschuss ab, im September<br />
<strong>2010</strong> folgt voraussichtlich die<br />
abschließende Abstimmung im Plenum.<br />
Danach muss die neue Tierversuchsrichtlinie<br />
von den Mitgliedsstaaten<br />
in nationales Recht umgesetzt werden.<br />
Trotz alledem: Wir werden jedenfalls<br />
bis dahin weiter alle rechtlichen Möglichkeiten<br />
ausschöpfen, diesen Richtlinienentwurf<br />
zu verhin<strong>der</strong>n.<br />
Text: Elvira Schiöberg<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
13
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
14<br />
M EDIZIN<br />
Die chronische Niereninsuffizienz ist eine<br />
<strong>der</strong> häufigsten Erkrankungen bei<br />
Katzen - und Todesursache Nummer<br />
eins bei älteren <strong>Tiere</strong>n. Werden Nierenerkrankungen<br />
trotz mo<strong>der</strong>nster Untersuchungsverfahren<br />
zu spät erkannt o<strong>der</strong><br />
übersehen viele Katzenbesitzer die Krankheitssymptome<br />
ihrer Stubentiger?<br />
"Nein", sagt Dr. Uwe Wagner, "we<strong>der</strong><br />
noch. Die Fähigkeit <strong>der</strong> Nieren, eingetretene<br />
Schäden über einen langen Zeitraum<br />
kompensieren zu können, macht<br />
eine frühzeitige Diagnose so schwer.<br />
Denn Katzen zeigen erst dann Symptome,<br />
wenn bereits ein Großteil <strong>der</strong> Nierenfunktion verloren gegangen ist."<br />
Rechtzeitiges medizinisches Eingreifen und eine maßgeschnei<strong>der</strong>te Therapie können den vierbeinigen<br />
Patienten ein langes und beschwerdefreies Leben ermöglichen. Deshalb kommt <strong>der</strong> Früherkennung<br />
bei allen Formen von Nierenerkrankungen ein hoher Stellenwert zu. Katzen ab dem 7. Lebensjahr<br />
sollten jährlich einem Nieren-Check, bestehend aus Blutuntersuchung, Harnanalyse und<br />
Blutdruckmessung, unterzogen werden, rät <strong>der</strong> Reutlinger Tierarzt und Leiter des bmt-Landesverbandes<br />
Baden-Württemberg.<br />
<strong>RdT</strong>: Warum haben nierenkranke Katzen<br />
einen schier unersättlichen Durst?<br />
Dr. Uwe Wagner: Geschädigte Nieren<br />
können den Harn nicht mehr konzentrieren,<br />
so dass sie täglich mehr<br />
Urin absetzen. Zum Ausgleich müssen<br />
die <strong>Tiere</strong> mehr trinken als früher - die<br />
deutlich erhöhte Wasseraufnahme fällt<br />
zumindest den Besitzern von Wohnungskatzen<br />
sehr schnell auf, weil <strong>der</strong><br />
Wassernapf ständig leer ist.<br />
<strong>RdT</strong>: Weist ein höheres Flüssigkeitsbedürfnis<br />
immer auf eine Störung <strong>der</strong> Nierenfunktion<br />
hin?<br />
Dr. Uwe Wagner: Ja, meistens. Doch<br />
auch an<strong>der</strong>e Erkrankungen, wie Entzündungen,<br />
Diabetes, Schilddrüsenleiden<br />
o<strong>der</strong> Tumore, können <strong>der</strong> Grund<br />
für eine übermäßige Wasseraufnahme<br />
sein. Katzen sind als Nachfahren <strong>der</strong><br />
Wüstenbewohner Harnkonzentrierer;<br />
sie haben im Gegensatz zu Hunden relativ<br />
große Nieren und kommen mit einer<br />
geringeren Flüssigkeitszufuhr aus.<br />
So ist übermäßiger Durst immer ein<br />
Warnzeichen, dem eine gründliche<br />
Untersuchung in <strong>der</strong> Tierarztpraxis folgen<br />
sollte.<br />
<strong>RdT</strong>: Großer Durst, übermäßiger Urinabsatz,<br />
Abmagerung, Bluthochdruck, entzündete<br />
Schleimhäute, auffällige Verhaltensän<strong>der</strong>ungen<br />
-<br />
warum treten bei<br />
Nierenschwäche so<br />
viele Symptome<br />
auf?<br />
Dr. Wagner:<br />
Weil die Nieren<br />
entscheidende<br />
Aufgaben im Körper<br />
wahrnehmen.<br />
Geschädigte Nieren<br />
sind nicht<br />
mehr in <strong>der</strong> Lage,<br />
die Abfallprodukte<br />
des Stoffwech-<br />
sels aus dem Blut<br />
zu filtern. Was eigentlich<br />
mit dem<br />
Urin den Körper<br />
verlassen sollte,<br />
vergiftet nun den<br />
Verräterischer<br />
N IERENERKRANKUNGEN<br />
Organismus und führt zu verschiedenen<br />
Stoffwechselentgleisungen.<br />
Es kommt u.a. zu<br />
Anreicherungen von schädlichen<br />
Substanzen im Blut<br />
Störungen des<br />
Mineralstoffhaushalts<br />
Än<strong>der</strong>ungen<br />
des Wassergehalts<br />
im Körper<br />
Blutdruckproblemen<br />
und Blutarmut.<br />
<strong>RdT</strong>: Welche Aufgaben<br />
nehmen<br />
die beiden Filterorgane<br />
des Stoffwechsels<br />
wahr?<br />
Perserdame Fre<strong>der</strong>ike (10 J.) irrte auf einer Landstraße<br />
umher, bevor Tierfreunde sie entdeckten. Ihr Fell war in einem<br />
erbarmungswürdigen Zustand und sie war sehr abgemagert,<br />
als sie zu uns gebracht wurde. Die freundliche<br />
und sehr verschmuste Fre<strong>der</strong>ike leidet unter Spondylosen<br />
und unter einer Niereninsuffizienz und benötigt ein entsprechendes<br />
Nierendiätfutter. Kontakt Wau-Mau-Insel<br />
(Adresse S. 38).
Durst<br />
BEI K ATZEN RECHTZEITIG ERKENNEN<br />
Dr. Uwe Wagner: Wie schon erwähnt<br />
sind die Nieren dafür verantwortlich,<br />
den Körper von allem Überschüssigem<br />
zu befreien. Kleinste Funktions- und<br />
Struktureinheiten in den Nieren (Nephrone)<br />
sorgen dafür, dass die giftigen<br />
Stoffwechselprodukte - harnpflichtige<br />
Endprodukte des Eiweißstoffwechsels -<br />
das Blut verlassen und über den Harn<br />
ausgeschieden werden.<br />
Auf diese Weise werden <strong>der</strong> Säure-Basen-Haushalt<br />
und <strong>der</strong> Wasserhaushalt<br />
des Körpers konstant gehalten, unabhängig<br />
davon, wie viel die Katze getrunken,<br />
ob sie Trocken- o<strong>der</strong> Nassfutter<br />
gefressen o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s stark<br />
geschwitzt hat. Bei einer gestörten Nierenleistung<br />
kommt es entsprechend zu<br />
Elektrolytverschiebungen, Blutarmut<br />
(Anämie) und Bluthochdruck.<br />
<strong>RdT</strong>: Haben die Nieren einen so großen<br />
Einfluss auf den Blutdruck?<br />
Dr. Uwe Wagner: Ja, ganz entscheidend!<br />
Die Nieren kontrollieren einerseits<br />
den Blutdruck des gesamten Organismus;<br />
ein hormonelles Regulationssystem<br />
innerhalb <strong>der</strong> Nieren sorgt<br />
für einen konstanten, systemischen<br />
Blutdruck.<br />
Und an<strong>der</strong>erseits besitzen die Nieren<br />
ein autonomes Blutdrucksystem. Denn<br />
das Blut kann nur gereinigt werden,<br />
wenn es mit einem bestimmten Druck<br />
durch die feinen Gefäße gepumpt wird.<br />
Steigt o<strong>der</strong> fällt <strong>der</strong> Blutdruck, fließt zu<br />
viel o<strong>der</strong> zu wenig Blut durch die Nierengefäße.<br />
Folge: Entwe<strong>der</strong> werden<br />
die Filter überlastet, weil das Blut mit<br />
hohem Druck hindurchgepresst wird,<br />
o<strong>der</strong> das Blut wird nur unzureichend<br />
gefiltert, weil <strong>der</strong> Druck zu gering ist.<br />
INTERVIEW MIT DR. UWE WAGNER:<br />
Zur Anämie: Auch die Blutarmut ist eine<br />
Folge <strong>der</strong> eingeschränkten Nierenleistung.<br />
In den gesunden Nieren wird<br />
das Hormon Erythropoetin produziert,<br />
das die Bildung <strong>der</strong> roten Blutkörperchen<br />
im Knochenmark anregt.<br />
<strong>RdT</strong>: Sie haben zu Beginn erwähnt,<br />
dass bei Katzen erst im fortgeschrittenen<br />
Stadium einer chronischen Niereninsuffizienz<br />
Krankheitssymptome auftreten.<br />
Das macht die Erkrankung für<br />
Tierhalter so heimtückisch, weil sie sich<br />
lange im Glauben wähnen, dass ihre<br />
Katze gesund ist…<br />
Dr. Uwe Wagner: …ja, das ist sehr<br />
bedauerlich und macht die regelmäßige<br />
Vorsorgeuntersuchung umso wichtiger!<br />
Ab dem 7. Lebensjahr sollte ein-<br />
<br />
<br />
<br />
mal jährlich die Kontrolle des<br />
Blutdrucks, eine Blutuntersuchung und<br />
Harnanalyse durchgeführt und gegebenenfalls<br />
durch einen Ultraschall <strong>der</strong><br />
Nieren ergänzt werden.<br />
Im Blut werden die Konzentrationen<br />
von Harnstoff und Kreatinin<br />
bestimmt. Der Harnstoff ist ein<br />
Abbauprodukt des Eiweißstoffwechsels.<br />
Seine Konzentration im Serum steigt bei<br />
hoher Eiweißaufnahme - und bei einer<br />
gestörten Nierenfunktion. Parallel dazu<br />
wird Kreatinin bestimmt. Dieses Produkt<br />
aus dem Muskelstoffwechsel steigt<br />
erst an, wenn die Nieren zu mindestens<br />
50% geschädigt sind.<br />
Die Nieren haben eine hohe Kompensationsfähigkeit.<br />
Für ein normales Arbeiten<br />
<strong>der</strong> Organe sind nur 30% <strong>der</strong><br />
Nierenkapazität verantwortlich. So wird<br />
nachvollziehbar, dass beim Auftreten<br />
<strong>der</strong> ersten (drastischen) Krankheitssymptome<br />
oft schon bis zu 70% <strong>der</strong><br />
Nierenzellen funktionsuntüchtig geworden<br />
sind.<br />
Bei <strong>der</strong> Harnanalyse wird untersucht, ob<br />
DIE NIEREN ... filtern die schäd- BEI INSUFFIZIENZ:<br />
lichen Stoffwechselprodukte wie Harnstoff Vermehrter Durst,<br />
(Produkt des Eiweißstoffwechsels) und Kre- gesteigerter Urinabsatz,<br />
atinin (Produkt aus dem Muskelstoffwech- Erbrechen,<br />
sel) und scheiden sie über den Urin aus wechseln<strong>der</strong> o<strong>der</strong> vermin<strong>der</strong>-<br />
stabilisieren den Mineralstoffhaushalt ter Appetit,<br />
(Kalzium, Kalium, Phosphor, Natrium) Müdigkeit,<br />
produzieren das Hormon Erythropoetin glanzloses Fell,<br />
(regt das Knochenmark an, rote Blutkör- Durchfall,<br />
perchen zu bilden). Erythrozyten sind für Mundgeruch,<br />
den Sauerstofftransport zuständig<br />
Zahnfleischentzündung,<br />
produzieren das Blutdruck regulierende Austrocknung,<br />
Enzym Renin.<br />
<br />
Blutarmut.<br />
die Urinkonzentration verdünnt ist. Dieser<br />
Nachweis würde bedeuten, dass die<br />
Nieren die anfallenden Abfallstoffe nicht<br />
mehr ausreichend ausleiten können.<br />
<strong>RdT</strong>: Gibt es falsch positive Befunde,<br />
also eine Erhöhung <strong>der</strong> Blutwerte, ohne<br />
dass eine Nierenschwäche vorliegt?<br />
Dr. Uwe Wagner: Auch das kommt<br />
Suse (ca. 8-10 Jahre) lief einem Ehepaar zu, konnte dort aber nicht auf<br />
Dauer bleiben. Im Tierheim Elisabethenhof vermutete Katzenpflegerin<br />
Inge Reif anhand des struppigen Fells und dem erhöhten Urinabsatz<br />
sofort, dass Suse unter einer Störung <strong>der</strong> Nierenfunktion leiden musste.<br />
Die tierärztliche Untersuchung bestätigte den Verdacht und die Katze<br />
wird nun entsprechend therapiert. Tierheim Elisabethenhof<br />
(Adresse S. 38).<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
15
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
16<br />
Max (14 Jahre) ist ein ausgeglichener<br />
und netter Stubentiger, <strong>der</strong> als<br />
Fundkater zu uns gekommen ist. Lei<strong>der</strong><br />
wurde auch bei ihm eine Nierenschwäche<br />
festgestellt, für die er entsprechendes<br />
Futter bekommt. Wir<br />
suchen für Max ein Zuhause bei Katzenfreunden,<br />
die dem zutraulichen<br />
Kater im besten Alter ein schönes Zuhause<br />
bieten möchten. Kontakt Wau-<br />
Mau-Insel (Adresse S. 38).<br />
vor. Harnstoff und Kreatinin können<br />
kurzfristig durch folgende Umstände<br />
erhöht sein: Die Katze<br />
hat kurz vor <strong>der</strong> Blutabnahme eine<br />
Fleischmahlzeit zu sich genommen<br />
eine lange Fastenperiode hinter<br />
sich (durch den Abbau körpereigener<br />
Reserven entsteht Harnstoff)<br />
hat zu wenig getrunken und ist dehydriert.<br />
<strong>RdT</strong>: Welche Ereignisse führen dazu,<br />
dass die Nieren ihre Filterfunktion nicht<br />
mehr ausreichend wahrnehmen? Wel-<br />
Fundkatze Tequila (10) hat eine beson<strong>der</strong>e<br />
Eigenart: Sie sucht ihr Spiegelbild<br />
in den blanken Fliesen, legt<br />
den Kopf schräg und "redet" mit sich.<br />
So bezaubernd die Angewohnheit auf<br />
Außenstehende wirkt - für das Team<br />
<strong>der</strong> Arche ist klar, dass die sehr anhängliche<br />
und menschenbezogene<br />
Katze sich nach Nähe einer eigenen<br />
Bezugsperson sehnt. Tequila erhält Diätfutter,<br />
weil sie unter einer Niereninsuffizienz<br />
und vergrößerten Leber leidet.<br />
TH Arche Noah (Adresse S. 38).<br />
che Ursachen werden diskutiert?<br />
Dr. Uwe Wagner: Wir unterscheiden<br />
das akute Nierenversagen von <strong>der</strong><br />
chronischen, irreversiblen Verschlechterung<br />
<strong>der</strong> Nierenleistung über einen<br />
langen Zeitraum, <strong>der</strong> chronischen Insuffzienz.<br />
Akutes Nierenversagen wird durch<br />
"akute" Umstände ausgelöst: Die Aufnahme<br />
von Giftstoffen im Haushalt<br />
(z.B. Frostschutzmittel in Kühlerflüssigkeit<br />
des Autos) o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Natur (z.B. Lilien),<br />
Blutverlust, Flüssigkeitsverlust bei<br />
Durchfall, Erbrechen, Verbrennungen,<br />
Kreislaufstörungen und Schock.<br />
Dieses "plötzliche Abschalten" <strong>der</strong> Nieren<br />
kann schnell tödlich enden! Die<br />
Symptome: U.a. vermin<strong>der</strong>ter bis fehlen<strong>der</strong><br />
Harnabsatz, Schmerzen beim<br />
Tasten des Bauchs, aufgekrümmter<br />
Rücken, Futterverweigerung, Erbrechen,<br />
Mundgeruch, Gleichgewichtsstörungen,<br />
vertiefte Atmung.<br />
Bei Verdacht auf akutes Nierenversagen<br />
sollte die Katze umgehend tiermedizinisch<br />
behandelt werden, das gilt<br />
auch für Zwischenfälle in den Nachstunden.<br />
In den meisten Städten gibt es<br />
Der Übergang zum Nierenversagen<br />
Ab einem gewissen Stadium <strong>der</strong> unbehandelten Niereninsuffzienz<br />
fallen Katzenhaltern Verän<strong>der</strong>ungen an ihrem<br />
Tier auf. Der Symptomenkomplex nimmt zu, je stärker <strong>der</strong><br />
Kreatininwert im Blut ansteigt (darum regelmäßiger Vorsorge-Check!).<br />
Jetzt kommt es zur Anreicherung harnpflichtiger<br />
Substanzen im Körper, die Mineralstoffe verschieben<br />
sich, das Säure-Basen-Gleichgewicht ist gestört.<br />
Lilien<br />
Nun werden die Schleimhäute von Maul, Magen und Darm<br />
angegriffen, was die Nahrungsaufnahme (neben <strong>der</strong> Appetitlosigkeit) zusätzlich<br />
erschwert. Der kleine Patient magert ab, erbricht häufig, frisst kaum noch,<br />
zieht sich aus seinem sozialen Umfeld zurück. Die Haut scheint am Körper zu<br />
kleben, das Fell wirkt struppig, obwohl sich die Trinkmange laufend erhöht.<br />
Die Nieren versagen, wenn die Katze, die eben noch Unmengen trank und Urin<br />
ausgeschieden hat, beides nicht mehr tut und völlig teilnahmslos wird. Doch<br />
auch in diesem kritischen Stadium kann durch dem Tier durch Infusionen und<br />
Medikamente u.U. noch geholfen werden.<br />
Vorsicht! Bei Aufnahme können Lilien zu Nierenschäden bei Katzen führen.<br />
inzwischen Tierkliniken, die einen 24stündigen<br />
Notdienst eingerichtet haben.<br />
Nehmen Sie dieses Angebot im<br />
Interesse Ihres <strong>Tiere</strong>s bitte wahr - die<br />
Nierenfunktion kann nur dann noch erhalten<br />
werden, wenn die Schädigung<br />
nicht zu weit fortgeschritten ist, also<br />
nicht zu viel Zeit verloren wurde.<br />
Für die chronische Niereninsuffzienz,<br />
die sich unbehandelt auch als Krise wie<br />
ein akutes Versagen darstellen kann,<br />
werden verschiedene Ursachen in Betracht<br />
gezogen: Einmal die altersbedingte<br />
Einschränkung <strong>der</strong> Nierenfunktion,<br />
dann bakterielle und virale<br />
Infektionen, Tumore, Nierenzysten, Ernährungsfehler,<br />
Störungen des Immunsystems<br />
und genetische Faktoren. Bestimmte<br />
Rassen, wie Maine Coon,<br />
Abessinier o<strong>der</strong> Siamesen, scheinen<br />
häufiger an Nierenerkrankungen zu<br />
leiden als Hauskatzen.<br />
<strong>RdT</strong>: Ernährungsfehler können also<br />
auch eine Ursache für eine Nierenerkrankung<br />
sein?<br />
Dr. Uwe Wagner: Ja, das ist bekannt.<br />
Falsche (unausgewogene) Ernährung<br />
ist ein wesentlicher Faktor bei <strong>der</strong> Entstehung<br />
von Niereninsuffizienz. Zu viel<br />
und vor allem schlecht verdauliches Eiweiß<br />
(z.B. Sojaeiweiß) belastet die Katzennieren,<br />
ebenso eine sehr salz- und<br />
phosphatreiche Kost.<br />
<strong>RdT</strong>: Dann müsste es bei einer Nierendiät<br />
vorrangig um die Reduzierung von<br />
Eiweiß gehen…<br />
Dr. Uwe Wagner: …damit die Nieren<br />
weniger Abbauprodukte des Eiweißstoffwechsels<br />
(Harnstoff) ausscheiden<br />
müssen. Genau, das ist <strong>der</strong> entscheidende<br />
Punkt.<br />
Je mehr Eiweiß die Katze aufnimmt, desto<br />
mehr Harnstoff wird gebildet und<br />
überfor<strong>der</strong>t die (vorgeschädigten) Nieren.<br />
Deshalb enthält eine spezielle Nierendiät<br />
weniger, dafür aber sehr hochwertiges<br />
Eiweiß, das im Körper gut<br />
abgebaut werden kann. Außerdem
sind bei allen Nierendiäten Salz- und<br />
Phosphatgehalt reduziert. Welches Diätfutter<br />
für welches Stadium <strong>der</strong> Nierenerkrankung<br />
richtig ist, erfahren Sie<br />
bei Ihren behandelnden Tierärzten.<br />
Greifen Sie bitte nicht eigenmächtig auf<br />
"Nierendiäten" aus dem Handel zurück;<br />
sie können ja gar nicht auf das individuelle<br />
Krankheitsbild des jeweiligen<br />
<strong>Tiere</strong>s zugeschnitten sein.<br />
<strong>RdT</strong>:: Auf welchen Schwerpunkten - außer<br />
dem eiweißärmeren Diätfutter - basiert<br />
die Behandlung noch?<br />
Dr. Uwe Wagner: Grundsätzlich gilt:<br />
Für eine Niereninsuffzienz gibt es zwar<br />
keine Heilung, aber die große Chance,<br />
die Erkrankung noch viele Jahre unter<br />
Kontrolle zu halten. Dies gelingt durch<br />
die maßgeschnei<strong>der</strong>te Nierendiät, die<br />
die restlichen, noch funktionstüchtigen<br />
Nierenzellen entlastet. Und durch Medikamente<br />
(für die Senkung des Blutdrucks<br />
und die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Blutbildung),<br />
Vitamine und Mineralstoffe und<br />
gegebenenfalls Infusionen.<br />
<strong>RdT</strong>: Sollen die Infusionen, ähnlich wie<br />
die Dialyse beim Menschen, das Blut<br />
reinigen?<br />
Dr. Uwe Wagner: Das ist das Ziel:<br />
Man versucht, durch regelmäßige<br />
(manchmal sogar tägliche) Infusionen<br />
die Giftstoffe aus dem Blut zu schwemmen.<br />
Viele<br />
Katzenbesitzer<br />
haben es<br />
im Laufe <strong>der</strong><br />
Erkrankung<br />
ihres <strong>Tiere</strong>s<br />
gelernt, die<br />
lebenswich-<br />
tigen Infusionen zu Hause durchzuführen.<br />
Für die Katze ist das natürlich<br />
stressfreier als in <strong>der</strong> Tierarztpraxis,<br />
denn auch bei Nierenschwäche gilt wie<br />
allen an<strong>der</strong>en Erkrankungen: Jede Belastung<br />
und zusätzliche Aufregung<br />
(Trennung von Bezugspersonen, Abgabe<br />
ins Tierheim etc.) kann den Gesundheitszustand<br />
verschlechtern.<br />
Interview: Claudia Lotz<br />
Anzeige<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
17
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
18<br />
E UROPA<br />
STIERKÄMPFE IN KATALONIEN VOR DEM AUS?<br />
PARLAMENT ... UNTERLAUFEN ENTSCHEIDET DEN TIERSCHUTZ<br />
ÜBER ENDE DER GRAUSAMEN TRADITION<br />
Nach <strong>der</strong> Annahme<br />
eines Volksbegehrens<br />
Ende 2009<br />
entscheiden die<br />
Abgeordneten Kataloniensvoraussichtlich<br />
noch in<br />
diesem Sommer<br />
über ein Verbot des<br />
Stierkampfes in<br />
<strong>der</strong> nordöstlichen<br />
Region Spaniens.<br />
Mit 67 zu 59 Stimmen bei drei Enthaltungen<br />
stimmten die Abgeordneten des<br />
katalanischen Regionalparlamentes in<br />
Barcelona am 18. Dezember 2009 für<br />
die Annahme eines Volksbegehrens,<br />
das ein gesetzliches Verbot des Stierkampfes<br />
verlangt. Über 180.000 Bürgerinnen<br />
und Bürger Kataloniens (notwendig<br />
waren 50.000) unterzeichneten<br />
die Volksgesetzinitiative "Plataforma<br />
Prou" ("Genug ist genug"), die eine Än<strong>der</strong>ung<br />
des katalanischen Tierschutzgesetzes<br />
for<strong>der</strong>t. Zwar schützt das bestehende<br />
Gesetz <strong>Tiere</strong> vor Gewalt und<br />
<strong>Missbrauch</strong>, allerdings gilt für Stiere<br />
und Pferde in <strong>der</strong> Corrida eine Ausnahmeregelung.<br />
Für ein endgültiges Verbot des Stierkampfes<br />
muss die Petition von den Par-<br />
lamentsausschüssen in einen entsprechenden<br />
Gesetzentwurf umformuliert<br />
werden, <strong>der</strong> den Abgeordneten dann<br />
noch einmal zur Abstimmung vorgelegt<br />
wird. Die Entscheidung über das<br />
Verbotsgesetz soll in den kommenden<br />
Wochen fallen.<br />
Katalonien ist die wirtschaftlich stärkste<br />
Region Spaniens und zählt 7,4 Millionen<br />
Einwohner. Die Bedeutung des<br />
Stierkampfes ist hier in den vergangenen<br />
Jahrzehnten erheblich gesunken.<br />
Lediglich eine kleine Min<strong>der</strong>heit will<br />
weiterhin unbeirrt an <strong>der</strong> tierquälerischen<br />
und unmenschlichen Tradition<br />
festhalten. Auf breite Unterstützung<br />
stößt die Anti-Stierkampf-Initiative bei<br />
den katalanischen Nationalisten, die<br />
den Stierkampf als "spanischen Import"<br />
und "Tierquälerei" ablehnen.<br />
Gegenwind erhält die Kampagne von<br />
den "spanientreuen" Sozialisten und<br />
<strong>der</strong> "Plattform für die Weiterführung <strong>der</strong><br />
Fiesta", die ein Verbot mit allen Mitteln<br />
abwenden wollen. Sie for<strong>der</strong>n die Einführung<br />
einer schonen<strong>der</strong>en Variante<br />
<strong>der</strong> Corrida, die letztlich jedoch auch<br />
den Tod des Stieres zur Folge hat. Nach<br />
ihren Vorschlägen soll die Leidenszeit<br />
<strong>der</strong> Stiere verkürzt werden, und das Publikum<br />
mehr Möglichkeiten erhalten,<br />
den Stier zu begnadigen. Darüber hinaus<br />
sollen sterbende Stiere künftig mit<br />
einem Stromstoss statt mit einem Dolch<br />
getötet werden. Ferner soll <strong>der</strong> Torero<br />
nur eine begrenzte Zahl von Versuchen<br />
erhalten, dem Stier den Todesstoss zu<br />
versetzen.<br />
Hintergründe zum Stierkampf<br />
Jährlich werden in Spaniens Arenen 40.000 Stiere qualvoll getötet, 100<br />
Stiere in Katalonien. Weltweit kommen jedes Jahr etwa 200 Pferde bei<br />
Corridas ums Leben.<br />
Die große Mehrheit <strong>der</strong> europäischen Bevölkerung lehnt den Stierkampf<br />
ab. Doch obwohl <strong>der</strong> Stierkampf in den meisten EU-Län<strong>der</strong>n verboten ist,<br />
zahlt die Europäische Union jährlich über 30 Millionen Euro an Subventionen<br />
an die spanische Stierkampfindustrie.<br />
Ein gesetzliches Verbot des Stierkampfes in Katalonien hätte eine nicht zu<br />
unterschätzende Signalwirkung auf an<strong>der</strong>e Stierkampfnationen und<br />
könnte den Anfang vom Ende dieses primitiven und blutigen Spektakels<br />
markieren.<br />
Anti-Stierkampf-Demo in Barcelona Text: Mike Ruckelshaus
Titeltierstory <strong>RdT</strong> 1/<strong>2010</strong><br />
Zu Besuch im hessischen Waldsolms<br />
So ging es weiter<br />
mit Franja!<br />
"Ja, so kann man das Gefühl wohl ausdrücken", sagt er<br />
nachdenklich, "es war nicht nur Zuneigung, son<strong>der</strong>n Liebe,<br />
die ich empfand, als ich die Augen dieses Hundes sah."<br />
Allerdings sind die bmt-Mitglie<strong>der</strong> Heike und Kai-Uwe Jaksch<br />
nicht die einzigen Interessenten für das Hundemädchen aus<br />
Rumänien. Ihr Schicksal - mit<br />
wenigen Wochen von Hundefängern<br />
aufgegriffen, dabei so<br />
schwer verletzt, dass später ein<br />
Vor<strong>der</strong>lauf amputiert werden<br />
musste, die lange Genesungszeit<br />
nach <strong>der</strong> Operation, ihre<br />
zurückkehrende Lebensfreude<br />
- hatte sehr viele Leser des <strong>RdT</strong><br />
1/<strong>2010</strong> berührt. Noch Wochen<br />
nach Erscheinen des Magazins<br />
boten zahlreiche Tierfreunde<br />
dem Landesverband Bayern<br />
an, Franja bei sich aufzunehmen.<br />
Doch die Wahl war bereits auf<br />
das Ehepaar Jaksch aus <strong>der</strong><br />
hessischen Gemeinde Waldsolms<br />
gefallen - eine Entscheidung, die auch noch ein weiteres<br />
Lebewesen direkt betreffen sollte…Denn die Eltern von<br />
Heike Jaksch hatten vor Jahren einen Rumänen aus dem<br />
Tierheim Elisabethenhof adoptiert. Und obwohl Ernie von <strong>der</strong><br />
Ersthündin im Haus freundlich aufgenommen wurde, hatte<br />
er es nie<br />
ganz geschafft,<br />
seine<br />
Ängstlichkeitabzulegen.<br />
"Franja hat<br />
alle und<br />
G LÜCKLICH VERMITTELT<br />
"Wir kriegen Nachwuchs auf drei Beinen", hatte Kai-Uwe Jaksch vor Wochen zu seinen Schwiegereltern<br />
gesagt und muss noch heute über die erstaunten Reaktionen <strong>der</strong> Familie lächeln. Der Unternehmer hatte<br />
Franja auf dem Titel <strong>der</strong> letzten bmt-Zeitschrift gesehen - und sich "unsterblich verliebt."<br />
Franja hat endlich eine eigene Familie!<br />
Ehepaar Jaksch und Mike Ruckelshaus<br />
alles verän<strong>der</strong>t", sagt Heike Jaksch staunend. Der Rüde Ernie<br />
beginnt von Franjas Unerschrockenheit zu profitieren, ihrem<br />
Urvertrauen in das Gute, das sie schließlich von Rumänien<br />
bis in diese Familie gebracht hat. Aber auch Kin<strong>der</strong>, die bis<br />
dato für ihre Furcht vor Hunden bekannt waren, verlieren im<br />
Umgang mit <strong>der</strong> Hündin ihre Scheu und suchen immer öfter<br />
ihre Nähe (s. kl. Bild).<br />
Das Ehepaar achtet sehr<br />
darauf, dass die ca. sieben<br />
Monate alte Hündin sich<br />
körperlich nicht überfor<strong>der</strong>t.<br />
Hundeschule und<br />
Hundephysiotherapie mit<br />
Massagen und Muskeltraining<br />
stehen für Franja auf<br />
dem Stundenplan <strong>der</strong><br />
nächsten Wochen - und für<br />
das Ehepaar die letzten<br />
Umbaumaßnahmen, die<br />
dem Handicap <strong>der</strong> Hündin<br />
geschuldet sind. So soll die<br />
Mauer um die Terrasse etwas<br />
abgetragen werden,<br />
damit Franja ungehin<strong>der</strong>t<br />
in den umzäunten Garten gelangen kann und vor die Treppen<br />
im Haus noch kleine Gitter (wie zur Kin<strong>der</strong>sicherung) gesetzt<br />
werden.<br />
Vorbei sind die ersten Tage <strong>der</strong> Ankunft, als Franja noch unsicher<br />
kaum für Spaziergänge das Haus verlassen mochte.<br />
Inzwischen steht sie mit <strong>der</strong> Leine vor <strong>der</strong> Tür und kann es<br />
kaum erwarten, ihre vielen Freunde draußen zu treffen.<br />
"Franja ist ein Phänomen", sagen die glücklichen Hundebesitzer.<br />
"Ob Familie, Freunde, Nachbarn, Spaziergänger o<strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>e Hunde - alle mögen sie." Und nur so ist zu erklären,<br />
dass Heike und Kai-Uwe Jaksch Franja aufnahmen, obwohl<br />
die erklärten Katzenliebhaber eigentlich gar nicht an die Haltung<br />
eines Hundes gedacht hatten. "Aber mit Franja", sagt <strong>der</strong><br />
Unternehmer, "war eben alles an<strong>der</strong>s!"<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
19
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
20<br />
A USLANDSTIERSCHUTZ<br />
Und diese<br />
Mittel heißen:Scharfer<br />
Protest<br />
bei rumänischenEntscheidungsträgern<br />
- vom<br />
Abgeordneten in <strong>der</strong> Hauptstadt Bukarest<br />
bis zu Parlamentariern in Berlin,<br />
Verstärkung <strong>der</strong> Öffentlichkeitsarbeit<br />
vor Ort und Fortführung <strong>der</strong> Kastrationsprojekte<br />
neben <strong>der</strong> seit Jahren bewährten<br />
Unterstützung des Tierheims<br />
in Brasov.<br />
"Die rumänischen Politiker", hat Petra<br />
Zipp beobachtet, "fürchten die (internationale)<br />
Aufmerksamkeit hinsichtlich<br />
ihres nicht gelösten Straßenhundpro-<br />
DIE ZUKUNFT DER STR<br />
P ETRA Z IPP (bmt): "ABER JETZT KÄM<br />
Tötung <strong>der</strong> Straßenhunde o<strong>der</strong> Kastration<br />
als humane und dauerhafte Lösung? Diese<br />
Diskussion beschäftigt die Regierung in<br />
Bukarest seit Jahren. Mal scheinen sich<br />
die Befürworter von Radikalmaßnahmen<br />
wie <strong>der</strong> flächendeckenden Ermordung <strong>der</strong><br />
Straßentiere durchzusetzen, mal die tierschutzkonformeren<br />
Politiker.<br />
Im Mai wurde die Debatte durch den Präfekten<br />
von Bukarest neu angeheizt: Er Protest von Schülern vor den Verschlägen <strong>der</strong> Tötungsstation.<br />
hatte öffentlich die Tötung <strong>der</strong> Straßenhunde<br />
im gesamten Land verlangt. Petra<br />
Zipp, die seit mehr als 12 Jahren den Auslandstierschutz<br />
des bmt koordiniert, sagt: "Jetzt erst recht! Nun kämpfen<br />
wir mit unseren Mitteln für die Straßentiere!"<br />
blems. Immer wie<strong>der</strong> haben<br />
sie <strong>der</strong> Bevölkerung eine<br />
Verbesserung für die Lebenssituation<br />
<strong>der</strong> Straßentiere<br />
versprochen, dann die<br />
Hoffnungen auf ein tierschutzgerechtes<br />
Vorgehen wie<strong>der</strong> zunichte<br />
gemacht und groß angelegte<br />
Tötungsaktionen propagiert.<br />
Mittlerweile glauben die Bürger ihren<br />
Volksvertretern kaum noch, so geben<br />
unsere Partner in Brasov das augenblickliche<br />
Stimmungsbild in Rumänien<br />
wie<strong>der</strong>."<br />
Umso wichtiger, dass bei allen politischen<br />
Unabwägbarkeiten in dem osteuropäischen<br />
EU-Mitgliedsstaat <strong>der</strong><br />
bmt bei seiner klaren Linie bleibt. "Wir<br />
finanzieren mit Hilfe unserer großartigen<br />
För<strong>der</strong>er (s. Kasten) Kastrationsprojekte<br />
in den Gemeinden, die inhaltlich<br />
hinter dem Ansatz stehen", so die<br />
stellvertretende bmt-Vorsitzende. Bei<br />
diesen Einsätzen werden nicht nur Straßenhunde<br />
kastriert, son<strong>der</strong>n auch wild<br />
lebende Katzen und die Heimtiere <strong>der</strong><br />
Besitzer. Das ist deswegen so wichtig,<br />
weil viele rumänische Haustierhalter ihre<br />
Hunde unbeaufsichtigt herumlaufen<br />
lassen.<br />
Neben <strong>der</strong> bewährten Tierschutzarbeit<br />
Rumänische Schüler machen sich für Straßenhunde stark.<br />
in Brasov -<br />
Mitfinanzierung des Tierheimunterhalts<br />
zur Versorgung und medizinischen Betreuung<br />
<strong>der</strong> Hunde, Aufnahme von<br />
Vermittlungshunden in den bmt-Tierheimen<br />
- baut die Auslandstierschutzkoordinatorin<br />
den Tierschutzunterricht<br />
an rumänischen Schulen auf. Die Finanzierung<br />
des jungen tierschutzbegeisterten<br />
Lehrers in Brasov hat <strong>der</strong><br />
Landesverband Hessen übernommen.<br />
"Für Rumänien gilt dasselbe wie für<br />
Deutschland", sagt Geschäftsstellenleiter<br />
Mike Ruckelshaus. "Wenn Kin<strong>der</strong><br />
und Jugendliche früh an <strong>Tiere</strong>, ihre natürlichen<br />
Bedürfnisse und Ansprüche<br />
an artgerechte Haltungsbedingungen<br />
herangeführt werden, können wir erwarten,<br />
dass diese aufgeklärten, infor-
ASSENHUNDE BLEIBT OFFEN!<br />
PFEN WIR AN ALLEN FRONTEN FÜR DIE T IERE!"<br />
Getötete Straßenhunde<br />
mierten Schüler sensibel mit <strong>Tiere</strong>n<br />
umgehen werden und ihnen Respekt<br />
ent<strong>gegen</strong>bringen." Und<br />
das heißt im Umkehrschluss<br />
auch, dass sie versuchen<br />
werden, Leid von <strong>Tiere</strong>n<br />
abzuwenden, wo immer<br />
es ihnen möglich ist.<br />
Und so kam es zum ersten<br />
Mal seit Bestehen <strong>der</strong> Tötungsstation<br />
in Brasov dazu,<br />
dass Jugendliche sich<br />
schützend vor die Straßenhunde<br />
stellten. Die Mädchen und Jungen<br />
hatten Futter für die gefangenen<br />
Vierbeiner gesammelt und unter Anleitung<br />
ihres Lehrers Gespräche mit den<br />
Mitarbeitern <strong>der</strong> Anlage geführt.<br />
Eine ähnlich wirksame Öffentlichkeitsaktion<br />
startete das vom bmt unterstützte<br />
Tierheim in Brasov: Vier Wochen<br />
lang hatte Cristina Lapis ein Infozelt im<br />
Park <strong>der</strong> Innenstadt aufgebaut, um die<br />
SO HELFEN SIE DEN RUMÄNI-<br />
SCHEN STRAßENTIEREN:<br />
Wenn Sie helfen möchten, freuen<br />
wir uns sehr. Jede Spende ist wichtig<br />
und sei sie noch so klein. Die Kastration<br />
von Rüden kostet 15 Euro in<br />
Rumänien, die einer Hündin 25 Euro.<br />
Mit einer Patenschaft (ab 15 Euro)<br />
sichern Sie das Überleben eines<br />
rumänischen Straßenhundes im<br />
Tierheim.<br />
Bevölkerung über die dringende Notwendigkeit<br />
von Kastrationen aufzuklären.<br />
"Das Elend <strong>der</strong> Hunde und Katzen",<br />
so die Vorsitzende von "millions of<br />
friends" zu ihren Landsleuten, "wird niemals<br />
ein Ende haben, wenn wir keine flächendeckenden<br />
Kastrationen durchführen.<br />
Unterstützt uns bitte dabei!"<br />
Jeden Tag brachten Mitarbeiter <strong>der</strong><br />
städtischen Hundeanlage Stupini zwei<br />
Vermittlungshunde mit. Alle gezeigten<br />
Vierbeiner fanden auf diesem Weg ein<br />
neues Zuhause. Noch vor Jahren wäre<br />
so eine gemeinsame Aktion undenkbar<br />
gewesen: Da durften Tierschützer keinen<br />
Fuß in die berüchtigte Tötungsstation<br />
setzen und mussten schweren<br />
Herzens hinnehmen, dass die gefangenen<br />
Hunde regelmäßig auf grau-<br />
WIR BEDANKEN UNS IM NAMEN DER TIERE!<br />
B RASOV<br />
Spendenkonto Ausland: Stichwort: “Rumänien”<br />
Frankfurter Sparkasse, Konto 847 275, BLZ 500 502 01<br />
IBAN: DE79 5005 0201 0000 8472 75<br />
SWIFT-BIC.: HELADEF1822<br />
samste Art umgebracht wurden.<br />
"Auch für unsere Tierschutzarbeit gilt<br />
das!", appelliert Petra Zipp an alle Tierfreunde.<br />
"Wir können in Rumänien nur<br />
gemeinsam Straßentieren helfen. Der<br />
bmt kann die Kosten für die dringenden<br />
Kastrationsprojekte nicht alleine<br />
schultern. Ich bitte Sie inständig, unsere<br />
Maßnahmen für Straßentiere zu<br />
unterstützen, nur so kann <strong>der</strong> Kreislauf<br />
aus Trächtigkeit, Geburten und<br />
erneuten Trächtigkeiten unterbrochen<br />
werden."<br />
Vor wenigen Tagen hat <strong>der</strong> Bürgermeister<br />
von Bukarest eine Umfrage ins<br />
Netz gestellt: Sind Sie für o<strong>der</strong> <strong>gegen</strong><br />
Kastrationen <strong>der</strong> Straßenhunde? fragt<br />
er seine Landsleute. Hoffen wir, dass<br />
ein klares Votum für die Vierbeiner dabei<br />
herauskommt!<br />
Text: Claudia Lotz; Fotos: Petra Zipp<br />
Tierschutz-Stiftungen ermöglichen in großem Umfang<br />
den bmt-Auslandstierschutz in Rumänien<br />
Die "Stiftung für <strong>Tiere</strong>" (Dr. Hermann J. Marx in Vallendar) hat mit ihrer großen<br />
Spende im vergangenen Jahr die Anschaffung von Tierarztraumausstattung,<br />
Instrumenten und Medikamenten für Kastrationen und an<strong>der</strong>e Operationen im<br />
Tierheim Brasov ermöglicht - herzlichen Dank dafür!<br />
Den Unterhalt des Tierheims in Suceava finanzieren u.a. die Bernd-Stephan-<br />
Stiftung (Bernd Stephan, Schatzmeister des bmt, Bad Homburg) und die Stif-<br />
Kastrierte Katzen<br />
tung "Würde und Recht des <strong>Tiere</strong>s" (München). Mehr über die engagierte<br />
Tierschutzarbeit einer deutschen Ärztin in <strong>der</strong> kleinen rumänischen Stadt lesen Sie im kommenden <strong>RdT</strong>. Ohne die<br />
Unterstützung <strong>der</strong> drei Tierschutz-Stiftungen könnte <strong>der</strong> bmt seine Hilfe in Rumänien nicht in dieser Form leisten.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
21
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
22<br />
Noch heute, nach immerhin einem<br />
Jahrzehnt, fürchtet <strong>der</strong> Staffordshire<br />
Terrier einen bestimmten Typus Mann,<br />
<strong>der</strong> ihn an seine südländischen ehemaligen<br />
Besitzer erinnert. Würde sich<br />
Oskar eigenständig ein Zuhause wählen<br />
können, dann lieber bei Frauen,<br />
die ihm hoffentlich das ent<strong>gegen</strong>bringen,<br />
was Vertreter seiner verunglimpf-<br />
ten Rasse sich sehnlich wünschen und<br />
so selten bekommen: Ehrliche Zuneigung<br />
und jede Menge Körperkontakt.<br />
"Wer einen Staff aufnimmt", sagt Tierheimleiter<br />
Bernd Schinzel, "schätzt an<br />
den Hunden beson<strong>der</strong>s ihre ausgeprägte<br />
Hinwendung zum Menschen,<br />
ihre Anhänglich- und Freundlichkeit.<br />
Wie tragisch, dass gerade diese<br />
Rasse wie kaum eine an<strong>der</strong>e miss-<br />
braucht und missverstanden wird."<br />
Seit Januar vergangenen Jahres werden,<br />
nach einem Beschluss des Deutschen<br />
Städtetages von 2008, die Besitzer<br />
von "Paragraph 3-Hunden" verstärkt<br />
kontrolliert. Zu dieser Kategorie gehören<br />
laut Hundeverordnung von Nordrhein-Westfalen<br />
u.a. <strong>der</strong> American<br />
Staffordshire Terrier, Pitbull Terrier, Staffordshire<br />
Bullterrier,<br />
Bullterrier, Dogo Argentino<br />
und die Bordeaux<br />
Dogge.<br />
Und entsprechend<br />
schnell ist daraufhin die<br />
Zahl von "Listenhunden"<br />
im ohnehin ausgelasteten<br />
Tierheim<br />
Köln-Dellbrück angestiegen:<br />
Denn nicht alle<br />
von Ordnungsämtern<br />
und Polizei überprüften<br />
Hundebesitzer können<br />
die gefor<strong>der</strong>ten Unterlagen vorweisen.<br />
Sie müssen hinnehmen, dass ihre Vierbeiner<br />
augenblicklich sichergestellt und<br />
ins Tierheim gebracht werden.<br />
Die Haltergenehmigung mit Sachkundenachweis<br />
muss auf einer laminierten<br />
Karte vermerkt sein und bei jedem<br />
Hundespaziergang mit geführt werden.<br />
Wer die Dokumente nur zu Hause vergessen<br />
hat, kann sein Tier durch Vor-<br />
Bernd Schinzel über Schicksale im<br />
Oskar hatte am 26. Juni <strong>2010</strong> sein großes Jubiläum: Auf den<br />
Tag genau sitzt <strong>der</strong> 11jährige Staffordshire Terrier zehn Jahre<br />
hinter Gitter. Sein Vergehen: Er gehört zu den so genannten Pa-<br />
Oskar<br />
ragraph 3-Hunden, die wie in allen <strong>Bund</strong>eslän<strong>der</strong>n mit Landeshundeverordnungen<br />
nur mit Auflagen zu vermitteln sind.<br />
Sein erstes Lebensjahr hat Oskar außerhalb des Tierheims<br />
verbracht - und diese Zeit war die schlimmste seines Lebens: Zwei junge Männer hatten den jungen Rüden<br />
für Hundekämpfe angeschafft und stellten im Laufe seiner Entwicklung fest, dass <strong>der</strong> ruhige zurückhaltende<br />
Hund dafür völlig ungeeignet war. Als sie den knapp Einjährigen schließlich in einen Kampf zwangen,<br />
wurde Oskar von seinem Gegner fast getötet und kam mit schwersten Verletzungen nach Köln-Dellbrück.<br />
Kimba<br />
Bernd Schinzel mit <strong>der</strong> anhänglichen Staffhündin<br />
Warum Nuri nirgends<br />
und Adam lieber Welpe<br />
zeigen <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Haltergenehmigung<br />
wie<strong>der</strong> "auslösen". Doch <strong>der</strong><br />
weitaus größere Teil <strong>der</strong> aufgefallenen<br />
Hundehalter besitzt keinerlei Nachweise,<br />
die ihn zum Halten eines "Anlage-Hundes"<br />
berechtigen.<br />
Und dann gibt es noch eine dritte Klientel,<br />
die den Auflagen <strong>der</strong> Stadt völlig<br />
verständnislos <strong>gegen</strong>über steht. So gehörte<br />
die Staffhündin Kimba einem<br />
älteren Mann, <strong>der</strong> bei einer Polizeikontrolle<br />
die benötigten Dokumente nicht<br />
vorweisen konnte und auch später nicht<br />
erbringen wollte, weil er den Sachkundenachweis<br />
für absurd hielt. Seine Weigerung<br />
indes schadete nur dem Hund:<br />
Nach fast zehnjährigem Zusammenleben<br />
akzeptierte <strong>der</strong> Kölner ohne erkennbare<br />
Regung die gesetzlich erzwungene<br />
Trennung von seiner Hündin.<br />
Kimba, sehr sozialverträglich mit<br />
Artgenossen und anhänglich Menschen<br />
<strong>gegen</strong>über, leidet bis heute unter<br />
dem Verlust ihrer Bezugsperson.<br />
Von Januar bis Dezember 2009 nahm<br />
das Tierheim Köln-Dellbrück allein 63<br />
"Paragraph 3-Hunde" auf. 41 waren<br />
vom Ordnungsamt sichergestellt worden,<br />
weil die Besitzer keine Haltergenehmigung<br />
vorweisen konnten, zwölf<br />
gefunden und zehn abgegeben worden.<br />
Elf Hundehalter reichten die benötigten<br />
Unterlagen nach und konnten<br />
ihre Vierbeiner wie<strong>der</strong> mitnehmen.
Tierheim<br />
TH KÖLN-DELLBRÜCK<br />
ohne ihr Kissen hingeht<br />
bleiben würde<br />
Und was ist mit den Hunden, die zurückbleiben? Sie akklimatisieren<br />
sich, je nach Alter, Temperament, Wesen, Bindung an<br />
ihre ehemaligen Menschen, mehr o<strong>der</strong> weniger schnell im<br />
Tierheim. Einige haben aufgrund ihres freundlichen Verhaltens<br />
im Zwinger eine bessere Vermittlungschance als ihre Kollegen,<br />
die Interessenten durch Bellen o<strong>der</strong> scheinbar aggressives<br />
Nachvornegehen an das Gitter verschrecken.<br />
Die Stadt Köln zahlt für die beschlagnahmten Hunde acht Euro<br />
täglich, zusätzlich Impfung, Kastration und medizinische Behandlung.<br />
Allerdings nur für zwei Jahre, danach muss das Tierheim<br />
für alle anfallenden Kosten aufkommen. "Natürlich<br />
schläfern wir keinen Hund ein, nur weil sein Unterhalt nicht<br />
mehr gesichert ist", sagt Bernd Schinzel. "Wir machen jedem<br />
Tier bei uns das Leben so lebenswert wie möglich."<br />
Doch trotz Freilauf mit Artgenossen, Gemeinschaftszwingern,<br />
Decken, Körbchen und vertrauten Gassigängern kann das<br />
Tierheim niemals ein eigenes Zuhause ersetzen. Und das gilt<br />
für solche Hunde umso<br />
mehr, die sich zwangsweise<br />
aus liebevoll gewachsenen<br />
Bindungen mit ihren Menschen<br />
lösen mussten. Wie<br />
Nuri.<br />
Die letzte Erinnerung an ihr<br />
bisheriges glückliches Leben<br />
in einer hessischen Familie<br />
mit Kin<strong>der</strong>n und mehreren<br />
<strong>Tiere</strong>n ist ein Kissen.<br />
Nuri: vom Ordnungsamt eingezogen<br />
Nuri
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
24<br />
TH KÖLN<br />
Das hat ihr die untröstliche Familie mit<br />
auf den Weg gegeben, als das Ordnungsamt<br />
die Kangalhündin einzog.<br />
Der Grund für die Sicherstellung war<br />
eine entschuldbare menschliche Nachlässigkeit<br />
mit horrenden Konsequenzen:<br />
Pfingsten hatte <strong>der</strong> kurzfristig beaufsichtigende<br />
Großvater das Gartentor<br />
offen gelassen; in diesem Moment<br />
kam ein Nachbarshund, <strong>der</strong> eine offene<br />
Feindschaft mit <strong>der</strong> Hündin pflegte,<br />
und Nuri nutzte die Gelegenheit…<br />
Auf die tödliche? Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />
folgten Anzeige, Fortnahme des <strong>Tiere</strong>s,<br />
Quarantäne im Tierheim Rüsselheim<br />
und die Übersiedelung nach Köln-Dellbrück.<br />
In Nordrhein-Westfalen sind die<br />
Chancen für eine Vermittlung von Kangals<br />
besser als im <strong>Bund</strong>esland Hessen,<br />
das die Herdenschutzhunde als Paragraph<br />
3-Hunde führt.<br />
"Die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Wesensteste<br />
sind für jeden Hund hoch", sagt Bernd<br />
Schinzel, "aber beson<strong>der</strong>s für Kangals<br />
mit ihrem ausgeprägten Schutztrieb<br />
Rhea: Bullterrier-Hündin. Sie wurde gefunden<br />
und auf ca. 6-8 Jahre geschätzt.<br />
Rhea ist sehr sozialverträglich und hat<br />
gerade eine OP überstanden. Ihre Augenli<strong>der</strong><br />
waren nach innen gedreht.<br />
Rhea<br />
Welpe Adam<br />
und Territorialverhalten."<br />
Und dennoch<br />
bestand Nuri<br />
den Verhaltenstest<br />
in Hessen mit Bravour, erhielt die<br />
Maulkorbbefreiung und lebte bis zum<br />
Unglückstag harmonisch mit Eltern,<br />
Kin<strong>der</strong>n, Großeltern, zwei Hunden und<br />
an<strong>der</strong>en <strong>Tiere</strong>n zusammen.<br />
In einem Sachverständigen-Gutachten<br />
wird noch einmal näher auf Nuris vorbildliche<br />
Leistungen im Wesenstest eingegangen.<br />
"Diese Geschichte ist richtig<br />
tragisch", sagt Bernd Schinzel<br />
bedrückt. Der Tierheimleiter wird täglich<br />
mit Notfällen und Tierschutzproblemen<br />
konfrontiert, aber die bitteren<br />
Tränen <strong>der</strong> Familie beim behördlich erzwungenen<br />
Abschied von ihrer geliebten<br />
Hündin kann er nicht vergessen -<br />
ebenso wenig wie ihm die Trauer des<br />
imposanten <strong>Tiere</strong>s entgeht.<br />
Um Nuri die Eingewöhnung im Tierheim<br />
zu erleichtern, hat ihr das Team<br />
den elf Monate alten Kangalrüden<br />
Samson in den Zwinger gesetzt - auch<br />
er von einer jungen Türkin aus ihrer<br />
Heimat mitgebracht, "weil er so süß<br />
war". Als sie den pubertierenden Her-<br />
Rina: Die Belletristik-Autorin Charlotte<br />
Link recherchierte in einem Tierheim<br />
Bosnien für ein Buch.<br />
Die Verhältnisse dort waren so katastrophal,<br />
dass sie mit Unterstützern 40<br />
Hunde nach Deutschland brachte.<br />
Unter ihnen die sehr verträgliche Rina,<br />
die ihren schwer verletzten Vor<strong>der</strong>lauf<br />
selbst abbiss.<br />
Rechts: Rita (ca. 7-12 Monate).<br />
Sie wurde an einer Tankstelle<br />
ausgesetzt. Die Hündin ist sehr<br />
ängstlich, verstört und zeigt noch<br />
hochgradige Stresssymptome.<br />
Rina<br />
Rita<br />
anwachsenden nicht mehr süß, son<strong>der</strong>n<br />
nur noch anstrengend fand, band<br />
sie ihn tagsüber an einen Baum, bis die<br />
Nachbarn das Veterinäramt benachrichtigten.<br />
"Die soziale Verwahrlosung von Menschen",<br />
hat Bernd Schinzel mit wachsen<strong>der</strong><br />
Sorge beobachtet, "nimmt sichtbar<br />
zu und mit ihr die Qualität und<br />
Quantität <strong>der</strong> Tierschutzprobleme." Immer<br />
häufiger werden Haushalte von<br />
Menschen aufgelöst, die krankhaft <strong>Tiere</strong><br />
"sammeln", immer öfter Vierbeiner<br />
artwidrig auf Balkonen gehalten o<strong>der</strong><br />
wie Adams Mutter als Wurfmaschine<br />
missbraucht im Keller versteckt.<br />
Die illegale Staffordshire-Zucht flog<br />
durch die Achtsamkeit von Nachbarn<br />
auf, die Mutter konnte mit ihren Kleinen<br />
ins Tierheim umziehen und den vier<br />
Wochen alten Welpen zeigen, dass die<br />
Welt nicht aus einem feuchten Kellerloch<br />
besteht. Adam wartet noch auf<br />
nette Menschen, die sich vor <strong>der</strong> Anschaffung<br />
eines "Listenhundes" gut<br />
überlegen, ob sie stark genug sind, die<br />
Reaktionen ihrer Mitbürger auf sein Erscheinungsbild<br />
zu ertragen, wenn er eines<br />
Tages ein ausgewachsener "Kampfhund"<br />
sein wird.<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
Barnie und Baghiera: Der Ungar<br />
Barnie (11-12) ist <strong>der</strong> einzige, den die<br />
alte Kangalhündin Baghiera in ihrem<br />
Zwinger duldet. Barnie galt im Tierheim<br />
Pecs als unverträglich, zeigt in Deutschland<br />
jedoch eine ganz an<strong>der</strong>e Seite von<br />
sich: Er liebt Tierheimleiter Bernd Schinzel<br />
- und umgekehrt gilt dasselbe!<br />
Baghiera&Barnie
TH HAGE<br />
DIE KASTRATIONS-<br />
AKTIONEN DES TIERHEIMS<br />
MACHEN SICH BEZAHLT:<br />
Auch Anja Janssen aus Norden, die<br />
sich zur Aufgabe gemacht hat, Katzenbesitzer<br />
von <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong> Kastration<br />
zu überzeugen, registriert mit<br />
Erleichterung weniger Katzen-Nachwuchs<br />
in den Wohngebieten. "Jede Katze,<br />
die mir über den Weg läuft", sagt sie<br />
schmunzelnd, "wird kastriert."<br />
Die junge Frau hat auch bei Waltraud<br />
Karow ganze Arbeit geleistet: "Du<br />
musst die <strong>Tiere</strong> kastrieren lassen", beschwor<br />
sie die gebürtige Schlesierin,<br />
die mit ihren Eltern während des Krieges<br />
nach Ostfriesland geflüchtet war.<br />
Waltraud Karows Leidenschaft für Katzen<br />
ist so alt, wie sie denken kann:<br />
"Schon als Kind", erinnert sie sich, "gehörte<br />
meine Liebe den Katzen." Und so<br />
verwun<strong>der</strong>t es nicht, dass die heute<br />
67jährige ihr Haus und Grundstück zur<br />
Anlaufstelle für Samtpfoten in Not gemacht<br />
hat. Futterplätze, Unterkünfte für<br />
Das Haus <strong>der</strong> Karows ist Anlaufstelle für 15 wilde Katzen<br />
Erfolgreiche Geburtenkontrolle bei Katzen<br />
Seit 2006 bietet das Tierheim Hage Katzenbesitzern an, die Hälfte <strong>der</strong> Kosten für die Kastration des <strong>Tiere</strong>s<br />
zu übernehmen. Obwohl diese Aktion eine zusätzliche finanzielle Belastung für das Tierheimbudget<br />
darstellt, beginnt das Hilfsangebot nun endlich Früchte zu tragen: "In diesem Frühjahr", sagt Geschäftsstellenleiter<br />
Dieter Kuhn, "sind in <strong>der</strong> unserer Region erstmalig weniger Katzenbabys geboren worden!"<br />
die Wilden im Schuppen und Kuschelplätze<br />
für die halbzahmen <strong>Tiere</strong> im<br />
Haus und in <strong>der</strong> Küche nehmen die inzwischen<br />
15 Katzen gerne an.<br />
Jahrelang vermittelte sie die Würfe, die<br />
ihr die Katzen über mehrere Generationen<br />
immer wie<strong>der</strong> antrugen, bis sie<br />
sich zur Kastration entschloss. Die Kosten<br />
für den Eingriff übernahm das<br />
Tierheim Hage, die Gemeinde beteiligte<br />
sich geringfügig. 13 Katzen konnten<br />
bislang kastriert werden, zwei beson<strong>der</strong>s<br />
scheue <strong>Tiere</strong> ließen sich noch<br />
nicht fangen. Auch ihre Artgenossen,<br />
noch nie von Menschenhand berührt,<br />
wehrten sich mit Zähnen und Krallen,<br />
in den Transportkorb 'gen Tierheim verfrachtet<br />
zu werden. Doch mittlerweile<br />
haben sie ihrer Pflegemutter den<br />
"Überfall" verziehen und kommen genauso<br />
regelmäßig wie zuvor in ihre<br />
persönliche Arche Noah des Ehepaares<br />
Karow.<br />
"Über die rückläufige Geburtenrate von<br />
Katzen sind wir zwar sehr froh", sagt<br />
Dieter Kuhn, "dennoch steigen die Kosten<br />
für die Betreuung kranker und versehrter<br />
Fundkatzen unaufhörlich."<br />
Manche Samtpfoten kommen mit so<br />
schweren Verletzungen ins Tierheim,<br />
dass die Behandlung durchaus mehrere<br />
Hun<strong>der</strong>t Euro verschlingen kann. Die<br />
Schutzgebühr, die bei <strong>der</strong> Vermittlung<br />
erhoben wird, deckt diese Kosten oft<br />
nicht einmal zu einem Viertel ab.<br />
Waltraud Karow bei <strong>der</strong> Fütterung<br />
"Bitte helfen Sie uns dabei, das Katzenelend<br />
weiter zu reduzieren; wir sind auf<br />
einem sehr guten Weg!", bittet Dieter<br />
Kuhn. Der Geschäftsstellenleiter wird<br />
die Aktion (hälftige Übernahme <strong>der</strong> Kastrationsgebühren)<br />
auch künftig anbieten,<br />
ist dabei aber dringend auf finanzielle<br />
Unterstützung von Tierfreunden<br />
angewiesen!<br />
Spendenkonto:<br />
Raiffeisen-Volksbank<br />
Fresena e.G. Norden<br />
Konto 6302020300<br />
BLZ 283 615 92<br />
Text: Claudia Lotz<br />
Fotos: Ursula Sottmeier<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
25
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
26<br />
TH ELISABETHENHOF<br />
Im April startete im TH Elisabethenhof<br />
ein bislang einzigartiges<br />
Projekt: In <strong>der</strong> Begegnung mit<br />
nicht ausgebildeten Therapiehunden<br />
sollen an Depressionen<br />
erkrankte Menschen den Weg zu<br />
sich selbst finden und in <strong>der</strong> "Normalität"<br />
wie<strong>der</strong> Fuß fassen.<br />
Das Vorhaben geht auf den Chefarzt<br />
<strong>der</strong> Psychiatrischen Tagesklinik<br />
in Büdingen, Dr. Uwe Rapp,<br />
zurück. Kooperationspartner sind<br />
das bmt-Tierheim in Reichelsheim<br />
und die Hundeschule Elmi aus<br />
Nid<strong>der</strong>au-Ostheim.<br />
"Bitte die Hunde jetzt an die Leine nehmen!"<br />
ruft Bijan Elmi den Teilnehmern<br />
des Projekts zu. Der Hundeschulleiter<br />
beobachtet die Menschen und die<br />
sechs Hunde aufmerksam, die seit geraumer<br />
Zeit auf <strong>der</strong> Übungswiese des<br />
Tierheims Elisabethenhof Kontakt miteinan<strong>der</strong><br />
aufnehmen.<br />
Sein Blick bleibt an <strong>der</strong> Patientin Petra<br />
T. hängen. Die ängstliche, gerade angeleinte<br />
Hündin Alisha wirkt, als wolle<br />
sie fliehen, lehnt sich hart <strong>gegen</strong> die<br />
Leine und ihre Bezugsperson leidet<br />
sichtbar mit ihr. "Darf ich sie nicht doch<br />
wie<strong>der</strong> freilassen?" fragt sie leise, hin<br />
und her gerissen zwischen dem<br />
Wunsch, die gestellte Gruppenaufgabe<br />
zu erfüllen und dem<br />
furchtsamen Tier beizustehen.<br />
Wenn Hunde Seelen heilen<br />
DEPRESSIVE PATIENTEN SOLLEN VON VIERBEI<br />
Therapiestunde mit Tierheimhunden im Elisabethenhof<br />
"Sehr aufschlussreich, wie sich Petra T.<br />
jetzt verhalten wird", sagt Dr. Uwe Rapp<br />
interessiert. Der Psychologe und Humanmediziner<br />
kennt seine empfindsame<br />
Patientin aus <strong>der</strong> Behandlung und<br />
ahnt, in welchem Konflikt sie sich gerade<br />
befindet. Gibt Petra T. ihrem drängenden<br />
Impuls nach und lässt die Hündin<br />
von <strong>der</strong> Leine o<strong>der</strong> wird sie sich<br />
<strong>gegen</strong> ihr Gefühl entscheiden und Verantwortung<br />
übernehmen, die sie im<br />
Endeffekt als persönliche Stärkung erfahren<br />
würde?<br />
Dr. Rapp ist Chefarzt <strong>der</strong> Abteilung für<br />
Psychiatrie und Psychotherapie am Capio-Mathilden-Hospital<br />
in Büdingen.<br />
Der För<strong>der</strong>verein des Krankenhauses<br />
unterstützt ein Projekt, das auf seine Initiative<br />
zurückgeht und in dieser Form<br />
einmalig ist: die durch Bijan Elmi professionell<br />
angeleitete Begegnung<br />
zwischen Patienten und - beson<strong>der</strong>s<br />
wichtig dabei - nicht<br />
ausgebildeten Tierheimhunden<br />
aus dem Elisabethenhof.<br />
"Es ist wichtig, dass die<br />
Hunde keine Therapiehunde,<br />
also "unfertig",<br />
sind", weist<br />
Bijan Elmi auf den<br />
entscheidenden<br />
Unterschied zu<br />
an<strong>der</strong>en tiergestützten Therapien hin,<br />
bei denen ausschließlich mit ausgebildeten<br />
Vierbeinern gearbeitet wird. Die<br />
Tierheimhunde sollen (wie die Patienten)<br />
vom Umgang mit den häufig<br />
wechselnden Teilnehmern und Artgenossen<br />
profitieren. Ein gefestigtes Sozialverhalten<br />
und eine größere "Routine"<br />
im Umgang mit unbekannten Menschen<br />
verspricht sich <strong>der</strong> hessische Geschäftsstellenleiter<br />
Mike Ruckelshaus<br />
für die Hunde und in <strong>der</strong> Konsequenz<br />
bessere Vermittlungschancen für Spike,<br />
Maggy und Co.<br />
Aber auch die Gruppe kann nur profitieren:<br />
Für viele an Depression erkrankte<br />
Menschen ist das "Loslassenkönnen"<br />
ein großes Problem. Mit dieser<br />
Thematik werden die Patienten <strong>der</strong> Psychiatrischen<br />
Tagesklinik jeden Dienstag<br />
konfrontiert, wenn vertraute Hunde<br />
vermittelt worden sind, neue hinzukommen<br />
und sie sich unerwartet <strong>der</strong><br />
verän<strong>der</strong>ten Situation stellen müssen.<br />
"Alle herkömmlichen Therapien", sagt<br />
Bijan Elmi, "laufen über langfristige Beziehungen<br />
zum Tier - diese nicht!" Ein<br />
Unterschied, <strong>der</strong> für den erfahrenen<br />
Hundeschulleiter ebenfalls eine beson<strong>der</strong>e<br />
Herausfor<strong>der</strong>ung darstellt. "Mein<br />
Training ist üblicherweise darauf angelegt,<br />
eine Bindung zwischen Menschen<br />
Bijan Elmi, seit 18 Jahren Hundeschulleiter
…<br />
NERN AUS DEM TIERHEIM PROFITIEREN<br />
"Hunde bewegen Menschen"<br />
Neben Bijan Elmi (51) sind zwei Mitarbeiter <strong>der</strong> Klinik anwesend, um bei Kommunikationsschwierigkeiten<br />
o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Problemen mit den Patienten eingreifen<br />
zu können. Gleiches gilt für den Umgang mit den Hunden: Vom Tierheim<br />
Elisabethenhof ist bmt-Mitarbeiterin Jeannette Bittner extra für das Projekt<br />
abgestellt. Die teilnehmenden Hunde müssen sozialverträglich sein, dürfen keine<br />
Aggressionen <strong>gegen</strong> Menschen o<strong>der</strong> Artgenossen zeigen und kein ausgeprägtes<br />
Meideverhalten <strong>gegen</strong>über Menschen aufweisen. Damit die Vierbeiner<br />
keine aufgestauten Energien zum "Seminar" mitbringen, werden sie ca. eine<br />
und Hunden herzustellen und im Laufe<br />
<strong>der</strong> gemeinsamen Arbeit so zu festigen,<br />
dass Besitzer und Vierbeiner ein<br />
Team geworden sind, hier geht es um<br />
ganz an<strong>der</strong>e Ziele."<br />
Und so muss sich <strong>der</strong> studierte Betriebswirt,<br />
wie die Gruppenteilnehmer<br />
auch, laufend neu auf die Fluktuation<br />
in <strong>der</strong> Menschen- und Hundegruppe<br />
einstellen und schnell und einfühlsam<br />
interagieren. Nicht alle Patienten erfüllen<br />
die Voraussetzung zur Teilnahme<br />
an <strong>der</strong> "Vier-Pfoten-Therapie": Die<br />
Frauen und Männer müssen gefestigt<br />
sein, "ein ausreichendes Steuerungsmögen<br />
haben, sich also unter Kontrolle<br />
haben", wie <strong>der</strong> Psychologe und Humanmediziner<br />
Dr. Rapp erläutert.<br />
Sexueller <strong>Missbrauch</strong>, traumatische Erfahrungen<br />
und psychosoziale Krisen<br />
haben u.a. bei seinen Patienten dazu<br />
beigetragen, dass sie sich den gesellschaftlichen<br />
Anfor<strong>der</strong>ungen nicht mehr<br />
gewachsen fühlten und sich (kurz- o<strong>der</strong><br />
langfristig) in Depressionen verloren.<br />
In <strong>der</strong> durchschnittlich sechswöchigen,<br />
teilstationären Behandlung werden die<br />
Menschen verhaltenstherapeutisch so<br />
weit betreut, dass vielen die Orientierung,<br />
die Integration in ihr bisheriges<br />
Leben wie<strong>der</strong> gelingt.<br />
Von dem Projekt "Hunde bewegen<br />
Menschen" erhofft sich <strong>der</strong> Chefarzt<br />
mehrere positive Impulse: "Ich hoffe<br />
sehr, dass dieser Therapieansatz die<br />
soziale Kompetenz <strong>der</strong> Patienten för<strong>der</strong>t,<br />
ihre Kommunikation (mit Mensch<br />
und Tier) verbessert, die Konzentrationsfähigkeit<br />
schärft und ihr Durchsetzungsvermögen<br />
stärkt."<br />
Thomas F. ist das von einem zum an<strong>der</strong>en<br />
Dienstag bereits gelungen: Hatte<br />
er bei einem Termin auf dem Elisabethenhof<br />
die Bitte von Hundeschulleiter<br />
Elmi, einen beson<strong>der</strong>s temperamentvollen<br />
Hund an die Leine zu<br />
nehmen, nicht abschlagen können, obwohl<br />
er Schmerzen in <strong>der</strong> Schulter hatte,<br />
findet er den Mut zur Ablehnung in<br />
<strong>der</strong> kommenden Woche. "Sie müssen<br />
‘nein’ sagen!", hatte Dr. Uwe Rapp seinem<br />
Patienten dringend geraten, dessen<br />
persönliches Problem in <strong>der</strong> Unfähigkeit<br />
zur Abgrenzung besteht.<br />
Und Thomas F. sagte in <strong>der</strong> kommenden<br />
Woche `nein, ich will nicht!´ und<br />
grenzte sich in diesem Moment erfolgreich<br />
<strong>gegen</strong> das Ansinnen einer an<strong>der</strong>en<br />
Person ab. Der 47jährige Psychologe<br />
freut sich über die ersten<br />
deutlichen Fortschritte. Eine an<strong>der</strong>e Patientin<br />
aus <strong>der</strong> "Hundegruppe" hat in-<br />
TH ELISABETHENHOF<br />
Stunde vorher gemeinsam in den Freilauf gelassen. Das Projekt ist vorerst auf ein Jahr begrenzt und wird mit 5000 Euro vom<br />
För<strong>der</strong>verein des Mathilden-Hospitals finanziert.<br />
Die Hunde tun <strong>der</strong> Seele tut<br />
Der Projektleiter Dr. Uwe Rapp mit Mike<br />
Ruckelshaus (links) und Bijan Elmi (rechts)<br />
zwischen einen Job gefunden, eine<br />
weitere hat nach Therapieende mit ihrem<br />
Ehemann einen Tierheimhund bei<br />
sich aufgenommen.<br />
In den Medien ist "Hunde bewegen<br />
Menschen" auf große Resonanz gestoßen.<br />
Mike Ruckelshaus hat inzwischen<br />
mehrere Anfragen von Institutionen,<br />
die sich ein ähnlich geartetes Projekt<br />
vorstellen könnten. "Wir müssen als<br />
Tierheim neue Wege gehen, wenn wir<br />
in <strong>der</strong> Krise bestehen wollen", sagt <strong>der</strong><br />
Geschäftsstellenleiter. "Dazu gehört neben<br />
einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit<br />
die Ausweitung <strong>der</strong> Kompetenz<br />
in bislang fremde Bereiche wie<br />
pädagogische Projekte o<strong>der</strong> eben die<br />
tiergestützte Therapie".<br />
Übrigens profitieren auch die Hunde<br />
deutlich von dem neuen Projekt: So galt<br />
<strong>der</strong> ca. 7 Jahre alte Spike (Foto Seite<br />
26, ganz links und Seite 39) als schwierig<br />
im Umgang mit Artgenossen, sein<br />
unsoziales Verhalten Rüden <strong>gegen</strong>über<br />
war u.a. <strong>der</strong> Grund für seine Abgabe.<br />
Heute meistert <strong>der</strong> Langhaar-Schäferhund<br />
seine Aufgabe mit Bravour: Souverän<br />
geht er mit den drei an<strong>der</strong>en Rüden<br />
in <strong>der</strong> Gruppe um, zeigt keinerlei<br />
Anzeichen für dominantes Verhalten.<br />
"Sollten die Hunde auch noch schneller<br />
ein gutes Zuhause finden, wäre das<br />
Projekt wirklich in je<strong>der</strong> Hinsicht gelungen",<br />
so Mike Ruckelshaus.<br />
Text und Fotos: Claudia Lotz<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
27
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
28<br />
K ATZENHAUS<br />
Mio lebte das erste halbe Jahr seines Lebens<br />
wahrscheinlich ein recht sorgenfreies<br />
Leben als reiner Wohnungskater.<br />
Doch dann wurde er erwachsen und stellte<br />
als halbwüchsiger Einzelkater ohne<br />
Freigang eventuell ein wenig Unsinn in<br />
<strong>der</strong> Wohnung seiner Besitzer an. Diese<br />
wollten sich seiner daraufhin entledigen,<br />
packten ihn im Winter in ihr Auto und<br />
setzten ihn, 20 Kilometer von seinem<br />
Zuhause entfernt, im Wald aus - bei<br />
Minustemperaturen im tiefem Schnee.<br />
Doch nach 2 Wochen geschah das Ungeheuerliche:<br />
Mio stand vor <strong>der</strong> Tür seines<br />
alten Zuhauses! Er hatte zurückgefunden!<br />
Zum Glück konnte sich die Nachbarin<br />
rechtzeitig dieses kleinen tapferen Katers<br />
annehmen und ihn zu uns bringen. An<strong>der</strong>nfalls<br />
wäre er wahrscheinlich erneut ausgesetzt<br />
worden. Mio hatte es geschafft, diese<br />
2 Wochen Wan<strong>der</strong>schaft ohne größere Verletzungen<br />
zu überstehen. Er war lediglich ziemlich<br />
ausgehungert und sehr schmusebedürftig. Heute<br />
lebt Mio als Zweitkater bei einer sehr netten Familie<br />
in Wulften bei Göttingen.<br />
Einige Wochen nach Mios glücklicher Heimkehr wurde<br />
uns eine völlig verschreckte und offenbar sehr kranke Katzenomi<br />
gebracht. Brenda, eine 20-jährige Birmakatze,<br />
wurde als Opfer eines Wohnungsbrandes bei uns abgegeben.<br />
Nach dem Brand war sie zunächst bei einem Bekannten<br />
des Besitzers untergekommen. Mit <strong>der</strong> Versorgung einer<br />
<strong>der</strong>artig kranken und verschreckten Katze überfor<strong>der</strong>t, lieferte<br />
er sie bei uns ab.<br />
Brenda hatte riesige Pupillen, die keinerlei Reflex bei einem<br />
Helligkeitswechsel zeigten, sie war apathisch und mochte<br />
nichts fressen. Wir konnten nicht zuordnen, welche <strong>der</strong> von<br />
ihr gezeigten Symptome durch den Brand und dem daraus<br />
resultierenden Stress hervorgerufen waren und welche eventuell<br />
auf einer Krankheit beruhten. Bei <strong>der</strong> tierärztlichen<br />
Untersuchung stellte<br />
sich dann heraus,<br />
dass Brenda ein<br />
schweres Nierenleiden<br />
hat und dauerhaft<br />
Spezialfutter und<br />
Medikamente benötigt.<br />
Einige Wochen später<br />
kam es zu einem glücklichen<br />
Zufall: Eine Frau fragte bei uns nach ihrer vermissten Birmakatze,<br />
und wir erzählten ihr von Brendas Schicksal.<br />
Brenda - verschreckt nach Wohnungsbrand<br />
Tapferer<br />
kleiner<br />
Mio!<br />
Mios wund<br />
... UND ANDERE NEUIG<br />
Da die Vermisste nicht mehr auftauchte,<br />
fand Brenda an <strong>der</strong>en Stelle<br />
ein sehr schönes neues Zuhause,<br />
in dem sie sich sehr wohl fühlt.<br />
Unsere sechs<br />
Unglücklichen…<br />
Bereits seit Oktober 2009 sitzen<br />
sechs sehr unglückliche Katzen<br />
bei uns. Wir mussten sie von einem,<br />
an einer stark befahrenen<br />
Straße (Reinhäuser Landstraße) gelegenen,<br />
Grundstück einfangen, weil sie<br />
dort nicht länger geduldet wurden (das <strong>RdT</strong> berichtete).<br />
Wir suchen seit Monaten verzweifelt Menschen, die diesen<br />
Katzen erneut ein Leben in Freiheit anbieten möchten und denen<br />
es nicht so wichtig ist, ob ihre Katze von ihnen gestreichelt<br />
werden möchte. Im Katzenhaus lassen sie sich teilweise<br />
schon von unseren ehrenamtlichen Schmusern recht gerne<br />
streicheln. Doch wenn fremde Menschen erscheinen, machen<br />
sie sich in Sekundenschnelle unsichtbar.<br />
Auch Bewohner von Bauernhöfen, die bereit sind, ihre Katzen<br />
mit Futter und bei Bedarf medizinisch zu versorgen, können<br />
sich gerne bei uns melden. Die Katzen sind selbstverständlich<br />
kastriert, geimpft und entwurmt.<br />
Was sich sonst noch im<br />
Katzenhaus tut ...<br />
Drei unserer “6 unglücklichen<br />
Die oben genannten Beispiele zeigen, wie wichtig das Katzhaus<br />
für den Göttinger Tierschutz ist. Wir möchten uns an<br />
dieser Stelle sehr herzlich bei all jenen bedanken, die mit ihrer<br />
finanziellen Unterstützung dazu beitragen, dass wir täglich<br />
den <strong>Tiere</strong>n helfen können!<br />
Seit unserem Hilferuf im Herbst des letzten Jahres haben wir<br />
23.018,68 Euro an Spenden bekommen. Außerdem erhalten<br />
wir regelmäßige Unterstützung in Höhe von 2.316,00 Eu-
ersame Rückkehr<br />
KEITEN AUS DEM bmt-KATZENHAUS LUTTERTHAL<br />
ro pro Monat durch neue Patenschaften<br />
und För<strong>der</strong>beiträge<br />
(Stand: 02.06. <strong>2010</strong>).<br />
Noch immer können wir unsere<br />
Kosten nicht ohne die Hilfe<br />
des Gesamtverbandes decken,<br />
doch wir befinden uns auf<br />
einem guten Weg.<br />
Die Göttinger Leser des <strong>RdT</strong><br />
wissen wahrscheinlich, dass<br />
im Rat <strong>der</strong> Stadt Göttingen<br />
<strong>der</strong>zeit über eine Kastrationsund<br />
Kennzeichnungspflicht für freilaufende Katzen diskutiert<br />
wird. Hierbei kam während <strong>der</strong> letzten Sitzung des Umweltausschusses<br />
auch zur Sprache, dass das Katzenhaus keinerlei<br />
finanzielle Unterstützung seitens <strong>der</strong> Stadt erhält,<br />
obwohl wir immer wie<strong>der</strong> Katzen aufnehmen, die das (von<br />
<strong>der</strong> Stadt finanziell unterstützte) Göttinger Tierheim mit unterschiedlichen<br />
Begründungen nicht aufnimmt.<br />
Für die nächste Sitzung hat <strong>der</strong> Umweltausschuss einen Bericht<br />
sowohl des Göt-<br />
Katzen von <strong>der</strong> Landstraße”<br />
Sommerfest!<br />
Das Katzenhaus Luttertal veranstaltet<br />
auch in diesem Jahr wie<strong>der</strong> ein<br />
Sommerfest mit Flohmarkt und<br />
Tombola. Es findet am 22.08.<strong>2010</strong><br />
von 12 bis 17 Uhr auf dem Gelände<br />
des Katzenhauses statt.<br />
Für Kaffee und Kuchen ist gesorgt,<br />
dennoch sind Kuchenspenden immer<br />
sehr willkommen.<br />
Wir freuen uns auf Ihren Besuch!<br />
tinger Tierheims als<br />
auch von uns angefor<strong>der</strong>t.<br />
Wir bleiben<br />
also am Ball und lassen<br />
uns durch die bisherige<br />
ablehnende<br />
Haltung seitens <strong>der</strong><br />
Stadt nicht entmutigen,<br />
weiter um finanzielle<br />
Unterstützung<br />
zu kämpfen!<br />
SPENDENAUFRUF:<br />
Unser Dach<br />
muss erneuert<br />
werden!<br />
Das Dach war in<br />
den vergangenen<br />
Jahren immer wie<strong>der</strong><br />
undicht und<br />
wurde nur geflickt.<br />
Ohne Hilfe von Außen<br />
können wir<br />
diese notwendige<br />
Renovierungsmaßnahme<br />
finanziell<br />
nicht stemmen, darum<br />
unsere Bitte:<br />
Wer kennt Hand-<br />
K ATZENHAUS<br />
TIGGER UND BERNIE<br />
wurden mit acht weiteren Leidensgenossen<br />
aus schlechter Haltung bei<br />
uns abgegeben. Zwei Katzen bekamen<br />
kurz nach dem Umzug Junge.<br />
Noch zu vermitteln sind drei Kater<br />
und zwei Katzen (ca. 2-3 Jahre alt),<br />
alle getigert und nicht scheu. Weil die<br />
Katzen das Leben in <strong>der</strong> Gruppe kennen,<br />
möchten wir sie gerne jeweils zu<br />
zweit o<strong>der</strong> einzeln zu einer bereits<br />
vorhandenen Katze vermitteln.<br />
werksfirmen, die einen Sinn für den Tierschutz haben und die<br />
uns durch die kostengünstige Bereitstellung von Material<br />
o<strong>der</strong> Arbeitskraft unter die Arme greifen würden?<br />
Wir freuen uns natürlich auch über jede Geldspende, Patenschaft<br />
o<strong>der</strong> För<strong>der</strong>mitgliedschaft, die uns dabei hilft, die finanzielle<br />
Situation des Katzenhauses zu stabilisieren. Selbstverständlich<br />
werden wir für jede Form <strong>der</strong> finanziellen<br />
Unterstützung eine Spendenbescheinigung ausstellen.<br />
Auf unserer Internetseite www.katzenhaus-luttertal.de<br />
werden wir die aktuellen Entwicklungen veröffentlichen.<br />
Seit Anfang des Jahres wird die Mitglie<strong>der</strong>- und Spendenbetreuung<br />
für das Katzenhaus wie<strong>der</strong> direkt von Göttingen aus<br />
verwaltet. Ansprechpartnerin ist Frau Gabriele Missalla<br />
(e-Mail: katzenhaus-luttertal@gmx.de).<br />
Text und Fotos: Gabriele Missalla<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
29
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
30<br />
TH ARCHE N OAH<br />
Dringen<strong>der</strong> Aufruf an alle<br />
Katzenfreunde:<br />
Wer bietet wilden<br />
Katzen ein Zuhause?<br />
81 Katzen versorgt das Tierheim Arche <strong>der</strong>zeit. So<br />
schwierig alleine schon die Höchstauslastung in <strong>der</strong> Katzenstation<br />
ist, so problematisch die momentane "Besatzung":<br />
Denn fast ein Viertel <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> hat noch bis vor<br />
kurzem in Freiheit gelebt. Ihnen sind we<strong>der</strong> die Menschen<br />
vertraut, noch das enge Miteinan<strong>der</strong> im begrenzten<br />
Gehege mit den Artgenossen. "Die Wilden", sagt<br />
Tierheimleiter Stefan Kirchhoff, "laufen naturgemäß in<br />
Gefangenschaft Amok - aus diesem Grund suchen wir<br />
dringend (!) Menschen, die ihnen ein adäquates Umfeld<br />
bieten können"<br />
Warum die überraschend hohe Zahl an<br />
wilden Katzen im Tierheim?<br />
"Wir haben innerhalb kürzester Zeit<br />
mehrere Notfälle gehabt, die sich im<br />
Kern um die Versorgung von extrem<br />
scheuen, herrenlosen Katzen drehten",<br />
erklärt Stefan Kirchhoff. So wurden zum<br />
Beispiel seit Jahren wilde Katzen von einer<br />
Tierfreundin versorgt, die auf ihrem<br />
Grundstück eine Futterstelle eingerichtet<br />
hatte. Als ihr Wohnhaus abbrannte,<br />
kündigte <strong>der</strong> Pächter an, das Areal zu<br />
verkaufen und die Katzen nicht länger<br />
dulden zu wollen.<br />
Hilfe suchend wandte sich die Dame an<br />
die Arche Noah, und <strong>der</strong> Tierheimleiter<br />
bot ihr an, jeweils die Zahl an Katzen<br />
aufzunehmen, die gerade vermittelt<br />
Kasimir<br />
worden waren. So rücken immer zwei<br />
Samtpfoten nach, wenn zwei ihrer wilden<br />
Artgenossen erfolgreich vermittelt<br />
werden konnten - ein schwieriges<br />
Unterfangen, denn die meisten Interes-<br />
Gina<br />
senten erwarten von ihren Katzen ein<br />
menschenbezogenes, verspieltes und<br />
verschmustes Verhalten.<br />
"Freiheit für unsere Wilden!" bittet das<br />
Tierheimteam auf seiner homepage<br />
und stellt sich ein passendes Umfeld<br />
für die Unbezähmbaren so vor: Ein<br />
Bauernhof o<strong>der</strong> landwirtschaftliches<br />
Anwesen, das die kastrierten Katzen<br />
über eine Futterstelle einmal täglich<br />
versorgt, ihnen einen trockenen und<br />
geschützten Unterschlupf bietet und<br />
darüber hinaus alle Freiräume lässt.<br />
Cognac<br />
"Das Schicksal dieser Katzen liegt uns<br />
sehr am Herzen", sagt <strong>der</strong> Tierheimleiter.<br />
"Auf <strong>der</strong> einen Seite quälen sie sich<br />
im Tierheim, weil sie mit <strong>der</strong> Gefangenschaft<br />
nicht zurecht kommen - und<br />
auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite können wir die<br />
<strong>Tiere</strong> nicht einfach "aussetzen" und sich<br />
selbst überlassen." Der einzige Ausweg<br />
ist ein Zuhause, das den freiheitsgewöhnten<br />
Katzen beides bietet: die Möglichkeit,<br />
ohne menschliche Bindung in<br />
freier Natur zu leben und gleichzeitig<br />
die Sicherheit zu haben, ausreichend<br />
versorgt zu werden.<br />
"Selbst wenn unsere Leser vielleicht keinen<br />
Platz für die Wilden haben, kennen<br />
sie möglicherweise jemanden, <strong>der</strong> uns<br />
mit <strong>der</strong> Aufnahme von mehreren <strong>Tiere</strong>n<br />
helfen würde?" appelliert Stefan Kirchhoff<br />
inständig an Katzenfreunde.<br />
Das Tierheim bietet im Gegenzug an,<br />
die Katzen in ihr neues Zuhause zu fahren,<br />
auf die Vermittlungsgebühren zu<br />
verzichten und den künftigen Katzenhaltern<br />
je<strong>der</strong>zeit mit Beratung zur Seite<br />
zu stehen. "Nur auf die Vorkontrollen<br />
verzichten wir nicht", sagt <strong>der</strong> Tierheimleiter,<br />
"das wäre nicht im Sinne unserer<br />
Katzen."<br />
Text: CLaudia Lotz<br />
Fotos: Stefan Kirchhoff
F RANZISKUS-TH<br />
VON FRANK WEBER<br />
(TIERHEIMLEITER<br />
UND MODERATOR VON<br />
"HUNDKATZEMAUS" BEI VOX) Frank Weber bei den Dreharbeiten für Vox.<br />
Wühltischwelpen sind keine Schnäppchen!<br />
Das Thema "Wühltischwelpen" ist im Tierschutz ein Dauerthema - nicht umsonst haben <strong>der</strong> bmt, ETN und<br />
Tasso <strong>2010</strong> zum Jahr <strong>gegen</strong> den Hundehandel erklärt und die Kampagne "Wühltischwelpen Nein Danke!“<br />
gestartet. Auch wir vom Franziskus Tierheim sehen uns ständig damit konfrontiert. Wenn wir nach <strong>der</strong><br />
Herkunft <strong>der</strong> Hunde fragen, fällt auf, dass erstaunlich viele überfor<strong>der</strong>te Besitzer ihre <strong>Tiere</strong> über Annoncen<br />
gekauft haben. Oft waren es Spontankäufe o<strong>der</strong> die Verlockung, einen Rassewelpen zum Schnäppchenpreis<br />
zu bekommen.<br />
Mit einem beson<strong>der</strong>s spektakulären,<br />
wenn auch nicht unüblichen, Fall so einer<br />
Vermehrungszucht hatte ich vor<br />
kurzem zu tun. Eine Tierfreundin bat<br />
mich um Hilfe. Sie hatte sich auf eine<br />
Annonce gemeldet und wollte nichts<br />
Böses ahnend aus einer Zucht in <strong>der</strong><br />
Nähe von Greifswald einen Welpen<br />
kaufen.<br />
Die Zustände vor Ort sind nach ihrem<br />
Bereicht erschütternd. In einer dunklen<br />
Garage von knapp 20 Quadratmetern<br />
sollen bei <strong>der</strong> "Züchterin" über 50 unkastrierte<br />
Hunde unterschiedlicher Mo<strong>der</strong>assen<br />
vor sich hin dämmern. Die<br />
<strong>Tiere</strong> seien in einem katastrophalen<br />
körperlichen und seelischen Zustand.<br />
Die bewun<strong>der</strong>nswert engagierte Tier-<br />
"Unfassbar, was Menschen <strong>Tiere</strong>n<br />
antun", sagt Frank Weber.<br />
freundin ist über die Haltungsbedingungen<br />
so entsetzt, dass sie im Laufe<br />
<strong>der</strong> nächsten Wochen mehr als 20 ausrangierte<br />
Zuchttiere übernimmt und bei<br />
sich und auf Pflegestellen unterbringt.<br />
Nun sollen nochmals 20 Hunde rausgeholt<br />
werden - das ist für mich endlich<br />
die Gelegenheit, diese Thematik ins<br />
Fernsehen zu bringen und die Öffentlichkeit<br />
zu informieren.<br />
Mögliche Dreharbeiten werden dadurch<br />
erschwert, dass Vermehrer üblicherweise<br />
kein Interesse daran haben,<br />
dass ihre Machenschaften ans Licht<br />
kommen. Deshalb entschließen wir<br />
uns, vor Ort mit versteckter Kamera zu<br />
drehen. Um keinen Verdacht zu erregen,<br />
gebe ich mich als Schwiegersohn<br />
meiner Kontaktperson aus. Mit <strong>der</strong> gesamten<br />
Familie fahren wir Richtung<br />
Greifswald…<br />
Mit Hilfe eines extra gebackenen Kuchens<br />
schaffen wir es dann tatsächlich,<br />
bis ins Wohnzimmer <strong>der</strong> obskuren<br />
"Züchterin" vorzudringen. Von den<br />
Hunden ist nichts zu sehen, die Frau ist<br />
peinlichst darauf bedacht, dass man<br />
sich von ihrer Tierhaltung keinen Eindruck<br />
machen kann.<br />
Das "Hundehaus", eine düstere Garage,<br />
bekommen wir nur aus <strong>der</strong> Entfer-<br />
nung zu sehen, als uns die aussortierten<br />
"Zuchttiere" über einen hohen Zaun<br />
gereicht werden. Alle Hunde sind in einem<br />
erbarmungswürdigen Zustand,<br />
verwahrlost und mit Kot verschmiert.<br />
Der schlammige, winzige Auslauf vor<br />
<strong>der</strong> Garage ist ein verkotetes Schlammloch.<br />
Ausrangierte Zuchthündin Vicky.<br />
Mir stehen die Tränen in den Augen. Es<br />
ist unfassbar, was Menschen aus Profitgier<br />
<strong>Tiere</strong>n antun können! Als ich sie<br />
zur Rede stellen will, schlägt sie mir heftig<br />
die Türe vor <strong>der</strong> Nase zu.<br />
Wenigstens für diese geschundenen<br />
Kreaturen gibt es ein Happy End. Sie<br />
werden auf vorher festgelegte Pflegestellen<br />
gebracht und haben bis auf drei<br />
beson<strong>der</strong>s schwer geschädigte <strong>Tiere</strong><br />
ein liebevolles neues Zuhause gefunden.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
31
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
32<br />
TH WAU-MAU-INSEL<br />
Training mit Hund UND Mensch<br />
TIERHEIM STARTET MODELLVERSUCH MIT EIGENER HUNDETRAINERIN!<br />
Seit Januar <strong>2010</strong> arbeitet im Tierheim Wau-Mau-Insel<br />
die Hundetrainerin Nicole Gerwig. Sie betreibt seit<br />
2008 die Hundeschule ‚Gemeinsam lernen und leben’.<br />
Das Ziel <strong>der</strong> Zusammenarbeit: Die Vermittlungschancen<br />
für Problemhunde und Langzeitinsassen zu verbessern.<br />
Tierheimmitarbeiterin Claudia Bioly über die Entstehung<br />
einer Idee und ihre Realisierung. Im Interview<br />
befragt sie Nicole Gerwig zu ihren Trainingsmethoden.<br />
Die Zahl <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>, die im Tierheim abgegeben<br />
werden, weil sie ein problematisches<br />
Verhalten zeigen, steigt stetig<br />
an. Für die Tierheime bedeutet dies<br />
eine enorme Belastung, denn zum einen<br />
ist eine Weitervermittlung eines<br />
problematischen Hundes nicht einfach.<br />
Die Ansprüche an das neue Familienmitglied<br />
sind häufig sehr hoch, und das<br />
Haustier muss sich möglichst schnell an<br />
neue Lebensumstände und Menschen<br />
gewöhnen. Zum an<strong>der</strong>en sind die<br />
Möglichkeiten für die Tierheimmitarbeiter,<br />
die Ursachen für das auffällige<br />
Verhalten herauszufinden und mit dem<br />
Hund gezielt daran zu arbeiten, sehr<br />
schwierig, denn in <strong>der</strong> Regel müssen<br />
viele <strong>Tiere</strong> betreut werden, so dass für<br />
den einzelnen Hund nicht immer die<br />
Zeit übrig bleibt, die man ihm schenken<br />
möchte.<br />
Das Tierheimteam ist jedoch <strong>der</strong> Meinung,<br />
dass es von entscheiden<strong>der</strong><br />
Bedeutung ist, sich<br />
diese Zeit zu nehmen und<br />
den Hunden die notwendige<br />
Aufmerksamkeit zu widmen.<br />
Wir müssen an dem Problem,<br />
dass diese <strong>Tiere</strong> mit uns o<strong>der</strong><br />
wir Menschen mit ihnen haben,<br />
arbeiten - und dies so<br />
früh, wie möglich. In Tierheimen<br />
wird häufig viel Geld für<br />
die medizinische Versorgung von <strong>Tiere</strong>n<br />
ausgegeben, doch in diesen wichtigen<br />
Bereich wird zu wenig investiert.<br />
Und so hat sich unser Tierheim zu einem<br />
‚Modellversuch' entschlossen und<br />
im Januar <strong>2010</strong> eine<br />
Hundetrainerin auf Teilzeit<br />
angestellt. Wir gehen<br />
davon aus, dass unsere<br />
Problemhunde und<br />
Langzeitinsassen bessere<br />
Chancen auf eine Vermittlung<br />
haben, wenn wir<br />
mit ihnen arbeiten - und<br />
zwar professionell.<br />
Wir haben die Erfahrung<br />
gemacht, dass es inzwischen<br />
zwar sehr viele Hundeschulen<br />
gibt, aber die Trainingsmethoden<br />
nicht immer einhergehen mit<br />
unserer Einstellung zum Tierschutz.<br />
Häufig wird lei<strong>der</strong> noch versucht,<br />
Hunde mit gewaltsamen Methoden<br />
zum Gehorsam zu zwingen. Hunde<br />
müssen nicht funktionieren wie Maschinen,<br />
son<strong>der</strong>n wir gehen von einer<br />
Partnerschaft zwischen Mensch und<br />
Hund aus, die auf <strong>gegen</strong>seitigem Vertrauen<br />
und Verstehen beruht. Der<br />
Mensch muss sich auf seinen Hund verlassen<br />
können - und <strong>der</strong> Hund selbstverständlich<br />
auch auf seinen Menschen!<br />
Wie lernt ein Hund? Hier die Trainerin mit Tierheimhund Oliver<br />
Nicole Gerwig motiviert<br />
Tierheimhund Polo<br />
Wirkliches Vertrauen kann niemals mit<br />
Gewalt o<strong>der</strong> durch Angsteinflößen erreicht<br />
werden. Deshalb lehnen wir alle<br />
Methoden, die dem Hund Schmerzen<br />
zufügen o<strong>der</strong> Angst einflößen, grundsätzlich<br />
ab. Nun hieß es nur noch, eine<br />
geeignete Hundeschule zu finden, die<br />
nach unseren Grundsätzen mit den <strong>Tiere</strong>n<br />
arbeitet. Durch den Besuch von verschiedenen<br />
Seminaren und Vorträgen<br />
haben wir Kontakt zu <strong>der</strong> Grün<strong>der</strong>in<br />
des animal learn Netzwerkes, Clarissa<br />
von Reinhardt, und haben angefragt,<br />
ob sie eine Hundeschule wisse, die bereit<br />
sei, uns zu unterstützen - und so<br />
kam <strong>der</strong> Kontakt zu Nicole Gerwig zustande.
Phönix Kleintierbestattungszentrum<br />
Peckelsheim<br />
In unserem Tierkrematorium gibt es<br />
zwei Möglichkeiten <strong>der</strong> Einäscherung:<br />
Bei <strong>der</strong> Einzeleinäscherung wird ausschließlich<br />
nur ein Haustier eingeäschert,<br />
<strong>der</strong> Tierbesitzer kann nach <strong>der</strong><br />
Einäscherung die Asche seines <strong>Tiere</strong>s in<br />
einer schönen Urne mit nach Hause<br />
nehmen. Bei <strong>der</strong> Übergabe <strong>der</strong> Urne<br />
Claudia Bioly: Seit Januar arbeiten<br />
Sie mit unserem Tierheim<br />
in Kassel zusammen.<br />
Was sind Ihre Trainingsgrundsätze?<br />
Nicole Gerwig: Meine Trainingsgrundsätze<br />
sind recht einfach<br />
zu erklären und sollten für den Umgang<br />
mit jedem Lebewesen gelten.<br />
Dazu gehören als erstes <strong>der</strong> respektvolle<br />
und freundlich Umgang<br />
mit Hunden und deshalb auch die<br />
grundsätzliche Ablehnung von Methoden<br />
und Hilfsmitteln, die dem Hund<br />
Schmerzen zufügen, ihn stark verängstigen,<br />
ihn in seiner Würde verletzen<br />
o<strong>der</strong> seine Persönlichkeit zerstören.<br />
Vielmehr geht es um das Wissen, wie<br />
ein Hund lernt und/o<strong>der</strong> umlernt, welche<br />
Grundbedürfnisse er hat und wie<br />
ich einen Hund zur Mitarbeit motiviere.<br />
Es geht darum, das Verhalten des Hundes<br />
zu verstehen und ihn dementsprechend<br />
anleiten und führen zu können.<br />
Claudia Bioly: Was ist Ihre Motivation,<br />
mit einem Tierheim zu kooperieren?<br />
Nicole Gerwig: Meine Motivation<br />
mit einem Tierheim zu kooperieren ist<br />
die, Verantwortung zu übernehmen.<br />
Verantwortung für Hunde, die aus<br />
unterschiedlichsten Gründen ihr Zuhause<br />
verloren haben, die von uns abhängig<br />
sind und Hilfe in dieser "Ausnahmesituation"<br />
brauchen, um so<br />
schnell wie möglich wie<strong>der</strong> ihre passende<br />
Familie zu finden. Dazu möchte<br />
ich zu einem Teil beitragen.<br />
erhält <strong>der</strong> Tierbesitzer eine Urkunde mit<br />
dem Einäscherungsdatum und dem<br />
Namen seines <strong>Tiere</strong>s.<br />
Bei <strong>der</strong> Sammeleinäscherung werden<br />
mehrere <strong>Tiere</strong> gleichzeitig eingeäschert,<br />
und die Asche wird anschließend auf<br />
unserer Streuwiese ausgestreut.<br />
Auf Wunsch kann die Urne auf unserem<br />
Tier- und Urnenfriedhof beigesetzt werden.<br />
Wir beraten Sie gerne!<br />
Claudia Bioly: Gibt es einen<br />
Unterschied bei <strong>der</strong> Arbeit mit<br />
Tierheim- o<strong>der</strong> Privathunden?<br />
Nicole Gerwig: Ja, definitiv. Beim<br />
Training mit Privathunden und ihren<br />
Menschen geht es um die Verbesserung<br />
und/o<strong>der</strong> Festigung <strong>der</strong> Hund-Mensch-<br />
Beziehung o<strong>der</strong> um die Lösung von bestimmten<br />
Problemen im Zusammenleben.<br />
Der Hund hat ein festes Lebensumfeld<br />
und das Training wird speziell<br />
auf dieses Hund-Mensch-Team<br />
ausgerichtet. Außerdem arbeitet <strong>der</strong><br />
Hundehalter mit seinem Hund nach<br />
Anleitung selbständig weiter.<br />
Tierheimhunde haben es in vielen Bereichen<br />
schwerer durch das Fehlen dieser<br />
Sicherheiten und einem permanent<br />
erhöhten Stresslevel durch die Tierheimsituation.<br />
Deshalb erfor<strong>der</strong>t ein<br />
Training mit ihnen mehr Zeit, Einfühlungsvermögen<br />
und <strong>gegen</strong>seitiges Vertrauen.<br />
Die wichtigsten Faktoren sind<br />
dabei die sinnvolle Beschäftigung und<br />
Stressreduzierung sowie das Arbeiten<br />
an Verhaltensproblemen, die eine Vermittlung<br />
erschweren. Außerdem sollen<br />
die sozialen Fähigkeiten <strong>gegen</strong>über<br />
Menschen und Artgenossen<br />
beibehalten<br />
o<strong>der</strong> wie<strong>der</strong> neu erlernt<br />
werden. Es geht also<br />
um das Erarbeiten einer<br />
Grundlage, die eine<br />
Chance auf Vermittlung<br />
erhöht und auf<br />
<strong>der</strong> die neuen Besitzer<br />
aufbauen können.<br />
Phönix<br />
Kleintierbestattungszentrum<br />
Peckelsheim GmbH<br />
Helmernsche Straße 20<br />
34439 Willebadessen<br />
Tel: 05644 - 98 15 66 . Fax: 98 15 68<br />
kontakt@phoenix-kleintierbestattungen.de<br />
www.phoenix-kleintierbestattungen.de<br />
Claudia Bioly: Mit welchen Problemen<br />
in <strong>der</strong> Hund-Mensch-Beziehung<br />
werden Sie am häufigsten<br />
konfrontiert?<br />
Nicole Gerwig: Die häufigsten Probleme,<br />
mit denen ich als Hundetrainerin<br />
konfrontiert werde, sind durch falsche<br />
Erziehungsmaßnahmen auftretende<br />
aggressive Verhaltensweisen bei<br />
Hunden. Dazu gehören z.B. Aggression<br />
<strong>gegen</strong>über Artgenossen, fremden<br />
Menschen und an<strong>der</strong>en <strong>Tiere</strong>n. Meist<br />
sind daran einfache Missverständnisse<br />
zwischen Mensch und Hund schuld,<br />
z.B. durch falsches Deuten und Interpretieren<br />
von Hundeverhalten und daraus<br />
resultierend falsches Reagieren des<br />
Menschen darauf.<br />
Claudia Bioly: Was empfehlen Sie<br />
Menschen, die sich mit Ihrem<br />
Hund überfor<strong>der</strong>t fühlen? Gibt es<br />
darunter auch Fälle, in denen Sie<br />
einem Hundehalter raten, sich<br />
von seinem Haustier zu trennen?<br />
Nicole Gerwig: Wichtig wäre, dass<br />
Menschen, die über die Anschaffung<br />
eines Hundes nachdenken, sich schon<br />
vorher beraten lassen und sich genau<br />
über die jeweiligen Eigenschaften<br />
und Bedürfnisse<br />
einer Hun<strong>der</strong>asse<br />
bzw. bei Mischlingen<br />
über die jeweils daran<br />
beteiligten Hun<strong>der</strong>assen<br />
informieren. Wer sich<br />
aber schon einen Hund<br />
angeschafft hat und sich<br />
dann damit überfor<strong>der</strong>t<br />
Hundetraining soll den Stress von Tierheimhunden reduzieren. Hier: Entspannte Kangalhündin Tiffy.<br />
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Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
33
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
34<br />
fühlt, sollte sich als erstes professionellen<br />
Rat und Hilfe holen und den Hund<br />
nicht leichtfertig abschieben und somit<br />
die Verantwortung für dieses Lebewesen<br />
schnell mal abgeben. Weil die<br />
Menschen die Entscheidung getroffen<br />
haben, sich diesen Hund anzuschaffen<br />
und nicht <strong>der</strong> Hund. Fälle, in denen ich<br />
einem Hundehalter rate, sich von seinem<br />
Hund zu trennen, gibt es zum<br />
Glück nur selten, aber manchmal ist es<br />
für beide Seiten die beste Lösung. Gerade<br />
dann, wenn die Harmonie (wir<br />
sagen die Passung) zwischen Hund und<br />
Mensch nicht stimmt.<br />
Claudia Bioly: Worauf sollte ein<br />
Hundehalter bei <strong>der</strong> Wahl einer<br />
Hundeschule Ihrer Meinung nach<br />
unbedingt achten?<br />
Nicole Gerwig: Dass die Trainer<br />
über eine fundierte Ausbildung im<br />
Umgang mit Hunden und Menschen<br />
verfügen<br />
ein umfangreiches Fachwissen über<br />
Hunde haben, auskunftsfreudig sind<br />
und Übungen genau erklären können<br />
mit Geduld und Verständnis individuell<br />
auf den Hund und den Hundehalter<br />
eingehen können<br />
eine stationäre Ausbildung ohne<br />
Hundebesitzer ablehnen<br />
nach neuesten verhaltenskundlichen<br />
Erkenntnissen arbeiten und den Einsatz<br />
von tierschutzwidrigen Methoden und<br />
Hilfsmitteln ablehnen<br />
sich ständig weiterbilden und die eigenen<br />
Trainingsmethoden überprüfen.<br />
Und: Der Hund sollte nicht nur gern,<br />
son<strong>der</strong>n möglichst mit Begeisterung in<br />
die Hundeschule gehen! Der Hund<br />
selbst gibt oft die beste Auskunft über<br />
die Qualität <strong>der</strong> Hundeschule!<br />
Claudia Bioly: Die Zahl <strong>der</strong> ‚Problemhunde'<br />
scheint zuzunehmen.<br />
TH WAUM AU-INSEL<br />
Werden unsere Hunde problematischer<br />
o<strong>der</strong> die Ansprüche <strong>der</strong><br />
Tierhalter immer höher?<br />
Nicole Gerwig: Ich denke nicht,<br />
dass die Hunde immer problematischer<br />
werden, son<strong>der</strong>n die Erwartungshaltung<br />
und die Ansprüche an die<br />
Hunde immer weiter steigen und von<br />
ihnen kaum noch zu erfüllen sind. Oft<br />
höre ich, <strong>der</strong> Hund soll gutartig, ruhig,<br />
kin<strong>der</strong>lieb, verträglich mit Artgenossen<br />
und Katzen, stubenrein, gehorsam<br />
sein, wenig bellen, nicht jagen, alleine<br />
bleiben können u.s.w.. Wenn ich dann<br />
die Menschen frage, was sie als<br />
Gegenleistung dem Hund bieten können<br />
und wollen, ist das meist sehr dürftig.<br />
Der Hund soll sich also permanent<br />
und in allen möglichen Situationen<br />
dem Menschen anpassen, aber die<br />
wichtigsten Grundbedürfnisse des<br />
Hundes werden nur selten erfüllt. Das<br />
ist eine Rechnung, die nicht aufgeht!<br />
Claudia Bioly: Sie haben Ihre<br />
Ausbildung bei “animal learn”<br />
absolivert und arbeiten mit positiver<br />
Verstärkung und Motivation.<br />
Man hört immer wie<strong>der</strong>,<br />
dass diese Trainingsmethoden zu<br />
‚sanft' sind und dass es Hunde<br />
gibt, die eine harte Hand benötigen.<br />
Was antworten Sie darauf?<br />
Nicole Gerwig: Hier ist die Frage,<br />
was man in <strong>der</strong> Praxis unter "zu sanft"<br />
und "harte Hand" versteht? Je<strong>der</strong>, <strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> Meinung ist, man könne Hunde nur<br />
mit körperlicher Bestrafung, Schmerzeinwirkung,<br />
Verunsicherung und<br />
Unterdrückung richtig erziehen, hat<br />
meiner Meinung nach nicht viel über<br />
Hunde und ihr Lernverhalten verstanden.<br />
Meist entstehen Probleme erst<br />
durch eine solche Erziehung und/o<strong>der</strong><br />
werden dadurch größer. Aber auch<br />
Menschen, die ihrem Hund aus mangelndem<br />
Wissen keine Grenzen setzen<br />
und nicht auf dem Einhalten bestimmter<br />
Regeln bestehen, sind in <strong>der</strong> Hundeerziehung<br />
fehl am Platz. Vielmehr ist<br />
es das geduldige, konsequente und liebevolle<br />
Erziehen, welches zum langfristigen<br />
Erfolg führt. Ein Hund braucht Sicherheit<br />
durch Vertrauen zu seinem<br />
Menschen und das erreicht man nur<br />
durch eine für den Hund faire und "berechenbare"<br />
Führung.<br />
Fotos : Claudia Bioly<br />
Seit 1. Mai hat<br />
Elvira Schiöberg<br />
die Leitung des<br />
Landesverbandes<br />
Bayern übernommen.<br />
Lernen Sie<br />
das neue Gesicht<br />
des bmt im Gespräch<br />
mit dem<br />
<strong>RdT</strong> kennen.<br />
ELVIRA SCHIÖ<br />
"Der<br />
… IST EINE<br />
<strong>RdT</strong>: Was bedeuten Ihnen <strong>Tiere</strong>?<br />
Elvira Schiöberg: <strong>Tiere</strong> haben mein<br />
Leben immer begleitet, sie spielen eine<br />
wichtige Rolle frei nach dem Motto<br />
von Loriot "Ein Leben ohne <strong>Tiere</strong> ist<br />
möglich, aber sinnlos".<br />
<strong>RdT</strong>: Warum halten Sie es für wichtig,<br />
sich im Tierschutz zu engagieren?<br />
Elvira Schiöberg: Mein Tierschutzengagement<br />
wurde durch eine grundlegende<br />
Erfahrung geprägt: <strong>Tiere</strong> sind<br />
in unserer Gesellschaft letztendlich ohne<br />
Schutz und Rechte - sie sind uns<br />
gnadenlos ausgeliefert - unsere Gesetze<br />
schützen sie nicht.<br />
Beson<strong>der</strong>s betroffen macht mich <strong>der</strong><br />
Umgang mit den so genannten "landwirtschaftlichen<br />
Nutztieren". Wer sich<br />
einmal über die Zustände bei Zucht,<br />
Haltung, Transport und Schlachtung<br />
informiert hat, für den ist <strong>der</strong> Verzicht<br />
auf Fleisch keineswegs Verzicht, son<strong>der</strong>n<br />
logische Konsequenz - und Erleichterung<br />
über das Ende einer Verdrängung.<br />
Ich finde es erschreckend, dass unser<br />
Verhältnis zu <strong>Tiere</strong>n zunehmend irrational<br />
wird - unser Umgang mit ihnen<br />
ist eine ethische Bankrotterklärung!<br />
Denn während wir wissenschaftlich immer<br />
aufschlussreichere Erkenntnisse<br />
über Leidensfähigkeit, Emotionen,
BERG, NEUE LEITERIN DES LANDESVERBANDES:<br />
Umgang mit <strong>Tiere</strong>n ...<br />
ETHISCHE BANKROTTERKLÄRUNG FÜR UNSERE GESELLSCHAFT!"<br />
kognitive Fähigkeiten und Ich-Bewußtsein von <strong>Tiere</strong>n gewinnen<br />
und sie uns immer näher rücken, findet ihre industrielle<br />
Verwertung und Entfremdung immer gnadenloser statt. Nur<br />
ein kleines, aber bezeichnendes Detail am Rande: Sucht man<br />
nach <strong>Tiere</strong>n beim Statistischen <strong>Bund</strong>esamt, so findet man sie<br />
als "Warennummer".<br />
<strong>RdT</strong>: Kann <strong>der</strong> praktische Tierschutz dazu beitragen, die<br />
Gesellschaft hinsichtlich ihres zwiespältigen Umgangs mit<br />
<strong>Tiere</strong>n zu verän<strong>der</strong>n?<br />
Elvira Schiöberg: Wenn wir die Lebensbedingungen von<br />
<strong>Tiere</strong>n wirklich verbessern wollen, müssen wir im Tierschutz<br />
mehr Druck machen, noch mehr Unterstützung gewinnen,<br />
ein stärkeres politisches Gegengewicht zur Lobby <strong>der</strong> Tiernutzer<br />
bilden, um den Stellenwert des Tierschutzes zu erhöhen und<br />
die gesetzlichen Rahmenbedingungen zu verän<strong>der</strong>n.<br />
Der karitative Tierschutz ist für mich wichtig, aber er genügt<br />
nicht - das ist auch das Resumée meiner beruflichen Erfahrungen.<br />
<strong>RdT</strong>: Sie sind viele Jahre tierschutzpolitisch aktiv und<br />
haben über 20 jährige Erfahrung im organisierten<br />
Tierschutz ...<br />
Elvira Schiöberg: Ja, eine spannende Zeit….nach<br />
Abschluss meines Studiums in Wien (Politologie, Biologie)<br />
und Berufsjahren in Frankreich bin ich 1988<br />
nach Deutschland gekommen und war bis 1999 parlamentarische<br />
Fachreferentin <strong>der</strong> Grünen Fraktion im<br />
Hessischen Landtag in Wiesbaden, anschließend wissenschaftliche<br />
Fachreferentin für die Fraktion am Bayerischen<br />
Landtag in München. Dort habe ich auch auf<br />
dem Gebiet Öffentlichkeitsarbeit, Veranstaltungskonzepte<br />
und Kampagnen gearbeitet.<br />
LV BAYERN<br />
Als Grün<strong>der</strong>in und Vorsitzende <strong>der</strong> AG Marburg <strong>der</strong> Tierversuchsgegner<br />
Hessen e.V., Vertreterin <strong>der</strong> Fraktion im Tierschutzbeirat<br />
<strong>der</strong> Hessischen Landesregierung, Mitbegrün<strong>der</strong>in<br />
und Sprecherin <strong>der</strong> Landesarbeitsgemeinschaft Tierschutz<br />
<strong>der</strong> Hessischen Grünen, langjähriges Mitglied des Bündnisses<br />
Bayerischer Tierrechtsorganisationen, gewählte Vertreterin<br />
Bayerns in <strong>der</strong> BAG (<strong>Bund</strong>esarbeitsgemeinschaft Mensch<br />
und Tier) von Bündnis90/Die Grünen habe ich viele Facetten<br />
des Tierschutzes kennen gelernt.<br />
<strong>RdT</strong>: Was war Ihre Motivation, eine an<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung,<br />
wie die Leitung des bmt-Landesverbandes Bayern,<br />
anzunehmen?<br />
Elvira Schiöberg: Nach vielen Jahren Tierschutzpolitik<br />
wollte ich endlich wie<strong>der</strong> näher bei den <strong>Tiere</strong>n sein.<br />
Am bmt gefällt mir, dass er die praktische Tierschutzarbeit<br />
und sein Engagement in den Tierheimen mit <strong>der</strong> politischen<br />
Arbeit verbindet, in die wichtigen Gremien auf <strong>Bund</strong>es- und<br />
Landesebene berufen ist und dort aktiv mitarbeitet.<br />
Und insbeson<strong>der</strong>e schätze ich am bmt, dass wir auch den<br />
Chancenlosen eine Chance geben - unseren Gnadenbrottieren<br />
- stellvertretend für die Millionen <strong>Tiere</strong>, denen wir nicht<br />
helfen können. Ihr Schicksal berührt mich sehr - mein erstes<br />
Pferd war ein ausgemustertes Reitpferd, das ich vom<br />
Schlachttransporter freikaufte und das mich wun<strong>der</strong>bare Jahre<br />
durchs Leben begleitete.<br />
Zumindest den Gnadenbrottieren eine friedliche Zeit zu<br />
schenken ist eine schöne Aufgabe. Was ich übrigens beim<br />
bmt noch sehr bewun<strong>der</strong>e ist das unglaubliche Engagement<br />
aller Mitarbeiter. Auf die neuen Herausfor<strong>der</strong>ungen und die<br />
Zusammenarbeit freue ich mich. Ich wünsche uns und allen<br />
unseren <strong>Tiere</strong>n eine gute Zeit.<br />
Anzeige<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
35
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
36<br />
T IERSCHUTZZENTRUM<br />
Die Hölle überstanden …<br />
… und jetzt wartet<br />
Kessy sehnlich auf<br />
eine liebevolle Familie!<br />
In ihren schwarzen Augen liegt die Sanftmut eines<br />
Hundes, für den seine Menschen die Welt darstellen.<br />
Dabei hat die weiße Hündin von ihrem bisherigen Besitzer<br />
nichts an<strong>der</strong>es erfahren als abgrundtiefe Erbarmungslosigkeit<br />
…<br />
Kessy lebte angekettet<br />
in einem Dorf in Rumänien<br />
auf einem<br />
Hof. Die Kette reichte<br />
gerade so weit, dass<br />
sie Schutz unter einem<br />
Auto suchen konnte,<br />
wenn ihr Besitzer sie<br />
prügelte - auf den<br />
Kopf, den Körper, die<br />
Beine, zwischen die<br />
Augen.<br />
Von den Misshandlungen, die <strong>der</strong> Mann <strong>der</strong> jungen Hündin<br />
zufügte, sieht man noch heute Spuren: Ein Vor<strong>der</strong>bein ist<br />
leicht verkrümmt, ein Auge zerschlagen, einige Rippen eingedrückt,<br />
am Kopf eine Beule, Abdrücke <strong>der</strong> Kette und am<br />
Hinterlauf Schnitte eines Stricks, mit dem sie zusätzlich angebunden<br />
wurde.<br />
Vermutlich wäre Kessy eines Tages unbemerkt an ihren Verletzungen<br />
verendet - doch das Schicksal wollte es an<strong>der</strong>s: Im<br />
Sommer 2009 kommt eine deutsche und rumänische Tierarztdelegation<br />
in das Dorf, um in einer groß angelegten Aktion<br />
Straßenhunde und die <strong>Tiere</strong> von Besitzern zu kastrieren.<br />
Da Kessy alleine auf dem Hof ist, <strong>der</strong> Besitzer nicht ausfindig<br />
gemacht werden kann, nehmen die Tierärzte die ausgemergelte<br />
und verstörte Hündin mit, um sie ebenfalls zu kastrieren<br />
und medizinisch zu behandeln.<br />
Plötzlich kommt ein rasen<strong>der</strong> Mann mit erhobener Axt in die<br />
kleine Praxis und kündigt an, seine kastrierte Hündin vor aller<br />
Augen zu erschlagen. Die Tierärzte stellen sich schützend<br />
vor die bebende Hündin. Erst als die Polizei eintrifft, entspannt<br />
sich die gefährliche Situation. Der Mann wird festgenommen.<br />
Für die fast 2 Jahre alte Kessy war dieses Ereignis die Wende<br />
Schläge und Misshandlungen gehörten zu<br />
Kessys Alltag in Rumänien, bis Tierärzte<br />
sie durch einen glücklichen Zufall fanden.<br />
in ihrem Leben. Wir wagen uns noch immer nicht vorzustellen,<br />
wie <strong>der</strong> unberechenbare Mann mit seiner Hündin weiter<br />
umgegangen wäre, wenn die Tierärzte nicht so couragiert<br />
reagiert hätten.<br />
Kessy wird er jedenfalls nie wie<strong>der</strong> Leid zufügen können. Die<br />
weiße Hündin, inzwischen nach Deutschland übersiedelt, bezaubert<br />
das Team vom Tierschutzzentrum mit ihrem lieben<br />
und offenen Wesen - und kriegt gar nicht genug vom Kontakt<br />
mit an<strong>der</strong>en Hunden. Das Spielen, Schmusen und gemeinsame<br />
Toben scheinen<br />
ihrer verletzten Seele<br />
gut zu tun.<br />
Was wir unserer tapferen<br />
Kessy von Herzen<br />
wünschen, ist ein<br />
schönes Zuhause bei<br />
wun<strong>der</strong>baren Menschen.<br />
Vielleicht bei<br />
Ihnen?<br />
Text: Claudia Lotz, Fotos: Gabriele Rudolph<br />
Kessy ist sehr sozialverträglich und menschenbezogen.
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
37
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
38<br />
HAUPTGESCHÄFTSSTELLE<br />
Viktor-Scheffel-Straße 15<br />
80803 München<br />
Tel. (089) 38 39 52-0, Fax (089) 38 39 52-23<br />
VORSTAND<br />
1. <strong>Bund</strong>esvorsitzen<strong>der</strong>:<br />
Dr. Jörg Styrie<br />
Alt-Heiligensee 42, 13503 Berlin<br />
Tel. (030) 43 65 58 63, Fax (030) 43 65 58 65<br />
2. <strong>Bund</strong>esvorsitzende:<br />
Petra Zipp, Tierschutzzentrum Pfullingen<br />
Gönninger Straße 201, 72793 Pfullingen<br />
Tel. (07121) 820 17 -23, Fax (07121) 820 17 -18<br />
<strong>Bund</strong>esschatzmeister:<br />
Bernd Stephan, Kaiser-Friedrich-Promenade 82<br />
61348 Bad Homburg<br />
Tel. (06172) 138 80 26, Fax (06172) 23 691<br />
<strong>Bund</strong>esschriftführerin:<br />
Karin Stumpf, Am Heiligenhäuschen 2, 50859 Köln,<br />
Tel. (0221) 950 51 55, Fax (0221) 950 51 57<br />
LANDESVERBÄNDE<br />
B UND GEGEN M ISSBRAUCH DER T IERE<br />
MIT 10 GESCHÄFTSSTELLEN , 8 TIERHEIMEN UND EINEM TIERSCHUTZZENTRUM<br />
LV Baden-Württemberg (www.tierschutz-bmt-bw.de)<br />
Tierschutzzentrum Pfullingen<br />
Leiter: Dr. Uwe Wagner<br />
Leiterin (TH): Petra Zipp<br />
Gönninger Straße 201, 72793 Pfullingen<br />
Tel. (07121) 820 17 -0, Fax (07121) 820 17 -18<br />
Kreissparkasse Reutlingen Kto. 75 7889 (BLZ 640 500 00)<br />
LV Bayern (www.bmt-bayern.de)<br />
Leiterin: Elvira Schiöberg<br />
Viktor-Scheffel-Straße 15, 80803 München<br />
Tel. (089) 38 39 52-13, Fax (089) 38 39 52-23<br />
Postbank München Kto. 142 20-802 (BLZ 700 100 80)<br />
LV Berlin (www.tierschutz-bmt-berlin.de)<br />
Leiter: Dr. Jörg Styrie<br />
Alt-Heiligensee 42, 13503 Berlin<br />
Tel. (030) 43 65 58 63, Fax (030) 43 65 58 65<br />
Postbank Berlin Kto. 9603-107 (BLZ 100 100 10)<br />
LV Hamburg / Schl.-Holstein (www.franziskustierheim.de)<br />
Geschäftsstelle: Tel. (040) 55 49 28-34, Fax -32<br />
„Franziskus-Tierheim“, Tel. (040) 55 49 28 37<br />
Leiter (TH): Frank Weber<br />
Lokstedter Grenzstraße 7, 22527 Hamburg<br />
Haspa Kto. 1049220799 (BLZ 200 505 50)<br />
LV Hessen / Rheinland-Pfalz / Saarland<br />
1. Geschäftsstelle u. Tierheim „Elisabethenhof“<br />
(www.tierheim-elisabethenhof.de)<br />
Leiter (Gst.): Mike Ruckelshaus, Tel. (06035) 96 11 11<br />
Leiter (TH): Christian Werner<br />
“Elisabethenhof”, Siedlerstraße 2, 61203 Reichelsheim<br />
Tel. (06035) 59 16, Fax (06035) 96 11 18<br />
Frankfurter Sparkasse Kto. 5975 (BLZ 500 502 01)<br />
2. Tierheim „Wau-Mau-Insel“ (www.wau-mau-insel.de)<br />
Leiterin (Gst.): Petra Hollstein<br />
Leiter (TH): Karsten Plücker<br />
Schenkebier Stanne 20, 34128 Kassel<br />
Tel. (0561) 86 15 680, Fax (0561) 86 15 681<br />
Kasseler Sparkasse Kto. 70 700 (BLZ 520 503 53)<br />
AUSLANDSTIERSCHUTZ<br />
Koordination im Tierschutzzentrum Pfullingen<br />
Son<strong>der</strong>konto Ausland:<br />
Rumänien und Ungarn<br />
Frankfurter Sparkasse Kto. 847 275 (BLZ 500 502 01)<br />
LV Nie<strong>der</strong>sachsen<br />
1. Geschäftsstelle u. Tierheim „Arche Noah“<br />
(www.tierheim-arche-noah.de)<br />
Leiterin (Gst): Anke Mory; Tel. (0170) 632 52 40<br />
Leiter (TH): Stefan Kirchhoff,<br />
Rodendamm 10, 28816 Stuhr/Brinkum<br />
Tel. (0421) 890171, Fax 80 90 553<br />
Kreissparkasse Syke Kto. 113 000 29 57 (BLZ 291 517 00)<br />
2. “Katzenhaus Luttertal“, (www.katzenhaus-luttertal.de)<br />
Luttertal 79, 37075 Göttingen<br />
Leiterin (Gst): Gabriele Missalla, Tel. (06678) 91 85 67<br />
Leiterin (TH): Monika Bossmann, Tel. (0551) 2 28 32<br />
Postbank Hannover Kto. 732 223 06 (BLZ 250 100 30)<br />
3. Geschäftsstelle Norden<br />
Leiter: Dieter Kuhn und Ursula Sottmeier<br />
Nordbuscherweg 17, 26553 Dornum<br />
Tel. (04933) 99 28 24, Fax (04933) 99 28 26<br />
Tierheim Hage (www.tierheim-hage.de)<br />
Hagermarscher Str. 11, 26524 Hage<br />
Tel. (04938) 4 25, Fax (04938) 91 49 90<br />
Raiffeisen-Volksbank Fresena e.G. Norden<br />
Kto. 6302020300 (BLZ 283 615 92)<br />
LV NRW<br />
1. Geschäftsstelle u. Tierheim Dellbrück<br />
(www.tierheim-koeln-dellbrueck.de)<br />
Leiterin (Gst): Sylvia Bringmann , Leiter (TH): Bernd Schinzel<br />
Iddelsfel<strong>der</strong> Hardt, 51069 Köln<br />
Tel. (0221) 68 49 26, Fax (0221) 68 18 48<br />
Postbank Köln Kto. 924 02-505 (BLZ 370 100 50)<br />
2. Geschäftsstelle Issum (www.bmt-nrw.de)<br />
Leiterin: Dagmar Weist<br />
Drosselweg 15, 47661 Issum<br />
Tel. (02835) 44 46 97, Fax (02835) 44 46 99<br />
Sparkasse am Nie<strong>der</strong>rhein<br />
Kto. 111 500 2063 (BLZ 354 500 00)<br />
WEITERE ANSCHRIFTEN VON MITARBEITERN:<br />
Mike Ruckelshaus<br />
(mike.ruckelshaus@web.de)<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />
Tel. (06035) 96 11 11, Fax (06035) 96 11 18<br />
Torsten Schmidt<br />
(torsten.schmidt@bmt-tierschutz.de)<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter, An <strong>der</strong> Kirsebek 3,<br />
24376 Kappeln, Tel. (04642) 922 407, Fax (04642) 922 714<br />
Claudia Lotz (Redakteurin)<br />
(lotzcl@nexgo.de)<br />
Sauerbruchstr. 11, 14109 Berlin,<br />
Tel. (030) 80 58 33 38, Fax (030) 80 58 33 39<br />
Gisela Lichterfeld (Tierschutzlehrerin)<br />
(huglichterfeld@gmx.de)<br />
Kirchhellener Ring 93, 46244 Bottrop-Kirchhellen<br />
Tel. (02045) 23 54<br />
www.bmt-tierschutz.de
PHÖNIX<br />
Wurde als "Ganghund" angeschafft<br />
Phönix (3/4 Jahre) ist ein sehr<br />
sensibler, ruhiger Hund. Seine<br />
ehemaligen Besitzer wollten<br />
den Rüden als Prestigeobjekt<br />
benutzen und ihn als "Ganghund"<br />
einsetzen. Die Großmutter<br />
<strong>der</strong> jugoslawischen Familie<br />
machte die Pläne ihrer Enkel<br />
zunichte und bat um behördliche<br />
Hilfe. Phönix unterliegt als Listenhund mit einem verpflichtenden<br />
Wesenstest denselben Auflagen wie Thyson. Der Staffordshire<br />
hat eine Futtermittelallergie und Hautprobleme.<br />
Kontakt: Tierheim Elisabethenhof (Adresse linke Seite).<br />
SPIKE<br />
Therapiehund im Tierheim<br />
Elisabethenhof<br />
Der Schäferhund Spike (6) lebte<br />
fünf Jahre bei einer Familie,<br />
bis die Partner sich trennten.<br />
Weil <strong>der</strong> Rüde ungern Auto<br />
fährt, konnte <strong>der</strong> Mann (Fernfahrer)<br />
ihn nicht behalten und<br />
gab den Hund schweren Herzens<br />
ins Tierheim. Spike, ein<br />
kräftiger, imposanter Rüde, hat<br />
Probleme mit Artgenossen, er konnte (ständig angeleint) den<br />
Umgang mit ihnen nicht lernen. Doch im Tierheim zeigt er inzwischen<br />
eine an<strong>der</strong>e Seite: Spike ist einer <strong>der</strong> sechs Therapiehunde<br />
und geht mit den Rüden seiner Gruppe sozialverträglich<br />
und souverän um. Wer gibt dem Schäferhund eine neue<br />
Chance? Kontakt: Tierheim Elisabethenhof (Adresse links).<br />
bmt-Vorsitzen<strong>der</strong> Dr. Jörg Styrie<br />
STELLENANZEIGE<br />
Der bmt sucht zum September <strong>2010</strong><br />
EINE/N TIERSCHUTZLEHRER/IN<br />
EINE/N TIERSCHUTZLEHRER/IN<br />
Z U GUTER L ETZT<br />
THYSON<br />
Vier Monate im Haus gefangen<br />
Der Staffordshire Thyson (1,5 Jahre) hat nur mit<br />
Glück überlebt: Er wurde in einem Einfamilienhaus<br />
zurück gelassen, weil <strong>der</strong> Besitzer zu einer<br />
an<strong>der</strong>en Frau gezogen war. Er versorgte den<br />
Hund nur sporadisch, nahm in Kauf, dass <strong>der</strong><br />
Neubau durch Kot und Urin völlig verdreckte.<br />
Als die Behörden durch eine anonyme Meldung<br />
auf den Missstand aufmerksam wurden,<br />
war Thyson bereits vier Monate in dem Haus<br />
gefangen, zwei mit ihm vernachlässigte Schlangen<br />
verhungerten in dieser Zeit. Der Rüde ist ein<br />
Listenhund, seine künftigen Besitzer müssen<br />
entsprechende Auflagen (Sachkundenachweis,<br />
Wesenstest für den Hund, erhöhte Steuern) erfüllen.<br />
Thyson ist temperamentvoll, lernwillig<br />
und sehr anhänglich. Kontakt: Tierheim Elisabethenhof<br />
(Adresse linke Seite).<br />
für ein auf zunächst auf 2 Jahre begrenztes Kin<strong>der</strong>- und Jugendtierschutz-Unterrichtsprojekt<br />
im Raum Berlin.<br />
Erwartet werden eine pädagogische Ausbildung, Kenntnisse im Tierschutz,<br />
Eigenständigkeit und eine hohe Einsatzbereitschaft.<br />
Da die Unterrichtseinheiten nach sechs Monaten auch auf an<strong>der</strong>e deutsche<br />
Städte ausgeweitet werden sollten, müsste die/<strong>der</strong> Bewerber/in die unbedingte<br />
Bereitschaft zum Reisen mitbringen.<br />
Die Tätigkeit ist als eine ¾ Stelle angelegt.<br />
Bitte senden Sie Ihre Bewerbung an:<br />
bmt, Dr. Jörg Styrie, Alt-Heiligensee 42, 13503 Berlin.<br />
Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> 2/<strong>2010</strong><br />
39
„Das Recht <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong>“ – Postvertriebsstück B 13769 – Entgelt bezahlt<br />
<strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e.V.<br />
Als gemeinnützig und beson<strong>der</strong>s för<strong>der</strong>ungswürdig anerkannt<br />
Beiträge und Spenden sind steuerlich absetzbar<br />
Hauptgeschäftsstelle: D-80803 München , Viktor-Scheffel-Str.15<br />
Tel. (089) 3839520 Fax (089) 38395223<br />
WIR SUCHEN PATEN FÜR DAISY UND DIE ÜBRIGEN 163 GNADENBROTTIERE DES bmt!<br />
Zebrastute Daisy<br />
Seit 14 Jahren in <strong>der</strong> Obhut des bmt<br />
Ich unterstütze den <strong>Bund</strong> <strong>gegen</strong> <strong>Missbrauch</strong> <strong>der</strong> <strong>Tiere</strong> e.V. und<br />
ÜBERREICHT VON:<br />
Neben seinen acht Tierheimen finanziert <strong>der</strong><br />
bmt zahlreichen Gnadenbrottieren den Lebensunterhalt.<br />
Diese <strong>Tiere</strong>, zumeist aus katastrophalen<br />
Haltungsbedingungen befreit, genießen nun<br />
ihr Dasein auf ausgewählten Pflegeplätzen.<br />
Derzeit 164 <strong>Tiere</strong> - unter ihnen Affen, Lamas,<br />
Zebra Daisy, Wölfe, Pferde, Esel, Hunde und<br />
Katzen - werden auf Bauernhöfen, Wildparks<br />
o<strong>der</strong> privat in Familien betreut.<br />
Mit einer Patenschaft (ab 15 Euro im Monat) leisten<br />
Sie einen großen Beitrag zu <strong>der</strong> Versorgung<br />
unserer Gnadenbrottiere, <strong>der</strong>en Unterhalt<br />
uns fast 19.000 Euro monatlich kostet.<br />
Vielen Dank für Ihre Unterstützung.<br />
Mehr Infos zu den bmt-Gnadenbrottieren erhalten<br />
Sie im Landesverband Bayern, Tel: 089/<br />
38 39 52 13.<br />
werde Mitglied zum selbstbestimmten Jahresbeitrag von EUR ......................................................................<br />
(Mindest-Jahresbeitrag: 20 EURO. Mitgliedschaft kann je<strong>der</strong>zeit satzungsgemäß beendet werden.)<br />
Nach Überweisung des Beitrages erhalten Sie Ihre Mitgliedsunterlagen.<br />
spende hiermit EUR ..................................................................................................................................................................<br />
Name:............................................ Vorname:.......................................... Geburtsdatum:..............................................<br />
PLZ und Ort:....................................................... Straße und Hausnr.:............................................................................<br />
Telefon:.............................................................. E-Mail-Adresse:...................................................................................<br />
Beruf:................................................................. Datum:.............................. Unterschrift:.............................................<br />
(Die Spendenkonten finden Sie auf S.38)<br />
Bitte Coupon ausschneiden und frankiert an die Hauptgeschäftsstelle o<strong>der</strong> untenstehende Geschäftsstelle senden.