Bruun Rasmussen
Bruun Rasmussen
Bruun Rasmussen
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u<br />
n<br />
<strong>Bruun</strong><br />
<strong>Rasmussen</strong><br />
Regina Voges<br />
TRADITION UND MODERNE<br />
Neuem darf man sich nicht verschließen,<br />
gute Traditionen müssen<br />
deshalb aber noch lange nicht aufgegeben<br />
werden. Das Auktionshaus<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> in Kopenhagen ist<br />
mit dieser Devise gut durch alle Zeiten<br />
gekommen. Es ist eines der ältesten<br />
Versteigerungshäuser Dänemarks<br />
und zählt heute zu den Top<br />
Ten in Westeuropa. Kunst und Sammelobjekte<br />
im Wert von 500 Millionen<br />
Kronen haben mit seiner Hilfe<br />
2012 den Besitzer gewechselt, über<br />
120 Mitarbeiter stehen auf der Gehaltsliste.<br />
Edvard Munch (1863-1944) von einer<br />
heiteren Seite: Die Szene auf der „Pro-<br />
menade des Anglais” malte der Norwe-<br />
ger 1891, nachdem er sich einige Zeit an<br />
der Côte d’Azur von einer Krankheit er-<br />
holt hatte. Eine neue Lebenslust spricht<br />
aus diesem impressionistischen Gemäl-<br />
de, es hat wenig gemein mit jenen Su-<br />
jets, die Munch berühmt machten: den<br />
Sterbenden, Gequälten und am Leben<br />
Leidenden. Das 63 x 105 Zentimeter gro-<br />
ße Gemälde wurde bei <strong>Bruun</strong> Rasmus-<br />
sen 2006 für 6,9 Millionen Kronen (ca.<br />
925.000 Euro) verkauft<br />
Umgerechnet 37.500 Euro wurden im<br />
vergangenen Jahr bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
für diesen Sessel von Frits Henningsen<br />
(1869-1965) bewilligt. Das Möbel trug<br />
noch seinen Original-Lederbezug, des-<br />
sen wundervoller Patina der Käufer ver-<br />
mutlich erlegen ist<br />
Ein Möbel mit Geschichte wurde im<br />
letzten Jahr von <strong>Bruun</strong>-<strong>Rasmussen</strong> an-<br />
geboten: Dieses barocke Münzkabinett<br />
mit Zinn-Einlagen gehörte einst dem<br />
Botaniker Johann Heinrich Burckhardts<br />
(1676-1738), der am fürstlichen Hof von<br />
Braunschweig-Wolfenbüttel lebte und<br />
wirkte. Dieses Exemplar ist eines von<br />
fünfen, die der Wissenschaftler besaß.<br />
Alle tragen sein Monogramm (210.000<br />
Kronen/28.000 Euro)
Blick auf den Stammsitz des Auktions-<br />
hauses <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> in Kopenha-<br />
gen. Rechts das Reiterstandbild von<br />
Christian X.<br />
Die eleganten Ausstellungsräume von<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> befinden sich im hi-<br />
storischen Zentrum von Kopenhagen<br />
Seit 2004 fährt man geschäftlich auf<br />
zwei Schienen: Täglich können Suchende<br />
aus aller Welt online Verbindung<br />
mit <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> aufnehmen<br />
und ihre Gebote per Mausklick<br />
abgeben. 100.000 Objekte – zumeist<br />
aus dem Niedrigpreissektor – werden<br />
auf diese Weise jährlich an den<br />
Mann oder die Frau gebracht. Viermal<br />
im Jahr jedoch wird an eleganter<br />
Adresse im historischen Herzen der<br />
Hauptstadt der elfenbeinerne Auktionshammer<br />
nach alter Tradition<br />
geschwungen. Alles, was das Sammlerherz<br />
begehrt, wird hier in ausgesuchter<br />
Qualität angeboten: Spitzengemälde<br />
aus allen Epochen, erlesene<br />
Antiquitäten und Silber, wertvoller<br />
Schmuck, seltene Weine, histori-<br />
sche Bücher und Manuskripte. Auch<br />
wenn das Online-Geschäft inzwischen<br />
weitaus einträglicher ist als<br />
der althergebrachte Bietermodus,<br />
möchte Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> auf<br />
die traditionellen Versteigerungen<br />
nie verzichten. „Das Internet ist eine<br />
fantastische Möglichkeit, Kunst von<br />
jedem Punkt der Welt aus zu kaufen<br />
und zu verkaufen, aber die Bieter<br />
lernen wir fast nie kennen", sagt der<br />
Chef des Hauses. Das Gespräch mit<br />
Kunstfreunden und Sammlern ist<br />
ihm wichtig. Die Besichtigungstage<br />
vor den traditionellen Auktionen bieten<br />
dazu regelmäßig Gelegenheit.<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> überwacht persönlich<br />
die Gestaltung und Redaktion<br />
der aufwändigen Kataloge, er<br />
hält ein kritisches Auge auf das Arrangement<br />
der Objekte in den gediegenen<br />
Ausstellungsräumen. Es ist<br />
ihm ein Anliegen, dass das Publikum<br />
diese besondere Atmosphäre spürt<br />
und dass der Besuch von Vorbesichtigung<br />
und Auktion ein unvergessliches<br />
Erlebnis wird.<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> ist ein Familienunternehmen<br />
– ja inzwischen so etwas<br />
wie eine Auktionsdynastie. Arne<br />
Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> ist seit über<br />
fünfzig Jahren im Kunstauktionsge-<br />
schäft<br />
Alexa <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> ist Expertin für<br />
Silber und verantwortlich für die Öffent-<br />
lichkeitsarbeit<br />
Frederik <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> ist Experte<br />
für moderne und zeitgenössische Kunst<br />
35
36<br />
Häufig offeriert in den Auktionen von <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> sind Werke von Asger Jorn<br />
(1914-1973). Der wichtigste Vertreter des Informel in Dänemark und Mitglied der<br />
Gruppe CoBrA wird von Sammlern sehr gesucht. „Tristesse Blanche”, laut Datierung<br />
auf der Rückseite 1958 entstanden, wurde 2006 bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> zu einem<br />
Hammerpreis von 6,4 Millionen Kronen (ca. 850.000 Euro) verkauft<br />
Die Künstler der Gruppe CoBrA haben leichtes Spiel bei den internationalen Auktio-<br />
nen in Kopenhagen. Das gilt nicht nur für ihre Mitglieder aus Dänemark. Von dem<br />
Niederländer Karel Appel wurde 2006 die „Parade der Tiere" aus dem Jahr 1951 für<br />
2,2 Millionen Kronen (295.000 Euro) verkauft<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong>, der Vater des heutigen<br />
Chefs, gründete sie 1948. Mit<br />
einer Million ererbter dänischer Kronen<br />
konnte er den Firmensitz an der<br />
Bredgade erwerben. Das Handwerk<br />
des Kunstgeschäfts hatte er bei Winkel<br />
& Magnussen erlernt, einer<br />
renommierten Galerie, in der auch<br />
versteigert wurde. Als sich die jüdische<br />
Inhaberfamilie während der<br />
Nazizeit auf einer entlegenen Insel<br />
verstecken musste, führte Arne<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> die Geschäfte<br />
weiter. Nach dem Krieg wurde ihm<br />
die Teilhaberschaft angeboten, doch<br />
die Konditionen behagten ihm nicht.<br />
So kam es, dass sich der große Kunstliebhaber<br />
auf eigene Füße stellte.<br />
Das Auktionshaus wuchs kontinuierlich.<br />
Neben dem wirtschaftlichen<br />
Erfolg erfreute es sich bald auch<br />
einer außerordentlichen Reputation.<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> wurde zu einer<br />
Institution im kulturellen Leben der<br />
Hauptstadt. Wenn heute der Staat<br />
wertvolle Kunstgüter zu Ausstellungen<br />
ins Ausland schickt, vertraut<br />
man auf den Rat seiner Experten,<br />
wenn es darum geht, die Versicherungswerte<br />
der Leihgaben zu ermitteln.<br />
Als Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> 1961 mit<br />
18 Jahren in das Geschäft eintrat,<br />
zählte das Auktionshaus nur etwa<br />
zehn Mitarbeiter. Der einzige Sohn<br />
des Firmengründers hatte eigentlich<br />
von einer Karriere als Möbeltischler<br />
oder Designer geträumt. Während<br />
eines Studienaufenthalts im englischen<br />
Cambridge entdeckte er seine<br />
Liebe zur Kunst und zur Kunstgeschichte.<br />
Ein weiteres Jahr verbrachte<br />
er in Frankreich, in Tours. Hier<br />
erweiterte er seine Sprachkenntnisse,<br />
stöberte aber auch bei jeder<br />
Gelegenheit auf den Flohmärkten<br />
und erstand von seinem Ersparten<br />
die ersten Kunstgegenstände: Silber,<br />
Porzellan und ein Gemälde, das der<br />
Sieneser Schule zugeordnet wurde.<br />
Sein Vater allerdings erkannte auf<br />
den ersten Blick: Der Junge hatte sich<br />
eine Fälschung eingehandelt. Seit<br />
frühester Jugend schwärmt Jesper
Gesucht von Sammlern aus aller Welt<br />
sind die stillen Interieurs von Vilhelm<br />
Hammershøi. 2004 fand dieses Ge-<br />
mälde mit der Rückenansicht der Frau<br />
des Malers für 4,5 Millionen Kronen<br />
(470.000 Euro) einen neuen Besitzer<br />
C.W. Eckersberg war der bedeutendste<br />
Maler im Goldenen Zeitalter Däne-<br />
marks zu Beginn des 19. Jahrhunderts.<br />
Seine brillante Ansicht auf die Kirche<br />
Sankt Kosmas und Damian in Rom<br />
wurde im vergangenen Jahr vom Me-<br />
tropolitan Museum of Art in New York<br />
ersteigert – für 3,4 Millionen Kronen<br />
(450.000 Euro)<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> für klassische<br />
Luxusautos. Den fast fünfzig Jahre<br />
alten Bentley seines Vaters fährt er<br />
noch immer. Für die Kopenhagener<br />
ist die bordeauxrote Limousine so<br />
etwas wie ein Erkennungszeichen.<br />
Auch das Reisen gehört zu seinen<br />
Leidenschaften. Er kennt alle bedeutenden<br />
Museen und Kollektionen<br />
der Welt, hat unzählige Mäzene,<br />
Museumsleute und Sammler kennengelernt.<br />
Unter ihnen hat ihn der<br />
französische Modeschöpfer Hubert<br />
de Givenchy am meisten beeindruckt.<br />
Auch wenn es zunächst nicht<br />
der Traumberuf für Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
war, scheint ihm die Rolle<br />
des Kunstkenners und -händlers auf<br />
den Leib geschneidert. Der berühmte<br />
dänische Filmregisseur Henning<br />
Carlsen engagierte 1986 seinen gut<br />
aussehenden Landsmann für „Oviri"<br />
(deutscher Titel: „Die Augen des Wolfes"),<br />
ein Filmdrama über den Maler<br />
Paul Gauguin. An der Seite von Donald<br />
Sutherland und Max von Sydow<br />
war Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> in einer<br />
Nebenrolle zu sehen – natürlich<br />
als Kunstauktionator.<br />
FAMILIENUNTERNEHMEN<br />
Seit 1985, nach dem Tod des Vaters,<br />
führt Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> das<br />
Unternehmen. Inzwischen mischt<br />
schon die dritte Generation des Familienunternehmens<br />
mit. Die Kinder<br />
Frederik (geb. 1971) und Alexa (geb.<br />
1975) haben sich im Management<br />
unentbehrlich gemacht. Beide sammelten<br />
Erfahrungen in anderen Auktionshäusern,<br />
unter anderem bei<br />
Christie’s, Tajan und Neumeister. Jeder<br />
hat seine Aufgaben und Schwerpunkte:<br />
Frederiks Interesse gilt der<br />
zeitgenössischen Kunst. Dänische<br />
Fernsehzuschauer kennen ihn als Experten<br />
der sehr populären Sendung<br />
„Hvad er det værd" (Was ist es<br />
wert?). Alexa hat mehrere Jahre in<br />
Kalifornien für verschiedene Antiquitätenhändler<br />
gearbeitet, hat an den<br />
bedeutenden Kunstmessen in New<br />
York, San Francisco und Los Angeles<br />
teilgenommen. Ihr Spezialgebiet ist<br />
Silber. In der Firma ist sie verantwortlich<br />
für die Öffentlichkeitsarbeit.<br />
Landesweit genießt sie als Dänemarks<br />
bislang einziger weiblicher<br />
Auktionator Bekanntheit. Während<br />
37
38<br />
SPECIAL<br />
sich die Inhaber vieler Familienunternehmen<br />
um ihre Nachfolge sorgen<br />
müssen, hat Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
also gleich zwei qualifizierte<br />
Kandidaten zur Auswahl. Wer einmal<br />
in seine Fußstapfen treten soll, hat er<br />
noch nicht festgelegt. „Ich werde<br />
immer gefragt, aber noch ist nichts<br />
entschieden", erklärt der Senior<br />
ebenso amüsiert wie geheimnisvoll.<br />
Auch die Möglichkeit einer Teilung<br />
will er nicht ausschließen. Für den<br />
71-Jährigen gibt es derzeit keinen<br />
Grund, das Ruder voll und ganz den<br />
Jüngeren zu überlassen: „Ich bin in<br />
der glücklichen Lage, dass mein Hobby<br />
auch mein Beruf ist."<br />
Wer mit Kunst zu tun hat, sollte auch<br />
sammeln, meint der Chef des Hauses.<br />
Er selbst hat in jungen Jahren<br />
eine Sammlung chinesischen Porzellans<br />
angelegt, die er später verkaufte,<br />
um sich japanischer Keramik zuzuwenden.<br />
„Sammeln ist der beste<br />
Weg, um etwas zu lernen", sagt Jesper<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong>. Seine besondere<br />
Vorliebe gilt der Porträtmalerei<br />
des 18. und 19. Jahrhunderts. Inzwischen<br />
sind allerdings die privaten<br />
Wohnräume gut bestückt, und wer<br />
täglich mit Kunst zu tun hat, für den<br />
werden die großen Aha-Erlebnisse<br />
rar: „Heute stellt sich seltener das<br />
Gefühl ein: Das musst du haben."<br />
EXPANSION<br />
Jesper <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> hat in den<br />
letzten Jahrzehnten durch stete Expansion<br />
das Auktionshaus zu dem<br />
gemacht, was es heute ist: ein modernes,<br />
vielspartiges Unternehmen,<br />
das im internationalen Konzert Beachtung<br />
bei Sammlern und Kunstfreunden<br />
in aller Welt findet. Am<br />
wichtigsten sei es, den Markt genau<br />
zu kennen und Trends zu spüren,<br />
sagt er. Dabei hatte bereits sein Vater<br />
Arne eine ausgesprochen glückliche<br />
Hand, als er den Firmensitz 1947 erwarb.<br />
Heute unfassbar: Das Gebäude<br />
an der Bredgade (deutsch: Breite<br />
Straße) sollte nach dem Krieg im Zuge<br />
einer Stadtsanierung eigentlich<br />
Der Blick nach China: Chu Teh-Chun,<br />
1920 in der chinesischen Provinz Jiang-<br />
su geboren, kam 1955 nach Paris und<br />
nahm 1981 die französische Staatsbür-<br />
gerschaft an. Seine „Komposition" aus<br />
1959 erzielte bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> im<br />
Jahre 2004 einen Hammerpreis von<br />
1,65 Millionen Kronen (221.000 Euro)<br />
Die Kauffreude russischer Sammler<br />
macht sich auch in Kopenhagen be-<br />
merkbar. Ihnen hatte <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
im Jahre 2011 einen besonderen Lecker-<br />
bissen zu bieten: eine Marktszene von<br />
Alexander Vladimirovich Makowsky<br />
(1869-1924). Für umgerechnet 135.000<br />
Euro fand das 1918 entstandene Gemäl-<br />
de einen Liebhaber<br />
Andy Warhol nahm 1985 Königin Mar-<br />
garethe II. von Dänemark in seinen Por-<br />
trätzyklus „Regierende Königinnen" auf.<br />
2011 wurde es – mutmaßlich von einem<br />
Monarchisten – für 420.000 Kronen<br />
(56.000 Euro) ersteigert. Für den stol-<br />
zen Preis gab’s auch ein wenig Diaman-<br />
tenstaub dazu<br />
Dieses Bild ersetzt manche Telenovela:<br />
Höchst dramatisch geht es zu auf dem<br />
Gemälde „Feuer in Staalstræde in<br />
Odense" von Erik Henningsen (1855-<br />
1930) zu. Für 13.600 Euro wurde es in<br />
der Februar-Auktion verkauft. Vorbesit-<br />
zer war eine Feuerversicherung<br />
abgerissen werden. Er erwarb es zu<br />
einem äußerst günstigen Preis. Das<br />
1794 im klassizistischen Stil errichtete<br />
Gebäude ist seither Herz und Renommierstück<br />
des Unternehmens.<br />
Zwischen den königlichen Schlössern<br />
Rosenborg und Amalienborg<br />
gelegen, ist es ein gesellschaftlicher<br />
Treffpunkt der kunstinteressierten<br />
Gesellschaft. In den eleganten Räumen<br />
wird die hochwertige Kunst<br />
ausgestellt und versteigert, quasi<br />
unter den Augen von Christian X.,<br />
denn der König scheint auf der gegenüberliegenden<br />
Straßenseite –<br />
hoch zu Ross in Bronze gegossen –
Multikulti im Auktionssaal: Dieser<br />
mannshohe Kronleuchter (1,52 Meter Ø)<br />
aus der Sankt Petersburger Werkstatt<br />
des gebürtigen Franzosen Felix Chopin<br />
hat wahrscheinlich schon eine längere<br />
Reise hinter sich, bevor er 2010 bei<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> angeboten und<br />
schließlich für 1,2 Millionen Kronen<br />
(160.000 Euro) zugeschlagen wurde. Er<br />
wurde im späten 19. Jahrhundert aus<br />
vergoldeter Bronze und japanischem<br />
Porzellan gearbeitet. Die Tatsache, dass<br />
ein vergleichbares Exemplar im Yuso-<br />
pow Palast in Sankt Petersburg zu fin-<br />
den ist, macht ihn nicht nur für russi-<br />
sche Augen begehrenswert<br />
geradewegs Kurs auf den Showroom<br />
zu nehmen.<br />
Die Adresse hat obendrein eine<br />
kunstgeschichtlich interessante Vergangenheit:<br />
Im 19. Jahrhundert gehörte<br />
das dreistöckige Gebäude dem<br />
Reeder H.P. Prior, der die Schifffahrtslinie<br />
DFDS Seaways gründete. Prior<br />
baute seinem Sohn Lauritz, einem<br />
Bildhauer, im rückwärtigen Garten<br />
ein Atelier. Im Laufe der Zeit arbeiteten<br />
hier viele dänische Künstler,<br />
deren Werke heute bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
immer wieder aufgerufen<br />
werden: Carl Bloch, P.S. Krøyer, Laurits<br />
Tuxen und Edvard Weie. 1999 wurde<br />
die Dependance Havnen im nordöstlichen<br />
Kopenhagener Stadtteil Østerbro<br />
eröffnet. Hier, in einem alten<br />
Hafen- und Gewerbegebiet, geht es<br />
vor allem um moderne Möbel, Design<br />
und Dekoratives. Die Objekte<br />
decken ein deutlich niedrigeres<br />
Preissegment ab als jene, die am<br />
Stammsitz offeriert werden. Entsprechend<br />
locker ist die Atmosphäre.<br />
Junge Leute, ganze Familien und<br />
erfahrene Sammler kommen nach<br />
dem Brunch am Wochenende gern<br />
vorbei, um Angebote zu prüfen, die<br />
später in der Online-Auktion zu haben<br />
sind. In Havnen ist auch die Verwaltung<br />
des Auktionshauses untergebracht.<br />
Ein paar Straßen weiter ist<br />
die Abteilung für Bücher und Manuskripte,<br />
Briefmarken, Postkarten,<br />
Münzen, Medaillen, Papiergeld und<br />
Weine zu finden. Sie wird von Thomas<br />
Høiland geleitet, dessen eigenes<br />
Auktionshaus für Briefmarken und<br />
Münzen 2011 von <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
übernommen wurde. Eine weitere<br />
Niederlassung unterhält das Versteigerungshaus<br />
in Aarhus, der zweitgrößten<br />
Stadt Dänemarks. Von hier<br />
aus werden auch die deutschen Kunden<br />
betreut. Im Ausland kümmern<br />
sich Repräsentanten in Frankreich,<br />
Spanien, Italien und den Vereinigten<br />
Staaten um die Akquise wertvoller<br />
Objekte.<br />
Auch für das dänische Auktionshaus<br />
gewinnt der Handel mit China eine<br />
zunehmende Bedeutung. Das Interesse<br />
chinesischer Sammler an<br />
Kunstobjekten ihrer eigenen Kultur,<br />
aber auch an europäischer Kunst, an<br />
nordischem Design und vor allem an<br />
erlesenen alten Weinen wächst stetig.<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> ist in Hongkong<br />
präsent, gibt Empfänge, hält<br />
Kontakt zu Kunsthändlern und ist<br />
auf den wichtigen Messen vertreten.<br />
Gemeinsam mit bekannten Unternehmen<br />
der Lifestyle-Branche wie<br />
Georg Jensen, Bang & Olufsen, Fritz<br />
Hansen startete das Auktionshaus<br />
im letzten Jahr eine Art Kultur-Offensive<br />
im fernen Osten während der<br />
SPECIAL 39<br />
Mit Tapio Wirkkalas Vase „Kantarelli"<br />
bot <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> im vorigen Jahr<br />
ein bedeutendes Stück skandinavischer<br />
Designgeschichte an. Der Finne hatte<br />
damit großes Aufsehen auf der Mailän-<br />
der Triennale von 1951 erregt. Das von<br />
der Natur inspirierte Stück war einem<br />
Bieter 440.000 Kronen (59.000 Euro)<br />
wert<br />
Auch wenn im hohen Norden keine<br />
Rebstöcke gedeihen, wissen Skandina-<br />
vier umso mehr gute Tropfen aus Frank-<br />
reich zu schätzen. Ein Premier Cru Clas-<br />
sé des Château Latour in Pauillac aus<br />
dem Jahre 1945 war im vergangenen<br />
Jahr erst für 23.400 Euro zu haben
40<br />
SPECIAL<br />
Seltene Vase in Fruchtform aus Axel Sal-<br />
tos „sprießender" Phase, 33 Zentimeter<br />
hoch (2012 verkauft für 500.000 Kronen<br />
(67.000 Euro)<br />
Monumentale Vase in schwarzer Olivin-<br />
glasur von Axel Salto, verkauft in der<br />
letzten März-Auktion für umgerechnet<br />
160.000 Euro<br />
Messe „Business of Design Week" in<br />
Hongkong. Als besonderer Service<br />
für die chinesische Klientel werden<br />
in Kopenhagen erstandene Kunstobjekte<br />
kostenfrei zu ihren neuen<br />
Besitzern versandt.<br />
NORDISCHE MALEREI<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> ist eine erste Adresse<br />
für Sammler der nordischen<br />
Malerei. Zahlreiche Höchstpreise<br />
wurden in den vergangenen Jahren<br />
auf diesem Gebiet erzielt. Eines<br />
der spektakulärsten Angebote war<br />
2006 „La Promenade des Anglais,<br />
Nice" von Edvard Munch (1863-<br />
1944). Der norwegische Maler zeigt<br />
die Strandpromenade von Nizza in<br />
gleißendem, südlichem Licht, skizzenhaft<br />
und in einer impressionistischen<br />
Auffassung. Es wird vermutet,<br />
dass er – zur Zeit der Entstehung<br />
1891 von einer längeren Krankheit<br />
genesend – seine neue Lebensfreude<br />
zum Ausdruck brachte. 6,9 Millionen<br />
dänische Kronen (etwa 930.000<br />
Euro) war das Gemälde im Jahre<br />
2006 einem Liebhaber wert. Er erwarb<br />
damit das heitere Zeugnis<br />
einer Lebensstation jenes Malers,<br />
der wenig später zum bedeutendsten<br />
Exponenten des Expressionismus<br />
wurde, indem er Krankheit, Tod<br />
und Seelenqual thematisierte.<br />
Gesucht von Sammlern in aller Welt<br />
sind die stillen, verhaltenen Interieurs<br />
von Vilhelm Hammershøi<br />
(1864-1916). Schon zu seinen Lebzeiten<br />
wurde er in Deutschland bewundert,<br />
in dem Berliner Kunsthändler<br />
Paul Cassirer fand er hierzulande<br />
seinen größten Förderer. Der<br />
Dichter Rainer Maria Rilke machte<br />
sich 1904 sogar eigens nach Kopenhagen<br />
auf, um ihn kennenzulernen.<br />
Wegen der zurückgenommenen<br />
Farbigkeit seiner Bilder wird er gern<br />
als „dänischer Vermeer" bezeichnet.<br />
Dem deutschen Publikum ist er<br />
nicht zuletzt durch eine große Ausstellung<br />
im vergangenen Jahr in<br />
München wieder nahe gekommen.<br />
Hammershøi, der sich der impres-<br />
sionistischen Strömung widersetzte<br />
und seinen Weg in der Beschaulichkeit<br />
seiner eigenen vier Wände fand,<br />
wurde in den 1990er-Jahren wiederentdeckt,<br />
nachdem er über Jahrzehnte<br />
beinahe in Vergessenheit geraten<br />
war. <strong>Bruun</strong>-<strong>Rasmussen</strong> konnte<br />
2004 eines seiner Meisterwerke anbieten,<br />
das einen Hammerpreis von<br />
3,5 Millionen Kronen (470.000 Euro)<br />
erzielte.<br />
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
erlebte Dänemark eine kulturelle<br />
Blüte, die Maler dieses „Goldenen<br />
Zeitalters" sind bis heute<br />
international gefragt. Ihr Exponent<br />
war Christoffer Wilhelm Eckersberg<br />
(1783-1853). Das Metropolitan Museum<br />
of Art in New York erwarb im<br />
November 2011 eines seiner Meisterwerke,<br />
eine von südlichem Licht<br />
durchflutete Ansicht der römischen<br />
Kirche Sankt Cosmas und Damian<br />
(3,4 Millionen Kronen/455.000 Euro).<br />
Gegen Ende des 19. Jahrhunderts<br />
fanden die Künstler der Kolonie von<br />
Skagen überregionale Bedeutung.<br />
Nach dem Vorbild der französischen<br />
Freiluftmaler von Barbizon trafen<br />
sich Malerinnen und Maler aus<br />
Skandinavien in dem pittoresken<br />
Fischerort im Norden Jütlands während<br />
der Sommermonate. Holger<br />
Drachmann, Peder Severin und Marie<br />
Krøyer, Michael und Anna Ancher,<br />
Lauritz Tuxen zählten zu diesem<br />
Kreis. Ihre zumeist vom französischen<br />
Impressionismus beeinflussten<br />
Werke erzielen Preise im sechsstelligen<br />
Bereich. 2004 bewilligte ein<br />
Sammler für fünf flanierende Damen<br />
am Strand von Michael Ancher<br />
(1849-1927) 6,2 Millionen Kronen<br />
(830.000 Euro), eine andere reizende<br />
Strandszene von P.S. Krøyer (1851-<br />
1909) kam 2008 auf 2,4 Millionen<br />
Kronen (322.000 Euro).<br />
Unter den Malern der Moderne nehmen<br />
die dänischen Mitglieder der<br />
Künstlergruppe CoBrA eine herausragende<br />
Position ein. Schließlich<br />
steht die Silbe „Co" im Namen der<br />
1948 in Paris gegründeten Vereinigung<br />
für Copenhagen. Mit Asger
Gute Zeiten für Liebhaber antiker Mö-<br />
bel: Diese sechs Mahagoni-Stühle mit<br />
Messing-Intarsien sind ein wundervol-<br />
les Beispiel des dänischen Empire. Sie<br />
gehörten zum Inventar des Landsitzes<br />
Rønninge Søgård auf der Insel Fünen.<br />
Trotz dieser erstklassigen Provenienz<br />
war das Set schon für umgerechnet<br />
2.400 Euro zu haben<br />
Möbel von Hans J. Wegner fehlen in<br />
kaum einer Design-Auktion. Dieser auf<br />
75.000 bis 100.000 Kronen geschätzte<br />
Sessel überraschte voriges Jahr mit ei-<br />
nem Hammerpreis von 350.000 Kronen<br />
(47.000 Euro). Der Vorbesitzer hatte das<br />
gute Stück 1953 auf der Messe der Tisch-<br />
lergilde in Kopenhagen erworben<br />
Jorn (1914-1973) und Carl Henning Pedersen<br />
(1913-2007) zählen zwei dänische<br />
Maler zu den Gründungsmitgliedern.<br />
Zur dänischen Sektion gehörten<br />
auch die Malerin Else Alfelt<br />
(1910-1974), die Bildhauerin Sonja<br />
Ferlov Mancoba (1911-1984), ferner<br />
Henry Heerup (1907-1993), Egill Jacobsen<br />
(1910-1998). Einst Bürgerschreck,<br />
ist CoBrA heute ein Garant<br />
für Auktionserfolge. Dabei gibt es<br />
auch immer wieder erschwinglichere<br />
Grafik-Angebote in den Online-<br />
Auktionen. Für „Tristesse blanche",<br />
von Asger Jorn im Jahre 1958 in Öl<br />
gemalt, musste man 2006 allerdings<br />
6,4 Millionen Kronen (860.000 Euro)<br />
mitbringen – Landesrekord für den<br />
Künstler.<br />
DESIGN<br />
Neben der Nachkriegskunst ist es<br />
auch das Design dieser Ära, das für<br />
Schlagzeilen sorgt. Die Kataloge zu<br />
den viermal jährlich stattfindenden<br />
Spezialauktionen im Stammhaus lesen<br />
sich wie ein Who-is-Who des<br />
skandinavischen Designs. Für rare<br />
Originalstücke zahlen Sammler aus<br />
aller Welt inzwischen Spitzenpreise.<br />
Im vergangenen Jahr übertraf ein<br />
Sessel von Hans J. Wegner (1914-<br />
2007) alle Erwartungen, als er erst<br />
für 350.000 Kronen (47.000 Euro)<br />
zugeschlagen wurde. Schwan und<br />
Ameise von Arne Jacobsen, Lampen<br />
von Poul Henningsen, Sofas von Finn<br />
Juhl oder Børge Mogensen sind<br />
quasi gern gesehene Stammgäste<br />
bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong>. Es lohnt sich,<br />
Tycho Brahe (1546-1601) entdeckte 1572<br />
einen neuen Himmelskörper im Stern-<br />
bild Kassiopeia, der ein Jahr später wie-<br />
der verschwunden war. Seine Beobach-<br />
tungen legte er seinem Werk „De Nova<br />
et nullius aevi memoria prius visa Stel-<br />
la" (Vom neuen und vorher nie gesehe-<br />
nen Stern) nieder. Brahe revolutionierte<br />
mit dieser Schrift die wissenschaftlichen<br />
Methoden der Astronomie. 2011 konnte<br />
<strong>Bruun</strong> Rsmussen eine der wenigen noch<br />
erhaltenen Erstausgaben aus dem Jahre<br />
1573 anbieten. Es stammte aus dem Ty-<br />
cho Brahe Planetarium in Kopenhagen<br />
und wurde für 4,1 Millionen Kronen ver-<br />
kauft (550.000 Euro)<br />
auch auf die in Deutschland weniger<br />
bekannten Namen dänischer<br />
Formgeber zu achten. Die Möbel von<br />
Ole Wanscher, einem Schüler von<br />
Kaare Klint, bestechen durch ihre<br />
klassische Eleganz. Kaj Gottlob<br />
(1887-1976) ist ein weiterer Kandidat,<br />
der Beachtung verdient. Der<br />
Designer und Architekt durfte den<br />
dänischen Expo-Pavillon 1925 in<br />
Paris ausstatten. Futuristisch muten<br />
mitunter die Arbeiten von Eskild<br />
und Ludvig Pontoppidan an.<br />
Unumstrittener Star des modernen<br />
Designs aus Dänemark ist Axel Salto<br />
(1889-1961). Die Arbeiten des Keramikers<br />
sind regelmäßig in den Auktionen<br />
von <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> vertreten<br />
und erzielen bis zu sechsstellige<br />
Eurobeträge. Salto war eine bedeutende<br />
Persönlichkeit des dänischen
42<br />
FLORA DANICA<br />
Georg Christian Oeder, königlicher<br />
Professor und Direktor des Botanischen<br />
Gartens in Kopenhagen, begann<br />
1753 mit der Katalogisierung<br />
der heimischen Pflanzenwelt. 1761<br />
wurde das Resultat seiner Forschungen<br />
veröffentlicht: Der erste Teil einer<br />
Enzyklopädie mit dem lateinischen<br />
Namen „Flora Danica” erschien.<br />
112 Jahre sollte es dauern, bis<br />
das Werk komplett war. Mehrere Generationen<br />
von Zeichnern und Kupferstechern<br />
waren mit der Darstellung<br />
der Wild-, Wald- und Wiesenblumen<br />
beschäftigt. Die vollständige<br />
Ausgabe enthält 3240 Kupferstiche.<br />
Dem dänischen Kronprinzen<br />
und späteren König Frederik IV. war<br />
das Mammutprojekt eine Herzensangelegenheit.<br />
1790 gab er ein Tafelservice<br />
für hundert Personen in Auftrag,<br />
das mit den blühenden Schönheiten<br />
seines Landes dekoriert sein<br />
sollte. Es war als Geschenk für die<br />
russische Zarin Katharina II (1729-<br />
1796) gedacht. Der Auftrag war eine<br />
große Herausforderung für die 1775<br />
gegründete königliche Porzellanmanufaktur<br />
in Kopenhagen. Die künstlerische<br />
Umsetzung lag in den Händen<br />
des aus Nürnberg stammenden<br />
Kulturbetriebs vor und nach dem<br />
Zweiten Weltkrieg. Er schrieb Lyrik<br />
und Prosa, gab eine Zeitschrift („Klingen")<br />
heraus, illustrierte seine eigenen<br />
Bücher und regte öffentliche<br />
Debatten um die Weiterentwicklung<br />
der Kunst an. Aus seinem künstlerischen<br />
Nachlass ragt jedoch das keramische<br />
Werk heraus. Aus Steinzeug<br />
gearbeitet, zeigt es sich stark von der<br />
Malers Johann Christoffer Bayer<br />
(1738-1812) und seines Sohnes Johan<br />
Theodor (1782-1873). Erst 1803 konnte<br />
das Service, das wie die Enzyklopädie<br />
den Namen „Flora Danica"<br />
trug, ausgeliefert werden. Doch da<br />
war die als große Kunstsammlerin<br />
bekannte Zarin schon ein paar Jahre<br />
tot. Der dänische Hof behielt das<br />
1802 Teile umfassende Service. Bis<br />
heute wird davon bei festlichen Anlässen<br />
gespeist. Als 1863 Prinzessin<br />
Alexandra ins englische Königshaus<br />
einheiratete, orderten die Untertanen<br />
eine Replik des anmutigen Geschirrs,<br />
das sich heute im Museum<br />
von Schloss Windsor befindet. Seit<br />
rund 150 Jahren ist das royale Service<br />
im Programm der königlichen<br />
Manufaktur. Jeder kann es bestellen<br />
– vorausgesetzt es mangelt ihm<br />
nicht an Geld. Denn Flora Danica ist<br />
an Exklusivität kaum zu überbieten.<br />
Es gilt als das teuerste heute noch<br />
gefertigte Markenporzellan der<br />
Welt. Ausschließlich nach Auftrag<br />
wird es wie eh und je in zeitraubender<br />
Handarbeit hergestellt. Kunden<br />
können unter 900 Blumenmotiven<br />
wählen. 1378 Euro kostet dann<br />
beispielsweise ein Speiseteller von<br />
25 Zentimetern Durchmesser. Entschieden<br />
preiswerter kommen<br />
Natur beeinflusst. Über zwei Jahrzehnte<br />
arbeitete Salto mit der Manufaktur<br />
Royal Copenhagen zusammen.<br />
Seine Sammlergemeinde unterteilt<br />
das Oeuvre, das auf rund<br />
3.000 Stück geschätzt wird, in drei<br />
Kategorien: geriffelt – knospig –<br />
sprießend. Gesucht werden sie von<br />
Liebhabern aus aller Welt. In der internationalen<br />
März-Auktion hatten<br />
Acht Schokoladentassen mit Untertas-<br />
sen des Services „Flora Danica" von<br />
Royal Copenhagen (2.700 Euro/Februar<br />
2013)<br />
Das Prunkstück der exklusiven Flora-<br />
Danica-Serie von Royal Copenhagen ist<br />
die Eisglocke. Dieses Exemplar wurde<br />
2007 bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> angeboten<br />
und zum Hammerpreis von 95.000 Kro-<br />
nen (ca. 12.000 Euro) verkauft. Wer das<br />
Teil heute bei der Manufaktur in Auf-<br />
trag gibt, muss rund 30.000 Euro locker<br />
machen<br />
Sammler im Antiquitätenhandel an<br />
die begehrten Einzelstücke. Es kann<br />
lohnend sein, sich in den skandinavischen<br />
Auktionshäusern umzusehen.<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> verkaufte beispielsweise<br />
in seiner letzten Frühjahrsauktion<br />
acht Schokoladentassen<br />
samt Untertassen für 2.700<br />
Euro. Zehn Teller (26 Zentimeter<br />
Durchmesser) waren für 8.050 Euro<br />
zu haben. Selbst unter Berücksichtigung<br />
von Aufpreis und Mehrwertsteuer<br />
kommt der Käufer damit in<br />
der Regel weitaus billiger an sein<br />
Lieblingsstück als durch den Kauf<br />
fabrikneuer Teile.<br />
sie die Wahl unter 37 Werken. Viele<br />
von ihnen waren 1989 in der großen<br />
Retrospektive des Künstlers im Kopenhagener<br />
Museum für Kunst und<br />
Design ausgestellt. Bei einem Zuschlag<br />
von 1,2 Millionen Kronen<br />
(160.000 Euro) war eine 51 Zentimeter<br />
hohe Vase in schwarzer Olivinglasur<br />
der größte Hingucker der<br />
Auktion. Das Prunkstück gehört in
Besonders als Marinemaler machte sich<br />
C.W. Eckersberg im dänischen goldenen<br />
Zeitalter einen Namen. Erstbesitzerin<br />
dieses kreisrunden Seestücks war Prin-<br />
zessin Caroline Amalie, nach ihrem Tod<br />
war es dann Bestandteil mehrerer an-<br />
gesehener Sammlungen. „Eine Fahrt<br />
nach Charlottenlund. Das Dampfschiff<br />
‘Caledonia’ nähert sich einem Segel-<br />
schiff" lautet der Titel des Gemäldes von<br />
42 Zentimetern Ø. Die vornehmen Aus-<br />
flügler auf dem Segler sind in ihrer Fröh-<br />
lichkeit beinahe fotorealistisch darge-<br />
stellt. Das Gemälde gehörte zu den<br />
Höhepunkten der Februarauktion bei<br />
<strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> und erzielte einen<br />
Hammerpreis von 200.000 Euro<br />
die „knospige" Phase des Künstlers.<br />
300.000 Kronen (40.000 Euro) erzielte<br />
ein 38 Zentimeter hoher Januskopf.<br />
Für entschieden schmalere Brieftaschen<br />
bieten die in diesem Frühjahr<br />
erstmals annoncierten Interior-<br />
Auktionen viel Inspiration. <strong>Bruun</strong><br />
<strong>Rasmussen</strong> lässt sie von bekannten<br />
INTERVIEW: KASPER NIELSEN<br />
Welche Bedeutung hat der deutsche<br />
Markt für <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong>?<br />
In den Achtzigern und in den frühen<br />
Neunzigern war Deutschland für<br />
dänische Auktionshäuser, Antiquitätenhändler<br />
und Kunsthändler ein<br />
großer Exportmarkt. Das änderte<br />
sich beinahe schlagartig nach der<br />
deutschen Wiedervereinigung, der<br />
sich ja auch eine Zeit wirtschaftlicher<br />
Schwäche anschloss. Es kam<br />
noch hinzu, dass sich der Markt<br />
gleichzeitig veränderte. Die Möbel<br />
des 19. Jahrhunderts, die wir bis zur<br />
Wiedervereinigung in großer Zahl<br />
nach Deutschland verkauft hatten,<br />
waren plötzlich nicht mehr gefragt.<br />
Heute befinden wir uns leider – was<br />
den deutschen Markt angeht – in ei-<br />
Trendforschern kuratieren. Eine bunte<br />
Mischung, die dem aktuellen Bedürfnis<br />
nach einem zusammengewürfelten,<br />
aber stilvollen Wohnumfeld<br />
entspricht, kommt da zusammen:<br />
Kelims und Jagdtrophäen, ausrangierte<br />
Werkstatt- und Industriemöbel,<br />
Banksafes und hin und wieder<br />
ein antikes Möbel. Das Stöbern<br />
nem Allzeit-Tief. Das gilt sowohl für<br />
Käufer als auch für Anbieter.<br />
Was kaufen die Deutschen, die dennoch<br />
ihren Weg zu Ihnen finden?<br />
Sie verlangen höchste Qualität, suchen<br />
Objekte, die man nicht alle<br />
Tage sieht: das fantastische Silberstück,<br />
ein herausragendes Möbel<br />
oder Gemälde.<br />
im Online-Katalog wird zu einem<br />
spannenden Spaziergang über einen<br />
virtuellen Flohmarkt.<br />
Info: www.bruun-rasmussen.dk – An-<br />
sprechpartner für deutsche Käufer und<br />
Einlieferer: Finn Meesenburg (Tel. 0045/<br />
88181233)<br />
Fotos: <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong><br />
Kasper Nielsen (Jg. 1970) ist als Leiter der Abteilung Wertermittlung und Verkäufe für<br />
rund 80 Prozent des Angebots bei <strong>Bruun</strong> <strong>Rasmussen</strong> verantwortlich. Man trifft ihn<br />
vor allem in den Abteilungen Kunst und Antiquitäten, moderne Kunst und Design. Er<br />
reist viel durchs Land, um Schätzungen und Begutachtungen vorzunehmen. Dank<br />
zahlreicher Auftritte in Fernseh- und Radiosendern ist der Kunstliebhaber vielen sei-<br />
ner Landsleute bekannt. Man kann ihn auch live als Auktionator im Stammgeschäft<br />
an der Bredgade erleben. Nielsen würzt seine Versteigerungen gern mit fröhlichen<br />
Bemerkungen – und ist deshalb sehr beliebt beim Bieter-Publikum<br />
43
44<br />
SPECIAL<br />
Das ist ja ein Phänomen, das man<br />
jetzt weltweit auf dem Kunstmarkt<br />
beobachtet.<br />
In der Tat. Diese Entwicklung setzte<br />
ein mit dem Interesse aus den so<br />
genannten Schwellenländern. Wir<br />
hatten ja zunächst eine starke Nachfrage<br />
aus Russland, und in den letzten<br />
fünf, sechs Jahren registrieren<br />
wir eine wachsende Zahl von Kunden<br />
in China. Sammler aus diesen<br />
Ländern suchen vor allem nach Objekten<br />
ihrer eigenen Kulturgeschichte,<br />
während sich die Sammler aus<br />
Deutschland vor allem für europäische<br />
Kunst interessieren. Allen gemeinsam<br />
ist der Wunsch nach wirklich<br />
exzellenter Qualität.<br />
Wie hat sich der Markt für Sie in den<br />
letzten Jahren entwickelt?<br />
Das 19. Jahrhundert ist ein schwieriger<br />
Markt geworden. Wenn wir noch<br />
einmal zehn, zwanzig Jahre zurückblicken,<br />
dann muss man sagen, dass<br />
gerade die dänischen Maler des 19.<br />
Jahrhunderts damals unser Hauptgeschäft<br />
ausmachten. Heute liegen<br />
unsere Verkäufe im Bereich der modernen<br />
und der zeitgenössischen<br />
Kunst um 40 bis 50 Prozent höher als<br />
im Bereich der alten Kunst. Das ist<br />
wohl auch eine Frage der Mode, des<br />
Zeitgeschmacks. Unsere neuen Kunden<br />
im Alter zwischen dreißig und<br />
vierzig sind mehr auf die zeitgenös-<br />
sische Kunst und das 20. Jahrhundert<br />
fixiert. Darunter leidet natürlich<br />
die alte Kunst, es sei denn, es handelt<br />
sich um herausragende Qualität. In<br />
dieser Hinsicht hat die dänische Malerei<br />
glücklicherweise einiges zu bieten:<br />
Die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts<br />
ist unser goldenes Zeitalter,<br />
die von fantastischen Malern<br />
wie Eckersberg bestimmt war. Ihre<br />
Werke sind weltweit gefragt, auch<br />
von Museen. Das gilt auch für die<br />
Künstler der berühmten Kolonie in<br />
Skagen, die sich dort in Nordjütland<br />
in den 1880er- und 90er-Jahren etablierte.<br />
Wer steht bei den modernen Malern<br />
im Mittelpunkt?<br />
Unter den modernen dänischen Malern<br />
ist zweifellos Asger Jorn am<br />
meisten gefragt. Besonders in den<br />
Jahren vor Ausbruch der Finanzkrise<br />
liefen für ihn die Verkäufe fantastisch.<br />
Sie erzielten sehr hohe Preise.<br />
2008 gab es dann einen Einbruch,<br />
von dem wir uns jetzt langsam wieder<br />
erholen. Aber auch auf dem Gebiet<br />
der modernen Kunst und der<br />
Zeitgenossen können wir beobachten,<br />
dass sich die Kunden sehr viel<br />
selektiver und kritischer verhalten<br />
als noch vor fünf, sechs Jahren.<br />
Auf welche zeitgenössischen Künstler<br />
aus Dänemark sollte man achten?<br />
Der stärkste Name ist augenblicklich<br />
Olafur Eliasson. Aber leider ist er kein<br />
Maler, sondern macht große Installationen,<br />
oft in Zusammenarbeit mit<br />
Architekten. Seine Werke lassen sich<br />
durch uns nicht verkaufen. Zwei weitere<br />
starke Vertreter sind Tal R – Rosenzweig<br />
– und Michael Kvium, deren<br />
Werke sehr häufig in unseren<br />
Auktionen vertreten sind. Allgemein<br />
kann man sagen, dass zeitgenössische<br />
Kunst aus Dänemark langsam<br />
Kasper Nielsen (links) leitet die Abtei-<br />
lung Schätzungen und Verkauf. Hier be-<br />
rät er einen Kunden<br />
aber sicher ihr internationales Publikum<br />
findet. Auf diesem Gebiet haben<br />
wir sehr große Erwartungen,<br />
denn wir sind überzeugt, dass die<br />
Nachfrage raketenartig ansteigen<br />
wird, sobald sich die wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen gebessert haben.<br />
Wir schätzen, dass das in den<br />
nächsten fünf, sechs Jahren der Fall<br />
sein wird.<br />
Sind Sie persönlich auch ein Sammler?<br />
Ich bin kein ausgesprochener Kunstsammler,<br />
aber ich sammle schöne<br />
Dinge: Bilder, Teppiche, Möbel, einfach<br />
alles, was mir gefällt und was<br />
ich mir leisten kann. Ich liebe Kunst<br />
und Design, das ist wohl ein Teil meiner<br />
Erbanlage. Wenn man dieses<br />
Gen in meinem Job nicht hätte, hätte<br />
man wohl ein Problem.<br />
Was würden Sie kaufen, wenn Sie<br />
lediglich 5.000 Euro zur Verfügung<br />
hätten?<br />
Ich würde mich bei den Möbeln des<br />
19. und des 18. Jahrhunderts umsehen.<br />
Hier befinden sich die Preise in<br />
einem Allzeittief, eigentlich eine<br />
Schande. Es gibt Stücke von höchster<br />
Qualität zu Preisen, die etwa ein<br />
Zehntel dessen ausmachen, was<br />
noch vor zehn oder fünfzehn Jahren<br />
gezahlt wurde.<br />
Welches Kunstwerk haben Sie zuletzt<br />
gekauft?<br />
Mein letzter Kauf war ein Aquarell<br />
von Michael Kvium.<br />
Haben Sie noch einen unerfüllten<br />
Traum?<br />
Nicht nur einen, sondern Tausende.<br />
Ich bin 42 Jahre alt und hoffe, dass<br />
ich noch vieles werde kaufen können.<br />
Ein absolutes Traumstück wäre<br />
eine große Keramik von Axel Salto.<br />
Ich mag den Künstler sehr, habe früher<br />
auch schon einige Stücke von<br />
ihm besessen, die ich dann verkauft<br />
habe. Jetzt sind die Preise für Stücke,<br />
die ich gern besäße, leider davongezogen.<br />
Sie liegen bei 50.000 Euro<br />
und das überschreitet mein Limit.