Das Ausland als Lebens- und Lernort - Bundesverband Individual ...
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hat schon in Deutschland in den Erziehungshilfen gearbeitet. Die Familie lebt<br />
im Norden der Insel in einer relativ dicht bevölkerten <strong>und</strong> eher städtisch geprägten<br />
Region. Diese Region ist bei deutschen Auswanderern <strong>und</strong> Touristen<br />
recht beliebt….Der Jugendliche erhält deutschen Unterricht über eine deutsche<br />
Fernschule mit Unterstützung einer deutschen Lehrkraft vor Ort. Die Sozialkontakte<br />
der Familie <strong>und</strong> somit auch die des Jugendlichen sind ausschließlich<br />
deutsch. Es gibt deutsche Läden <strong>und</strong> Supermärkte. Deutsche Zeitungen<br />
<strong>und</strong> Filme stehen in vielfacher Auswahl zum Verkauf. Im Fernsehen ist<br />
das komplette deutsche Senderangebot vorhanden. In seiner Freizeit arbeitet<br />
der Jugendliche in einem deutschen Tierheim. Der Jugendliche ist 16 Jahre alt<br />
<strong>und</strong> seit sieben Monaten auf der Insel. Seine spanischen Sprachkenntnisse<br />
reichen gerade aus, um in einem Cafe etwas zu bestellen oder nach dem Weg<br />
zu fragen.“ 72<br />
Wendelin stellt sich in diesem Fall die Frage, ob diese Betreuung nicht ebenso<br />
in Deutschland stattfinden könnte, da nahezu „…keine Einflüsse des Gastlandes<br />
auf den Jugendlichen einwirken können.“ 73<br />
Die von ihm im Rahmen des Forschungsprojektes besuchten Standortprojekte<br />
<strong>und</strong> Betreuungssettings lassen sich auf einem Kontinuum zwischen diesen<br />
beiden beschriebenen Polen anordnen. Aus seiner Sicht muss es bei der kulturellen<br />
<strong>und</strong> sozialen Einbettung der Betreuung im <strong>Ausland</strong> um eine angemessene<br />
<strong>und</strong> produktive Balance zwischen Nähe <strong>und</strong> Distanz zum Herkunftsmilieu<br />
gehen. Die Nähe muss m.a.W. so gestaltet sein, dass Anknüpfungen an die<br />
kulturellen Orientierungen im Herkunftsland, in das der Jugendliche später<br />
zurückkehren soll, möglich sind <strong>und</strong> erhalten bleiben. Die Distanz auf der anderen<br />
Seite muss so groß sein, dass die Motivation <strong>und</strong> eine Notwendigkeit<br />
der Auseinandersetzung mit der Kultur des Gastlandes hergestellt werden.<br />
Wendelin führt in diesem Zusammenhang aus, dass die Einbettung in die Kultur<br />
des Gastlandes ganz unterschiedliche Formen <strong>und</strong> Intensitäten annehmen<br />
kann. Dabei sind Ausmaß <strong>und</strong> Ausprägung wesentlich von der Integration der<br />
Betreuungspersonen in die Kultur <strong>und</strong> das soziale Umfeld des Gastlandes sowie<br />
vom Schulbesuch des Jugendlichen abhängig. Er kritisiert, dass insbesondere<br />
in deutschen Betreuungssettings eine bewusste <strong>und</strong> gezielte Gestaltung<br />
dieser Integration (noch) nicht im Fokus liegt. Dabei geht er gr<strong>und</strong>-<br />
72 ebd., S. 200<br />
73 ebd., S. 201<br />
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