Verwandlung - church-web
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«Aber du hast gesagt, du würdest es tun, wenn du zurück<br />
kommst», entgegnete sie.<br />
Ich schoss zurück: «Ich sagte ‹vielleicht› werde ich es<br />
tun. Und das war bevor ich wusste, dass es stockdunkel<br />
sein wird, wenn ich zurückkomme.<br />
«Aber du hast gesagt, dass du es tun würdest.»<br />
«Willst du, dass ich mir im Dunkel die Augen aus dem<br />
Kopf starre, oder was?» gab ich zurück. «Ist es das, was<br />
du willst? Es ist stockdunkel. Ich muss dafür nicht mal<br />
meine Sonnenbrille aufsetzen.»<br />
«Dann werde ich die Rasenkanten schneiden», sagte sie.<br />
Ich hätte sie es ja einfach machen lassen können, wenn<br />
sie unbedingt wollte. Aber das tat ich nicht. Stattdessen<br />
hob ich majestätisch den Kopf, nahm tief Luft und<br />
sagte: «O.k. Ich werde die Kanten schneiden, dem<br />
Frieden im Haus zuliebe.» Und dann stolzierte ich in die<br />
Garage und nahm den Kantenschneider und machte die<br />
Rasenkanten sauber, zwei volle Stunden lang. Wenn sie<br />
die Kanten sauber geschnitten haben wollte, dann wird<br />
sie sauber geschnittene Kanten erhalten!» J<br />
Aber als ich ins Haus zurückkam, meint ihr, dass mein<br />
Arbeitseinsatz den Frieden im Haus gebracht hat? J<br />
Den Frieden hat es aus einem einfachen Grund nicht<br />
gebracht: In meinem Herzen war ich gegenüber Hanna<br />
am kämpfen. Sie schien so engstirnig, rücksichtslos,<br />
fordernd, unvernünftig und kalt, egal ob ich die Rasenkanten<br />
schneide oder nicht. Meine Änderung in<br />
meinem äusserlichen Verhalten hat nichts daran geändert<br />
wie ich mich in meinem Innern ihr gegenüber<br />
gefühlt habe. In der Tat, wenn sich überhaupt etwas<br />
geändert hatte, dann nur, dass je länger ich im Dunkeln<br />
die Rasenränder schnitt, sie mir als wie unmöglicher<br />
erschien. Als ich beim Zaun noch etwas kaputt machte,<br />
weil ich im Dunkeln nicht gut sehen konnte, fühlte ich<br />
eine seltsame Zufriedenheit darüber in mir. Der Zwischenfall<br />
bewies mir, wie unvernünftig Hanna war.<br />
Ihr könnt euch vorstellen, wie die Luft war, als ich<br />
schliesslich zurück ins Haus kam. Unsere Gefühle gegenüber<br />
dem andern «pfufften» aus jedem Wort, jedem<br />
Blick und jeder Geste. In Wahrheit waren wir weniger<br />
zivilisiert zueinander als vorher – was mich übrigens<br />
innerlich gerade noch mehr aufbrachte. Jetzt hatte ich<br />
mich doch eben im Dunkeln abgemüht und meine Augen<br />
gefährdet, weil ich tat, was sie unvernünftigerweise<br />
forderte, und sie war immer noch sauer mir gegenüber!<br />
Das Wenigste, das sie tun könnte, wäre zumindest<br />
dankbar zu sein, sagte ich zu mir selber. Aber nein, sie<br />
kann nicht freundlich zu mir sein!» J<br />
«Denn euer Urteil wird auf euch zurückfallen…» Avi<br />
hat eine ganze Menge Urteile gefällt. Über sich, über<br />
seine Frau, über die Welt,… Und seine Gefühle melden<br />
ihm, was ihn bewegt…<br />
<strong>Verwandlung</strong> beginnt dann, wenn wir zuerst den<br />
Balken in unserem Auge entfernen! Nicht durch unsere<br />
Urteile (oft in schwarz-weiss ) dem andern begegnen.<br />
Das verstärkt nur unser kämpfendes Herz. Wenn wir<br />
zuerst unsere Urteile erkennen und loslassen, dann können<br />
wir neu sehen und mehr sehen. Dann sind wir nicht<br />
von unserem kämpfenden Herzen besetzt, sondern<br />
haben ein Herzen im Frieden. Wir denken nicht mehr<br />
nur schwarz-weiss, sondern können den Anderen als<br />
Menschen sehen und finden auch in schwierigen Auseinandersetzungen<br />
neue Wege.<br />
Arbinger Institute: The Anatomy of Peace. Resolving the<br />
Heart of Conflict. Paperback. 2010: Penguin Books Ltd.<br />
ISBN: 9780141047669<br />
Marc Nussbaumer<br />
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