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Im Interview:<br />

Tshae Baqwa und<br />

Yosef Wolde-Mariam<br />

lernten sich als<br />

Kinder kennen und<br />

sind seitdem nicht<br />

nur unzertrennlich<br />

sondern inzwischen<br />

auch der schillerndste<br />

Popexport<br />

Norwegens. Auf<br />

ihrem neuen Album<br />

„Contraband“ machen<br />

sie das, was sie<br />

am besten können:<br />

Party.<br />

Madcon:<br />

Das Afrikanergen<br />

Tshawe, Yosef, ihr lebt in Oslo, doch<br />

eure Songs sind im Gegensatz zur<br />

restlichen skadinavischen Musik überhaupt<br />

kein bisschen melancholisch.<br />

Woran liegt das?<br />

Tshawe: Diese Traurigkeit, die du ansprichst,<br />

ist sehr typisch für norwegische<br />

Bands. Doch zu uns passt so ein<br />

Stil nicht. Wir sind aufmunternd, positiv,<br />

mitreißend. Vielleicht wollen wir<br />

im Unterbewusstsein gegen die ganzen<br />

Trantüten rebellieren, die sonst in Norwegen<br />

Musik machen. Wir stehen für<br />

Lebensfreude. Wir sind fröhliche Zeitgenossen.<br />

Und so etwas wie die Black Eyed Peas<br />

Norwegens?<br />

Yosef: Dieser Vergleich ist eine Ehre,<br />

und lustigerweise sieht Will.I.Am, den<br />

wir mal in LA getroffen haben, das<br />

ganz ähnlich. Wir machen beide sehr<br />

globale Musik, die sehr frei, offen, integrierend<br />

und in unterschiedlichsten<br />

Genres beheimatet ist: Pop, HipHop,<br />

Salsa, afrikanische Musik, Dance, Reag-<br />

ge undsoweiter. Sogar in den USA sind<br />

wir erfolgreich, allerdings nur an der<br />

Westküste – weil wir sonnige Menschen<br />

mit sonniger Musik aus einem kalten<br />

Land sind.<br />

Der Durchbruch gelang euch vor zwei<br />

Jahren mit „Beggin“, dann kam im<br />

Sommer „Glow“ und jetzt „Helluva<br />

Nite“. Eure Singles sind allesamt Partyhymen.<br />

Könnt ihr nichts anderes<br />

oder hat die Ausgelassenheit Konzept?<br />

Tsahwe: Das ist die Madcon-Philosophie.<br />

Wir sehen und erleben, dass viele<br />

Menschen es nicht leicht haben. Wir<br />

sind nicht naiv. Aber genau deshalb<br />

wollen wir Hoffnung, Zuversicht und<br />

positives Denken unter die Menschheit<br />

bringen. Wir hatten selbst früher genug<br />

Schwierigkeiten. Es ist so leicht, im<br />

Dunkeln zu baden und zu denken, es<br />

wird nicht mehr hell.<br />

Yosef: Du darfst auch das Afrikanergen<br />

nicht außer Acht lassen?<br />

Das Afrikanergen?<br />

Yosef: Ja, so nennen wir das. Wir ha-<br />

ben Madcon vor 18 Jahren gegründet,<br />

damals waren wir 12 und 13 Jahre alt.<br />

Anschließend mussten wir als Band 15<br />

Jahre lang um Anerkennung kämpfen.<br />

Die meisten wären nicht so lange bei der<br />

Stange geblieben, wir schon. Denn wir<br />

hatten auch dann noch Spaß, wenn wir<br />

halb am verhungern waren und absolut<br />

kein Geld mehr hatten. Selbst in der<br />

größten Scheißsituation haben wir den<br />

Glauben an uns nicht verloren.<br />

Und was hat das mit dem Afrikanergen<br />

zu tun?<br />

Yosef: Viele der Werte, nach denen unsere<br />

Gesellschaft strebt, wie Geld, Erfolg,<br />

hübsche Häuser, die sind in weiten<br />

Teilen Afrikas unbekannt. Als ich vor<br />

kurzem in Eritrea war, dem Heimatland<br />

meiner Mutter, sah ich 18 Kids auf<br />

einem Feld mit einem Stein kicken. Die<br />

hatten nichts, aber sie waren glücklich.<br />

Glück ist in Afrika nicht gleichbedeutend<br />

mit Wohlstand. Das Leben ist für<br />

die meisten hart, viele haben nicht viel,<br />

doch trotz Armut gibt es dort sehr viel<br />

Leben.<br />

Yosef, deine Eltern kommen aus Eritrea<br />

und Äthiopien, du bist in Norwegen<br />

geboren. Tshawe, du bist in Saabrücken<br />

geboren, mit sechs Monaten<br />

ebenfalls nach Oslo gezogen, deine<br />

Eltern sind Südafrikaner. Als was fühlt<br />

ihr euch?<br />

Yosef: Als Mix. Meine Eltern haben englisch<br />

und norwegisch mit mir gesprochen,<br />

gleichzeitig haben wir versucht,<br />

afrikanische Traditionen zu bewahren.<br />

Ich bin in Norwegen geboren, mein<br />

Lebensstil und mein Denken sind norwegisch,<br />

ich fühle mich als Norweger.<br />

Auch wenn ich in meiner Kindheit und<br />

Jugend immer wieder darauf hingewiesen<br />

wurde, dass ich nicht nach Norwegen<br />

gehöre.<br />

Wie das?<br />

Tshawe: Wir waren zwar nicht die einzigen<br />

schwarzen Kinder in Oslo, aber<br />

viele gab es nicht. Ich war das einzige<br />

schwarze Kind in meiner Schule, das<br />

war am Anfang wirklich hart für mich,<br />

ich wurde verprügelt und fertiggemacht.<br />

Kinder können ja sehr grausam sein.<br />

Heute hat sich in der norwegeischen<br />

Gesellschaft einiges verändert. Wir<br />

sind immer noch das vielleicht weißeste<br />

Land der Erde. Doch jetzt sehen uns die<br />

konservativen Norweger und haben keine<br />

Angst mehr, dass wir sie überfallen.<br />

Habt ihr selbst durch euren Erfolg<br />

dazu beigetragen, die Gesellschaft toleranter<br />

zu machen?<br />

Tshawe: Davon bin ich überzeugt.<br />

Durch uns hat der Durschnittsnorweger<br />

einen anderen Blick auf schwarze<br />

Menschen bekommen.<br />

Yosef: Noch bevor „Beggin“ vor drei<br />

Jahren so ein Hit wurde, hat Tshawe<br />

in der TV-Show „Dancing<br />

with the Stars“ mitgemacht<br />

...und gewonnen. Das heißt, die<br />

Zuschauer, die sich anfangs noch<br />

beim Sender beschwerten, was<br />

denn der Tankstellenräuber in der<br />

Sendung zu suchen hätte, die haben<br />

für ihn abgestimmt, er hat sie<br />

auf ihre Seite gezogen. Das war ein<br />

echter Meilenstein in Norwegen.<br />

Tshawe: Ich kann mir nicht mehr<br />

vorstellen, woanders leben zu wollen.<br />

Ich ziehe jetzt sogar jedes Jahr<br />

am 17. Mai, unserem Nationalfeiertag,<br />

eine Bunad an.<br />

Was ist das denn?<br />

Tshawe: Die klassische norwegische<br />

Nationaltracht. Damit sehe<br />

ich ein bisschen so aus wie bei euch<br />

die Bayern. Nur halt in schwarz.<br />

Steffen Rüth<br />

Album „Contraband“ ab 3.12. im<br />

Handel<br />

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