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Im Interview:<br />
Jamiroquai: Zurück aus der Rente<br />
24<br />
Jay Kay, seineszeichens seit 20 Jahren<br />
Gesicht und Chef von Jamiroquai,<br />
führt das Leben eines äußerst<br />
begüterten Rentners. Wir treffen<br />
den Mann, der Ende letzten Jahres<br />
40 wurde, auf der Terasse seines<br />
riesigen, eine Stunde außerhalb<br />
von London gelegenen, Anwesens.<br />
Wir trinken holländisches Bier aus<br />
diesen lächerlich kleinen Flaschen,<br />
die sie in England haben, und<br />
lassen uns beim Gespräch über<br />
Jamiroquais neues Album „Rock<br />
Dust Light Star“ immer wieder<br />
gern von Tieren stören: Mal wollen<br />
seine beiden Schäferhunde Krueger<br />
und Titan Aufmerksamkeit, mal<br />
durchfliegt ein Reiher den weitläufigen<br />
Park und setzt im Teich zum<br />
Fischfang an. Auch der herbstliche<br />
Nieselregen tut der Stimmung keinen<br />
Abbruch.<br />
„Ich liebe das ruhige Dasein hier“,<br />
sagt Jay und seufzt. „Die Tage meines<br />
Lebens auf der Überholspur sind<br />
vorbei“, sinniert der in der Vergangenheit<br />
wiederholt für seine Raserei<br />
verknackte Ferrari-Liebhaber, dessen<br />
stattliche Sammlung vor dem Haus<br />
und geschützt durch Abdeckstoff<br />
auf gelegentliche Ausritte wartet.<br />
Vor fünf Jahren, als seine letzte Platte<br />
kein Erfolg wurde, war der Musiker,<br />
der in den Neunzigern mit seinen<br />
aufgedrehten und voller Energie steckenden<br />
Riesenhits wie „Too young<br />
to die“ oder „Cosmic Girl“ weltweit<br />
Erfolge feierte, des Poplebens sogar<br />
kurz komplett überdrüssig. Jay beschloss,<br />
den Hubschrauberführerschein<br />
zu machen und die Frau zu<br />
finden, mit der endlich die ersehnte<br />
Familie gründen könne. Die Mission<br />
gelang zur Hälfte: „Helikopterfliegen<br />
kann ich jetzt, und es ist unglaublich<br />
geil, diese Rückwärts- und Seitwärtsmanöver<br />
zu machen. An der Sache<br />
mit der Familie arbeite ich noch“. Es<br />
sei ungemein schwierig, eine Frau zu<br />
finden, „die mich so akzeptiert, wie<br />
ich bin. Und die kein Problem damit<br />
hat, dass ich abends inzwischen<br />
lieber ein Buch lese als Party zu machen.“<br />
Album „Rock Dust Light Star“ ab 29.10<br />
Zum Glück für alle Freunde seines<br />
bewährten Funksouldiscoboogie-<br />
Sounds, den er auch auf der neuen<br />
Platte kaum verändert hat, erarbeiteten<br />
Jamiroquai nach der ausgedehten<br />
Ruhepause doch wieder frische<br />
Songs. „Ich wollte, dass die<br />
Platte ein bisschen cooler und abgeklärter<br />
klingt als meine früheren<br />
Sachen“, sagt Jay. Die neuen Nummern<br />
– nehmen wir als repräsentative<br />
Beispiele die erste Single „White<br />
Knuckle Ride“ oder das frische<br />
„Smoke & Mirrors“ - sind wie üblich<br />
schön Oldschool, gut abgehangen<br />
und stecken trotzdem voller Energie.<br />
Jay weist zudem darauf hin, dass die<br />
jüngsten Lieder praktisch vollständig<br />
live eingespielt wurden. „Meine<br />
Referenzen für dieses Album waren<br />
die frühen Stones und Rod Stewart<br />
in seiner coolen Phase in den frühen<br />
Siebzigern. Was mir vorschwebte,<br />
war eine klassische Boogie-Platte mit<br />
warmem Sound, geilen Songs und einer<br />
nostalgischen Grundstimmung.“<br />
„Vintage“, also eine Mischung aus lässig,<br />
cool, gut abgehangen und altmodisch,<br />
ist freilich nicht nur in musikalischer<br />
Hinsicht das Schlüsselwort zu<br />
Jason Kays kleiner Welt. „Ich liebe die<br />
alten Pornomagazine aus den Siebizgern.<br />
Die Mädchen waren kurviger,<br />
außerdem vermisse ich Haare. So<br />
einen richtigen Vintage-Bürzel, den<br />
würde ich gerne mal wieder sehen.“<br />
Über die Intimbehaarung seiner aktuellen<br />
Freundin („Ja, ich sehe ein<br />
Mädchen. Mal schauen.“) ist nichts<br />
bekannt. Doch alles in allem scheint<br />
es, als habe sich der Mann arrangiert.<br />
„Musik ist mein Beruf, mein Leben,<br />
damit habe ich mich abgefunden.<br />
Ich war nie auf der Uni, habe nichts<br />
gescheites gelernt. Ich teile mein<br />
Leben nun auf: Ich mache weiter<br />
Musik und nehme das sehr ernst.<br />
Ich werde aber auch immer wieder<br />
ohne ein schlechtes Gewissen Tage<br />
im Modelleisenbahndorf oder mit<br />
einem meiner Oldtimer in den Alpen<br />
verbringen.“ Und falls das Langzeitprojekt<br />
namens Familie irgendwann<br />
wirklich Gestalt annehmen sollte,<br />
„dann bin ich mehr als bereit dazu,<br />
Hausmann zu sein und bei den Kindern<br />
zu bleiben.“<br />
Steffen Rüth<br />
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