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Im Interview:<br />
22<br />
Überraschung, der Kerl kann was.<br />
Mit „Whataya want from me“ und<br />
„If I had you“ hat Adam Lambert<br />
schon zwei satte Pophits landen können.<br />
Auch „For your Entertainment“,<br />
das erste Album des 28-Jährigen,<br />
der aus San Diego stammt und in<br />
Los Angeles lebt, bietet Vielseitigkeit<br />
und Qualität. Und dass Lambert<br />
auch stimmlich jeden Laden rocken<br />
kann, beweist er mit seinen häufigen<br />
Akustikauftritten. Wir sprachen mit<br />
Adam Lambert im Baden-Badener<br />
Studio des SWR.<br />
Adam Lambert:<br />
Der letzte Mann im Pop<br />
Adam, bei uns haben Castingshows einen<br />
zweifelhaften Ruf. Du hingegen bist im<br />
vergangenen Jahr Zweiter geworden bei<br />
„American Idol“ und hast anschließend<br />
eine erfolgreiche Weltkarriere begonnen.<br />
Wie ist dir das gelungen?<br />
Adam Lambert: Für mich war „American<br />
Idol“ genau die richtige Plattform. Ich<br />
konnte mich dort so präsentieren, wie ich<br />
bin. In der heutigen Zeit kriegst du als Popsänger<br />
auf die klassische Art und Weise,<br />
nämlich durch Vorsingen, ja kaum noch<br />
einen Plattenvertrag. In einer Show, in der<br />
mich Woche für Woche 30 Millionen Leute<br />
sehen, konnte ich mir gleich einen hohen<br />
Bekanntheitsgrad aufbauen. Ich bin da<br />
bewusst ein Risiko eingegangen. Ich hatte<br />
vorher die Sorge, dass ich, als schwuler<br />
Mann, der vom Theater kommt, von Juroren<br />
und Publikum nicht ernstgenommen<br />
werden würde. Dann passierte das Gegenteil:<br />
Die Leute fuhren irgendwie total auf<br />
mich ab.<br />
Stand für dich immer fest, dass du Musik<br />
machen wolltest?<br />
Adam: Ja, ich bin extra nicht aufs College<br />
gegangen, weil ich wusste, dass ich mich<br />
in einem künstlerischen Umfeld verwirklichen<br />
wollte. Unter anderen Kids, deren<br />
Leidenschaft Singen, Tanzen, Schauspielern<br />
war, fühlte ich mich verstanden. Ich<br />
habe mich ja schon während der Schulzeit<br />
auf der Bühne wohler gefühlt als im wirklichen<br />
Leben – weil ich in eine andere Haut<br />
schlüpfen konnte.<br />
Du bist als Ensemblemitglied im Musical<br />
„Hair“ durch die Welt getourt, warst<br />
2003 auch ein halbes Jahr in Deutschland...<br />
Adam: ...bei euch fand es herrlich. Speziell<br />
die Zeit in Berlin war wie ein Geschenk<br />
für mich. Die Szene war so frei, so locker,<br />
so wunderbar. Diese sechs Monate waren<br />
die Zeit meines sexuellen Erwachens. Ich<br />
war knapp über 20 und hatte kurz vorher<br />
meine Jungfräulichkeit verloren. Dann war<br />
ich weit weg von zu Hause, und es ging mir<br />
richtig gut. In Deutschland hatte ich nie die<br />
geringsten Schwierigkeiten wegen meines<br />
Schwulseins.<br />
Du machst kein Geheimnis aus deiner<br />
Homosexualität. Sind die Zeiten, in denen<br />
sich schwule Popstars verstecken<br />
mussten, vorbei?<br />
Adam: Es ist leichter geworden. Andererseits<br />
bin ich nur ich, Adam Lambert, ein<br />
Sänger, der zufällig schwul ist. Meine Mission<br />
ist zu singen. Meine Mission ist nicht,<br />
die Welt zu verändern. Obwohl...<br />
..ja?<br />
Adam: Vielleicht leiste ich ja doch einen<br />
kleinen Beitrag. Vor wenigen Monaten<br />
hat sich Ricky Martin geoutet. Wer weiß,<br />
möglicherweise hat er mich gesehen und<br />
sich daraufhin ein Herz genommen. Als ich<br />
aufwuchs, hatte ich praktisch keine schwulen<br />
Vorbilder außer Elton John und Freddie<br />
Mercury.<br />
Es heißt, du bist der erste offen schwule<br />
US-Künstler bei einer großen Plattenfirma.<br />
Hast du nie überlegt, zu deinem Sexualleben<br />
zu schweigen?<br />
Adam: Ach, das ist viel zu anstrengend. Ich<br />
wollte das nicht geheim halten. Du hast Paparrazzi<br />
und Internet und alles, man kann<br />
so eine Sache heute nicht mehr dauerhaft<br />
vertuschen.<br />
Du hast bei deinem Auftritt bei den amerikanischen<br />
„MTV Awards“ auf der Bühne<br />
einen anderen Mann geküsst. Benutzt<br />
du deine Homosexulität, um dich besser<br />
zu vermarkten?<br />
Adam: Nein, das ist gemein, wenn du so<br />
etwas behauptest. Ich habe den Typen<br />
geküsst, weil ich es lustig fand. Ich mache<br />
Rock’n’Roll, und dazu gehört, die Leute zu<br />
überraschen und zu schockieren. Ich habe<br />
nicht verstanden, warum manche Leute<br />
wegen dieser Aktion so ausgeflippt sind.<br />
Wusstest du immer, dass du auf Jungs<br />
stehst?<br />
Adam: Eigentlich schon. Allerdings habe<br />
ich das während der ganzen Schulzeit für<br />
mich behalten. Ich war irgendwie asexuell,<br />
einsam, verwirrt und neidisch auf die Hetero-Kids,<br />
die mit 14, 15 ihre ersten Erfahrungen<br />
machten. Wäre ich heute ein Teenager,<br />
würde ich mich nicht mehr jahrelang<br />
damit quälen. Das ist es einfach nicht wert.<br />
Hast du aktuell eine Beziehung?<br />
Adam: Nein, ich bin single. Ich habe nicht<br />
genug Zeit, um dem Partner die Aufmerksamkeit<br />
geben zu können, die eine Beziehung<br />
verdient, das wäre gerade nicht fair.<br />
Bei den Liedern deines Albums „For your<br />
Entertainment“ fällt auf, dass es zwar<br />
fette Popsongs sind, du sie aber zugleich<br />
auch akustisch und ohne Firlefanz vortragen<br />
kannst.<br />
Adam: Das war mir wichtig. Natürlich<br />
mache ich Popmusik. Bloß wollte ich keine<br />
dieser glitzernden Pop-Produktionen<br />
aufnehmen, die mehr Schein als Sein bieten<br />
und mit allen möglichen Effekten und<br />
Tricks die eigentlichen Songs kaschieren.<br />
Ich wollte Melodien, richtiger Lieder, und<br />
ich wollte eine Mischung aus Rock, Pop,<br />
Classic Rock und Electro. Fünf Songs auf<br />
dem Album habe ich außerdem selber geschrieben.<br />
Warum gibt es gerade eigentlich so wenig<br />
Jungs, die Popmusik machen?<br />
Adam: Das weiß ich nicht. Zur Zeit sind<br />
halt die Mädels angesagt – Lady Gaga, Katy<br />
Perry, Ke$ha, Rihanna. Männer finden im<br />
Moment nicht so richtig statt. Aber das<br />
wird sich auch wieder ändern, da bin ich<br />
mir sicher.<br />
Steffen Rüth<br />
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