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Im Interview:<br />
Björn Dixgărd sitzt verstrubbelt vor einem Becher Kaffee in der Lobby eines Berliner<br />
Hipsterhotels, er war erst um 4 Uhr morgens im Bett. Aber da Frau und<br />
Kleinkind, die gerade am Nebentisch frühstücken, bespaßt werden wollen, war<br />
die Nacht eine kurze. Dass der 29-jährige aus dem schwedischen Borlänge trotzdem<br />
gut gelaunt ist, liegt am erfolgreichen Vorband. Mando Diao, bei denen<br />
Björn gemeinsam mit Gustav Norén als Frontmann fungiert, haben in den Studios<br />
der Union-Film in Berlin-Tempelhof ein klasse akustisches Konzert gegeben,<br />
das jetzt als „MTV Unplugged- Above and Beyond“ auf CD veröffentlicht wurde,<br />
die DVD folgt am 3. Dezember. Mit von der Partie bei diesem stimmungsvollen<br />
Querschnitt durch die bereits erstaunlich vielen Hits von Mando Diao waren<br />
Maler/ Musiker Klaus Voormann, Juliette Lewis und Kinks-Legende Ray Davies.<br />
Mando Diao: „Erfolg ermöglicht Freiheit“<br />
12<br />
Björn, was sind das für Uniformen, die ihr<br />
bei dem Konzert getragen habt?<br />
Björn Dixgărd: Das ist eine traditionelle<br />
schwedische Kluft. So hat man sich in der<br />
alten Zeit angezogen, auch heute noch<br />
tragen das viele Schweden bei Hochzeiten<br />
oder anderen feierlichen Anlässen. Wir<br />
wollten halt in unserem Sonntagsanzug<br />
spielen und gleichzeitig nostalgisch ausse-<br />
hen. Das ganze Bühnebild hat ja an früher<br />
erinnert. Einer der Räume etwa sah aus wie<br />
mein Zimmer, in dem ich mit 15 oder 16<br />
mit Gustav gesessen und von diesem Leben<br />
geträumt habe.<br />
Welches Unplugged-Album magst du<br />
selbst am liebsten?<br />
Björn: Das von Nirvana ist das Allergrößte.<br />
Wir wollten das jedoch nicht kopieren. Die<br />
saßen damals quasi nackt auf der Bühne,<br />
bei uns spielt ja auch das Bühnenbild eine<br />
wichtige Rolle.<br />
Wieso kam diese Platte jetzt überhaupt<br />
zustande?<br />
Björn: MTV hat ganz offiziell bei uns ange-<br />
fragt, und wir hatten Lust. Das Bühenbild<br />
haben wir innerhalb von sechs Monaten<br />
entwickelt, und einen Monat haben wir<br />
echt Tag für Tag geprobt, damit alles sitzt.<br />
Wir mussten kreativ sein, um die Songs<br />
umzuwandeln. Allerdings haben wir schon<br />
sehr oft akustisch gespielt, wir wussten also,<br />
dass wir das können.<br />
Euer letztes Album „Give me Fire“ war<br />
sehr erfolgreich. Macht es das leichter, so<br />
ein Projekt durchzuziehen?<br />
Björn: Natürlich. So ein Erfolg erleichtert<br />
uns das Leben. Wir können jetzt unsere<br />
Vorstellungen umsetzen. Ohne, dass es<br />
heißt „Vergisst es, Jungs, das ist zu teuer“.<br />
Wir können uns das leisten, und Türen<br />
öffnen sich. Erfolg ermöglicht Freiheit. Wir<br />
sitzen nicht auf unserem Geld, wir machen<br />
kreative Sachen damit, wir lassen uns neue<br />
Ideen rund um unsere Musik einfallen.<br />
Vor allem die Single „Dance with Some-<br />
body“ war ein Knaller, in Deutschland<br />
war der Song auf Platz Eins. Ist es einfach,<br />
einen Hit zu schreiben?<br />
Björn: Es ist unmöglich, Lieder nach einer<br />
Formel zu berechnen. Du weißt das einfach<br />
nicht. Manche unserer Songs verkaufen<br />
500 Stück, andere 300.000. Ich kann nur<br />
sagen, dass man du immer du selbst sein<br />
solltest, egal, ob du einen Pop-Song oder<br />
eine Bluegrass-Song schreibst. Wenn dann<br />
so ein weltweit erfolgreicher Käsesong wie<br />
„Looking for Freedom“ bei rauskommt,<br />
dann ist das doch wunderbar.<br />
Ist „Dance with Somebody“ euer „Loo-<br />
king for Freedom“?<br />
Björn: Der “Looking for Freedom”-Faktor<br />
ist schon recht hoch. Aber wir sind immer<br />
noch sehr viel cooler als David Hasselhoff.<br />
So ein Stück komponieren zu können, hat<br />
mich 20 Jahre gekostet. Das Lied hat das<br />
spezielle Etwas. Wir werden niemals versu-<br />
chen, ein neues „Dance with Somebody“ zu<br />
schreiben. Das neue Album wird sowieso<br />
noch auf sich warten lassen. Wahrschein-<br />
lich gehen wir erstmal mit dem Akustik-<br />
Konzept auf Tournee.<br />
Bei der Aufzeichnung gestern waren viele<br />
sehr junge Mädchen im Publikum. Hat<br />
der Hit euch eine neue Sorte von Fans<br />
beschert?<br />
Björn: Ja, das Publikum hat sich etwas ge-<br />
wandelt. Mehr Mädchen, jüngeres Durch-<br />
schnittsalter, das stimmt schon. Insgesamt<br />
ist die Bandbreite größer geworden, es<br />
kommen seit „Dance with Somebody“ zum<br />
Beispiel auch wirklich ältere Ladies. Das ist<br />
noch etwas komisch.<br />
Ihr habt inzwischen fast alle Familie. Wie<br />
verändern Kinder das Leben eines Rock-<br />
musikers?<br />
Björn: Natürlich schlafe ich weniger, ich<br />
habe aber auch mit Mando Diao schon<br />
meistens wenig geschlafen. Oft sind wir<br />
morgens um 5 Uhr aufgestanden, um zum<br />
Konzert zu fahren oder zu fliegen, wir sind<br />
diese Art von Stress gewohnt. Der Junge ist<br />
nur ein zusätzlicher, wenn auch großer An-<br />
reiz, morgens aufzustehen.<br />
- Ihr seid in dieser Band von Jugendlichen<br />
zu Erwachsenen geworden.<br />
Björn: Ja, ich bin keine 22 mehr, das spürt<br />
man schon. Ich habe Angst davor, meine<br />
kindliche Naivität zu verlieren. Der Junge,<br />
der noch in mir steckt, ist wichtig. Er leistet<br />
viel für unsere Kreativität, er gibt uns Ideen.<br />
Wenn wir uns wie Kinder benehmen, mit<br />
unseren Instrumenten herumspielen, dann<br />
ist das herrlich. Ich hoffe sehr, dass dieses<br />
Kind auch noch mit 40 in mir steckt. Weil<br />
es ganz viele Ideen hervorruft. „<br />
Ray Davies, der gestern mit euch auf der<br />
Bühne stand und das Lied „Victoria“ ge-<br />
sungen hat, ist mehr als doppelt so alt wie<br />
ihr. Fühlst du dich wie sein Auszubilden-<br />
der?<br />
Björn: Ich war schon hingerissen von die-<br />
sem Superstar, auch wenn er für mich zu<br />
Teeniezeiten noch mehr Vorbild war als<br />
heute. Er kam erst eine Stunde vor dem<br />
Auftritt, wir probten dann einmal, und die<br />
Sache saß. Ray Davies ist ein Vollprofi. Ob<br />
ich noch Rockmusik machen will, wenn ich<br />
so alt bin wie er? Das weiß ich noch nicht.<br />
Auf jeden Fall will ich im Alter noch Musik<br />
machen.<br />
Ihr habt ja bereits im Laufe eurer Karriere<br />
nicht nur Rockmusik, sondern auch Folk<br />
und einiges andere ausprobiert.<br />
Björn: Richtig. Wir sind keine normale,<br />
reinrassige Rockband. Wir wollen uns<br />
nicht auf einen einzigen Stil beschränken.<br />
Wir möchten uns auch aus anderen mu-<br />
sikalischen Bereichen bedienen, was für<br />
die Fans machmal hart ist, weil sie uns für<br />
schizophren halten. Für uns aber ist diese<br />
Vieschichtigkeit lebenswichtig.<br />
Ihr galtet lange als arrogant. Stimmte das<br />
Vorurteil?<br />
Björn: Wir waren arrogant. Aber wir mus-<br />
sten arrogant sein. Als wir 19 oder 20 wa-<br />
ren und mit der Musik anfingen, blieb uns<br />
keine andere Möglichkeit, als den dicken<br />
Max zu machen. Wir waren Aufschneider,<br />
weil wir so getan haben, als wären wir die<br />
Beatles, oder mindestens Oasis. Diese Pha-<br />
se haben wir heute hinter uns. WIr sind<br />
nicht mehr die Typen, die vor dem Spiegel<br />
ihre Rockstarposen einübten. Jetzt sind wir<br />
Rockstars und können uns entspannen.<br />
Steffen Rüth<br />
Album „MTV Unplugged – Above and Beyond“<br />
gerade erschienen, DVD ab 3. Dezember<br />
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