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Im Interview:<br />
Um die Gegenwart zu verstehen, muss man die Vergangenheit<br />
kennen. 20 Jahre ist es her, seit der Londoner<br />
Musikmanager Nigel Martin Smith die Band Take That<br />
als Reaktion auf die US-Amerikaner New Kids On The<br />
Block zusammenstellte. Er fand: Einen dicken Jungen,<br />
der Songs schreiben konnte (Gary Barlow), einen kleinen<br />
Niedlichen (Mark Owen), einen erstklassigen Tänzer (Howard<br />
Donald), einen sehr gut aussehenden Kerl (Jason<br />
Orange) und den damals mit 16 noch sehr jungen Faxenmacher<br />
(Robbie Williams).<br />
Take That:<br />
Fünf Freunde sollt ihr sein<br />
Nach holprigem Start und Tingetouren durch<br />
britische Schwulenclubs waren die Jungs drei,<br />
vier Jahre später die erfolgreichste Band Eu-<br />
ropas. Die Hits wie „Pray“, „Sure“; „Back for<br />
Good“ hat man bis heute im Ohr. Dann, auf<br />
dem Höhepunkt des Erfolges, als Take That<br />
in 31 Ländern der Erde auf Platz Eins standen<br />
und sogar dabei waren, Amerika zu erobern,<br />
drehte Robbie durch, fing an zu saufen und zu<br />
koksen und wurde 1995 aus der Band beför-<br />
dert. Die übrigen vier machten noch ein knap-<br />
pes Jahr lang weiter und lösten sich im Februar<br />
1996 zum Leidwesen ihrer Fans auf. Jeder ging<br />
seines Weges: Jason spielte ein bisschen Thea-<br />
ter und hielt den Ball ansonsten flach. Howard<br />
versuchte sich als Techno-DJ und hatte sonst<br />
nicht viel zu tun. Mark nahm ein paar Solo-<br />
platten auf und war immer noch süß. Garys<br />
Zukunft galt eigentlich als golden, doch nach<br />
Anfangserfolgen verlief seine Solokarriere im<br />
Sande, Ende der Neunziger verlor er gar seinen<br />
Plattenvertrag. Und Robbie? Dümpelte erst vor<br />
sich hin und trat Ende 1996 mit seinem Über-<br />
song „Angels“ eine der größten und erfolg-<br />
reichsten Solokarrieren los, die Europa jemals<br />
gesehen hat. Während die übrigen Jungs in der<br />
Versenkung verschwanden, spielte Williams in<br />
Stadien und goss eimerweise Häme über die al-<br />
ten Kameraden, allen voran über Gary Barlow.<br />
Der Disziplinierte und der Freak waren nie die<br />
besten Freunde, nun versahen sie sich gegen-<br />
seitig mit sehr unschönen Kraftausdrücken<br />
und wüsten persönlichen Beleidigungen.<br />
„Vieles, was wir uns damals an den Kopf ge-<br />
worfen haben, war nicht in Ordnung“, sagte<br />
Barlow jüngst in einem Interview. „Aber wir<br />
waren verdammt jung. Robbie war 16, als wir<br />
mit Take That begannen, ich war 19. Heute<br />
sind wir Männer. Da nimmt man vieles leich-<br />
ter. Auch Rob ist älter, reifer und vernünftiger<br />
geworden. Er ist ja jetzt sogar verheiratet.“<br />
Auch Robbie ist versönlich gestimmt. Er sagt:<br />
„Ich litt damals darunter, dass ich das Baby war<br />
und von niemandem ernst genommen wurde.<br />
Woran ich selbst Schuld hatte. Dass ich zum<br />
Beispiel Songs schreiben will und kann, habe<br />
ich erst später gemerkt. Ich war einfach noch<br />
nicht sehr erwachsen damals.“<br />
Ab 2005 drehten sich die Vorzeichen dann<br />
überraschend um. Robbie Williams wurde<br />
immer komischer, er wirkte oft unmotiviert<br />
und so, als wolle er seine eigene Karriere tor-<br />
pedieren. Seine letzten zwei Studioalben waren<br />
auch nicht mehr so erfolgreich wie gewohnt.<br />
Take That, also die übrigen vier, spielten 2005<br />
eine überzeugende Tournee in Großbritannien<br />
und veröffentlichten ein neues Album. Das<br />
hieß „Patience“ und brach diverse Verkaufsre-<br />
korde. 2008 folgte eine weitere Platte und eine<br />
weitere Tour. Take That hatten bewiesen, dass<br />
sie in Würde gealtert sind. Sie waren nun keine<br />
Boygroup mehr, sondern eine Mengroup, eine<br />
Männerband. Zudem schafften sie es, nicht nur<br />
auf der Nostalgiewelle zu surfen, sondern mit<br />
interessanter, eigenständiger Musik sich als<br />
Qurtett neu zu etablieren..<br />
So hätte es weitergehen können. Aber so ging<br />
ich mich nach all den Jahren wieder mit Gary<br />
unterhalten habe, war das eine der tollsten<br />
Nächte meines Lebens“, behauptet Robbie im<br />
britischen „Q“-Magazin. „Ich meine, anfangs<br />
denkt man, man hat ja echt ein Problem mit<br />
dieser Person. Doch zehn Minuten später rollt<br />
man gemeinsam vor Lachen über den Boden.<br />
Ich kann heute sagen, mir tut es ernsthaft leid,<br />
dass ich Gary damals verärgert habe.“<br />
Was auf Anhieb überrascht, wenn man sich<br />
„Progress“ anhört, ist das Tempo. Take That<br />
machen jetzt Hochgeschwindigkeitspop. Zu-<br />
sammen mit ihrem Produzenten Stuart Price,<br />
einem britischen Experten für Dancemusic,<br />
der schon mit den Killers und den Scissor<br />
Sisters gearbeitet hat, erfanden sie sich quasi<br />
neu. „Progress“ bringt das Künststück fertig,<br />
weder nach den späten, leicht melodrama-<br />
tischen und balladesken Take That noch nach<br />
den Solo-Robbie-Sachen zu klingen. Einzig<br />
die erste, kraftvoll-theatralische Single „The<br />
Flood“ erinnert noch wirklich an das bisherige<br />
Werk. Ansonsten aber plinkert und plackert es<br />
auf dieser Platte, dass es eine wahre Freude ist.<br />
„SOS“ oder „Kidz“ sind moderne Discosongs,<br />
das von Robbie gesungene „Underground Ma-<br />
chine“ ist richtig heftig und beinahe dreckig,<br />
„Happy Now“ könnte auch von den Scissor Si-<br />
sters, „Wait“ auch von Muse und fast alle Songs<br />
zusammen auch von Madonna stammen. Al-<br />
les in allem machen Take That auf „Progress“<br />
einen ausgesprochen engagierten Eindruck.<br />
Wenn die Bee Gees noch Musik machen wür-<br />
den, dann klänge das wahrscheinlich ungefähr<br />
so wie die zehn Stücke auf „Progess“. Nur<br />
„What do you want from me?“ ist ein bisschen<br />
peinlich. Der verheiratete Familienvater Mark<br />
Owen, der das Lied alleine singt, verarbeitet<br />
hier seine gesammelten erotischen Fehltritte<br />
4 5<br />
5<br />
es nicht weiter.<br />
„Obwohl wir zu viert viel Freude hatten, fehl-<br />
te immer ein wichtiger Teil des Puzzles“, so<br />
Gary Barlow. „Jetzt sind wir wieder komplett<br />
und feiern eine Art zweite Flitterwochen. Wir<br />
sind alle froh und glücklich, dass Rob wieder<br />
bei uns ist.“<br />
Schon vor einem Jahr trafen sich alle fünf in<br />
Los Angeles, wo Williams seit Jahren lebt. Hier<br />
versöhnten sie sich.<br />
Heimlich schrieben sie dann in den nächsten<br />
Monaten ein komplettes Album, das nun unter<br />
dem Titel „Progress“ veröffentlicht wird. „Als<br />
(es sollen zehn gewesen sein) und beteuert,<br />
dass er trotz allem immer noch gerne Sex mit<br />
seiner Ehefrau habe. Über die Zukunft des<br />
Paares weiß momentan angeblich nicht einmal<br />
das Paar selbst Bescheid.<br />
Und Robbie? Wirkt dabei keineswegs wie ein<br />
eingekaufter Gaststar, der die Quote nach oben<br />
treiben soll. Sondern so, als wäre er nie weg ge-<br />
wesen. Der Mann fügt sich ein, und angesichts<br />
seiner unberechenbaren Natur hofft man, dass<br />
es so bleibt. „Ich schaue jeden Morgen nach, ob<br />
Rob noch immer bei uns ist“, sagte Mark Owen<br />
kürzlich bei einer Pressekonferenz.<br />
Zum wiederholten Mal also haben Take That<br />
nun dei Kurve gekriegt und die Menschheit<br />
verblüfft. Diese Kerle lassen sich nicht klein-<br />
kriegen, diese Kerle sind motiviert. Mehr als<br />
eine Million Konzertkarten für nächsten Som-<br />
mer haben sie bereits verkauft, „Progress“ gilt<br />
als Topkandidat für die Spitze der Weihnacht-<br />
scharts. Schlusswort Gary Barlow: „Es gibt<br />
nicht mehr viele wirkliche Events im Musikge-<br />
schäft“. Kurzes Luftholen. „Das hier ist ein Eve<br />
nt.“ Steffen Rüth<br />
Düsseldorf- ESPRIT arena,<br />
25.07.11, 19:00 Uhr<br />
München- Olympiastadion,<br />
29.07.11, 19:00