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Erinnerung an Völkermord als politische Waffe in der Gegenwart ...

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© 2012 Egbert Jahn – Zitieren bitte nur unter Angabe <strong>der</strong> Quelle<br />

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lamente schon <strong>in</strong> zahlreichen <strong>an</strong><strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n den <strong>Völkermord</strong> <strong>an</strong> den Armeniern verurteilt<br />

und die Türkei zur Anerkennung <strong>der</strong> historischen Tatsache desselben aufgefor<strong>der</strong>t. Das fr<strong>an</strong>zösische<br />

Parlament g<strong>in</strong>g im Dezember 2011 und J<strong>an</strong>uar 2012 e<strong>in</strong>en Schritt weiter und verabschiedete<br />

e<strong>in</strong> Gesetz, das die Verherrlichung o<strong>der</strong> Leugnung von offiziell konstatierten <strong>Völkermord</strong>en<br />

wie den <strong>an</strong> den Juden und Armeniern beg<strong>an</strong>genen unter Strafe stellen sollte. Es<br />

wurde allerd<strong>in</strong>gs am 28. 2. 2012 vom Verfassungsrat <strong>als</strong> verfassungswidrig <strong>an</strong>nulliert, da es<br />

die Me<strong>in</strong>ungsfreiheit verletze. Die Auffor<strong>der</strong>ungen vor allem türkischer Autoren zur Anerkennung<br />

<strong>der</strong> historischen Tatsache von Massakern armenischer Aufständischer und Truppenverbände<br />

sowie rußländischer Streitkräfte <strong>an</strong> den Moslems <strong>in</strong> Ost<strong>an</strong>atolien und im Kaukasus<br />

blieben ohne Reson<strong>an</strong>z. Hierbei zeigte niem<strong>an</strong>d e<strong>in</strong> Interesse für diese Taten aus offenkundigen,<br />

wenn auch entgegengesetzten Motiven den Ausdruck <strong>Völkermord</strong> zu benutzen.<br />

Beim Streit um den massenhaften Tod <strong>der</strong> Armenier im Osm<strong>an</strong>ischen Reich geht es um mehrere,<br />

<strong>an</strong>alytisch trennbare Gegenstände. Nicht wenige Mißverständnisse werden schon durch<br />

unterschiedliche Verständnisse des Begriffs <strong>Völkermord</strong> ausgelöst, <strong>der</strong> heute e<strong>in</strong>en immer<br />

noch nicht völlig klar umrissenen völkerrechtlichen Strafbest<strong>an</strong>d bezeichnet, im Ersten Weltkrieg<br />

aber noch gar ke<strong>in</strong>er war. Überwiegend wird er <strong>als</strong> e<strong>in</strong> politisch-moralischer Begriff<br />

benutzt. Wahrsche<strong>in</strong>lich ist vom Mord <strong>an</strong> Völkern schon sehr früh gesprochen worden, das<br />

Wort Genozid ist aber erst 1943 von dem Polen Raphael Lemk<strong>in</strong> <strong>in</strong> H<strong>in</strong>blick auf die Ermordung<br />

von Polen durch Deutsche geprägt und im Jahr darauf auch auf die Ermordung <strong>der</strong> Juden<br />

<strong>an</strong>gew<strong>an</strong>dt worden. Holokaust (griech. für Br<strong>an</strong>dopfer) h<strong>in</strong>gegen ist e<strong>in</strong> schon vor sehr<br />

l<strong>an</strong>ger Zeit im Deutschen gebrauchtes Wort für Massenmord, wurde aber <strong>in</strong> wi<strong>der</strong>s<strong>in</strong>niger<br />

Sprachgewohnheit erst <strong>in</strong> amerik<strong>an</strong>ischer Schreibweise und Aussprache <strong>als</strong> Holocaust durch<br />

den gleichnamigen Film aus dem Jahr 1979 allgeme<strong>in</strong> bek<strong>an</strong>nt. Die Debatte über den <strong>Völkermord</strong><br />

<strong>an</strong> den Armeniern wird dadurch erschwert, daß er oftm<strong>als</strong> auch <strong>als</strong> Vorläufer-<br />

Holokaust mit dem außergewöhnlichen und e<strong>in</strong>zigartigen <strong>Völkermord</strong> <strong>an</strong> den Juden gleichgesetzt<br />

wird, nicht aber <strong>als</strong> e<strong>in</strong> eigenständiger, unter den beson<strong>der</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen e<strong>in</strong>es Weltkrieges<br />

und e<strong>in</strong>er drohenden Teilung des L<strong>an</strong>des entst<strong>an</strong>dener <strong>Völkermord</strong> unter vielen <strong>an</strong><strong>der</strong>en.<br />

Durch die Gleichsetzung <strong>der</strong> beiden <strong>Völkermord</strong>e werden von <strong>der</strong> Türkei ähnliche Entschädigungsleistungen<br />

wie die Deutschl<strong>an</strong>ds erwartet.<br />

Umstritten ist ferner die Zahl <strong>der</strong> armenischen Opfer, s<strong>in</strong>d die Bed<strong>in</strong>gungen, unter denen sie<br />

sterben mußten: Waren es absichtlich herbeigeführte, bloß <strong>in</strong> Kauf genommene o<strong>der</strong> kaum<br />

abwendbare <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em schrecklichen Krieg auf osm<strong>an</strong>ischem Territorium. Verschwiegen, betont<br />

o<strong>der</strong> propag<strong>an</strong>distisch überzeichnet wird e<strong>in</strong>e sich h<strong>in</strong>ziehende Grausamkeit des Tötens

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