10. mai 2011 - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen
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m Jahr 1996 wies der Duden erstmals das<br />
IWort „Multiplex“ als Teil der deutschen Sprache<br />
aus. Als typische Verwendungsmuster des<br />
Begriffs in der damaligen Zeit machte ein Linguist<br />
später die Kombinationen „ein Multiplexkino<br />
bauen/eröffnen/betreiben“ aus. Diese Analyse<br />
ist nicht überraschend, denn seit Beginn des<br />
Jahrzehnts war der neue Kinotyp überall in<br />
Deutschland auf dem Vormarsch. Im Oktober<br />
1990 eröffnete das erste Großkino in Hürth bei<br />
Köln, 1991 folgten weitere in Köln, Bochum,<br />
Essen und Hannover. Unter den Neubauten fiel<br />
besonders der Kölner Cinedom ins Auge, denn<br />
er beeindruckte durch eine ungewöhnliche Architektur.<br />
Gelegentlich wurde das Kino mit einem<br />
Raumschiff verglichen, das mitten im MediaPark<br />
gestrandet sei. Seine gläserne Rotunde<br />
öffnet sich zum zentralen Platz des Medienstadtteils,<br />
der damals freilich erst halbfertig war.<br />
Die Gäste der feierlichen Eröffnung am 20.<br />
Dezember 1991 mussten sich über Bretterwege<br />
durch die Baustelle quälen – nebenan rumpelten<br />
Betonmischmaschinen. Als die Besucher<br />
schließlich das Foyer erreicht hatten, gerieten<br />
sie ins Staunen. Gut 30 Meter über ihnen zog<br />
ein einsamer Komet seine Bahn durch einen mit<br />
mehr als 3.000 Lichtpunkten gestalteten Sternenhimmel.<br />
Vier transparente Rolltreppen<br />
schwebten durch den Raum nach oben – die<br />
14 Kinosäle waren über mehrere Ebenen verteilt<br />
und in den oberen Etagen nur über kleine<br />
Brücken erreichbar. Die Säle selbst waren bis auf<br />
die Leinwand in Schwarz gehalten. Der Sitzkomfort<br />
war durch eigens entwickelte Kinosessel mit<br />
ungewöhnlicher Beinfreiheit garantiert. Hausherr<br />
Bernd Eichinger feierte „sein“ Kino – die<br />
ursprüngliche Partnerschaft mit Warner Brothers<br />
endete ein Jahr später – als „Selbstschutzmaßnahme“<br />
gegen die damals oft miserable Filmprojektion<br />
und als „Begegnungsstätte für Leute,<br />
die nicht nur 90 Minuten Kino und Fast Food<br />
möchten, sondern einen ganzen Abend genießen,<br />
verweilen, sich austauschen wollen“. Ne-<br />
25 Jahre Torus<br />
Filmtonpostproduktion<br />
Klangvoller<br />
Name<br />
VON WOLFGANG HIPPE<br />
ie Torus GmbH feiert in diesen Wochen ih-<br />
Dren 25. Geburtstag. Seit 1996 kümmern<br />
sich die drei Gründer, Tonmeister und Geschäftsführer<br />
Stephan Colli, Falk Möller und Josef<br />
Steinbüchel, um Ton und Sound bei Fernsehfilmen<br />
und Serien ebenso wie bei internationalen<br />
Filmproduktionen. Für Eingeweihte signalisiert<br />
dabei schon der Name das Geschäftsfeld:<br />
Unter Torus versteht der Fachmann eine<br />
bestimmte Auswahl und Aufstellung von<br />
Mikrofonen für ein Roundtable-Gespräch mit<br />
oft anspruchsvoller Akustik. „Es geht uns nicht<br />
in erster Linie darum, Töne zum Bild passend<br />
zu machen, sondern darum, eine Geschichte<br />
mit den Mitteln des Tons zu erzählen“, definiert<br />
Colli das Torus-Ziel. Als Kreativzelle orientiert<br />
man sich international. Die technische Ausstattung<br />
im Haus ist längst mit Studios in Japan,<br />
20 Jahre Cinedom Köln<br />
Großes Kino seit 1991<br />
Von Wolfgang Hippe<br />
Cinedom in Köln: Vier transparente Rolltreppen fahren die Besucher zu<br />
den Kinosälen. Foto: Cinedom<br />
ben dem Filmgenuss sollten dafür Billardtische,<br />
ein italienisches Feinschmeckerlokal und ein „gut<br />
strukturiertes Kulturprogramm“ mit Theater,<br />
klassischer Musik und Lesungen in der „Blackbox“,<br />
einem multifunktionalen Veranstaltungssaal,<br />
sorgen. Eine Vision, die so nicht in Erfüllung<br />
ging. Dafür wurde der Cinedom eines der<br />
erfolgreichsten Kinos im Lande. Er allein steht<br />
für „rund 1 Prozent Zuschauerwachstum in der<br />
gesamten Bundesrepublik“ – so Edwin Leicht,<br />
der damalige geschäftsführende Gesellschafter<br />
der Constantin. Damit das so bleibt, wird laufend<br />
modernisiert. 2006 begannen die Verantwortlichen<br />
mit der Digitalisierung und gehörten<br />
damit zu den Vorreitern der Branche. Der<br />
Cinedom war eines von drei Kinos bundesweit,<br />
den USA oder England vergleichbar. „Jeder Tonmeister<br />
findet bei uns die auch dort gewohnte<br />
Ausstattung“, so Colli. Mit dem Euphonix System<br />
5 beispielsweise verfügt Torus über eines<br />
der weltweit akzeptierten Standardwerkzeuge<br />
der Tonmischung, fast ein Alleinstellungsmerkmal<br />
auf dem deutschen Markt. Der hauseigene<br />
Sound Library-Server kann fast 300.000 Geräusche<br />
abrufen, die Foley Stage ist speziell für<br />
Geräuschsynchronaufnahmen ausgelegt. Mischräume<br />
und Tonschnittplätze werden seit<br />
Mitte 2010 mit einem AVID Media Composer<br />
5 Offline ergänzt, um die Postproduktion weiter<br />
zu vervollständigen. Neben dem gesamten<br />
Spektrum im Bereich Filmton kümmert sich das<br />
Unternehmen mittlerweile ebenso um Gamedevelopment,<br />
Hörbuch oder Podcast.<br />
Seit ihrem Umzug im Jahr 2006 können die<br />
drei Macher auch auf ihre erstklassige Adresse<br />
verweisen. Denn wenn das Wort vom Genius<br />
loci auf einen Ort passt, dann ist es die Annostraße<br />
86 in der Kölner Südstadt. Hier arbeitete<br />
bis 1999 das Studio für elektronische Musik<br />
des WDR. Unter der Leitung von Herbert Eimert<br />
und Karlheinz Stockhausen genoss es weltweites<br />
Ansehen und beeinflusste nicht nur deutsche<br />
Bands wie Tangerine Dream oder Can, sondern<br />
lockte auch Komponisten wie György Ligeti<br />
nach Köln. Dessen Stück „Atmospheres“<br />
die den digitalen Disney-Streifen<br />
„Phantasia 2000“ auf die<br />
Leinwand bringen konnten. Im<br />
März 2007 wurde der erste<br />
3D-Saal ausgerüstet. Heute<br />
sind alle 14 Säle digital, sechs<br />
davon mit insgesamt 2.200<br />
Plätzen sogar 3D-fähig. Martin<br />
Ebert, Geschäftsführer des Cinedom:<br />
„Wir sind dem digitalen<br />
Boom zuvorgekommen.“<br />
Ebert leitet den Cinedom<br />
seit September 1992. Die Zahlen<br />
des „Erlebnisortes“ können<br />
sich sehen lassen. Man lag seit<br />
der Eröffnung stets in den Top<br />
Five der deutschen Lichtspielhäuser.<br />
Der Cinedom steht, so Ebert, nun mal<br />
für qualitativen Mainstream. Das sorgte regelmäßig<br />
für einen gewissen „feindlichen Umgang<br />
in der Kölner Kinolandschaft“. Angesichts der<br />
Dominanz des neuen Kinos klagte etwa die Süddeutsche<br />
Zeitung früh und stellvertretend ein<br />
Mehr an Förderung für kulturelle Filminitiativen<br />
wie die Kölner Cinemathek oder das Kölner<br />
Filmhaus ein.<br />
Dabei spiegelt das Cinedom-Programm die<br />
Blockbuster-Erfolge der vergangenen Jahrzehnte.<br />
Natürlich steht James Cameron mit seinen<br />
beiden Mega-Hits „Titanic“ und „Avatar“ an der<br />
Spitze der Zuschauerpyramide. Ein Überraschungserfolg<br />
war aber auch „Schindlers Liste“<br />
von Steven Spielberg, der 1993 unerwartete<br />
nutzte Stanley Kubrick später in seinem Meisterwerk<br />
„2001“ und machte es so einem breiteren<br />
Publikum bekannt. In der Annostraße wurde<br />
auch Fernsehgeschichte geschrieben. Hier<br />
entstand in den 1970er Jahren u.a. die Kultserie<br />
„Ein Herz und eine Seele“ um Ekel Alfred<br />
Tetzlaff. Die Arbeit mit Bild und Ton hat Tradition<br />
vor Ort. Kein Wunder also, dass die drei<br />
Tonmeister bemüht sind, stets ihr Bestes zu geben<br />
und auch die technologische Entwicklung<br />
im Blick haben. Das Zwischenergebnis der Arbeit<br />
kann sich zum Fünfundzwanzigsten sehen<br />
lassen. Torus machte den Ton für mehrfach<br />
Torus-Kinomischung: technische Ausstattung auf<br />
internationalem Niveau, Foto: Torus<br />
acht Wochen lang den größten der Cinedom-<br />
Säle bespielte und damit lange Zeit den Rekord<br />
hielt. Unvergessen ist auch „Mission: Impossible<br />
2“, weil hier Tom Cruise für die Deutschland-<br />
Premiere anreiste. Allein die von seinem Management<br />
verlangten Sicherheitsauflagen umfassten<br />
drei eng beschriebene Seiten. Nur Cruise<br />
hielt sich nicht daran und tauchte zum Schrecken<br />
seiner Body Guards in die Kölner Fan-Gemeinde<br />
ein. Premieren gehören überhaupt zum<br />
festen Programm – richtig groß wird der Event,<br />
wenn sich das ganze Multiplex einen Abend<br />
lang einem Film widmete, wie etwa bei Tom<br />
Gerhardt. Dann darf der Star auch schon mal<br />
mit dem Mofa in die Säle fahren. Es gab Branchentreffs<br />
und sogar eine Reihe von Tagungen.<br />
Noch eine Besonderheit gehört zum Cinedom.<br />
Constantin ist nicht Mieter des Gebäudes, sondern<br />
dessen Eigentümer, Bauherr und Investor.<br />
Das wiederum hängt mit dem Konzept MediaPark<br />
zusammen, das in den 1980er Jahren die<br />
medienbezogene Nutzung als Voraussetzung<br />
für den Erwerb eines der Grundstücke im „Medienstadtteil“<br />
zur Voraussetzung machte. Und<br />
sich beim Einstieg auch einen Image-Gewinn<br />
versprach. Im Rückblick hat der Cinedom wesentlich<br />
zum Image des MediaParks beigetragen.<br />
Und die nächsten Jahre? Geschäftsführer<br />
Ebert erwartet einen Mix aus bewährten und<br />
ganz neuen Ideen. Bleiben wird die Inszenierung<br />
des Kinos als Erlebnis, das einen deutlichen<br />
Mehrwert gegenüber dem heimischen Bildschirm<br />
verspricht, wie groß der auch sein wird.<br />
Zugleich wird die älter werdende Gesellschaft<br />
ganz andere Anforderungen stellen und vielleicht<br />
mehr als nur Nachos und Popcorn verlangen.<br />
Ebert ist sich sicher, dass auch die Programmierung<br />
vor neuen Herausforderungen steht.<br />
Aber der Indoor-Sternenhimmel hoch über den<br />
Köpfen der Gäste wird weiter leuchten. Und bei<br />
geeignetem Wetter kaum merklich in den Sternenhimmel<br />
draußen übergehen. Wenn man<br />
den Blick schweifen lässt.<br />
preisgekrönte Filme wie „Lebanon“ (Regie: Samuel<br />
Maoz), der u.a. den Goldenen Löwen<br />
(2009), den Europäischen Filmpreis (2010) und<br />
den Ophir Award (Israel) für das beste Sounddesign<br />
erhielt. „Wüstenblume“ (Regie: Sherry<br />
Horman) wurde mit dem Bayerischen Filmpreis<br />
ausgezeichnet und für den Deutschen Filmpreis<br />
2010 nominiert. Daneben stehen Publikumserfolge<br />
wie „Der kleine Eisbär 2“ mit den Stimmen<br />
von Dirk Bach, Anke Engelke, Bastian Pastewka<br />
und Oliver Kalkofe oder „Teufelskicker“<br />
(Regie: Granz Henman) und Arthouse-Titel wie<br />
„Fräulein Stinnes fährt um die Welt“ (Regie: Erica<br />
von Moeller). „Wir suchen die kollegiale Zusammenarbeit<br />
auf hohem internationalen Niveau“,<br />
sagt Colli. „Wir freuen uns, wenn die Regisseure<br />
und Tonmeister, die hier schon mit uns<br />
gearbeitet haben, wiederkommen.“ Das geschieht<br />
immer öfter. Und der Wunsch für die<br />
nächsten Jahre? Sich die Kreativität und die Intensität<br />
bei der Arbeit bewahren, lacht Colli. Vor<br />
allem aber dafür sorgen und darauf „hoffen,<br />
dass sich die Wertschätzung des Tons in Zeiten<br />
der Globalisierung in Deutschland den internationalen<br />
Gepflogenheiten annähert“. Das gilt<br />
auch für 3D: Anfang April begann man mit der<br />
Mischung von „Lauras Stern und die Traummonster”,<br />
dem ersten 3D-Projekt von Torus.<br />
www.torus-gmbh.de<br />
Meldungen – newsletter 2/<strong>2011</strong> 15