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Friedrich-Wilhelm Eickhoff Versuch über die Lüge aus ...

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<strong>Versuch</strong> <strong>über</strong> <strong>die</strong> <strong>Lüge</strong><br />

1915 e, S. 280) ist. Freud formuliert ein Paradoxon, insofern Wissen und Nicht-<br />

Wissen koexistieren. Entscheidende Aspekte der Verleugnung sind <strong>die</strong><br />

Suspension der Selbstreflexion und ein Fehlen der konzeptuellen Kenntnis des<br />

Verleugneten, so daß beim Durcharbeiten von Verleugnungen Bedeutungen allererst<br />

erarbeitet werden müssen, während <strong>die</strong> Überwindung der Verdrängungswiderstände<br />

<strong>die</strong> Lücken der Erinnerung <strong>aus</strong>füllt. Es ver<strong>die</strong>nt aber, hervorgehoben<br />

zu werden, daß sub specie der <strong>Lüge</strong> als vorsätzlich falscher Aussage – nach<br />

Augustinus gilt: »Mendacium est enuntatio cum voluntate falsum enuntiandi« –<br />

Verleugnung nur einen Teil des Problems darstellt.<br />

Freud ist bis an sein Lebensende mit dem Paradox der Dualität von Täuscher<br />

und Getäuschtem durch <strong>die</strong> Wirksamkeit der Zensur, <strong>die</strong> nach einer der für <strong>die</strong>se<br />

»Einrichtung« besonders zahlreichen Metaphern raffinierte Verstecke für das<br />

von Spionen und Schmugglern vor einer Grenz<strong>über</strong>wachungskommission zu<br />

Verheimlichende (Freud, S., 1916 – 17, S. 240 f.) findet, mit der Selbstverborgenheit<br />

befaßt geblieben. In der unvollendeten, erst postum (Freud, S., 1940 e,<br />

S. 59 f.) veröffentlichten Arbeit Die Ich-Spaltung im Abwehrvorgang beschreibt er<br />

eine Selbsttäuschung zum Schutz gegen Angst produzierendes Wissen unter der<br />

Einwirkung eines psychischen Traumas:<br />

Das Ich des Kindes befinde sich also im Dienst eines mächtigen Triebanspruchs,<br />

den zu befriedigen es gewohnt ist, und wird plötzlich durch ein<br />

Erlebnis abgeschreckt, das ihn lehrt, <strong>die</strong> Fortsetzung <strong>die</strong>ser Befriedigung<br />

werde eine schwer erträgliche Gefahr zur Folge haben. Es soll sich nun entscheiden:<br />

entweder <strong>die</strong> reale Gefahr anerkennen, sich vor ihr beugen und<br />

auf <strong>die</strong> Triebbefriedigung verzichten, oder <strong>die</strong> Realität verleugnen, sich<br />

glauben machen, daß kein Grund zum Fürchten besteht, damit es an der<br />

Befriedigung festhalten kann. Es ist also ein Konflikt zwischen dem Anspruch<br />

des Triebes und dem Einspruch der Realität. Das Kind tut aber keines<br />

von beiden, oder vielmehr, es tut gleichzeitig beides, was auf dasselbe<br />

hin<strong>aus</strong>kommt. Es antwortet auf den Konflikt mit zwei entgegengesetzten<br />

Reaktionen, beide gültig und wirksam. Beide streitende Parteien haben ihr<br />

Teil bekommen; der Trieb darf seine Befriedigung behalten, der Realität ist<br />

der gebührende Respekt gezollt worden. Aber umsonst ist bekanntlich nur<br />

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