Friedrich-Wilhelm Eickhoff Versuch über die Lüge aus ...
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Die der Selbstbeschädigung nahestehende Simulation ist nach Eissler (Eissler,<br />
K. R., 1979, S. 202) »eine Krankheit, bei der der Erkrankte <strong>über</strong>zeugt ist, eine<br />
Körper- oder Seelenstörung (willentlich) vorzugeben, <strong>die</strong> aber in Wirklichkeit<br />
das Ergebnis einer schwer geschädigten und permanent defektiven Persönlichkeit<br />
ist« – eine Krankheit, deren Diagnose einen besonders großen Scharfblick<br />
verlangt.<br />
Eine Art alltäglicher <strong>Lüge</strong>ndichtung ist das, was Freud (Freud, S., 1909 c) als<br />
»Familienroman der Neurotiker« beschrieben hat, dessen Leitmotiv <strong>die</strong> Abstammung<br />
von anderen, meistens vornehmeren Eltern als den wirklichen ist, Phantasien,<br />
deren Begründung im Ödipuskomplex leicht zu erkennen ist. In den Briefen<br />
an Fließ (Briefe 142 und 170) erwähnt, fügte Freud seine Ideen Otto Ranks<br />
Buch Der Mythus von der Geburt des Helden ein, das kollektive Phantasiebildungen<br />
untersucht. Die als »Familienroman« bezeichneten Phantasien erhöhen in der<br />
Regel <strong>die</strong> Eltern. Manchmal wird nur der Vater ersetzt, während der Mutter Liebesabenteuer<br />
unterstellt werden – eine weitere Variante ist, daß nur das phantasierende<br />
Kind legitim ist, seine Brüder und Schwestern aber Bastarde sind. Die<br />
Ablösung von den realen Eltern wird erleichtert dadurch, daß ödipale Gefühle<br />
den realen Eltern gegen<strong>über</strong> als weniger schuldhaft erlebt werden, da sie ja zumindest<br />
in der Phantasie etwas von ihrem inzestuösen Charakter verlieren. In<br />
leichter Verkleidung wird <strong>die</strong> ursprüngliche Zärtlichkeit des Kindes für seine<br />
Eltern bewahrt: in <strong>die</strong>sem Sinne ist der Familienroman »Ausdruck der Sehnsucht<br />
des Kindes nach der verlorenen glücklichen Zeit, in der ihm sein Vater als der<br />
vornehmste und stärkste Mann, seine Mutter als <strong>die</strong> liebste und schönste Frau erschienen<br />
ist« (Freud, S., 1909 c, S. 231); <strong>die</strong> neuen Eltern sind durchwegs mit<br />
Zügen <strong>aus</strong>gestattet, <strong>die</strong> von den realen Erinnerungen an <strong>die</strong> wirklichen niederen<br />
Eltern herrühren.<br />
Ungewöhnlich ist <strong>die</strong> Verknüpfung des Themas der <strong>Lüge</strong> mit demjenigen des<br />
»Seelenmordes« in den 1903 von Daniel Paul Schreber veröffentlichten Denkwürdigkeiten<br />
eines Nervenkranken, denen Freud 1911 (Freud, S., 1911c) eine so inspirierte<br />
und polyphone Analyse »jenseits der Grenzen der Grundregel« widmete,<br />
daß Schreber zum meistzitierten Patienten der Psychiatrie wurde, durch<br />
J.S. Grotstein (Grotstein, J. S., IJPP 10, 1984 – 85, S. 367), der selbst »fibs of postponement«<br />
und »lies of abnegation« unterscheidet. In seiner Interpretation liegt<br />
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<strong>Friedrich</strong>-<strong>Wilhelm</strong> <strong>Eickhoff</strong>