Friedrich-Wilhelm Eickhoff Versuch über die Lüge aus ...

Versuch über die Lüge
Bewußtsein davon haben müsse, »Bewußtsein des zu verdrängenden Triebes zu
sein, aber gerade, um von ihm nicht Bewußtsein zu sein«. Die Psychoanalyse als
»Technik des Nokturnen« mit eigener Didaktik und Deontologie (Ricœur, P.,
1974) war aber sicher Sartre so fremd wie der Traum, der Freud einen Beweis für
die Existenz des Unbewußten lieferte.
In der Analyse geht es nicht darum, das Nichtwissen durch das Wissen zu ersetzen,
sondern mittels einer Arbeit an den Widerständen Unbewußtes bewußt
zu machen:
So mußte man sich denn entschließen, dem Wissen an sich die ihm vorgeschriebene
Bedeutung zu entziehen und den Akzent auf die Widerstände
zu legen, welche das Nichtwissen seinerzeit verursacht hatten und jetzt
noch bereit waren, es zu verteidigen. Das bewußte Wissen war aber gegen
diese Widerstände, auch wenn es nicht wieder ausgestoßen wurde, ohnmächtig
(Freud, S., 1913 c, S. 476).
Um das Paradoxon einer intrapsychischen Dualität von Täuscher und Getäuschtem
– eben der Selbsttäuschung – zugänglich zu machen, kam Freud nicht
umhin, Systeme und Instanzen zu hypostasieren, deren erstes, das topische
Modell, als Vorläufer begriffen für Funktionen des Über-Ichs, bzw. die dem Gewissen
zuzuordnende Instanz mit der Zensur, bzw. dem als Wächter personifizierten
Zensor rechnete. Zunächst dient der Begriff als Erklärung für die
Entstehung schwerer Pathologie (Psychosen, Delirien); Freud vergleicht die Wirkung
in einem Brief an Fließ vom 22. Dezember 1897 (Brief 151) mit der russischen
Zensur auf eine ausländische Zeitung an der Grenze: »Worte, ganze Satzstücke
und Sätze schwarz überstrichen, so daß der Rest unverständlich wird«. Er
betrachtet sie als dauernde Einrichtung, deren sinnzerstörende Funktion der
Entwicklung eines Verständnisses der pathogen wirksamen Gedanken entgegengesetzt
ist. Sie bildet eine selektive Schranke zwischen den Systemen: »Wir
tun aber gut daran [...], anzunehmen, daß jedem Übergang von einem System
zum nächst höheren, also jedem Fortschritt zu einer höheren Stufe psychischer
Organisation eine neue Zensur entspreche« (Freud, S., 1915 e, S. 290). »Die erstere
Zensur funktioniert so gegen das Ubw selbst, die letztere gegen die vbw Ab-
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