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Frauenstudien/Genderstudies Sommersemster 1999

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Fächerporträt<br />

Katholische Theologie<br />

Quer durch die Disziplinen: Theologie und Geschlecht heute<br />

Die verschiedenen Disziplinen der Theologischen Wissenschaft müssen mit<br />

ihren jeweiligen Methoden verschüttete Positionen bergen, historische Überlieferungen<br />

überprüfen, gesellschaftliche Zusammenhänge für die Entstehung<br />

von Frauen benachteiligenden Traditionen aufdecken, die Rückfrage an die<br />

biblische Botschaft konsequent leisten und Widersprüche aufdecken und<br />

benennen.<br />

Eine Reihe von Dozenten und Professoren auch an unserer Fakultät versucht<br />

in entsprechenden Veranstaltungen, sich dieser Aufgabe - mit unterschiedlichen<br />

Prämissen und wohl auch Ergebnissen - anzunehmen. Es muß nach den<br />

Unrechtssituationen gefragt werden, die dazu führten, daß die Frau rechtlich<br />

schwächer gestellt ist als der Mann. Selbstverständlich spielt hier das<br />

soziokulturelle Umfeld eine nicht geringe Rolle, wurde doch die ontologische,<br />

biologische, also seins- oder wesensmäßige Andersheit der Frau auch in anderen<br />

Disziplinen betont.<br />

Die Kirchenrechtsgeschichte etwa kann im Quellenstudium aufzeigen, wie es<br />

zu einem Gesetz kam, das Frauen diskriminiert, und daß dabei theologische<br />

Entwürfe auch Umwelteinflüssen unterlagen oder die Theologie als zusätzliche<br />

Legitimation für eine Verfestigung männlicher Dominanz herangezogen<br />

wurde. Auch das römische Recht z.B. stufte die Stellung der Frau gering ein.<br />

Wie die Kirchenrechtsgeschichte weiß, hat es Einfluß auf die Ausbildung des<br />

kanonischen Rechts, so daß urkirchliche positive Ansätze im Laufe der Kirchengeschichte<br />

sich der Welt anpaßten und im Keim vertrockneten.<br />

Unter ethischen Aspekten hat die Theologie zu untersuchen, inwieweit die<br />

kirchlichen und gesellschaftlichen Gegebenheiten der Frau als Subjekt und<br />

gottebenbildlichem Geschöpf gerecht werden. Moraltheologie und Sozialethik<br />

arbeiten für die volle Verwirklichung der Frau als Subjekt auf allen<br />

Ebenen des gesellschaftlichen Handelns und fragen nach ihrer genuinen sittlichen<br />

Kompetenz, um diese gegen patriarchale Bevormundung geltend zu<br />

machen. Die Geschichte der katholischen Soziallehre ist mit der Frauenbewegung<br />

verbunden. Theologische Ethik hat Gerechtigkeit zum Ziel. Sie muß<br />

Unrechtsstrukturen aufzeigen und deren Änderung anmahnen, so etwa<br />

Geringfügigkeitsklauseln, Frauenarmut, Frauenbildung, Vereinbarkeit von<br />

Beruf und Familie, Flexibilisierung von Arbeitszeit und Arbeitsplätzen. Sie<br />

muß eintreten für eine Absicherung aller Familienmitglieder durch Anerkennung<br />

von Erziehungszeiten in der Rentenversicherung oder durch Familienmitversicherung.<br />

Es geht um eine Verteilungsgerechtigkeit von Chancen zugunsten<br />

derer, die benachteiligt sind.<br />

Feministische Theologie: Revision und Neubeginn<br />

Feministische Theologie hat sich nach eigenem Selbstverständnis um eine<br />

Theologie aus Frauenperspektive zu bemühen. Sie erkennt und benennt das<br />

Patriarchat in Religion, Kirche und Gesellschaft und versucht, es zu überwinden.<br />

Als kontextuelle Theologie nimmt sie die Historizität von Lebenssituationen<br />

und die Begrenztheit theologischer Aussagen ernst. Es geht ihr nicht<br />

um abstraktes Wissen über etwas spezifisch Weibliches, sondern um Theologie,<br />

die starre Bilder und Rollenzuweisungen verwirft. Sie versteht sich<br />

nicht als Ergänzung zur traditionellen Theologie, sondern als Neukonzeption.

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